03.11.2019

Spiel- und Jokerglück zurück!

von Redaktion

Manche Szenen sagen mehr als Tausend Worte. Um 15:46 bildete sich eine rot-weisse Spielertraube um Joshua Endres, der nur Sekunden zuvor in der ersten Minute der Nachspielzeit das Tor zum 3:1 für RWE gegen die Sportfreunde aus Lotte erzielt hatte. Auch Keeper Jakob Golz eilte über das gesamte Spielfeld, um sich den Gratulanten anzuschließen. Der Druck fiel endgültig ab von den Essenern, denn ein lange Zeit sehr enges Spiel war nun entschieden. Die noch folgenden drei Minuten optimierten das Happy End noch, denn auch Hamdi Dahmani, bislang ohne Saisontor, beförderte die Kugel nach schöner Vorarbeit von Oguzhan Kefkir sehenswert in die Lotter Maschen.

Der Jubel zum 4:1 war auch eine sichtbare persönliche Befreiung für Dahmani, der ebenfalls auf das Herzlichste von seinen Teamkollegen beglückwünscht wurde. Der letztlich klare Erfolg war keine Selbstverständlichkeit, RWE musste ihn sich hart erarbeiten und belohnte sich am Ende für den Einsatz.

Dabei begann es wenig verheißungsvoll. Nach 10 Minuten netzte zunächst einmal Kevin Freiberger zum 1:0 für die Gäste. Ausgerechnet Kevin Freiberger, der in der Saisonvorbereitung von RWE ausgemustert worden war und nach seiner Rückkehr nach Lotte bereits sein 6. Saisontor machte. Es war die erste Torannäherung der Tante überhaupt, bis dato spielte nur RWE. Die Gastgeber, die wieder mit Dennis Grote aufliefen und zudem Erolind Krasniqi für Jan-Lucas Dorow und Marcel Platzek als echte Spitze aufgeboten hatten, waren danach sichtlich angeschlagen. Es ging wenig nach vorne und die Hafenstraße begann zu murren. Lotte hatte noch eine weitere Chance, erneut durch Freiberger, die aber nicht zum Treffer führte und bis zum Pausentee die letzte Gelegenheit der Gäste darstellen sollte. Diese verteidigten weitestgehend kompakt. Zudem handelten sich sowohl Grote, der damit nächste Woche in Wuppertal gesperrt ist, als auch Amara Condé jeweils die Gelbe Karte ein. RWE wirkte in dieser Phase fast paralysiert und brauchte bis zur 32. Spielminute, um vielversprechend vor das Gästetor zu kommen.

Dafür verantwortGroße Freude an der Hafenstraßelich war eine starke Kombination der Rot-Weissen, die sich bis vor den 16 Meter Raum durchspielten, wo Erolind Krasniqi rüde von den Beinen geholt wurde. Gelb für Lottes Yilmaz und Freistoß für RWE aus bester Position. Den jagte Kefkir zwar über das Tor, doch war dieses eine Art Weckruf. Bis zum Pausentee, den gab es diesmal ungewohnt sogar auf den Tribünen, gingen die Essener deutlich zielstrebiger zu Werke und setzten Lotte an deren Strafraum fest. Die Belohnung, der Ausgleich in der letzten Minute der regulären Spielzeit von Hälfte 1. Marco Kehl-Gomez war auf dem rechten Flügel schön freigespielt worden und passte scharf nach Innen. Der eigentliche Adressat war wohl Marcel Platzek, der erreichte die Kugel zwar nicht, irritierte seinen Gegenspieler Christian Rahn aber so sehr, dass dieser persönlich die Kugel ins eigene Netz verlängerte. Eine Duplizität der Ereignisse aus der Vorwoche in Düsseldorf. Große Erleichterung und nun ging es rund an der Hafenstraße.

Da Lotte bis dato das Zeitspiel arg übertrieben hatte, gab Schiedsrichter Philipp Hüwe 4 Minuten oben drauf und die Tante konnte sehr froh sein, mit einem Remis den Gang in die Kabine antreten zu dürfen. Die Körpersprache eines jeden RWE-Akteurs war sofort eine gänzlich andere und die Führung lag in der Luft. Eine Szene wirkte dabei recht unspektakulär, illustrierte aber sehr gut die veränderten Kräfteverhältnisse. Erolind Krasniqi bedrängte den Ex-Essener und Lotter Kapitän Alexander Langlitz vehement um ihn vom Ball zu trennen, Langlitz flüchtete mit der Kugel von Krasniqi gejagt bis zur Seitenlinie, dort wurde er dann gefoult und bekam einen Freistoß. Interessant die Reaktion der Rahn-Tribüne vor der Langlitz letztlich zu Boden gegangen war. Krasniqi wurde für seine Hartnäckigkeit und den Einsatz mit Standing Ovations gefeiert. So begleitete RWE tosender Applaus auf dem Weg zur Halbzeitansprache des Trainers, knapp 15 Minuten zuvor waren dieselben Fans noch nicht zu Unrecht unzufrieden gewesen. Die Zuschauer sendeten damit ein klares Signal, wenn ihr rennt und kämpft, dann stehen wir immer hinter euch!

In der Pause waren auch alle Spieler der Essener Ersatzbank in das Stadioninnere beordert worden. Ein Zeichen, dass alle den Anweisungen des Trainers lauschen sollten. Die zweite Hälfte sollte spektakulär werden. Nach nur drei Zeigerumdrehungen bebte die Hafenstraße. Nach einer kurz ausgeführten Ecke war Lotte völlig unsortiert und Marcel Platzek erfreute sich großer Freiräume. Platzo köpfte die präzise servierte Kugel gekonnt ins lange Eck, der erste Saisontreffer für Essens Nummer 9, der wahre Jubelstürme auf dem Rasen und den Rängen auslösen sollte. Auch ein Treffer für das rot-weisse Herz, wohl jeder gönnte Platzek dieses Tor auch persönlich. In den folgenden gut 15 Minuten spielte RWE befreit von einigen Lasten nun zielstrebig und aggressiv nach vorne, auch das Pressing ließ kaum etwas zu wünschen übrig und auch spielerisch überzeugten die Titz-Schützlinge nun derart, dass das 3:1 nur als eine Frage der Zeit erschien. Die größte und schönste Möglichkeit bot sich Oguzhan Kefkir, der nach tollem Zuspiel von Krasniqi akrobatisch quer in der Luft lag und beinahe seinen Treffer von Homberg wiederholt hätte, die Kugel ging jedoch leider übers Tor. Toll gemacht von Ötzi.

Da die Vorentscheidung vertagt war, kämpfte sich Tante Lotte ins Spiel zurück. Zunächst begann jedoch die Wechselzeit. Lotte brachte Jules Reimerink für Yilmaz. Etwa zur selben Zeit hatte auch RWE zweimal gewechselt. Joshua Endres ersetzte Erolind Krasniqi, der diverse gute Szenen hatte, und Hamdi Dahmani kam für Dennis Grote. Auch Grote hatte im Grunde überzeugt, Titz sah aber hier wohl eine Gelb-Rot-Gefahr. Leider sollte Essens Führung in der Folgezeit wackeln. Nach 64 Minuten sah Daniel Heber für ein Foul an dem auf Rechts durchgebrochenen Sobotta kurz vor der Strafraumgrenze Gelb. Hebers Einsteigen war taktisch richtig, denn ansonsten hätte es eine gute Chance zum Ausgleich gegeben. Immerhin zwei davon bekam Lotte auch so. Kurz darauf überspielte Reimerink die Essener Abwehr mit einer gefühlvollen Flanke von links und der aufgerückte Abwehrchef Rahn hätte beinahe sein zweites Tor an diesem Tag erzielt, aber nun zum Leidwesen der Roten. Sein Kopfball strich nur wenige Zentimeter am Toreck vorbei, Golz war jedoch auch prächtig abgetaucht und hätte Schlimmeres womöglich verhindern können. Noch größer die Ausgleichschance nach 75 Minuten, diesmal kam die Flanke von der anderen Seite und als gleich zwei Lotter Spieler am langen Eck mutterseelenallein die Kugel hätten verwerten können, hatten wohl die meisten Fans im weiten Rund bereits mit der Führung abgeschlossen. Doch der Ball landete nicht im Tor, sondern an der Querlatte, den Abpraller klärte Alex Hahn artistisch. Das war knapp!
Tänzken von Oguzhan Kefkir nach dem Spiel
Das war es dann auch mit der Lotter Herrlichkeit. Die vorentscheidende Szene kam in der 81. Minute. Hahn schirmte die Kugel an der Seitenlinie ab und ließ diese ins Aus rollen, der übermotiviert erscheinende Langlitz grätschte ihn bereits Gelb verwarnt danach von hinten um. Ein tausendfacher gellender Schrei der Empörung von den Rängen und die korrekte Gelb-Rote Karte von Hüwel folgten augenblicklich. Hier muss man Alexander Langlitz fast schon Danke dafür sagen, dass er auch im eigentlich gereiftem Fußballeralter noch immer genauso undiszipliniert erscheint, wie man ihn einst an der Hafenstraße im RWE-Trikot kannte. Denn mit dieser Aktion beraubte er seine Farben um jegliche Chancen, die Wende noch herbeizuführen. Der dritte Ex-Essener im Bunde, „Bürgermeister“ Timo Brauer, war nur wenige Augenblicke zuvor ausgewechselt worden. Er spielte im Gegensatz zu Freiberger und Langlitz ohne auffällige Szenen. In Überzahl drängte RWE nun vehement auf die Entscheidung. Gleich zweimal hatte diese Hamdi Dahmani auf dem Fuß, vorerst bliebt ihm aber der Treffer versagt. Christian Titz erschöpfte in der Zwischenzeit sein Wechselkontingent. Bereits nach 77 Minuten war Jan Neuwirt für Condé gekommen. Der ehemalige Wolfsburger spielte seinen Part sachlich und ruhig. In der 86. Minute kam Florian Bichler für Marcel Platzek aufs Feld. Da es noch immer nur 2:1 stand, hatten die RWE-Fans, die ihre Mannschaft in vorbildlicher Art und Weise unterstützten, noch immer ein flaues Gefühl in der Magengrube, doch dann folgte das eingangs beschriebene Happy End mit einem Doppelschlag in der Nachspielzeit. Dieser bedeutete zudem die Rückkehr des Jokerglücks, denn Dahmani und Endres kamen beide von der Bank. Damit war das dritte Meisterschaftsspiel in Folge gewonnen, eine starke Reaktion auf die vorangegangene Pleitenserie. Auch spielerisch war ein Aufwärtstrend im Anschluss an die zähe Anfangsphase unübersehbar. Die Präsenz einer echten Neun auf dem Felde tat RWE offenbar gut. Ebenfalls auffällig, dass Jakob Golz zwischenzeitlich auch Flachabschläge lang herausspielte, wenn Lotte klar zustellte. Mit einem kopfballstarken Spieler vom Schlage Platzeks gehen diese Bälle jedenfalls dann nicht zwangsläufig verloren. Gut, dass hier mehr Flexibilität ins Spiel kam. So durfte am Ende gejubelt werden. Es folgte die Fete von Mannschaft und Tribünen und natürlich war auch die Kapitänstochter wieder mit von der Partie und feierte ausgelassen mit der Westtribüne. Schöne Bilder, die Mut für die nächsten Wochen mit noch 6 ausstehenden Partien bis zur Winterpause machen.


NUR DER RWE!

Sven Meyering


Rot-Weiss Essen - Sportfreunde Lotte 4:1 (1:1)


Rot-Weiss Essen

Golz, Sauerland, Heber, Hahn, Grund, Grote (59. Dahmani), Kehl-Gomez, Kefkir, Condé (77. Neuwirt), Krasniqi (57. Endres), Platzek (86. Bichler)


Sportfreunde Lotte

Peitzmeier, Langlitz, Rahn, Lisnic, Gmeiner (86. Jaqupov), Wendel, Brauer (80. Demaj), Lindner, Yilmaz (57. Reimerink), Sobotta (83. Engel), Freiberger


Tore

0:1 Freiberger (10.)
1:1 Rahn (Eigentor 44.)
2:1 Platzek (48.)
3:1 Endres (90.)
4:1 Dahmani (90.+3)


Zuschauer

8.285


Schiedsrichter

Pillip Hüwe (Coesfeld)


Gelbe Karten

Grote (5. Gelbe Karte)
Condé (2. Gelbe Karte)
Kehl-Gomez (4. Gelbe Karte)
Heber (1. Gelbe Karte)

Yilmaz (4. Gelbe Karte)
Rahn (2. Gelbe Karte)
Demaj (3. Gelbe Karte)

Gelb-rote Karten

Langlitz