Wisst ihr, was ihr machen solltet…
Der Befreiungsschlag glückte gegen den SC Verl nicht. Die 0:1 Niederlage zeigte bekannte Mängel, ließ allerdings durchaus positive Schlüsse zu. Das neue Trainerteam besteht nicht aus Magiern, das sollte allen klar gewesen sein.
Noch immer präsentierte sich RWE erschreckend ungefährlich vor dem gegnerischen Kasten, der finale Pass gelang nur selten, Torchancen waren Mangelware. Und doch war ein klarer Schnitt in der Spielphilosophie erkennbar. Das von vielen kritisierte Langholz hat ausgedient und die Mannschaft bemühte sich bereits in der Abwehr spielerisch in die gegnerische Hälfte zu kommen. Das gelang nicht immer, das sah nicht immer gut aus, es wurde aber vom Großteil der mitgereisten Zuschauer mit einem Applaus nach Spielende gewürdigt.
Doch bis dahin dauerte es noch, als es Vormittags nach Westfalen ging. Eine entspannte Autofahrt später erreichten wir Verl und kamen, dem frühen Start sei dank, problemlos und schnell nach einer Hochsicherheitsabtastung in den Zuschauerraum im Stadion an der Poststraße. Die berühmte Bratwurst und Getränke zum anständigen Preis erworben, konnten wir noch einen Schal entgegennehmen, der von der Mannschaft an die Anhänger verteilt wurde. Neben Doc Welling, der sich der Mottofahrt von Platzprolls und Stauderkommilitonen angeschlossen hat, verteilten Geschäftsstellenmitarbeiter und verletzte sowie gesperrte Spieler die Fanartikel mit der Aufschrift: Wir. Essen. Gemeinsam.
Auf den Stehplätzen trafen wir mehr oder weniger bekannte Freunde und nutzten das Wiedersehen zu einer ausgedehnten Unterhaltung, die sich bis fast ans Ende der ersten Halbzeit streckte. Neben der Diskussion über ominöse „Schmuddel-Apps“ wurden inhaltliche Verbesserungsvorschläge an uns herangetragen. Die Redaktion wird prüfen, inwieweit die werte Leserschaft nach einem Interview mit den Spielerfrauen über deren Vorliebe bei Blumen und dem Frühstück (Beerflakes) verlangt. Es war launig in Verl und die mitgereisten RWE-Fans wussten sich an jeder Stelle zu unterhalten. Einige erkannten in einem Ordner einen Hollywoodstar ("Matt Damon, pass auf"), andere berichteten über die Lieblingsspieler des neuen Trainers.
Bei aller Fröhlichkeit mutete allerdings die Maßnahme des SC seltsam an, dass von den Ultras bereits erworbene Sitzplatzkarten nicht zum Betreten der Tribüne berechtigen sollten. Immerhin erstattete der Gastgeber die Differenz zurück, die Maßnahme ließ allerdings ratlose Gesichter zurück, die dazu passend einen dicken Schauer in der zweiten Halbzeit abbekommen sollten.
Gespielt wurde indes auch, das Spiel war jedoch sehr arm an Tormöglichkeiten. Der große Umbruch erfolgte, wie vom Trainergespann vorher angekündigt, nicht. Der angeschlagene Platzek wurde für das Pokalspiel geschont, Max Dombrowka ersetzte den gelbgesperrten Mario Neunaber auf der rechten Abwehrseite und Binder rückte ins Mittelfeld vor. Besonders befreit spielte Marwin Studtrucker auf, der für ordentlich Wirbel sorgte, allerdings stand er häufig allein auf weiter Flur, sodass es selten richtig gefährlich für Verl wurde. Umgekehrt sorgte Simon Engelmann für die beste Möglichkeit der zweiten Hälfte, als er eine verunglückte Rückgabe von Philip Zeiger knapp neben das Tor setzte.
Beide Mannschaften taten in der ersten Hälfte wenig für einen Sieg. Die Fans hofften auf Besserung, da bislang gähnende Langeweile regierte. Nach der Pause folgte dann der Hallo-Wach-Effekt, leider auf der falschen Seite. Nachdem Matthias Haeder sich auf rechts durchgesetzt hat, brachte er den Ball rein und im allgemeinen Gestocher lenkte Tim Hermes den Ball Richtung Tor. Da Engelmann wohl noch knapp dran war, wurde ihm der Treffer jedoch gutgeschrieben. Es war sein 14. Treffer.
RWE drückte noch weiter, erarbeitete sich aber kaum Möglichkeiten. Nach einem Freistoß konnte Verls Keeper Sebastian Lange den Freistoß von Tim Hermes nur noch knapp an die Latte lenken (55.) und Daniel Grebe verfehlte den Kasten aus knapp 18 Metern nur knapp (81.). Ansonsten gab es nichts zu bestaunen und doch war die Atmosphäre weniger aggressiv als zuletzt.
Das freundliche Applaudieren nach Spielende sollte als Geste für den kommenden Dienstag gesehen werden. Denn da braucht die Mannschaft die volle Unterstützung. Der FC Kray wird momentan von vielen Zuschauern zu einem Riesen aufgeblasen, der er trotz aller Erfolge nicht sein will und nicht ist. Überheblichkeit ist angesichts zweier Saisonniederlage gegen die Krayer nicht angebracht, aber ein gesundes Selbstbewusstsein ist allemal erlaubt. Dafür sollten die Spieler allerdings dringend wieder das Tor treffen. Zwei Törchen in neun Spielen markiert den wohl schlechtesten Wert seit langer Zeit. Jeder Spieler und jeder Zuschauer sollte sich vergegenwärtigen, dass dieses Spiel das wichtigste in der auslaufenden Saison ist und mit dieser Einstellung alles für den Sieg geben sollte.
Jawattdenn-Spielerbewertung
Heimann [3] |
Dombrowka [4] |
Zeiger [4] |
Weber [3] |
Huckle [3-] |
|
Grebe [3] |
Baier [3] |
Binder [3] |
Studtrucker [3+] |
Hermes [4] |
|
Kreyer [5-] |
Freiberger [4-] |
Platzek [o.B.] |
Steffen [o.B.] |
SC Verl
Lange, Großeschallau, J. Schmidt, Stöckner, Kaminski, Bömer-Schulte, Mikic, Al Ghaddioui (78. Rasp), Haeder (85. Unzola), Engelmann, Kunstmann (61. Kunstmann)
Rot-Weiss Essen
Heimann, Dombrowka, Zeiger, Weber, Huckle, Baier, Binder, Studtrucker (82. Steffen), Grebe, Hermes (57. Freiberger), Kreyer (65. Platzek)
Tore
1:0 Engelmann (46.)
Zuschauer
8.888
Schiedsrichter
Tobias Altehenger
Gelbe Karten
Kaminski, Al Ghaddioui, Rasp - Freiberger, Hermes
Gelb-rote Karte
Mikic (90. + 1, wiederholtes Foulspiel) - Dombrowka (87., wiederholtes Foulspiel)