21.09.2014

Ein bitteres Unentschieden

von Hendrik Stürznickel

In der Pressekonferenz analysierte Marc Fascher einmal mehr, dass die Mannschaft wieder zwei Gesichter gezeigt hat. Die erste Halbzeit wurde mit unbedingtem Willen bestimmt und die zweite Mannschaft aus Gelsenkirchen konnte froh sein, dass es nur zu einem Treffer gereicht hat. In der zweiten Halbzeit sah man die gleiche Mannschaft völlig verängstigt um das Gegentor betteln. Als der Treffer fiel, erwachte die Mannschaft aus ihrer Lethargie, aber da war es dann zu spät. Dieses Unentschieden ist bitter.

Wetter gut, Stimmung so la la, Spiel zweite Hälfte schlechtDie erste Überraschung folgte bei der Verkündung der Aufstellung. Cebio Soukou, der zuletzt immer wieder starke Leistungen ablieferte und unter der Woche maßgeblich für das schmeichelhafte Weiterkommen in Rellinghausen verantwortlich war, musste seinen Platz in der Startelf für den wieder spielberechtigten Sven Kreyer räumen. Ansonsten begann die Elf, die gegen Mönchengladbach das Unentschieden erspielt hat. Auf Gelsenkirchener Seite lief der Rekonvaleszent Atsido Utchida auf, konnte allerdings keine Akzente setzen. Der Ex-Nationalspieler Gerald Asamoah blieb hingegen auf der Bank.

Nach starken Regenfällen klarte es auf, sodass die Zuschauer bei herrlichem Sonnenschein dem Spiel beiwohnen konnten. RWE übernahm sogleich die Spielgestaltung. Marcel Platzek (15.) und Sven Kreyer (19.) prüften Keeper Wellenreuther, allerdings ging dieser zunächst regelmäßig als Sieger aus den Duellen hervor. In der 21. Minute wurden die Bemühungen belohnt. Nach einer Ecke, die weit geschlagen wurde, bekam Kai Nakowitsch den Ball, nahm Maß und versenkte zum 1:0.

Während RWE weiterhin das Spiel kontrollierte, stimmten die Essener Fans Wechselgesänge an. Man unterstützte den eigenen Club und zeigte, wie wenig man vom Rivalen aus der Nachbarstadt hält. Dies machte Laune und nach einer letzten Chance von Tobias Steffen ging es in die Pause. Insgesamt war es ein Spiel, bei dem RWE als Sieger vom Platz gehen musste. Die Gelsenkirchener waren spielerisch und kämpferisch unterlegen und Essen spielte ganz solide. Die Abwehr wirkte stabiler und Philipp Zeiger als Abwehrchef war stets auf der Höhe. Auch der zuletzt hart kritisierte Niclas Heimann wirkte stets konzentriert und beherrschte seinen Strafraum.

In der Pause musste der angeschlagene Studtrucker aus dem Spiel und endlich konnte Cebio Soukou auf den Platz. Es lag nicht an ihm, dass das Spiel deutlich kippte. RWE attackierte nun viel später, erst weit in der eigenen Hälfte und beschränkte sich auf die Zerstörung des Spiels des Gegners. Die Zuschauer vermuteten, dass der Coach das Team zurückgepfiffen hatte, der Trainer gab jedoch nach dem Spiel an, dass es psychische Gründe für den Einbruch gebe. So wechselte er dann auch für den blassen Tobias Steffen den defensiven Tim Hermes, doch auch dieser Wechsel brachte keine Besserung.

Kai Nakowistch traf zur Essener FührungRWE sendete in der 72. Minute noch ein Lebenszeichen, als Philipp Zeiger in den Strafraum flankte. Platzek verwertete den Ball fast perfekt, er traf nur die Latte. In der 77. Minute rächte sich das stetige Betteln um den Gegentreffer. Nach einer Ecke segelte der Ball durch den Fünfmeterraum und fand Moritz Fritz völlig allein gelassen. Dieser traf per Kopf zum Ausgleich für das Böse. Dies war der Moment, in dem sich die Mannschaft wieder zusammenriss. Sofort funktionierte das Spielen wieder. RWE attackierte, kombinierte, aber traf in den letzten zehn Minuten nicht mehr. Das Unentschieden war  angesichts der zweiten Halbzeit absolut berechtigt und einmal mehr gab RWE zwei Punkte ab, die man selbst so gut gebrauchen könnte.

Nach Spielschluss machte sich erst einmal lähmendes Entsetzen breit. Der Nachwuchs aus Gelsenkirchen machte keinen sicheren Eindruck, eigentlich ein perfekter Aufbaugegner, doch diese große Chance wurde einmal mehr liegengelassen. Der Schuldige wurde ebenfalls ausgemacht. Zum ersten Mal tönten hörbare „Fascher raus!“-Rufe von der Haupttribüne, die angesichts der bislang kurzen Amtszeit des Trainers überraschen. Der Unmut ist allerdings klar. Zu groß waren die Erwartungen an diese Saison. Der neue Abteilungsleiter Sport hat gute Einkäufe getätigt und eine Mannschaft zusammengestellt, mit denen ein fünfter Platz eher enttäuschend ist, als ein Saisonziel, mit dem man zufrieden sein könnte. Bittere Realität ist nun ein neunter Platz. Der Abstand von elf Punkten lässt vermuten, dass ein ernsthafter Angriff auf den Aufstieg schon jetzt bereits abgeschrieben werden kann.

Die Frage ist: Wie geht es nun weiter? Die Mehrheit sehnt einen Trainerwechsel herbei, doch kann man davon ausgehen, dass der Vorstand keinen Schnellschuss tätigen wird. Doktor Welling bestätigt uns Jahr für Jahr, dass er umsichtig und seriös vorgeht und auch Doktor Harttgen wird nicht bei der ersten Negativserie seinen Wunschkandidaten für das Traineramt absägen. Die Aufgabe wird für den Trainer aber nicht leichter. Am Dienstag kommt bereits der Favorit auf den Aufstieg, Viktoria Köln. Auf der einen Seite wird die Motivation hier hoch sein, nun muss Marc Fascher schnelle Fehleranalyse betreiben und sehen, dass die Mannschaft die Negativserie beendet.

Wir Zuschauer sollten nicht in das alte Muster verfallen und den Unmut gegen Trainer, Verantwortliche oder einzelne Akteure vor und während dem Spiel kundtun. Das würde Pele Wollitz nur in die Karten spielen. Klare Kante nach schlechten Spielen ist in Ordnung, aber vielleicht überrascht uns die Mannschaft am Dienstag und dann lassen wir die Viktoria einmal mehr gegen Essen stolpern.


Jawattdenn-Spielerbewertung

Niclas Heimann
Heimann
[4+]
Max Dombrowka
Dombrowka
[3]
Philipp Zeiger
Zeiger
[2]
Kai Nakowitsch
Nakowitsch
[3]

Patrick Huckle
Huckle
[3]

Benjamin Baier
Baier
[2-]
Tim Treude
Treude
[3]
Tobias Steffen
Steffen
[3]
Marwin Studtrucker
Studtrucker
[4]
Sven Kreyer
Kreyer
[4+]
Marcel Platzek
Platzek
[2-]
Cebio Soukou
Soukou
[3]
Tim Hermes
Hermes
[3]

FC Schalke 04 II

Wellenreuther, Uchida (62. Itter), Fritz, Wolff, Borgmann, Neidhart, Meier, Schumacher, Göcer (87. Talarski), Hodja (62. Müller), Avdijaj

 

Rot-Weiss Essen

Heimann, Dombrowka, Zeiger, Nakowitsch, Huckle, Baier, Treude, Steffen (62. Hermes), Studtrucker (46. Soukou), Kreyer, Platzek

 

Tore

0:1 Nakowitsch (21.), 1:1 Fritz (76.)

 

Zuschauer

1.200

 

Schiedsrichter

Jörn Schäfer

 

Gelbe Karten

Wellenreuther, Meier


 Spieler des Spiels 8. Spieltag - Philipp Zeiger