Ernüchterung hoch 3
Diese setzte nach dem 0:2 gegen Mönchengladbach unter denjenigen der 6.107 Zuschauer ein, die geglaubt oder zumindest gehofft hatten, dass Demandt mit wenigen Neuzugängen aus einem Beinahe-Absteiger einen ernsthaften Titelaspiranten zaubern kann.
Während man der Mannschaft kämpferisch erneut keinen Vorwurf machen konnte, haben die beiden potenziellen Spitzenteams aus Köln und Mönchengladbach deutlich aufgezeigt, was unserer Mannschaft nach wie vor fehlt, insbesondere was Tempo und Kreativität beim Umschaltspiel betrifft. Wenn zudem auch noch vorne sehr gute Torchancen nicht genutzt und hinten schwere individuelle Fehler begangen werden, dann kann aus einem sehr guten Saisonstart auch sehr schnell ein ziemlich durchwachsener werden.
Essen startete mit Cokkosan für den verletzten Grund und Weber ersetzte den gesperrten Zeiger in der Viererkette. Während Essen abwartend begann und den Gegner zumeist erst an der Mittellinie attackierte, trotzte Mönchengladbach der drückenden Hitze und setzte RWE früh unter Druck. Damit hatten die Gastgeber ihre Probleme, mehrere Schussversuche in der Anfangsphase wurden aber entweder geblockt (Yeboah (2. und 8.) oder von Heimann entschärft (Schulz (10.), Benes (12.)). Die bis dahin beste Essener Torchance hatte Platzek, der den Ball nach einer flachen Hereingabe von Cokkosan mit dem langen Bein nur über das Tor lenken konnte (20.). Den Torschrei hatten die meisten Zuschauer kurz darauf erneut auf den Lippen, als ein Platzek-Kopfball den Weg ins Gladbacher Netz fand, aber der Abseits winkende Schiedsrichterassistent den Spaßverderber spielte (26.). Gladbach blieb trotzdem optisch und spielerisch überlegen, insbesondere bei schnellen Kombinationen verlor die RWE-Innenverteidigung schon mal den Überblick. Eine solche Situation hätte Sow beinahe genutzt, als er frei vor Heimann auftauchte, aber überhastet über das Tor schoss (34.).
Wer nun gehofft hatte, dass RWE die noch leicht angezogene Handbremse zur zweiten Halbzeit lösen würde, der wurde nicht enttäuscht. Essen kämpfte sich nun ins Spiel, auch wenn dabei zunächst nicht viel mehr als ein paar relativ ungefährliche Eckbälle herauskamen. Brauer war der erste, der mit einem trockenen Schuss aus 16 Metern den Ex-Essener Nicolas im Gästetor prüfte (59.). Kurz darauf konnte Nicolas auch einen direkten Freistoßball von Baier entschärfen (61.). Die dickste Chance folgte dann nach der schönsten RWE-Kombination des Spiels: über Brauer und Baier landete der Ball im Sechzehner auf dem rechten Fuß des einschussbereiten Löning, aber er verfehlte das Tor ganz knapp (62.). Van Lent reagierte nun schöpfte innerhalb von sieben Minuten sein Wechselkontingent aus. Tatsächlich war durch die frischen Spieler ein kleiner Bruch im RWE-Spiel zu erkennen, man blieb zwar weiterhin optisch überlegen, zum Abschluss kamen die rot-weissen Angreifer aber immer seltener.
Als immer mehr für ein 0:0 sprach, drehte Gladbach plötzlich nochmal auf. Mit der ersten gefährlichen Gästeaktion in der zweiten Halbzeit tauchte Kraus nach einem langen Ball plötzlich frei vor Heimann erst auf und nach einem vermeintlichen Stoß von hinten ab. Es folgten zwei Sekunden Totenstille im Stadion mit bangem Blick auf den Schiedsrichter und der Erinnerung im Hinterkopf, dass RWE in genau so einer Situation gegen Bonn einen Elfmeter zugesprochen bekommen hatte. Aber die Pfeife blieb stumm und Erleichterung machte sich breit, dass zumindest der eine Punkt gegen einen starken Gegner eingetütet ist. Doch diese Überlegung machte in der folgenden Aktion Windmüller noch zunichte, der in einer harmlosen Situation alle Optionen zur Klärung hatte, sich aber für die mit Abstand riskanteste entschied, und das mit maximaler Ungeschicktheit. Der Versuch, den Ball ins Aus tropfen zu lassen, scheiterte gegen Yeboah kläglich, und die anschließende Grätsche im Strafraum war eine willkommene Einladung zum Tiefflug für den Gladbacher Angreifer. Man kann darüber diskutieren, ob tatsächlich ein elfmeterwürdiges Foul vorlag, aber nach dem nicht gegebenen Strafstoß kurz zuvor war es wohl auch Yeboah klar, dass der nächste am Boden liegende Gladbacher bessere Chancen auf einen Pfiff hat. So kam es auch, und Strang schickte Heimann aus elf Metern Entfernung in die falsche Ecke – 0:1 (89.). Demandt, der bis dahin wie gewohnt erst einmal gewechselt hatte, versuchte mit der Einwechslung von Jesic für Brauer nochmal eine Schlussoffensive einzuleiten, doch die Körpersprache war nun eine resignierende, so dass Gladbach über einen schnellen Konter noch auf 0:2 durch Sow erhöhen konnte (92.).
Sieben Punkte aus den ersten drei Spielen sowie die Aussicht auf drei Heimspiele in Folge ließen zwar keine Euphorie, aber Hoffnungen aufkommen. Diese sind erstmal dahin. Für ein Eingreifen in den Meisterschaftskampf wird es dieses Jahr wahrscheinlich noch nicht reichen, das ist akzeptiert. Etwas mehr als Null Tore aus drei Spielen oder ein Herumkrebsen um Platz 11 darf und muss es natürlich trotzdem sein. Das sollte auch möglich sein, denn die kämpferische Einstellung stimmt und Torchancen werden auch gegen starke Teams erarbeitet. Ein wenig Sorgen bereitet aber die Tatsache, dass Demandt der Mannschaft nach dem Spiel fehlendes Selbstvertrauen attestierte. Wirklich? Nach einer tollen Vorbereitung und den starken ersten drei Spielen reichte schon eine Niederlage gegen Köln aus, um all das aufgebaute Selbstvertrauen wieder auf einen Bodenlevel zu senken? Und selbst das Herausholen eines Elfmeterschießens zu zehnt gegen einen Zweitligisten sowie ein 9:0 in Grevenbroich lassen die Brust nicht zumindest wieder ein bisschen breiter werden? Das lässt wenig Gutes für die nächste Heimaufgabe gegen Rödinghausen erwarten. Immerhin haben die Ostwestfalen aber selbst mit Problemen zu kämpfen. Ebenfalls ambitioniert gestartet haben sie nach frustrierenden ersten Spielen erst an diesem Wochenende den ersten Sieg (gegen Düsseldorf II) feiern können. Unabhängig vom Gegner und von den Vorzeichen kann es für RWE aber nur das Ziel geben, die Tor- und Punktearmut der letzten drei Wochen zu beenden und wieder Anschluss an das obere Mittelfeld zu erhalten.
Jawattdenn-Spielerbewertung
Heimann [3] |
Huckle [3+] |
Weber [3] |
Windmüller [5] |
Malura [3+] |
|
Brauer [3-] |
Baier [2-] |
Meier [3] |
Cokkosan [3] |
Platzek [3-] |
|
Löning [3] |
Ivan [o.B.] |
Jesic [o.B.] |
Rot-Weiss Essen
Heimann, Malura, Windmüller, Weber, Huckle, Meier, Brauer (88. Jesic), Baier, Cokkosan (76. Ivan), Platzek, Löning
Borussia Mönchengladbach
Nicolas, Nkansah, Stang, Lieder, N. Schulz (67. Komenda), Brandenburger, Sow, Feigenspan (68. Pisano), Benes (63. Rütten), Kraus, Yeboah
Tore
0:1 Stang (88., Foulelfmeter)
0:2 Sow (90. + 2)
Zuschauer
6.107
Schiedsrichter
Niklas Dardenne
Gelbe Karten
Cokkosan (1. Gelbe Karte), Meier (2. Gelbe Karte), Windmüller (1. Gelbe Karte) - N. Schulz, Feigenspan
Spieler des Spiels - Benjamin Baier