War das heute Fußball? (inkl. Nachtrag zum Reviersport-Aufreißer)
Wir schreiben den 36. Spieltag, Rot-Weiss trifft auf Rot-Weiß. Vor dem Spiel unterstrichen beide Trainer die Bedeutung eines möglichen Derbysiegs, um dem jeweiligen Anhang nach diversen Enttäuschungen mal wieder eine Freude bereiten zu können. Da es für RWE zudem noch um die fehlenden drei Punkte für den sicheren Klassenerhalt ging, freuten sich knapp 9.000 Zuschauer auf einen heißen Kampf.
Heiß war an diesem Samstagnachmittag allerdings nur das Wetter. Der Gästeblock blieb - auch für RWO-Verhältnisse - erstaunlich leer und leise. Nach einer Schweigeminute für den verstorbenen Fritz Herkenrath erfolgte schon eine Stunde früher als gewohnt um Punkt 13 Uhr der Anstoß, was sich allerdings scheinbar nicht bis zu den beiden Mannschaften herumgesprochen hatte.
Bei RWE lief Moritz Fritz für den gesperrten Benjamin Baier mit der Kapitänsbinde auf, doch der müde Sommerkick auf dem Rasen vermittelte eher den Eindruck eines verlängerten Aufwärmprogramms. Außer einem unplatzierten Steinmetz-Kopfball nach einer knappen halben Stunde tat sich vor den Toren nichts - beide Teams beschränkten sich auf Fehlpässe und Stockfehler.
Durch den Halbzeitpfiff erlöst vom müden Gekicke schienen die Oberhausener einen perfiden Plan zu schmieden, den Nichtangriffspakt hinterhältig auszuhebeln. Kurz nach Wiederbeginn der Partie tauchte daher erneut Steinmetz vor Heimann auf, nachdem er sich mit einer simplen Körpertäuschung in beste Schussposition gebracht hatte, um den Keeper anschließend eiskalt zur Gästeführung zu verladen.
RWE antwortete mit einem verunglückten Schuss Cokkosans, als fast im Gegenzug auf der anderen Seite erneut ein Ball von der rechten Seite seinen Weg zum langen Pfosten und schließlich vor die Füße Robert Fleßers fand. Wie dieser den Ball über die Linie stocherte weiß er vermutlich selbst nicht mehr, doch in einem typischen 0:0-Spiel stand es plötzlich 0:2 für die Kleeblätter.
In der Folge entwickelte RWE erste, ernsthafte Offensivbemühungen, während der Anhang auf der West weiterhin damit beschäftigt war, bei fast 30 Grad die Kaltgetränkeversorgung der Oberhausener Auswechselspieler sicherzustellen und Gesänge über zwei Tribünen einzustudieren. Zugegeben: Die kindliche Freude des Vorturners angesichts der guten Resonanz auf seine dichterische Meisterleistung war auch wesentlich unterhaltsamer, als die Darbietung auf dem Platz.
Eine Viertelstunde vor Schluss hatte Moritz Fritz dann den Anschlusstreffer auf dem Fuß, scheiterte aber an Robin Udegbe. Es war eine sinnbildliche Szene für Fritz' engagierten aber glücklosen Auftritt, der symptomatisch für sein offenbar bald schon wieder endendes Engagement an der Hafenstraße steht. Der mit viel Talent ausgestattete Mittelfeldmann wird RWE wohl in Richtung Borussia Dortmund II verlassen, die im kommenden Jahr als einer der Top-Favoriten der Liga gelten müssen.
In der Schlussphase reichte es nur noch zu einer nennenswerten Chance durch Marcel Platzek, da die Gäste clever und ohne viel Aufwand den Vorsprung über die Zeit brachten. Auch wenn Fans und Spieler gedanklich offenbar schon voll und ganz beim wesentlich bedeutenderen Derby mit den Wuppertalern sind, hat der zeitgleiche Sieg der Kölner Zweitvertretung die Tabellensituation wieder verschärft.
Vier Punkte Vorsprung hat RWE auf den ersten Abstiegsplatz, den die Kölner derzeit innehaben. Deren Restprogramm mit Heimspiel gegen formschwache Wattenscheider und Auswärtsspiel bei den abgestiegenen Wegbergern lassen sechs Punkte allerdings nicht unmöglich erscheinen. Auf Rödinghausen hat RWE auch noch drei Punkte Vorsprung, doch diese könnten durch das Heimspiel des SVR gegen die abgestiegenen Erndtebrücker kommende Woche schnell dahinschmelzen. Gegen Kray müssen daher die nötigen drei Punkte geholt werden, um eine Zitterpartie am letzten Spieltag gegen Dortmund zu verhindern, die ihren sensationellen Lauf heute mit dem sechsten Sieg aus den letzten sieben Spielen fortsetzen konnten.
Ein kleiner Nachtrag zum Reviersport-Aufreißer:
Dass es im Jahr 2016 noch immer Menschen gibt, die anderen die Menschenwürde absprechen wollen, indem sie Affenlaute und rassistische Bemerkungen von sich geben ist nicht akzeptabel. Im Umfeld der aktiven Fanszene sind diese Rufe zum Glück seit geraumer Zeit vollständig verschwunden, dennoch gibt es bei tausenden Fans noch vereinzelt Leute, die dieses Gedankengut ins Stadion tragen. Vorletzte Woche beim Auswärtsspiel in Gelsenkirchen geriet ich selbst in die unangenehme Situation, in unserem Block jemanden darauf aufmerksam machen zu müssen, dass das Brüllen des N-Worts nicht ins Stadion und auch sonst nirgendwohin gehört. Es sind Einzelfälle, aber es gibt sie und wer mit Schweigen reagiert, signalisiert den Verursachern, dass ihr Verhalten toleriert werde. Wer nicht selbst einschreiten will oder kann, hat immer noch die Möglichkeit, sich an Ordnungsdienst bzw. Polizei zu wenden oder gezielt Fanclubs anzusprechen. Dass es beim Spiel zu derartigen Rufen aus einem der R-Blöcke gekommen ist, ist daher absolut bedauerns- und verurteilenswert und es liegt an uns allen dafür zu sorgen, dass sich derartiges nicht wiederholt.
Bedauerns- und verurteilenswert ist seit geraumer Zeit jedoch leider auch die Berichterstattung des Reviersport, wo sich heute ein Schalker Schüler- oder Studentenpraktikant zu besagtem Vorfall mit der Überschrift "Rassismus-Eklat: Binder attackiert RWE-Fans" austoben durfte. Was dieser Aufmacher suggeriert, ist beim Blick in die Kommentare darunter sofort ersichtlich. Vor allem generiert er wieder mal unzählige Klicks auf Kosten der Reputation unseres Vereins. Da helfen auch die Relativierungen im Artikel selbst nicht - die Überschrift reicht vielen wieder aus, ihr vorgefertigtes Bild über Rot-Weiss Essen bestätigt zu sehen. Der Vorwurf richtet sich dabei weniger an den Autor Lukas Hornscheidt, als vielmehr an die Reviersport-Redaktion, die dem jungen Mann durch ihr eigenes, unseriöses Gebaren seit geraumer Zeit ein Bild von Journalismus vermittelt, das voll und ganz der "Lügenpresse"-Fraktion in die Karten spielt, statt ihn Berufsethos und Verantwortung zu lehren. Wie es anders geht beweist schließlich Ralf Wilhelm, der im Funke-Sport-Ressort zunehmend einsam die Qualitätsfahne hochhält, die in einer Flut aus dem Zusammenhang gerissener Zitate und reißerischer Überschriften seiner Kollegen unterzugehen droht.
Jawattdenn-Spielerbewertung
Heimann [] |
Binder [] |
Windmüller [] |
Zeiger [] |
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Fritz [] |
Rabihic [] |
Grund [] |
Ivan [] |
Platzek [] |
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Löning [] |
Studtrucker [] |
Weber [] |
Jesic [] |
Rot-Weiss Essen
Heimann, Binder, Windmüller, Zeiger, Fritz, Cokkosan (59. Studtrucker), Grund, Ivan (87. Weber), Rabihic, Platzek, Löning (83. Jesic)
Rot-Weiß Oberhausen
Udegbe, Caspari, Nakowitsch, Weigelt, Steurer, Scheelen (83. Hermes), Fleßers, Budimbu, Kocabas (90. Sezen), Steinmetz (76. Kurt), Engelmann
Tore
0:1 Steinmetz (49.)
0:2 Fleßers (54.)
Zuschauer
8.881
Schiedsrichter
Sven Heinrichs
Gelbe Karten
Budimbu, Kocabas