1:1 gegen Kray: Ein eisiger Wind weht an der Hafenstraße...
Fünf Jahre ist es nun her, dass der FC Kray den Abstieg in die Bezirksliga verhindern und eine beispiellose Erfolgsgeschichte starten konnte. Nicht wenige RWE-Fans begleiteten den Aufstieg des Stadtteilvereins zur sportlichen Nummer 2 in Essen dabei mit Wohlwollen und hätten sich wohl in den schlimmsten Albträumen nicht ausmalen können, was heute Realität ist: In Meisterschaftsspielen hat der FC Kray nach 5 Begegnungen (immer noch) eine positive Bilanz gegen Rot-Weiss Essen!
Die zwei Niederlagen der Vorsaison wollte Trainer Siewert im Vorfeld nicht thematisieren, stellte stattdessen bereits in Aussicht gegen den Tabellenvorletzten "hohen Aufwand" betreiben zu müssen und forderte "hohe Ballgeschwindigkeit" mit "Zug zum Tor". Personell gab es bei diesem Unterfangen keine Überraschungen: Im Vergleich zum letzten Meisterschaftsspiel musste lediglich der gesperrte Tolga Cokkosan für Patrick Huckle weichen.
In den ersten zehn Minuten sah es dann tatsächlich so aus, als sollte das Team die Vorgaben des Trainers umsetzen können - der anfangs sehr engagierte Moritz Fritz holte eine Ecke raus, die beim am langen Pfosten freistehenden Jeffrey Obst landete, der den Ball aber über den Kasten setzte. RWE kombinierte ganz ansehnlich, bis Gino Windmüller mit einem katastrophalen Aussetzer als letzter Mann den Ball an Emre Yesilova verlor, der dankend zum 0:1 einschob.
Sich mit unerklärlichen, individuellen Aussetzern selbst um die Früchte der Arbeit zu bringen zieht sich dabei mittlerweile ebenso wie ein roter Faden durch die Saison, wie die Reaktion auf einen Rückstand. Was folgte war daher die Kopie einer Kopie einer Kopie des bisherigen Saisonverlaufs: Der Gegentreffer ließ die guten rot-weissen Vor- und Ansätze in sich zusammenfallen. Vom Elan der Anfangsphase war nichts mehr zu spüren und Kray hatte wenig Mühe, die Gastgeber vom eigenen Tor fernzuhalten.
Nach einer halben Stunde sorgte Krays Schlussmann Kunz für die gefährlichste Szene, als er gegen den nachsetzenden Marcel Platzek beinahe den Ball vertändelte. Einen Distanzschuss von Baier konnte er parieren und wähnte sich wohl schon beim Pausentee, als RWE doch noch der Ausgleich gelang: Nach einer Ecke fiel Kapitän Moritz Fritz der Ball buchstäblich vor die Füße und der Torjubel zum Pausenpfiff verhinderte ein mögliches Pfeifkonzert.
Wer sich vom Ausgleich zum oft zitierten, psychologisch wichtigen Zeitpunkt eine Initialzündung erhoffte, wurde im zweiten Durchgang schwer enttäuscht. Kray zog sich noch weiter zurück und stellte RWE allein durch eine vielbeinige Endverteidigung vor unlösbare Probleme. Der RWE-Anhang erwies sich dabei als erstaunlich geduldig und so begleitete der Stimmungskern unter den 7.500 Zuschauern das ideenlose Quergeschiebe noch mit durchaus guter Unterstützung.
Nach 66 Minuten kam der zuletzt in Ungnade gefallene Cebio Soukou für den blassen Cekic ins Spiel und offenbarte zugleich die derzeitige Personalmisere: RWE hat keine Alternativen für die Offensive. Aufgrund der Verletzung Studtruckers, der Suspendierung Behrens' sowie der fehlenden Regionalligatauglichkeit Olwa-Lutas gibt es derzeit keine Möglichkeit, Marcel Platzek im Angriff Unterstützung zur Seite zu stellen und so verzichtete Siewert gar auf seine dritte Wechselmöglichkeit und brachte lediglich noch Binder für Rabihic (87. Minute) in der Mittelfeldzentrale.
Dennoch müsste es auch mit dem vorhandenen Personal möglich sein, einen Gegner der sich im Schnitt über zwei Gegentreffer pro Spiel fängt, in einer druckvollen Schlussphase in Bedrängnis zu bringen - das Gegenteil war der Fall. Nachdem Jeffrey Obst bei einem in den Strafraum gechippten Freistoß der Krayer seinen Gegenspieler im Rücken enteilen ließ, stellte der mit dem Betonmischer aus der Pause gekommene Außenseiter die Partie in der Schlussminute fast auf den Kopf und hatte in der vierten Minute der Nachspielzeit gar eine noch größere Gelegenheit zum "lucky punch", die jedoch zum Glück von der RWE-Defensive mit vereinten Kräften geklärt werden konnte.
Was folgte war dann das in der Halbzeitpause noch verstummte Pfeifkonzert inklusive vereinzelter, wütender Beschimpfungen denen sich Jan Siewert und sein Team stellen mussten. Bei noch zwei ausstehenden Spielen in der Fremde und der bislang verheerenden Auswärtsbilanz, sowie einem Blick auf die Tabelle grassiert an der Hafenstraße mittlerweile die nicht ganz unberechtigte Angst, die Winterpause auf einem Abstiegsplatz zu verbringen. Die grundlegende Bereitschaft zu einem geduldigen, kontinuierlichen Aufbau ist in Essen trotz des enttäuschenden Saisonverlaufs und der Unmutsbekundungen im Anschluss an die Partie so hoch wie nie zuvor - Trainer und Mannschaft stehen nun allerdings in der Pflicht, in Dortmund und Wiedenbrück Ergebnisse zu liefern, um zu verhindern, dass den Geduldigen die Argumente ausgehen...
Jawattdenn-Spielerbewertung (folgt)
Heller [] |
Obst [] |
Windmüller [] |
Weber [] |
|
|
Fritz [] |
Rabihic [] |
Baier [] |
Cekic [] |
Grund [] |
|
Platzek [] |
Soukou [o.B.] |
Binder [o.B.] |
Rot-Weiss Essen
Heller, Obst, Windmüller, Weber, Huckle, Fritz, Rabihic (89. Binder), Baier, Cekic (67. Soukou), Grund, Platzek
FC Kray
Kunz, Wagner, Aubameyang, J. Zimmermann, Alic, Waldoch, Steuke (90. Bluni), Kehrmann, Akman, I. Elouriachi (63. Yahkem), Yesilova (78. Kadiu)
Tore
0:1 Yesilova (11.)
1:1 Fritz (45. + 1)
Zuschauer
7.557
Schiedsrichter
Florian Exner
Gelbe Karten
Binder (4. Gelbe Karte), Obst (3. Gelbe Karte) - Akman, Waldoch, Yahkem