"Helden von einst" Teil III
Jawattdenn.de:
Kommen wir noch mal zu der späten Meisterschaft
in ihrer Karriere. Haben sie noch Kontakt zu ihrem
damaligen Trainer Otto Rehhagel?
Manfred Burgsmüller:
Wir telefonieren hin und wieder und ab und an gehen
wir mal einen Kaffee trinken. Natürlich ist der
Kontakt durch sein Amt als griechischer Nationaltrainer
etwas weniger geworden.
Jawattdenn.de:
Mit jungen 46 Jahren kamen sie zum Football nach Düsseldorf,
hatten dort die Rückennummer 10, welche nun niemals
wieder einem Spieler von RheinFire vergeben werden
soll. Wie kam es denn dazu?
Manfred Burgsmüller:
Das war eine absolut geile Zeit. Die Sportart ist
einfach genial. Ein Strategiespiel auf dem Rasen,
wie ich es liebe. Ich habe damals aus dem Bauch heraus
entschieden: „Ja, das machst Du jetzt!“.
Ich musste mich als ehemaliger Fußballer allerdings
erst einmal reinarbeiten. Es macht einen Unterschied,
ob das Leder rund ist oder eben oval. Aber wie gesagt,
es war eine super Zeit und ich war ja immerhin noch
sieben lange Jahre Footballstar. Später dann,
als RheinFire in die Arena auf Schalke umzog, war
die richtige Zeit für den Rücktritt. Ich
war schon 52 Jahre alt und in Ingo Anderbrügge
stand schon jemand Gewehr bei Fuß. Der Verein
wollte es ausnutzen, dass jemand vor dem Publikum
spielt, dessen Herz königsblau schlägt.
Jawattdenn.de:
Es war keine Frage mangelnder Fitness?
Manfred Burgsmüller:
Nein, ob man es nun glaubt oder nicht, ich hätte
ohne Probleme noch weiter spielen können.
Jawattdenn.de:
Dann wären sie aber jetzt nicht Teammanager oder
Mädchen für alles beim SSV Hacheney. Wie
ist kam dieses Projekt zustande?
Manfred Burgsmüller:
Die
Idee kam von Kabel Eins. Der damalige Geschäftsführer
Andreas Bartl hatte das Format entwickelt. Überall
in der Bundesrepublik suchte der Sender nach Vereinen,
die in der Kreisklasse hoffnungslos abgeschlagen waren.
Ohne die Mannschaft auszutauschen, sollte der Klassenerhalt
noch geschafft werden. Dazu gehörte dann noch
dieser prominente Ex-Kicker, der den Jungs ein paar
Ratschläge mit auf den Weg gibt. Den Zuschlag
bekam der SSV Hacheney, weil diese Kreisklassewelt
dort am ehrlichsten wirkte. Und dann ist man wohl
irgendwie auf mich als ehemaligen Spieler der Dortmunder
Borussia gekommen. Wir hatten dann ein halbes Jahr
Zeit, das Unmögliche möglich zu machen,
also den Klassenerhalt zu erzielen. Das war aber ziemlich
schwierig, da man uns plötzlich mehr Aufmerksamkeit
widmete. Wir waren plötzlich das Bayern München
der Kreisklasse und all unsere Gegner stellten Spieler
aus höherklassigen Teams ab, um zu demonstrieren:
seht her, wir haben den SSV geschlagen. Am Ende haben
wir den Klassenerhalt nicht geschafft.
Jawattdenn.de:
Sie scheinen richtig mit dem Herzen dabei zu sein,
immerhin reden wir hier von einer Fernsehsendung …
Manfred Burgsmüller:
Wenn man eine solche Sache verfolgt, dann sollte man
schon voll und ganz dahinter stehen. Ich bin jetzt
in meiner zweiten Saison dort. Wir hatten uns nach
dem Abstieg im letzten Jahr mit etlichen Spielern
aus der näheren Umgebung verstärkt. Jetzt
sind wir Tabellenführer, bevor es am 5. März
wieder mit den Meisterschaftsspielen losgeht. Das
ist gerade so eine Sache mit dem Training meiner Truppe.
Die Jungs können heute wieder nicht trainieren.
In Dortmund sind viele Plätze der Stadt immer
noch gesperrt. Zum Glück konnte ich für
die Jungs bei Michael Lusch in seiner Indoor-Soccer-Halle
klar machen, dass sie wenigstens da trainieren können.
Jawattdenn.de:
Bayern München der Kreisliga, da geht es also
schon etwas professioneller zu, oder?
Manfred Burgsmüller:
Natürlich haben wir jetzt zum Beispiel einen
neuen Hauptsponsor und auch einen neuen Trikotsponsor,
aber dadurch verändern sich ja von jetzt auf
gleich nicht alle Gegebenheiten, denen wir unterliegen.
Ich glaube auch, das gut beurteilen zu können.
Vor drei Jahren fragte mich ein Freund, ob ich nicht
mal in der Kreisklasse bei Heidhausen mittrainieren
wolle. Rote Asche, Bar-Beleuchtung, die Bälle
total scheiße, keine Markierungsleibchen, ich
glaube schon, beurteilen zu können, was in unteren
Klassen abgeht. Schließlich habe ich selbst
in meinen Anfangsjahren da gespielt. Genauso ist es
bei Hacheney, und genau das macht diesen besonderen
Reiz der Sendung aus. Denn die Zuschauer, die vielleicht
selbst in der Kreis- oder Bezirksklasse spielen, erkennen
sich wieder. Außerdem wird auf diese Art und
Weise mal darauf hingewiesen, mit welchen Problemen
kleinere Vereine zu kämpfen haben.
Jawattdenn.de:
Fühlen sie sich beim SSV wie ein richtiger Trainer?
Manfred Burgsmüller:
Nein, ich bin da eher das Mädchen für alles
oder der Guru. Ich versuche, seit der ersten Folge
das Team in ein besseres Licht zu rücken. Genau
diesen Spruch habe ich doch von Anfang an gebracht:
„Ich sammel´ die Kohle für Licht!“.
Wir haben ja auch schon etliches da gemacht, unter
anderem das Clubhaus gestrichen, die Clubräume
und unsere Bratwurstbude renoviert. Der Verein muss
ja auch dann noch existieren, wenn das Fernsehen mal
weg ist.
Jawattdenn.de:
Haben die Hacheneyer Spieler inzwischen so was wie
Starallüren, warten vielleicht schon die ersten
Mädchen nach dem Training auf die Jungs?
Manfred Burgsmüller:
Sie haben auf jeden Fall Autogrammkarten und werden
auch hier und da angesprochen. Aber das zeigt nur,
dass die Sendung gesehen wird. Alle gehen weiterhin
einem normalen Job nach und kommen abends, wie in
der Kreisklasse üblich, zum Training. Alles andere
würde die Sendung auch unglaubwürdig machen.
Jawattdenn.de:
Es kommen aber inzwischen vermehrt Spieler zu ihren
Sichtungseinheiten, oder?
Manfred Burgsmüller:
Ja sicher. Beim letzten Mal waren Fußballer
aus der ganzen Republik dabei. Wir haben denen dann
aber klipp und klar gesagt, dass wir keine Spieler
suchen, die nur ins Fernsehen wollen. Wie soll beispielsweise
einer abends von Bielefeld zum Training kommen?
Jawattdenn.de:
Sind sie inzwischen ein echter Hacheneyer? Oder ist
das nicht auch nur ein Fernseh-Job …
Manfred Burgsmüller:
Mittlerweile
engagiere ich mich ganz anders für den Verein.
Man sieht ja auch Fortschritte. Ob das nun in der
Führungsetage des Vereines passiert oder im Mannschaftskreis.
Das alles hat nicht mehr besonders viel damit zu tun,
dass uns da eine Kamera begleitet.
Jawattdenn.de:
Sie kennen sich ja in unteren Ligen bestens aus. Ist
die Regionalliga auch eine Amateurklasse?
Manfred Burgsmüller:
Nee, das sind Profis. Da arbeitet doch keiner mehr
neben dem Fußball, und die Spieler verdienen
teilweise super Geld.
Jawattdenn.de:
Das klingt nach Insiderwissen! Wie steht es denn um
ihr Wissen in Bezug auf RWE … Was bekommt ein
Manni Burgsmüller von der Entwicklung an der
Hafenstraße mit?
Manfred Burgsmüller:
Als Essener bekomme ich natürlich mit, was bei
RWE abgeht, schon allein über die Medien. Der
Verein ist mal wieder auf einem vernünftigen
Weg. Wir wollen mal hoffen, dass das auch so bleibt
… denn genau an dieser Schnittstelle befand sich
der Verein doch häufiger. Man war schon ein paar
Mal in der Winterpause aufgestiegen und am Ende passierte
nichts … nicht, dass man hinterher wieder abschmiert!
Jawattdenn.de:
Haben Sie eine Erklärung parat, woran es in der
Vergangenheit scheiterte?
Manfred Burgsmüller:
Ab
und an bekommt man den Eindruck, als wäre der
Essener an sich leicht überheblich. Entweder
ist man schon in der Winterpause aufgestiegen oder
alles läuft scheiße. Dabei hat gerade der
Trainer momentan wirklich alles im Griff. Wollen wir
hoffen, dass das Umfeld ruhig bleibt. Wobei man auch
hier sagen kann: Eigentlich ist es in Essen generell
zu ruhig. Wie kann es zum Beispiel angehen, dass wir
hier in einer der größten Städte der
Republik nur drittklassigen Fußball zu sehen
bekommen. Das darf normalerweise gar nicht sein! Das
Publikum jedenfalls hat schon ein Format, das eigentlich
Bundesligafußball verdient hätte.
Jawattdenn.de:
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Burgsmüller!
Das Interview führten Frank Schulz, Tim Zähringer
und Torsten Kraemer im Februar 2006