"Helden von einst" Teil III

veröffentlicht am 20.03.2006 um 19:38 Uhr

Jawattdenn.de:
Kommen wir noch mal zu der späten Meisterschaft in ihrer Karriere. Haben sie noch Kontakt zu ihrem damaligen Trainer Otto Rehhagel?

Manfred Burgsmüller:
Wir telefonieren hin und wieder und ab und an gehen wir mal einen Kaffee trinken. Natürlich ist der Kontakt durch sein Amt als griechischer Nationaltrainer etwas weniger geworden.


Manfred BurgsmüllerJawattdenn.de:
Mit jungen 46 Jahren kamen sie zum Football nach Düsseldorf, hatten dort die Rückennummer 10, welche nun niemals wieder einem Spieler von RheinFire vergeben werden soll. Wie kam es denn dazu?

Manfred Burgsmüller:
Das war eine absolut geile Zeit. Die Sportart ist einfach genial. Ein Strategiespiel auf dem Rasen, wie ich es liebe. Ich habe damals aus dem Bauch heraus entschieden: „Ja, das machst Du jetzt!“. Ich musste mich als ehemaliger Fußballer allerdings erst einmal reinarbeiten. Es macht einen Unterschied, ob das Leder rund ist oder eben oval. Aber wie gesagt, es war eine super Zeit und ich war ja immerhin noch sieben lange Jahre Footballstar. Später dann, als RheinFire in die Arena auf Schalke umzog, war die richtige Zeit für den Rücktritt. Ich war schon 52 Jahre alt und in Ingo Anderbrügge stand schon jemand Gewehr bei Fuß. Der Verein wollte es ausnutzen, dass jemand vor dem Publikum spielt, dessen Herz königsblau schlägt.


Jawattdenn.de:
Es war keine Frage mangelnder Fitness?

Manfred Burgsmüller:
Nein, ob man es nun glaubt oder nicht, ich hätte ohne Probleme noch weiter spielen können.


Jawattdenn.de:
Dann wären sie aber jetzt nicht Teammanager oder Mädchen für alles beim SSV Hacheney. Wie ist kam dieses Projekt zustande?

Manfred Burgsmüller:
Manfred Burgsmüller (Copyright kabel1.de)Die Idee kam von Kabel Eins. Der damalige Geschäftsführer Andreas Bartl hatte das Format entwickelt. Überall in der Bundesrepublik suchte der Sender nach Vereinen, die in der Kreisklasse hoffnungslos abgeschlagen waren. Ohne die Mannschaft auszutauschen, sollte der Klassenerhalt noch geschafft werden. Dazu gehörte dann noch dieser prominente Ex-Kicker, der den Jungs ein paar Ratschläge mit auf den Weg gibt. Den Zuschlag bekam der SSV Hacheney, weil diese Kreisklassewelt dort am ehrlichsten wirkte. Und dann ist man wohl irgendwie auf mich als ehemaligen Spieler der Dortmunder Borussia gekommen. Wir hatten dann ein halbes Jahr Zeit, das Unmögliche möglich zu machen, also den Klassenerhalt zu erzielen. Das war aber ziemlich schwierig, da man uns plötzlich mehr Aufmerksamkeit widmete. Wir waren plötzlich das Bayern München der Kreisklasse und all unsere Gegner stellten Spieler aus höherklassigen Teams ab, um zu demonstrieren: seht her, wir haben den SSV geschlagen. Am Ende haben wir den Klassenerhalt nicht geschafft.

Jawattdenn.de:
Sie scheinen richtig mit dem Herzen dabei zu sein, immerhin reden wir hier von einer Fernsehsendung …

Manfred Burgsmüller:
Wenn man eine solche Sache verfolgt, dann sollte man schon voll und ganz dahinter stehen. Ich bin jetzt in meiner zweiten Saison dort. Wir hatten uns nach dem Abstieg im letzten Jahr mit etlichen Spielern aus der näheren Umgebung verstärkt. Jetzt sind wir Tabellenführer, bevor es am 5. März wieder mit den Meisterschaftsspielen losgeht. Das ist gerade so eine Sache mit dem Training meiner Truppe. Die Jungs können heute wieder nicht trainieren. In Dortmund sind viele Plätze der Stadt immer noch gesperrt. Zum Glück konnte ich für die Jungs bei Michael Lusch in seiner Indoor-Soccer-Halle klar machen, dass sie wenigstens da trainieren können.


Jawattdenn.de:
Bayern München der Kreisliga, da geht es also schon etwas professioneller zu, oder?

Manfred Burgsmüller:
Natürlich haben wir jetzt zum Beispiel einen neuen Hauptsponsor und auch einen neuen Trikotsponsor, aber dadurch verändern sich ja von jetzt auf gleich nicht alle Gegebenheiten, denen wir unterliegen. Ich glaube auch, das gut beurteilen zu können. Vor drei Jahren fragte mich ein Freund, ob ich nicht mal in der Kreisklasse bei Heidhausen mittrainieren wolle. Rote Asche, Bar-Beleuchtung, die Bälle total scheiße, keine Markierungsleibchen, ich glaube schon, beurteilen zu können, was in unteren Klassen abgeht. Schließlich habe ich selbst in meinen Anfangsjahren da gespielt. Genauso ist es bei Hacheney, und genau das macht diesen besonderen Reiz der Sendung aus. Denn die Zuschauer, die vielleicht selbst in der Kreis- oder Bezirksklasse spielen, erkennen sich wieder. Außerdem wird auf diese Art und Weise mal darauf hingewiesen, mit welchen Problemen kleinere Vereine zu kämpfen haben.


Jawattdenn.de:
Fühlen sie sich beim SSV wie ein richtiger Trainer?

Manfred Burgsmüller:
Nein, ich bin da eher das Mädchen für alles oder der Guru. Ich versuche, seit der ersten Folge das Team in ein besseres Licht zu rücken. Genau diesen Spruch habe ich doch von Anfang an gebracht: „Ich sammel´ die Kohle für Licht!“. Wir haben ja auch schon etliches da gemacht, unter anderem das Clubhaus gestrichen, die Clubräume und unsere Bratwurstbude renoviert. Der Verein muss ja auch dann noch existieren, wenn das Fernsehen mal weg ist.


Jawattdenn.de:
Haben die Hacheneyer Spieler inzwischen so was wie Starallüren, warten vielleicht schon die ersten Mädchen nach dem Training auf die Jungs?

Manfred Burgsmüller:
Sie haben auf jeden Fall Autogrammkarten und werden auch hier und da angesprochen. Aber das zeigt nur, dass die Sendung gesehen wird. Alle gehen weiterhin einem normalen Job nach und kommen abends, wie in der Kreisklasse üblich, zum Training. Alles andere würde die Sendung auch unglaubwürdig machen.


Jawattdenn.de:
Es kommen aber inzwischen vermehrt Spieler zu ihren Sichtungseinheiten, oder?

Manfred Burgsmüller:
Ja sicher. Beim letzten Mal waren Fußballer aus der ganzen Republik dabei. Wir haben denen dann aber klipp und klar gesagt, dass wir keine Spieler suchen, die nur ins Fernsehen wollen. Wie soll beispielsweise einer abends von Bielefeld zum Training kommen?


Jawattdenn.de:
Sind sie inzwischen ein echter Hacheneyer? Oder ist das nicht auch nur ein Fernseh-Job …

Manfred BurgsmüllerManfred Burgsmüller:
Mittlerweile engagiere ich mich ganz anders für den Verein. Man sieht ja auch Fortschritte. Ob das nun in der Führungsetage des Vereines passiert oder im Mannschaftskreis. Das alles hat nicht mehr besonders viel damit zu tun, dass uns da eine Kamera begleitet.


Jawattdenn.de:
Sie kennen sich ja in unteren Ligen bestens aus. Ist die Regionalliga auch eine Amateurklasse?

Manfred Burgsmüller:
Nee, das sind Profis. Da arbeitet doch keiner mehr neben dem Fußball, und die Spieler verdienen teilweise super Geld.


Jawattdenn.de:

Das klingt nach Insiderwissen! Wie steht es denn um ihr Wissen in Bezug auf RWE … Was bekommt ein Manni Burgsmüller von der Entwicklung an der Hafenstraße mit?

Manfred Burgsmüller:
Als Essener bekomme ich natürlich mit, was bei RWE abgeht, schon allein über die Medien. Der Verein ist mal wieder auf einem vernünftigen Weg. Wir wollen mal hoffen, dass das auch so bleibt … denn genau an dieser Schnittstelle befand sich der Verein doch häufiger. Man war schon ein paar Mal in der Winterpause aufgestiegen und am Ende passierte nichts … nicht, dass man hinterher wieder abschmiert!


Jawattdenn.de:
Haben Sie eine Erklärung parat, woran es in der Vergangenheit scheiterte?

Manfred Burgsmüller:
Manfred BurgsmüllerAb und an bekommt man den Eindruck, als wäre der Essener an sich leicht überheblich. Entweder ist man schon in der Winterpause aufgestiegen oder alles läuft scheiße. Dabei hat gerade der Trainer momentan wirklich alles im Griff. Wollen wir hoffen, dass das Umfeld ruhig bleibt. Wobei man auch hier sagen kann: Eigentlich ist es in Essen generell zu ruhig. Wie kann es zum Beispiel angehen, dass wir hier in einer der größten Städte der Republik nur drittklassigen Fußball zu sehen bekommen. Das darf normalerweise gar nicht sein! Das Publikum jedenfalls hat schon ein Format, das eigentlich Bundesligafußball verdient hätte.


Jawattdenn.de:
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Burgsmüller!


Das Interview führten Frank Schulz, Tim Zähringer und Torsten Kraemer im Februar 2006