01.10.2019

Nun ist es passiert - 1. Saisonniederlage gegen Verl

von Redaktion

Nun hat es unsere Rot-Weissen also erwischt, nach fast genau zwei Monaten ungebremsten Frohsinns ging die Serie der Essener gegen die Verler zu Ende, die ihrerseits wiederum den achten Liga-Sieg in Folge feierten.

Christian Titz Miene auf der Pressekonferenz nach dem Verl-Spiel sprach Bände, in dem Mann lief wohl gerade Kopfkino ab. Der Coach sagte die alles entscheidenden Worte im Grunde damit, dass er ohne die Leistung des Gegners herabwürdigen zu wollen von gleich drei angenommenen Einladungen zum Torerfolg für die Ostwestfalen sprach. Das letztliche 1:4 war sehr deutlich, jedoch bilanzierte auch der siegreiche Verler-Coach Guerino Capretti, dass es Quatsch sei von einem auch in dieser Höhe verdientem Sieg zu sprechen. Der höfliche Gast stellte somit in den Raum, dass der Erfolg seiner Mannschaft sicherlich etwas zu hoch ausfiel. Unverdient war er jedoch keinesfalls. Was waren die Knackpunkte des Spiels?

Titz sagte es richtig, drei der vier Gegentore waren Geschenke der Essener an den Gegner. Am ehesten war noch das frühe 0:1 nach 5 Minuten zwingend. Der überragende Aygün Yildirim hatte bei einem Gegenstoß der Verler viel Platz auf der linken Seite und konnte lediglich von David Sauerland bedrängt an der Strafraumkante in die Mitte ziehen und abschließen. Der Schuss schlug so präzise zwischen Keeper Lenz und dem kurzen Pfosten ein, dass viele Besucher erst eine Sekunde später registrierten, dass der Ball tatsächlich den Weg ins Tor gefunden hatte. Maßarbeit von Yildirim. Der sollte noch zwei weitere Male treffen, was allerdings leichter werden sollte als dieses Tor.

Zunächst einmal durfte jedoch Nico Hecker in einer gerade starken Drangphase der Essener mutterselenallein vor Marcel Lenz zum 2:1 für die Gäste einschießen. RWE schien gerade durch den 10 Minuten zuvor geglückten Ausgleich durch Oguzhan Kefkir per sicher verwandelten Strafstoß euphorisiert, und zwar derartig, dass man jegliche Zuordnung und Struktur im Defensivverband vermissen ließ. Marco Kehl-Gomez verpasste den Zeitpunkt eines Passes auf die rechte Außenbahn, wo die Roten ansonsten sehr viel Platz gehabt hätten und bekam stattdessen das Leder von konsequenten Verlern abgeluchst. Die liefen nun keineswegs in Überzahl Richtung Essener Kasten, jedoch waren die Laufwege der Gäste deutlich zielstrebiger als die der Gastgeber. Einen weiten Ball auf Janjic legte der Routinier per Kopf in die Mitte, dort sah sich dann Lenz nur noch dem einschießenden Hecker gegenüber.

Eine ganz kalte Dusche und ein hochgradig vermeidbarer Gegentreffer. Noch krasser das vorentscheidende 1:3 nach 73 Spielminuten, das wieder in eine große RWE-Drangphase hinein fiel. Dennis Grote und Daniel Heber bewiesen dabei nachdrücklich, dass noch nicht das sogenannte blinde Verständnis da ist, denn Grote spielte bei einem Freistoß quasi einen No-Look-Pass dorthin, wo er eigentlich seinen Mitspieler wähnte, der sich aber gerade zum rechten Flügel aufgemacht hatte. Stattdessen fand er Verls Yildirim, der mit einem direkten Abschluss Richtung Essener Gehäuse den wie immer weit vor seinem Tor postierten Lenz nur noch hinterher blicken ließ. Lähmendes Entsetzen auf Essener Seite. Dass Yildirim 10 Minuten später erneut einschießen durfte hatte nur noch statistischen Wert. Das Spiel war spätestens mit dem verletzungsbedingten Ausscheiden David Sauerlands kurz zuvor endgültig gelaufen, RWE hatte bereits sein Wechselkontingent ausgeschöpft und war nun in Unterzahl. Das 1:4 fiel dann auch über Sauerlands nun verwaiste Seite, zudem klebte Lenz beim Pass von Haeder fast paralysiert in seinem Tor.


Diesmal konnten die Wechsel von Trainer Titz keine Magie entfachen. Der Fußballgott wendete sich sogar fast zynisch gegen die Essener. Nachdem Adetula und Dahmani als Wechsel drei und vier das Feld betreten hatten und für die Schluss-Offensive sorgen sollten, ereignete sich die Causa Sauerland, der nur noch vom Feld humpeln konnte. In Unterzahl war für RWE rein gar nichts mehr zu machen. Essens Rechtsverteidiger ist nach aktuellen Meldungen zum Glück nicht so schwer verletzt, wie es zunächst den Anschein hatte und ein langfristiger Ausfall wohl vom Tisch.

Die Sauerland-Verletzung unterstrich es, Verl ging sehr ordentlich zur Sache im Stadion Essen, ohne jedoch die Grenze zur Unfairness überschritten zu haben. RWE wirkte im Gegensatz dazu nahezu zahm. Taktische Fouls, die einen Gegenstoß wie den zum 1:2 zum Preis einer Gelben Karte unterbinden, erwartet man von der Essener Mannschaft vergeblich. Die Ostwestfalen waren zudem der erste Gegner, dem ein wirklich wirkungsvolles Pressing gelang, da nicht nur die Stürmer die Essener anliefen, sondern auch das Feld dahinter zugestellt wurde. Die Folge, RWE hatte weitaus weniger Torchancen als sonst. Davon gab es aber dennoch genug, um den Platz nicht als Verlierer verlassen zu müssen. Doch im Gegensatz zum Sportclub, der eiskalt nahezu alles nutzte, was sich ihm anbot, braucht Essen noch immer viele Chancen für ein Tor.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass am Sonntag alles gegen RWE lief, was in den Wochen zuvor geklappt hatte. Die Wechsel verpufften und das hohe Torwartspiel begünstigte den vorentscheidenden Treffer zum 1:3, ohne dass Lenz dabei die geringste Schuld getroffen hätte.

Dennoch gab es auch gute Aspekte im Spiel der Rot-Weissen. Das frühe 0:1 schüttelte die Mannschaft schnell aus den Knochen, wurde von Minute zu Minute griffiger und erarbeitete den Ausgleich durch einen berechtigten Elferpfiff. Danach schien Verl beeindruckt, RWE drängte massiv auf die Führung, bis es sich wie oben erwähnt mit dem 1:2 selber wieder aus dem Spiel nahm. Parallel die Minuten nach der Pause, knapp 30 Minuten wurden die Gäste zurückgedrängt, Trainer Capretti bezeichnetet diese rot-weisse Druckphase als Leidenszeit. Auch nach dem überaus unglücklichen 1:3 gingen die Essener Köpfe nicht nach unten, mit dem Ausscheiden Sauerlands ging es dann allerdings nur noch um bedingt geglückte Schadensbegrenzung. Den Verlern sei hier gedankt, dass sie sportlich fair den Sieg feierten und nicht wie schon oft von anderen Gastmannschaften in den Vorjahren erlebt, provozierend Richtung RWE-Anhang jubelten.

Die RWE-Fans standen trotz des Spielgeschehens wie ein Mann hinter der Truppe und die lautstarken „Auswärtssieg“-Rufe am Ende signalisierten den Spielern, dass ihnen der heutige Auftritt verziehen sei und am Donnerstag eine Essener Fankolonne beim Away-Match im Mönchengladbacher Grenzlandstadion dabei sein wird, wenn RWE hoffentlich die Fehler des Verl-Spiels glatt bügeln und punkten können wird.


Rot-Weiss Essen - SC Verl 1:4 (1:2)


Rot-Weiss Essen

Lenz, Sauerland, Heber, A. Hahn (46. Selishta), Grund (59. Bichler), Grote, Kehl-Gomez, Kefkir, Condé, Endres (77. Adetula), Dorow (77. Dahmani)


SC Verl

Brüseke, Choroba, Langesberg, Stöckner, La. Ritzka, Schallenberg, Schöppner (87. Schröder), M. Kurt, Hecker (57. Andzouana), Janjic (72. Haeder), Yildirim (88. Heinz)   


Tore

0:1 Yildirim (5.)
1:1 Kefkir (22., Elfmeter)
1:2 Hecker(32.)
1:3 Yildirim (73.)
1:4 Yildirim (82.)


Zuschauer

10.651


Schiedsrichter

Markus Wollenweber (Mönchengladbach)


Gelbe Karten

Kehl-Gomez (2. Gelbe Karte)
Andzouana (1. Gelbe Karte)
Schöppner (4. Gelbe Karte)
Langesberg (2. Gelbe Karte)