1:1 verloren?
Nicht wenige empfanden das Spiel beim SC Verl als die beste Saisonleistung von Rot-Weiss Essen. Insgesamt muss man bestätigend anmerken, dass RWE den SC förmlich in der eigenen Hälfte einschnürte. Der Kampf stimmte von der ersten Minute an und trotzdem nimmt RWE nur einen Punkt aus Westfalen mit nach Hause.
So wirkt der Punktgewinn gefühlt wie eine Niederlage. Ob es der Beginn einer positiven Entwicklung ist, wird sich in den kommenden Wochen herausstellen. Insgesamt bleibt allerdings ein deutlich verbessertes Grundgefühl im Vergleich zu den vergangenen Wochen zurück.
Die Mannschaft stellte sich am Ende beinahe von selbst auf. Die größte Überraschung war die Rotation auf der Torwartposition. Zunächst dachten sich die Zuschauer wenig dabei, denn Siewert hat in seinen ersten Spielen gezeigt, dass auch der Torwart sich in jeder Woche neu für den Platz in der Startelf qualifizieren muss, doch eine Aussage, die in der Reviersport zitiert wird, lässt aufhorchen. So sei die Maßnahme zum Schutz von Niclas Heimann erfolgt. Sollte sich herausstellen, dass der RWE-Torwart tatsächlich diesen Schutz benötigte, wäre dies ein unerträglicher Einfluss in den Verein.
Vor knapp 500 mitgereisten Essener Zuschauern entwickelte sich recht schnell ein sehr einseitiges Spiel. RWE drückte von Beginn an und nahm den Hausherren die Bälle durch cleveres Pressing meist schon in der eigenen Hälfte ab. Selbst Cebio Soukou, über dessen defensive Spielweise diskutiert wurde, half tatkräftig mit. Das Fehlen von Vojno Jesic machte sich kaum bemerkbar, da die Zentrale mit Rabihic und Baier spiel- und kampfstark funktionierte. Benjamin Baier erhielt sogar die Kapitänsbinde, was verdeutlicht, dass dieser keineswegs bei Siewert abgeschrieben ist, wie es nach der Verbannung auf die Tribüne in Mönchengladbach vermutet wurde.
Die offensichtlichen Feldvorteile führten jedoch nur selten zu klaren Tormöglichkeiten. Die Defensive der Verler stand beinhart. Die einzige nennenswerte Torchance vergab Marcel Platzek nach 22 Minuten. Nach Flanke von Tolga Cokkosan kam der Mittelstürmer frei zum Kopfball, konnte diesen aber nicht mehr platzieren und köpfte dem Verler Keeper in die Arme.
Auf der Tribüne bemühten die Essener sich um stimmgewaltige Unterstützung, nachdem diese in Velbert und Mönchengladbach eher verhalten ausfiel. Es war durchaus ansprechend, dass über eine lange Zeit Gesänge angestimmt wurden, die manchmal sogar eine gute Lautstärke erreichten. Auch auf dieser Leistung lässt sich in den kommenden Wochen aufbauen.
Nach der Halbzeit blieb RWE dominant. Besonders Kevin Behrens bescherte den Verler Verteidigern unruhige Momente und zog so viele Gegenspieler auf sich. Dieser vergoldete seinen Einsatz mit dem einzigen Tor für Rot-Weiss Essen nach über 70 Minuten. Kasim Rabihic ging weit in die Verler Hälfte hinein und zog auf die linke Seite. Anstatt abzuspielen tunnelte er den Verteidiger und überlief ihn. Danach flankte er mit dem Außenrist genau auf den Kopf von Kevin Behrens, der heute die Nerven behielt und gekonnt einnetzte. Der Torjubel fiel dementsprechend souverän auf und der Neuzugang aus Aachen zeigte mehrfach auf seinem Kopf, da er mit diesem innerhalb von einer Woche zwei Treffer erzielte.
Der Endspurt der Verler fiel danach erst einmal aus. RWE blieb am Drücker und Kevin Grund vergab die beste Chance zum 2:0. In der 88. Minute trat er von der rechten Seite einen Freistoß. Die knapp zwanzig Meter zum Tor nutzte er, um direkt abzuziehen. Der Ball kam nahezu perfekt, aber krachte an die Latte und sprang vor der Linie auf. Damit wäre das Spiel entschieden gewesen, doch Schiedsrichter Lukas Sauer gab drei Minuten Nachspielzeit. In diesen entschieden sich die Verler nun doch anzugreifen. Zunächst flog aber noch Kasim Rabihic vom Platz. Man konnte das Geschehen nur schlecht einsehen, es ist aber anzunehmen, dass er sich die gelb-rote Karte für das Wegschlagen des Balles abholte. Das zuvor gepfiffene Foul wurde nämlich von Leon Binder verursacht. Sollte dies wirklich der Grund für den Feldverweis sein, wäre das ein Platzverweis der Kategorie extrem unnötig.
Mit Ablauf der drei Minuten hatte Manuel Rasp die beste Einschussmöglichkeit, die er jedoch zwei Meter neben den Essener Kasten lenkte. Der Schiedsrichter entwickelte offensichtlich Gefallen an dem Spiel und dachte gar nicht daran abzupfeifen, sondern verdoppelte die Nachspielzeit mal eben. Und in der 95. Minute war es dann so weit. Nach einer Kopfballstafette brachte Hamadi Al-Ghadioui den Ball über die Linie und sackte den so unverdienten Punkt ein.
Der Schiedsrichter pfiff sofort ab und die Essener Fans mussten mit gesenkten Köpfen den Heimweg ins Ruhrgebiet antreten. RWE konnte den Vorsprung nicht über die Zeit retten. Das Fazit fällt allerdings dennoch verhalten positiv aus. Die Mannschaftsleistung war gut, und zwar über die gesamte Spielzeit. Dementsprechend waren auch die individuellen Auftritte deutlich verbessert. Kasim Rabihic deutete wieder an, was er an Potenzial in der Vorbereitung und den ersten Spielen offenbarte. Baier ging als kämpferisches Vorbild voran und auch die Innenverteidigung stand trotz der Umstellung bombensicher. Die Leistung lässt die Hoffnungen gegen den Ligakrösus Viktoria Köln wieder wachsen.
Jawattdenn-Spielerbewertung
Heller [3] |
Obst [3+] |
Zeiger [2] |
Binder [2] |
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Rabihic [2-] |
Baier [2] |
Grund [3] |
Soukou [3+] |
Platzek [3] |
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Behrens [2-] |
Al Khalaf [o.B.] |
Olwa-Lutha [o.B.] |
SC Verl
Lange, Großeschallau, Stöckner (71. Kaminski), Schmidt, Unzola (71. Böhmer-Schulte), Mikic, Schröder, Hecker, Haeder, Erwig-Drüppel (74. Rasp), Al Ghaddioui
Rot-Weiss Essen
Heller, Obst, Zeiger, Binder, Cokkosan, Grund (90. Al Khalaf), Rabihic, Baier, Soukou, Behrens, Platzek (84. Olwa-Lutha)
Tore
0:1 K. Behrens (71.)
1:1 Al Ghaddioui (90. + 5)
Zuschauer
952
Schiedsrichter
Lukas Sauer
Gelbe Karten
Schmidt, Mikic, Schröder - Binder (2. Gelbe Karte), Grund (1. Gelbe Karte)
Gelb-rote Karte
Rabihic (90. Unsportlichkeit)