1:1 bei Dortmund II: Gefühlte Niederlage nach starker Leistung
Die Ausgangslage gab wenig Anlass zu Optimismus, schließlich ging es für RWE mit mageren vier Auswärtspunkten im Gepäck ins Stadion „Rote Erde“ zur Mannschaft der Stunde.
Die 1.750 Zuschauer sollten allerdings ein überraschend gutes Regionalliga-Spiel zu sehen bekommen. Zwei personelle Änderungen nahm RWE-Trainer Jan Siewert nach dem enttäuschenden Kray-Spiel vor und brachte Zeiger für Windmüller in der Innenverteidigung, sowie den wiedergenesenen Marwin Studtrucker für Amar Cekic auf dem rechten Flügel. Formativ ordnete er die Mannschaft im 4-1-4-1 an, wobei Kasim Rabihic in der Grundausrichtung den verbindenden Part des Sechsers zwischen zwei Vierterketten übernahm, während Baier und Fritz als Achter aufgeboten wurden. Gegen die kombinationsstarke Dortmunder Zweitvertretung setzte RWE dabei auf kompaktes Verschieben mit geringen Abständen zwischen den Mannschaftsteilen und attackierte erst auf Höhe der Mittellinie. Mit Kontern, insbesondere über den schnellen Marwin Studtrucker, gelang es dabei die offensiv ausgerichteten Gastgeber vor Probleme zu stellen.
Wirbelwind Studtrucker belebt das Offensivspiel
Kurz nach Anstoß prüfte der lang ersehnte Rückkehrer Studtrucker BVB-Schlussmann Hendrik Bonmann zum ersten mal mit einem unplatzierten Schuss vom Strafraumeck, zehn Minuten später musste der ehemalige Rot-Weisse im Tor der Gastgeber mit einer tollen Parade zur Ecke klären, nachdem Jeffrey Obst auf Zuspiel von Studtrucker aufs kurze Eck abschließen konnte. Die dritte Gelegenheit bot sich Moritz Fritz, der eine Obst-Flanke über das Tor köpfte. Der Kapitän übernahm den offensiveren Part der beiden Achter und rückte situativ immer mal wieder in die Spitze vor, wo er bereits gegen Kray zu finden war. Durch aggressives Zweikampfverhalten und gute Balleroberungen leistete er einen großen Anteil, das Dortmunder Aufbauspiel im Keim zu ersticken. Da sich sein Einsatz dabei oft an der Grenze des Erlaubten bewegte, holte er sich dann auch nach knapp 40 Minuten die erste gelbe Karte des Spiels ab.
Die zweite Gelbe ging kurz darauf an BVB-Profi-Leihgabe Moritz Leitner für ein Foul nahe der Seitenauslinie. Kasim Rabihic schlug den Ball hoch an die Strafraumkante und der herauseilende Hendrik Bonmann ermöglichte mit seinem Patzer, dass der Ball zu Marcel Platzek verlängert werden konnte, der den Ball zur hochverdienten Führung ins leere Tor schoss. In der Nachspielzeit der ersten Hälfte rettete dann zunächst Robin Heller mit einer Glanztat gegen Marvin Duksch, der auf der linken Strafraumseite zum Abschluss gekommen war und im Gegenzug kam Studtrucker nach tollem Zusammenspiel mit Platzek zum Torabschluss, scheiterte jedoch mit dem Pausenpfiff an Bonmann.
Wer seine Chancen nicht nutzt...
Einen schwarzgelben Sturmlauf nach dem Seitenwechsel suchte man zunächst vergebens, RWE behielt die Kontrolle über das Spiel und beschwor über den nicht zu bändigenden Studtrucker immer wieder Gefahr hinauf. Nach einer Stunde wurde ihm bei einem Duell nahe der Torauslinie ein Elfmeter verweigert, wenig später vergab er freistehend vor Bonmann das 2:0. Der mustergültige Pass durch die Gasse kam dabei von Moritz Fritz, der in der 68. Minute mit seinem Treffer auf 2:0 erhöht hätte, wäre dieser nicht wegen einer Abseitsstellung aberkannt worden. Wieder hatte Rabihic aus dem Halbfeld geflankt und Fritz den von Weber am zweiten Pfosten in die Mitte geköpften Ball aus kurzer Distanz über die Linie gedrückt.
Marwin Studtrucker sah diese Szene bereits von der Bank, für ihn war der Arbeitstag kurz zuvor beendet und mit einer tollen Leistung untermauerte er seinen Status als Heilsbringer der lahmenden RWE-Offensive. Für ihn kam Tolga Cokkosan und nur zwei Zeigerumdrehungen später reklamierte die gesamte rot-weisse Mannschaft einen Handelfmeter: Wieder hatte Rabihic einen guten Freistoß in den Strafraum geschlagen, wieder hatte er den Kopf Richard Webers gefunden, doch dessen Ablage wurde von der Hand eines BVB-Verteidigers ins Toraus gelenkt. Es gab Eckball statt Elfmeter und der beruhigende, zweite Treffer ließ auf sich warten.
Dreizehn Minuten vor Schluss nahm Siewert den Gelb vorbelasteten Moritz Fritz vom Feld, wohl auch um dem Schiedsrichter samt Ampelkarte zuvorzukommen. Der für ihn eingewechselte Daniel Grebe holte sich kurz darauf ebenfalls eine Verwarnung ab und konnte den Kapitän in der Schlussphase nicht gleichwertig ersetzen. Auch aufgrund der schwindenden Kräfte der Offensivabteilung gab RWE mehr und mehr das Spiel aus der Hand, zog sich weiter zurück und ließ zunächst jedoch nur ein paar Halbchancen der weitestgehend abgemeldeten Dortmunder zu. Es sollte bis zur Nachspielzeit dauern, bis Benjamin Baier mit einem ungeschickten Tackling einen Freistoß kurz vor dem Strafraum verursachen sollte, der - wie konnte es anders sein - beim eingewechselten Ioannidis und von dessen Fuß im Tor landete.
Siewerts Verzicht auf die dritte Auswechslung
Natürlich kam angesichts des späten Treffers die Diskussion um den von Siewert aufgesparten, dritten Spielerwechsel auf und im ersten Moment hätte ein solcher vielleicht Sinn gemacht, um Zeit von der Uhr zu nehmen und den erschöpften Spielern auf dem Feld eine kurze Verschnaufpause zu gönnen. Sieht man sich jedoch die verbliebenen Wechseloptionen auf der rot-weissen Bank an, kommt man zwangsläufig zu einem anderen Ergebnis: Die verbliebenen Feldspieler hießen Windmüller, Cekic, Olwa-Luta und Al-Khalaf. Windmüller als Innenverteidiger einzuwechseln hätte entweder bedeutet, das gut funktionierende Dou Zeiger/Weber auseinanderzureißen, oder aber einen positionsfremden Spieler herunterzunehmen - wodurch sich die zu passive Ausrichtung der Schlussphase eher noch verstärkt hätte, denn das Problem lag nicht in einer wackligen Endverteidigung, sondern fehlenden Entlastungsangriffen und beruhigenden Ballbesitzphasen.
Sinnvoll wäre daher einzig ein offensiver Wechsel gewesen, doch ob der im Verlauf der Hinrunde dargebotenen Leistungen muss man zu der Erkenntnis gelangen, dass ein ausgepumpter Marcel Platzek immer noch einem fitten Malcolm Olwa-Luta vorzuziehen ist und Amar Cekic mit seinen körperlichen Defiziten kaum die richtige Einwechseloption ist, um in der Schlussphase einen Vorsprung über die Zeit zu bringen. Dass Siewert über keine regionalligataugliche, offensive Einwechseloption mehr verfügt, ist ein der Kaderzusammenstellung geschuldeter Missstand und muss in der Winterpause dringend behoben werden. Ihm nach der zuvor gebotenen, guten Mannschaftsleistung dieses Detail anzulasten wirkt beinahe grotesk.
Bei aller verständlichen Kritik am bisherigen Saisonverlauf und dem dafür verantwortlichen handelnden bzw. kickenden Personal sollte es möglich sein, eine spielerisch und kämpferisch vollends überzeugende Leistung dann auch unabhängig vom Ergebnis mit dem entsprechenden Applaus zu honorieren oder - so fern die Enttäuschung zu tief sitzt - wenigstens das Stadion wortlos zu verlassen. Was in den Köpfen derer vorgeht, die Mannschaft und Trainer nach dem heutigen Spiel beschimpfen, wird ihr Geheimnis bleiben, es ist aber ebenso unnötig und kontraproduktiv wie das Drohszenario der Nikoläuse zu Spielbeginn. Irgendwie passen sowohl dieses Bild als auch der unglückliche Hinrundenabschluss zur bisherigen Seuchensaison, die sich nächste Woche endlich in die allseits herbeigesehnte Winterpause verabschiedet...
Jawattdenn-Spielerbewertung (folgt)
Heller [] |
Obst [] |
Zeiger [] |
Weber [] |
|
|
Fritz [] |
Rabihic [] |
Baier [] |
Studtrucker [] |
Grund [] |
|
Platzek [] |
Cokkosan [o.B.] |
Grebe [o.B.] |
Borussia Dortmund II
Bonmann, Camoglu, C. Zimmermann, Gorenc-Stankovic, Dieckmann (65. Hanke), Solga (86. Ioannidis), Maruoka (79. Kefir), Eberwein, Leitner, Harder, Ducksch
Rot-Weiss Essen
Heller, Obst, Zeiger, Weber, Huckle, Fritz (77. Grebe), Baier, Studtrucker (67. Cokkosan), Rabihic, Grund, Platzek
Tore
0:1 Platzek (38.)
1:1 Ioannidis (90. + 1)
Zuschauer
1.750
Schiedsrichter
Sven Heinrichs
Gelbe Karten
Solga, Gorenc-Stankovic, Leitner - Fritz (3. Gelbe Karte), Grebe (1. Gelbe Karte), Heller (1. Gelbe Karte)