RWE stellt Rödinghausen ruhig – 2:0 Erfolg über den SVR
Es war das spielerisch womöglich magerste Match, das RWE in dieser Spielzeit abgeliefert hat, jedoch zählen am Ende nur die drei Punkte. Die Neidhart-Elf bezwang nach torloser erster Hälfte den Vorjahresmeister SV Rödinghausen mit 2:0 und erfüllte damit die gar nicht so leichte Pflichtaufgabe, denn die Erfolgsserie der Dortmunder U23 lässt es derzeit nicht zu, allzu viele Punkte liegen zu lassen und den Luxus eines Remis trotz Überlegenheit hatten sich unsere Roten ja bereits am vergangenen Samstag in Gelsenkirchen geleistet.
RWE bleibt insgesamt auf Kurs und weiterhin ungeschlagen. Die Gäste hingegen traten die Rückreise ins Wiehengebirge punkt- und torlos an, was sie zwischenzeitlich durch eine sich selbst verordnete Schreitherapie zu verhindern gesucht hatten.
Bei Anstoß von Schiedsrichter Jonas Windeln waren die Ränge an der Hafenstraße 97A erstmals fast gänzlich leer, lediglich Offizielle der Vereine durften in Zeiten des Corona-Teil-Lockdowns das Spiel im Stadion Essen verfolgen. Dass überhaupt angestoßen werden durfte, verdankt die Regionalliga West der Entscheidung des Landes NRW, die Weststaffel nicht als reine Amateurliga, sondern als Liga mit profihaften Strukturen zu werten. Sonst hätte auch hier mindestens den ganzen November über kein Ball mehr rollen dürfen. Sowohl die Essener als auch die Gäste hatten vor Spielbeginn ihre Zustimmung und Freude darüber geäußert. Diese sprang jedoch zunächst mal gar nicht als Funken auf den grünen Rasen über. Dort war zwar leidenschaftlicher Einsatz zu erkennen, doch Vergnügen machte die Begegnung nicht. In Rödinghausen sehnte man sich vielleicht sogar nach der Leichtigkeit des Zwiebelfestes, die der Truppe auf dem Platz in Sachen Spielfreude gänzlich abhandenkam. Dafür verteidigten die Gäste sehr kompakt mit viel körperlicher Robustheit und liefen die Essener zudem früh an. Vom ersten Moment an war Rödinghausen zudem bemüht, Zeit von der Uhr zu nehmen, ließ sich bei jedem Einwurf ellenlang Zeit und erschrie sich beim Schiedsrichter diverse schmeichelhafte Freistöße, indem man nach Zweikämpfen lautstark zu Boden ging. Hierbei mal wieder ganz vorne dabei, der dafür weithin bekannte Linksverteidiger Angelo Langer.
Das führte dazu, dass in Kombination mit Ungenauigkeiten im spätestens letzten Drittel auch das RWE-Spiel nicht vergnügungssteuerpflichtig war und spielerisch wenig gelang. Die einzige nennenswerte Torchance des gesamten ersten Durchgangs hatte Simon Engelmann, der eine Kefkir-Flanke nach elf Spielminuten per Kopf auf die Querlatte setzte. Apropos Kefkir, das RWE-Spiel war die gesamte erste Hälfte über extrem linkslastig. Ötzi bekam diverse Bälle auf dem linken Flügel, die aber mit der erwähnten Ausnahme in keiner Weise konstruktiv veredelt werden konnten. Hier wäre mehr Effizienz bei Essens Nummer 38 wünschenswert. Isaiah Young wurde auf dem anderen Flügel ganz aus dem Spiel genommen. Hier verteidigten die Gäste ausgesprochen kompakt und zwangen Rot-Weiss förmlich zu den vielen Spielverlagerungen auf die andere Seite. Young wich daher öfters in die Mitte aus, dort gelang ihm nach 26. Minuten ein schöner Pass in die Tiefe auf Harenbrock, den aber der herauseilende SVR-Keeper Jan Schönwälder vereiteln konnte. Ansonsten strahlten lediglich Eckbälle leidliche Torgefahr aus, nach gut 20 Minuten setzte Marco Kehl-Gomez recht gut postiert dabei einen Ball im Luftkampf nur in den Abendhimmel. Auf der Gegenseite konnte freilich gar nichts notiert werden, was einer Torchance glich. So ging es folgerichtig torlos in die Pause. Erwähnenswert ist noch, dass Alex Hahn nach rustikalem Einsteigen gegen seinen ehemaligen Teamkollegen Enzo Wirtz bereits nach 16 Minuten die gelbe Karte gesehen hatte.
Das veranlasste Christian Neidhart, der mit dem Offensivspiel seiner Mannschaft in Hälfte eins ebenso wenig anfangen konnte wie die meisten Betrachter und dieses als viel zu statisch und wenig dynamisch charakterisierte, im zweiten Durchgang etwas zu verändern. Er wechselte den Gelb-Rot gefährdeten Alex Hahn nicht positionsgetreu aus, sondern beorderte Amara Condé auf den Platz und in die Mittelfeldzentrale, von der aus Marco Kehl-Gomez nach hinten in die Viererkette rückte, die bei Ballbesitz sofort zur Dreierkette mutierte. Mit Condé kam deutlich mehr Schwung in das Essener Spiel, wovon RWE sogleich kurzfristig profitieren konnte. Doch zunächst blieb Rödinghausen seiner Linie treu, verhinderte mit Robustheit das Fußballspielen und pushte sich nach gewonnenen Zweikämpfen mit Motivationsgeschrei im Stile eines Barbarenstamms. Doch nach 56 Minuten blieb den Zwiebelfestfreunden der Schrei im Halse stecken, denn Rot-Weiss zeigte, dass es das Fußballspielen nicht verlernt hatte und ging nach einem toll ausgespielten Angriff in Front. Young hatte das Leder zu Engelmann weitergeleitet und RWE riss nun im Stile einer Ziehharmonika Rödinghausens Abwehr auseinander. Engel leitete weiter nach rechts zu Grote, der wiederum passgenau Plechaty noch weiter rechts auf dem Flügel an der Box in Szene setzte. Dessen Hereingabe verpassten Young und sein Gegenspieler am kurzen Pfosten, wurde dann aber sichere Beute für Cedric Harenbrock am langen Pfosten. Der vielumjubelte Führungstreffer und Harenbrocks drittes Saisontor. Kurz darauf kam Herzenbruch für Grund, der zuvor ebenfalls Gelb gesehen hatte. Danach passierte wenig, was den Fußballfreund erfreuen und den RWE-Fan beunruhigen konnte. Rödinghausen ging zwar nun weiter vorne ins Pressing, jedoch spielten die Roten mit kühler Abgeklärtheit ihr Spiel, sodass den Gästen keinerlei Ballgewinne in einer Zone gelangen, die Essen hätte gefährlich werden können. Lediglich ein Gewaltroller aus der zweiten Reihe nach 65. Spielminuten erforderte eine Reaktion Davaris. Der Schlussmann wäre hier allerhöchstens Gefahr gelaufen, einen Treffer zu kassieren, wenn er wegen Unterbeschäftigung zuvor eingenickt wäre. Ansonsten tut man den Gästen wohl kein Unrecht, wenn man attestiert, dass es keine einzige Torchance für sie gab, außer ein paar Torannäherungen ohne Abschlüsse.
Damit sind auch die positiven Aspekte des RWE-Spiels benannt. Selbst wenn es spielerisch nach vorne mau läuft, steht man hinten sicher wie die Bank von England, lässt sich in Zweikämpfen nicht den Schneid abkaufen und zeigt sich auch pressingresistent. Und es gelingt eben immer mindestens diese eine Situation zu kreieren, die einen Torerfolg mit sich bringt. Dass es überhaupt ein gewisses Gefühl der Unsicherheit gab lag daran, dass die Rot-Weissen eben auch nicht den zweiten Treffer nachlegten, bzw. sich lange dafür Zeit ließen. Und zwar bis zur 86. Minute. Backszat, kurz zuvor für Young gekommen, steckte auf Engelmann durch, der frei vor Schönwälder von Julian Wolff einem Trikottest unterzogen und regelunkonform am Abschluss gehindert wurde. Jonas Windeln zeigte auf den Elferpunkt und Wolff zudem für das Verhindern einer klaren Torchance den roten Karton. Ein letztes Mal zeigte sich Rödinghausener Lautstärke, als ein Rudel Gästespieler den Referee protestierend umringte, kurz danach war der SVR dann endlich ruhiggestellt. Engelmann selber übernahm die Ausführung und traf präzise ins vom Schützen aus gesehene linke Toreck zu seinem siebten Saisontreffer. Der Keeper war zwar da, erreichte die Kugel jedoch nicht. Essens Elferpremiere in dieser Spielzeit. Damit war das Spiel entschieden. Der Vollständigkeit halber sei gesagt, dass Neidhart nach 73. Minuten Endres für den glücklosen Kefkir gebracht hatte. Ein glanzloser, aber wichtiger Sieg war eingefahren. Nach Meinung der in Bielefeld erscheinenden ostwestfälischen Regionalzeitung Neue Westfälische unterlag der SVR im Übrigen bei einem Erzrivalen. So groß hängt RWE den Amigos-Klub dann doch nicht auf. Die Schlagzeile zeigt andererseits, wie Essen in der Liga gesehen und dass es allein deshalb stets viele enge Spiele geben wird.
Bereits am Samstag geht es für RWE beim SV Bergisch Gladbach weiter. Die Aufgabe beim Tabellenachtzehnten wird als Pflichtaufgabe gesehen, alles andere als ein Dreier wäre eine Enttäuschung, zumal im Siegesfall die Tabellenführung von der U23 des BVB zurückerobert werden könnte, denn die Partie der Schwarz-Gelben bei Gladbachs U23 wird coronabedingt erst im Januar ausgetragen werden können. Ein Fußballgaumenschmaus wird auch in der Belkaw-Arena nicht zu erwarten sein. Die Mannschaft von Helge Hohl (29), zusammen mit Lippstadts Felix Bechthold der jüngste Chefcoach der Liga, wird den Essenern wohl einen Kampf auf Biegen und Brechen auf sehr tiefem Geläuf entgegensetzen wollen. Das Team ist kein Kanonenfutter für RWE, was Neidhart und die Seinen jedoch wissen werden. Es gilt weiterhin unbeirrt seinen Weg zu gehen. Übrigens können die RWE-Anhänger ihr Team dabei auch am Samstag im Livestream bei Sporttotal.TV verfolgen und vom Sofa aus supporten.
NUR DER RWE!
Sven Meyering