Offener Brief der FFA an den Westdeutschen Fußball- und Leichtathletikverband
Die Fan- und Förderabteilung von Rot-Weiss Essen hat sich mit einem offenen Brief an den Westdeutschen Fußball- und Leichtathletikverband (WFLV) in Person seines Präsidenten Hermann Korfmacher gewandt. Anlass und Inhalt des Briefes sind die jüngsten Spielansetzungen des Verbandes in der Regionalliga West den Verein Rot-Weiss Essen betreffend.
Sehr geehrter Herr Korfmacher,
wir schreiben Ihnen als Abteilungsvorstand der Fan- und Förderabteilung von Rot-Weiss Essen. Hierbei handelt es sich um eine eigenständige Abteilung im Verein, die sich im Jahre 2012 gegründet hat und sich seitdem für fanrelevante Themen einsetzt, für die Stärkung des Vereinslebens eintritt und neben dem Fanprojekt als zentraler Ansprechpartner für Fanthemen fungiert.
Aus der Presse erfuhr die rot-weisse Anhängerschaft von einer bereits beschlossenen Spielverlegung sowie weiteren geplanten Spielverschiebungen, die bei den RWE-Fans auf Unverständnis und Ablehnung stoßen. Diese Wahrnehmung möchten wir Ihnen gerne verdeutlichen.
Zunächst wurde das ursprünglich für das Wochenende vom 26. - 28.09.2014 geplante Auswärtsspiel beim Aufsteiger SV Rödinghausen auf Montag, 19.30 Uhr, verlegt.
Eine Spielverlegung kann aus Fansicht nur in vorheriger Abstimmung zwischen den beteiligten Vereinen und dem Verband erfolgen. Nur ein solches Vorgehen lässt überhaupt erst die Möglichkeit zu, auch die Fanbasis mitzunehmen und in die Entscheidungsprozesse einzubinden. Der Verein Rot-Weiss Essen zeichnet sich gerade durch eine enge und direkte Einbindung der Fans in viele Entscheidungsprozesse aus. Diese Möglichkeit wurde dem Verein genommen, was letztendlich auch uns Fans die Möglichkeit der Meinungsäußerung und Einflussnahme geraubt hat.
Allein dieses Vorgehen möchten wir an dieser Stelle kritisieren und darum bitten, Spielverlegungen grundsätzlich im Vorfeld mit allen Beteiligten zu erörtern.
Zudem sorgte die Tatsache, dass Sie keinerlei Gründe angaben, auf die Sie die o. g. Spielverlegung gestützt haben, für Irritationen und Missstimmung in der Fanbasis. Wir möchten herausstellen, dass die rot-weisse Anhängerschaft dies für keinen gleichberechtigten und partnerschaftlichen Umgang auf Augenhöhe zwischen Verband und Verein ansieht. Niemand in Essen verschließt sich vor nachvollziehbaren Argumenten. Eine nicht begründete Entscheidung nimmt die Fans von RWE nicht mit und sorgt für keinerlei Akzeptanz.
Der von Ihnen zu Recht proklamierte FairPlay-Gedanke gilt nicht nur im Stadion, sondern auch im alltäglichen Miteinander. Von einem von Ihnen selbst geforderten „harmonischen Zusammenspiel der beteiligten Vereine, Schiedsrichter, Behörden, Sicherheitskräfte und Medien mit dem Westdeutschen Fußball- und Leichtathletikverband“ ist in dieser Angelegenheit nichts zu sehen. Daher möchten wir Sie um Angabe der Gründe bitten, die aus Ihrer Sicht die Spielverlegung erforderlich machten.
Wir vermuten, dass Sicherheitsaspekte Sie dazu bewogen haben, eine Verschiebung des Spieles vorzunehmen. Es ist fast zwangsläufig zu erwarten, dass an einem Montagabend bedeutend weniger RWE-Fans die Reise nach Rödinghausen antreten werden als an einem Freitag bis Sonntag. Somit gehen wir zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass dieses Spiel – von wem auch immer – als Risikospiel eingestuft wurde.
Dieser Einschätzung möchten wir widersprechen. Zunächst verbindet die Fanlager von RW Essen sowie des SV Rödinghausens keinerlei Feindschaft oder sonstwie geartete Verbindungen. Die Begegnung ist das erste Aufeinandertreffen beider Vereine. Ein Konfliktpotenzial bzw. ein gesteigertes Risiko von Straftaten rund um dieses Spiel sehen wir nicht.
Zudem möchten wir auf das Verhalten der RWE-Fans bei Auswärtsspielen in den letzten Jahren, insbesondere auf das Verhalten der Fans in der 5. Liga verweisen.
Die rot-weisse Anhängerschaft ist in der jüngeren Vergangenheit nicht durch aggressives Auftreten bei Auswärtsspielen aufgefallen. Sämtliche Auswärtsspiele in Liga 5 wurden friedlich und feiernd begangen, so dass es hier zu keinerlei Konflikten gekommen ist, obwohl die Stadien der fünften Liga nicht den Sicherheitsanforderungen denen der 4. Liga entsprechen sowie den Fanmassen, die Rot-Weiss Essen regelmäßig zu Auswärtsspielen mobilisiert, gerecht werden. Wir bedauern zunehmend, dass nahezu jedes Spiel mit Beteiligung des Vereines Rot-Weiss Essen zu einem Risikospiel hochstilisiert wird. Die Disziplinierung der RWE-Anhängerschaft sowie die Selbstreinigung innerhalb der Fanszene, die in den letzten 10 – 20 Jahren stattgefunden hat, sollte vielmehr vom Verband positiv gewürdigt und nicht durch Spielverlegungen bestraft werden. Einem solchen Strafcharakter kommt die Spielverlegung für viele Fans gleich.
Zudem passt die Spielverlegung nicht zu dem neuen Konzept der Polizei, den Fans zukünftig mehr Vertrauen entgegenzubringen und auf eine große Polizeipräsenz weitestgehend zu verzichten. Auch Sie als Präsident des WFLV sollten uns Fans entsprechendes Vertrauen entgegenbringen und auf Kommunikation statt auf Entscheidungen von oben herab setzen.
Weiterhin möchten wir kritisieren, dass das mit Abstand weiteste Auswärtsspiel in dieser Saison auf einen Montagabend verschoben wurde. Essen und Rödinghausen trennen rund 180 km, was im Berufsverkehr eine Fahrtzeit von mindestens 2 Stunden erfordern würde. Die erforderliche Abfahrt für die Essener Fans können Sie somit leicht errechnen. Für jeden Berufstätigen ist das Spiel ohne Urlaub somit nicht zu erreichen, was nicht für ein fanfreundliches Verhalten des Verbandes bzw. für eine Berücksichtigung von Faninteressen spricht.
Dies ist vor allem vor dem Hintergrund erstaunlich, da Sie sich auf Ihrer Homepage mit den tollen Zuschauerzahlen der Regionalliga West rühmen. Nur zwei aktuelle Beispiele von Ihrem Internetauftritt: „Auch am 3. Spieltag der Regionalliga West strömte das Publikum wieder in die Stadion…“, „Über 12.000 Fans kamen zum West-Klassiker Rot-Weiss Essen gegen Alemannia Aachen. Zwar wurde im Herzen des Ruhrgebiets der Zuschauerrekord für die Regionalliga West … verpasst, doch war die großartige Kulisse von 12.097 Fans an der Hafenstraße dabei …“ Einerseits volle Stadien und große Zuschauerzahlen anpreisen, dann aber durch Spielansetzungen diese Darstellung konterkarieren, passt nicht zusammen.
Auch Sie selbst gehen in Ihrem Grußwort an die Vereine und Fans der Regionalliga West auf die Vorzüge des Fanzuspruches ein: „Die Steigerung des Zuschauerzuspruchs im zweiten Jahr um über 36 Prozent untermauert, dass bei der Konzeption der Erfolgsmarke Regionalliga West vieles richtig gemacht wurde.“ Machen Sie weiter „vieles richtig“, indem Sie diese unsägliche Spielverlegung im Sinne aller Fans zurücknehmen und zukünftig unterlassen.
Zudem kann eine fehlende Infrastruktur des Vereines SV Rödinghausen nicht den Fans von Rot-Weiss Essen angelastet werden. Der SV Rödinghausen hat sich sportlich für die 4. Liga qualifiziert und ist somit aus unserer Sicht verpflichtet, über ausreichende Sicherheitsvorkehrungen im und um das eigene Stadion zu sorgen. Mit einer ähnlichen Situation hat auch der FC Kray zu kämpfen, der bei vielen Spielen mit großem Zuschauerzuspruch in ein dafür geeignetes Stadion ausweichen muss. Sollten die Entscheidungsträger trotz des Wohlverhaltens der RWE-Fans in der Vergangenheit das Spiel gegen den SV Rödinghausen dennoch als Risikospiel einstufen, so sollte der Verein genauso wie andere Clubs in der Regionalliga West dazu verpflichtet werden, das Spiel zur Not in einem anderen Stadion auszutragen. Dies würde eine Austragung am Wochenende ermöglichen.
In diesem Zusammenhang möchten wir noch ein paar Worte bezüglich der in Rede stehenden Fernsehübertragungen der Partien zwischen RW Essen sowie Viktoria Köln bzw. SC Wiedenbrück verlieren.
Hier ist Ihr Interesse, das Produkt Regionalliga West bestmöglich zu vermarkten, sicherlich nachvollziehbar, auch wenn die zunehmende Vermarktung im Fußball ohnehin von vielen Fans zunehmend kritisch gesehen wird. Auch die Fans von Rot-Weiss Essen sind sich bewusst, dass Fernsehauftritte unserem Verein durchaus gut zu Gesicht stehen und sich hierdurch durchaus positive Auswirkungen ergeben können. Doch auch hier muss unseres Erachtens abgewogen werden zwischen den wirtschaftlichen Interessen des Verbandes und der Vereine und den Interessen der Fans, die Woche für Woche für gute Stimmung in den Stadion und einmalige Bilder auf den Rängen sorgen. Denn ohne die treuen Fans würde sich kein Fernsehsender der Welt überhaupt für Fußball interessieren und entsprechende Live-Übertragungen anbieten. Eine Verschiebung von Spielen auf Werktage unter der Woche aus Gründen der Fernsehübertragung lehnen wir daher aus o. g. Gründen ebenfalls ab.
Abschließend möchten wir unsere Bitten und Forderungen nochmals untermauern:
1.) Wir bitten Sie, die Spielverlegung der Partie SV Rödinghausen – RW Essen rückgängig zu machen und die Partie – wie im Rahmenkalender vorgesehen – am Wochenende stattfinden zu lassen.
2.) Wir bitten Sie, zukünftig Spielverlegungen nur in Absprache mit den beteiligten Vereinen vorzunehmen, damit auch hier die Fans mit in die Entscheidungsprozesse eingebunden werden können.
3.) Auch bei der Verlegung von Spielen auf Werktage unter der Woche aufgrund von Live-Übertragungen bitten wir die Faninteressen zu berücksichtigen und daher zu unterlassen.
Über Ihre kurzfristige Rückmeldung freuen wir uns.
Mit freundlichen Grüßen
der Vorstand der Fan- und Förderabteilung von Rot-Weiss Essen
Karsten Plewnia
Vorsitzender
Thomas Holtmann
Stellvertretender Vorsitzender