Abschiede
Es war das letzte Spiel in 2014 und es hat geklappt das Jahr abzurunden. Mit einem 3:2-Erfolg gegen den SC Wiedenbrück verabschiedete sich RWE an der Tabellenspitze. Fans und Mannschaft zollten sich gegenseitig Respekt für das vergangene und so bewegte halbe Jahr. Dabei sah es am Anfang aus, als könnte es ein bitterer Abend werden.
Es wurde bereits vor dem Spiel emotional. Wie vielfach zu lesen war, verstarb der Kapitän der Meisterelf von 1955. August Gottschalk, der ein unerreichbares Idol angesichts seiner Leistungen darstellt, sollte für sein sportliches Leben geehrt werden. Ganz in schwarz gehalten wurde das Konterfei des berühmten Rot-Weissen gezeigt und darunter war zu lesen: Danke für alles, Chef! Dem Dank schlossen sich die Zuschauer an und man hatte das Gefühl, selbst der Himmel trauerte um den ehemaligen Spielführer. Es regnete das ganze Spiel über wie aus Eimern. Eine Besonderheit stellte dann die obligatorische Minute dar, in der innegehalten werden sollte. Keine Schweigeminute, sondern eine Applausminute wurde angeordnet und man kann sagen, dass passte. Die Zuschauer begannen sofort zu klatschen, während Walter Ruege die ehrenden Worte über Gottschalk sprach. Das war ein Gänsehautmoment.
Die Mannschaft meldete sich unter der Woche mit einem offenen Brief an die Fans. Diese Mannschaft richtete dankende Worte für die Unterstützung an die Anhänger. Es ist eine kleine Geste, doch zeigt sie, dass diese Spieler das Spektakel Rot-Weiss Essen zu schätzen wissen. Es ist lange her, dass man so direkt angesprochen wurde. Der Dank wird zurückgehen.
Marc Fascher zeigte in seiner Aufstellung, wie stark der Kader von RWE besetzt ist und ließ Marcel Platzek auf der Bank. Diesen außergewöhnlich begabten Fußballer auf der Bank zu lassen dokumentiert einen Luxus, den es in dieser Liga kaum irgendwo gibt. Zunächst wähnte man jedoch, dass dem Trainer diese Entscheidung um die Ohren fliegt. Der Trainer von Wiedenbrück sagte in einem Zeitungsinterview, dass es nicht die Sache des SC sei, sich hinten einzuigeln und diesen Worten lieferte seine Mannschaft Taten nach. Die Wiedenbrücker kombinierte und spielten die Essener Verteidigung mitunter schwindelig. Nach einem ersten Versuch von Kamil Bednarski (8.) traf Mariusz Rogoski von der Strafraumkante zum 0:1 (11.).
Zwar hatte der Ex-Wiedenbrücker Studtrucker bereits eine gute Möglichkeit (6.), bei der ihm der Ball versprang. RWE war sichtlich beeindruckt vom starken Auftritt der Ostwestfalen. Doch zeichnet diese Mannschaft aus, dass sie nach Gegentreffern erst recht gefährlich wird. Die Freude von Wiedenbrück währte allerdings nur wenige Minuten, denn Marwin Studtrucker tankte sich durch den Strafraum, übersah absichtlich den besser postierten Mitspieler und traf. Diesen Treffer gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber wollte der Stürmer erzielen und schaffte so den Ausgleich. In der 23. Minute kam dann das eigentliche Highlight des Spiels. Dieses Tor entstand nach der wohl schönsten Kombination seit langer Zeit.
Cebio Soukou setzte sich auf der rechten Außenbahn durch und hatte das Auge für den rechts mitlaufenden Sven Kreyer. Soukou spielte daraufhin einen Außenristpass, der die gesamte Abwehr und die Spielbreite überwand und Kreyer fand, dieser drang in den Strafraum ein und fand wieder einmal Studtrucker, der zur Führung einschob. Danach wurde gefeiert. Die Schlüssel wurden herausgeholt und das Tabellenbild nach dem 34. Spieltag besungen. Studtrucker wollte noch mehr. Nach einer guten Einschussmöglichkeit von Tim Hermes (40.), lupfte Studtrucker den Ball sehenswert über den Torwart. Der Ball senkte und senkte sich, leider aber nur an die Latte. Nach einem weiteren Abschluss, pfiff der Schiedsrichter zur Pause.
In der Pause sollte der nächste emotionale Moment für den langjährigen Geschäftsstellenmitarbeiter Detlev Jaritz kommen. Jaritz verabschiedet sich in den Ruhestand und die Geschäftsstelle stellte sich deswegen auf den Rasen und beschenkte den Merchandising-Chef. Auch an dieser Stelle möchten wir für 36 Jahre Arbeit für Rot-Weiss Essen danken.
Nach der Pause wollte RWE die Entscheidung erzwingen und traf keine drei Minuten nach Wiederanpfiff. Immer wieder war es Studtrucker und auch dieses Mal dribbelte er sich in den Strafraum. Er wollte Treffer Nummer Drei, doch spielte er sich fest. Daraufhin ließ er den Ball liegen und der hinter ihm laufende Soukou setzte einen Strahl in die Maschen von Wiedenbrück. Das 3:1 wirkte wie die Vorentscheidung für ein gutes Wochenende und ein angenehmes Tabellenbild in der Winterpause. Damit war Studtrucker direkt an allen drei Toren beteiligt. Es war die wohl beste Leistung des Stürmers im RWE-Trikot. Studtrucker war stets anspielbereit, immer brandgefährlich und hatte dann noch das Auge für Mitspieler. Das war eine klare Note Eins und es verwunderte nicht, dass Studtrucker kurz vor Schluss ausgewechselt werden musste, weil er von zahlreichen Krämpfen geplagt wurde. Es ist nicht auszudenken, dass wir auf den Spieler fast wegen einer Verletzung hätten verzichten müssen.
Wiedenbrück wollte jedoch nicht als Punktelieferant dienen und verstärkte die eigenen Angriffsbemühungen. Gute Chancen durch David Laurette (55.), Massih Wassey (60.) und Oliver Zech (61.) konnten noch vereitelt werden. RWE setzte Konter und hatte ebenfalls gute Möglichkeiten durch Tim Hermes (65., 67.) und Benjamin Baier (67.). Erst in der 85. Minute fiel der nächste Treffer durch Jure Colak, der 3:2-Anschlusstreffer. Man hat immer noch dieses ungute Gefühl aus längst vergangenen Zeiten, doch das Team spielte die Partie abgeklärt herunter und konnte den Sieg festhalten. Man muss aber festhalten, dass Wiedenbrück eins der stärksten Teams war, das an der Hafenstraße vorgespielt hat und zurecht im oberen Drittel steht.
Tabellenführung für mindestens eine Nacht und eine satte Bilanz von 38 Punkten aus 19 Spielen, also der berühmte Zwei-Punkte-Schnitt, sind ein tolles Ergebnis. Zum Jahresende deswegen auch überfällige Worte ganz offen an die Mannschaft gerichtet: Ihr macht einfach Spaß! Selten hat man eine Mannschaft gesehen, die so viel Herz und positiven Willen zeigt. Auch wenn der Start zwischen uns Zuschauern und euch Spielern holprig war, weil wir vielleicht zu früh viel zu viel erwartet haben, habt ihr gezeigt, dass ihr unsere hohen Erwartungen erfüllen könnt. Macht weiter so und vielleicht können wir am Ende des Jahres unseren ganz großen Traum erfüllen, an den wir aber angesichts der langen und schwierigen Restrunde im Jahr 2015 noch nicht denken wollen.
Ein großes Dankeschön auch an Marc Fascher, der mit wenig Kredit gestartet ist und all seine Kritiker hat verstummen lassen. Ein Dank an Doc Harttgen, der Fingerspitzengefühl bei der Auswahl des Kaders zeigt. Ein Dankeschön an Doc Welling, der neben der finanziellen Planung des ganzen den Verein, seine Fans und Mitglieder, emotional zusammenhält. Dank an uns Zuschauer und an euch Leser. Es war ein eher gutes Jahr und wünschen wir uns zu Weihnachten, dass das Jahr 2015, in dem sich die Meisterschaft zum sechzigsten Mal jährt, zu unserem Jahr wird.
Jawattdenn-Spielerbewertung
Heimann [3] |
Neunaber [3] |
Zeiger [2] |
Weber [3] |
|
|
Grebe [3] |
Baier [2] |
Hermes [3+] |
Soukou [2] |
Kreyer [3-] |
|
Studtrucker [1] |
Treude [o.B.] |
Platzek [o.B.] |
Dombrowka [o.B.] |
Rot-Weiss Essen
Heimann, Neunaber, Zeiger, Weber, Huckle, Hermes, Baier, Grebe (65. Treude), Soukou (72. Platzek), Studtrucker (89. Dombrowka), Kreyer
SC Wiedenbrück
Hölscher, Volkmer, Sumelka (82. Erdogmus), Rogowski, Colak, Zech, Lauretta, Wassey, Bednarski, Loose (88. Kotuljac), Puhl
Tore
0:1 Rogowski (11.), 1:1 Studtrucker (16.), 2:1 Studtrucker (23.), 3:1 Soukou (48.), 3:2 Colak (84.)
Zuschauer
7.889
Schiedsrichter
Dominik Jolk
Gelbe Karten
Neunaber (4. Gelbe Karte) - Erdogmus