Anschluss verpasst
RWE-Fan sein ist wie mit der Deutschen Bahn zu reisen: Ständig verpasst man den Anschluss. Mit 1:3 mussten sich unsere Rot-Weissen auch im zweiten Spiel dieser Woche geschlagen geben und blicken vorerst nur aus der Ferne auf die Spitzengruppe. Leon Binder brachte es mit seinem Comeback zum einzigen Lichtblick des Tages.
Der Tag in Mönchengladbach-Rheydt begann bereits beim Einlass mit einem Ärgernis. Während an den Kassen noch munter Sitzplatzkarten verkauft wurden, verweigerte der Ordnungsdienst an der Tribüne dem Großteil der Fans den Zugang. Obwohl es in den letzten Jahren nie Probleme an der zaunfreien Sitzplatztribüne gab, argumentierte das Sicherheitspersonal heute, dass das Spiel als Risikospiel eingestuft worden sei. Die Gründe bleiben schleierhaft. Für die Fanszene der Borussia jedenfalls war das Derby gegen Köln, wenn auch aufgrund der Proteste gegen personalisierte Tickets nur vor den Empfangsgeräten, interessanter. Oh Wunder.
Nach langem Hin und Her zwischen den Fanvertretern, Fanprojekt und FFA, sowie dem Ordnungsdienst und der Polizei, wurde dem wartenden Mob doch der Zugang gewährt. Deutlich motivierter als in den letzten Spielen begleiteten die noch mitreisenden Fans auf der Tribüne den Anstoß mit einem anständigen Support. Auch die Elf von Jan Siewert schien gut ins Spiel zu finden und tauchte bereits nach 2 Minuten erstmals gefährlich vor dem Gladbacher Tor auf. Kevin Grund war es, der durch zu langes Zögern, wie so oft in der Saison, nicht zum erfolgreichen Abschluss kam. Im Gegenzug fiel nach schwacher Abwehrleistung das 1:0 für die Hausherren und holte RWE schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Es bleibt dabei: Jedem Funken Hoffnung, der in den Köpfen der RWE-Fans gedeiht, wird gnadenlos der Wind aus den Segeln genommen. Der rot-weisse Anhang hielt die Stimmung dennoch weiter hoch und sah dem Schicksal erst nach dem zweiten Gegentor vor der Halbzeit ins Gesicht. Mangels Hafenstraßen- und Pornofußball verstummten nun auch die letzten Masochisten im Rund oder retteten sich in Galgenhumor.
Als Gladbach II in der zweite Hälfte schnell das dritte Mal einnetzen konnte, wurden böse Erinnerungen an eine 1:6-Klatsche im heimischen Stadion wach. Das ganz große Debakel konnte dann mit der Einwechslung von Leon Binder abgewendet werden, der mit seinem ersten Einsatz nach auskurierter Verletzung das Spiel komplett auf den Kopf stellte und ein großes Ausrufezeichen hinterließ. Keine Minute auf dem Platz machte die Axt ihrem Namen gleich alle Ehre und holte sich mit einer bösen Schere die gelbe Karte ab. Die Aktion sollte aber nicht die einzige bleiben, mit der Binder auf sich aufmerksam machte. So köpfte die #24 eine halbe Stunde vor Spielschluss zum 1:3 ein und startete damit einen Sturmlauf, der fast nach Hafenstraßenfußball aussah. Die Zuschauer honorierten das und gingen bei den zahlreichen Torchancen nahezu euphorisch mit. Auch die Initialzündung Leon Binder war weiterhin an beinahe jeder Situation beteiligt und hatte den zweiten Treffer mehrmals auf dem Fuß. Am Ende konnten trotz allem wieder nur eine Niederlage verbucht werden.
Die Unmutsbekundungen nach Abpfiff hielten sich aber nach der halbstündigen Sturm- und Drangphase in Grenzen. Dem gesamten Team, Spielern und Trainer, wurde zwar in unterschiedlichster Art und Weise, mal mehr mal weniger deutlich, aus Reihen der Fans die Meinung gesagt. Insgeheim dürfte Leon Binder allerdings mit seinem mustergültigen Auftritt schon wieder die Hoffnung geschürt haben, dass er die Truppe am kommenden Dienstag über 90 Minuten mitreißen kann und vor allem darf, Herr Siewert.
Mögen die perversen Gedanken, dass es ab Dienstag alles besser laufen könnte, nicht all zu hart bestraft werden.
Jawattdenn-Spielerbewertung (folgt)
Heimann [4+] |
Obst [3-] |
Zeiger [3+] |
Windmüller [3] |
|
|
Fritz [3-] |
Grebe [4+] |
Grund [4] |
Jesic [4] |
Cekic [4] |
|
Platzek [3] |
Behrens [3] |
Binder [2] |
Olwa-Lutha [o.B.] |
Borussia Mönchengladbachh II
Kompalla, Knipping, Elvedi, B. Mohr (46. Stang), Ndenge, Holzweiler (73. Mero), Sezer, Rodriguez (57. Rizzo), T. Kraus, Ritter, Pisano
Rot-Weiss Essen
Heimann, Windmüller, Obst, Zeiger, Huckle, Cekic (46. Behrens), Fritz, Grund (67. Olwa-Lutha), Grebe (54. Binder), Jesic, Platzek
Tore
1:0 Ndenge (2.)
2:0 Rodriguez (30.)
3:0 Ritter (60.)
3:1 Binder (63.)
Zuschauer
830
Schiedsrichter
Tim Brüster
Gelbe Karten
Kompalla, Knipping, Ritter, Pisano - Cekic (1. Gelbe Karte), Behrens (1. Gelbe Karte), Binder (1. Gelbe Karte)