Aufwärtstrend zum Schluss der englischen Woche – RWE siegt 3:0 in Lippstadt
Am Ende gab es nur lachende oder zumindest zufriedene Gesichter im Essener Lager. Rot-Weiss siegte insgesamt ungefährdet mit 3:0 beim SV 08 Lippstadt. Am Ende der englischen Woche mit 3 Ligapartien in 6 Tagen schraubte RWE sein Punktekonto aus den Matches gegen den BVB II, RW Ahlen und der samstäglichen Partie in der Rummenigge-Stadt auf 7 Zähler. Etwa 10 in OWL ansässige Essener Anhänger, die die strengen Ausweis-Kontrollen am Eingang überstanden hatten, leisteten dabei Support in der Liebelt-Arena und ernteten einen dankbaren und amüsierten Applaus der siegreichen Mannschaft nach dem Schlusspfiff.
Im Vergleich zum knappen 3:2 Erfolg gegen Ahlen unter der Woche, der trotz des erfolgreichen Ausgangs angesichts der sehr ausbaufähigen Leistung für Frust bei den Essener Fans gesorgt hatte, veränderte Christian Neidhart seine Startformation zweimal. Für Felix Herzenbruch begann wenig überraschend wieder Kevin Grund als Linksverteidiger und anstelle von Marcel Platzek als zweiter Spitze verstärkte der Essener Coach seine Mittelfeldzentrale durch Dennis Grote. Zu Beginn ließ Rot-Weiss es langsam angehen und die Gastgeber erst mal spielen. Ein taktisches Mittel Neidharts, um defensiv eingestellte Gegner aus der Reserve zu locken. Nahezu zehn Zeigerumdrehungen passierte erst einmal wenig, dann spielte Lippstadt von der linken Außenbahn einen langen Ball ins Zentrum, der präzise beim einlaufenden Gerrit Kaiser landete. Dieser war womöglich aus Abseitsposition gestartet, doch die Fahne des Schiedsrichterassistenten blieb unten, dafür die Pfeife des Referees Felix Weller kurz darauf nicht stumm. Daniel Heber knallte im Rückwärtslaufen beim Versuch den Ball zu klären mit Kaiser zusammen und dieser ging zu Boden. Elfmeter für Lippstadt. Vertretbar. Ein denkbar schlechter Start für RWE. Doch Schütze Janik Steringer schaute zwar Daniel Davari im Essener Tor gut aus, doch zielte er auch ein wenig zu genau.
Sein Schuss knallte nur an den rechten Pfosten. Ausgerechnet Steringer, der schon beim Lippstädter Gastspiel an der Hafenstraße Ende Februar in der Nachspielzeit aus kürzester Entfernung an Jakob Golz gescheitert war und einen Auswärtspunkt für den SVL vergeben hatte. Die ausgelassene Großchance aus elf Metern war die Schlüsselszene der ersten Hälfte. Denn knapp 5 Minuten später riss Rot-Weiss das Spiel an sich. Ein weiter Einwurf in den Lippstädter Strafraum fand RWE-Kapitän Marco Kehl-Gomez, der die Kugel mit der Brust annahm und in Mittelstürmer-Manier aus der Drehung mit Links zur Gästeführung abschloss. Der zweite Saisontreffer für Kehl-Gomez. In der letzten Spielzeit fielen seine beiden Treffer quasi der Zensur zum Opfer, weil sein Treffer gegen Wattenscheid wegen des Rückzuges der SG09 annulliert wurde und sein Kopfballtor beim Auswärtsspiel beim BVB vom Schiedsrichtergespann zum Handspiel umgedichtet worden war. So liefen in der ersten Viertelstunde alle wichtigen Situation pro RWE. Das hinterließ Spuren bei beiden Teams.
Essen agierte selbstbewusst, Lippstadt haderte mit seinem Schicksal und produzierte Fehler. Vor allem Rechtsverteidiger Cinar Sansar hatte nicht seinen besten Tag erwischt, während sein direkter Gegenspieler Oguzhan Kefkir sich mit klar nach oben zeigender Formkurve präsentierte. Nach einer halben Stunde tauchte Sansar unter einem langen Ball von Kevin Grund her und Kefkir hatte freie Bahn. Seine Hereingabe fand Essens Sturmführer Simon Engelmann, der aber an Keeper Balkenhol scheiterte, der Nachschuss sollte aber kein Problem darstellen, so dachten die meisten Betrachter. Doch Engelmann ließ auch den Abpraller liegen, ungewöhnlich für die rot-weisse Nummer 11. Lange musste sich das Essener Lager jedoch nicht darüber ärgern. Es kam nahezu zu einer Dublette der vorangegangenen Szene. Wieder war Grund der Ausgangspunkt, der seinen Partner Kefkir in die Gasse schicken wollte. Das Zuspiel verlief unpräzise, Sansar konnte den Ball vor seinem Gegenspieler erreichen, um ihn dann in Kreisklassemanier wieder wegzuschenken. Er spielte Kefkir den Ball in die Beine, der so beschenkt keine Mühe hatte, erneut Engelmann in der Mitte zu sehen und zu bedienen, der nun vollstreckte. RWE lag komfortabel in Front, Lippstadt stand sich selber im Weg und scheinbar unter Schock. Balkenhol verhinderte noch mit einer guten Reaktion das 0:3, als er bei einem Abschluss von Kehl-Gomez gekonnt herab tauchte und mit einer Hand am Ball war. Erstmals in der Liga ging RWE somit in dieser Saison mit einer Führung im Rücken in die Halbzeit. Zum Pausenbier befürchtete im Grunde kein Essener Anhänger, dass angesichts der offenbarten Formkurven beider Teams der Auswärtssieg in Gefahr geraten konnte. Das sollte sich als vollkommen berechtigt erweisen.
Kaum war die zweite Hälfte angepfiffen, da beseitigte Rot-Weiss bereits die letzten Zweifel daran. Alex Hahn glänzte mit einem tollen Diagonal-Ball auf die rechte Seite, den Joshua Endres gekonnt mitnahm und dann viel Grün vor sich hatte. Endres drang energisch in die rechte Strafraumhälfte ein und sein präziser Querpass fand – natürlich – Simon Engelmann. Schwer war es wie schon beim 2:0 nicht, den Ball zu versenken, aber Engelmann beherrscht eben auch traumhaft sicher die notwendigen Laufwege, um immer wieder seine Chancen zu erhalten und zu verwandeln. Die Messe war gelesen, der Drops gelutscht. Fortan ging es mit einer Ausnahme nur noch um die Höhe des Essener Sieges. Nach gut einer Stunde bot sich dem SVL in Person von Gerrit Kaiser noch eine große Chance zum Anschlusstreffer, die Daniel Davari kühl wie ein Eisblock vereitelte und das Aufkommen einer Form von Spannung unterband. Auf der Gegenseite vergab Engelmann nach Vorarbeit von Condé den Dreierpack und Endres jagte das Leder knapp über den Kasten. Nach einer Stunde begann die Zeit der Wechsel. Zwischen der 61. und 77. Minute brachte Neidhart Backszat für Kehl-Gomez, Behounek für den erneut starken Plechaty, den angeblich vereinswechselwilligen Adetula für Endres und Platzek für Engelmann.
Platzek und Adetula hatten quasi gemeinsam die größte Chance auf einen weiteren Treffer. Bei einem Essener Konter setzte Kefkir Platzek mit einem starkem Seitenwechsel in Szene, Platzo zog ab, Balkenhol konnte nur abklatschen und Adetula beförderte den Abpraller über das Tor, was gefühlt schwieriger war, als ins Tor zu treffen. Die letzte Gelegenheit bot sich kurz vor Schluss Kefkir, doch Balkenhol lenkte den krachenden Schuss des agilen Flügelspielers über die Latte. Zwischendurch lief der Ball souverän durch die rot-weissen Reihen und ein letztlich überforderter Gegner nur hinterher. Zwei Dinge waren offenkundig. Trotz einer anstrengenden Anfangsphase war der Essener Sieg nicht gefährdet. Auch weil man diesmal seine erste Chance zur Führung genutzt hatte und anders als gegen Ahlen konzentriert war und den Gegner nicht beschenkte. Trotz drei Spielen in sechs Tagen wirkte RWE am Ende noch frisch. Weil man eben auch enorme Qualität von der Bank ins Spiel bringen kann. Lippstadt hingegen lief auf dem sprichwörtlichen Zahnfleisch. Der RWE-Kader ist in seiner auch qualitativen Breite wie erhofft eine Trumpfkarte in einer Mammutsaison mit 40 Ligaspielen.
Die gute Laune der Essener erhielt durch die Ergebnisse der Konkurrenz noch weitere Nahrung. Im Kölner Stadtderby kam die Fortuna gegen die kleinen Geißböcke nicht über ein 1:1 hinaus, mit demselben Ergebnis trennten sich am Sonntag der BVB II und das Schlusslicht Bonner SC, sodass die Bäume dort nicht in den Himmel wachsen. Nach zuvor harscher und nicht ganz unberechtigter Kritik seiner Fans stellte Rot-Weiss seinen Anhang zufrieden. In den nächsten Wochen warten auf RWE mit Düsseldorf II, Fortuna Köln, Preußen Münster und Mönchengladbach II gleich vier Aufeinandertreffen mit anderen Top-Teams in Serie. Den Anfang macht das freitägliche Spiel gegen die formstarke Zweitvertretung der Düsseldorfer Fortuna, die die Sportfreunde Lotte mal eben mit 6:0 vom Platz fegte. RWE hofft dabei unter Flutlicht auf die Unterstützung von 5000 für das Stadion Essen zugelassenen Anhängern, insofern es die Corona-Infektionszahlen in der Stadt zulassen werden. Es bleibt zu hoffen, dass die Zuschauer kommen dürfen und danach auch genauso zufrieden und gut gelaunt den Heimweg antreten werden wie die quasi handverlesene Anhängerschar am Samstag in Lippstadt.
NUR DER RWE!
Sven Meyering