Am anderen Ende des Regenbogens
Dies ist eines der Spiele, von deren Besuch man seinen Bekannten gar nichts erzählt. Man kommt in Rechtfertigungsdruck: „Nein, es geht um nichts mehr in dieser Saison. Ja, es findet an einem Montag am Nachmittag irgendwo im Nirgendwo von Nordrhein-Westfalen statt. Nein, außer mir sind es nur knapp 200 Unverbesserliche, die scheinbar nichts Besseres zu tun haben, als zum Sportplatz am Waldschlösschen zu fahren. Ja, es hat sich gelohnt, es lohnt sich immer.“
Dieses Mal versuchte der SV Lippstadt den Zuschauern jeden erdenklichen Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Ohnehin konnte bei dem unbefriedigenden Saisonverlauf nicht mehr mit vielen Fans gerechnet werden. Lediglich Allesfahrer und diejenigen, die Lippstadt noch als Ground brauchten, hätten sich auch am eigentlichen Spieltermin am vergangenen Samstag auf den Weg gemacht. Wie einigen anderen Verantwortlichen vorher sahen die Lippstädter eine Bestie in Rot und Weiss vor dem geistigen Auge, nicht anders ist die Spielverschiebung auf den Montag zu verstehen.
Dennoch war der Platz mit fast 1.400 Zuschauern gut besucht. Und dieses Mal stimmte sogar das Ergebnis. Mit 3:1 zeigte RWE souverän den Qualitätsunterschied auf. Schon auf der Hinfahrt gewahrte man ein gutes Omen, denn ein sehr klar zu sehender Regenbogen spannte sich über Lippstadt und man diskutierte, ob man anstatt des Spiels zu dem sagenumwobenen Schatz am anderen Ende des Regenbogens fahren sollte. Mit einem Topf voll Gold sollte der Weltpokalsiegerbesieger Mölders doch zu RWE zurückzulocken sein. Doch man entschied sich zum Glück zum Zuschauen.
Dass es eine Blamage geben würde, dessen war man sich gleich zu Beginn sicher. Marc Fascher musste den gesperrten Grund ersetzen und brachte Alexander Langlitz. Maik Rodenberg ersetzte den verletzten Jerome Propheter und anstelle von Kai Nakowitsch lief der bislang glücklose Benjamin Wingerter auf. Man hatte nach dem Anpfiff noch gar nicht richtig ins Spiel hineingefunden da stand es schon 1:0 für die Hausherren. Der starke Viktor Maier überlupfte Daniel Schwabke und traf zum 13. Mal in dieser Spielzeit. Wieder hatte man das desolate Hinspiel vor Augen, das RWE am Ende sogar glücklich mit 1:1 beendete.
Doch der ehrenhafte Auftritt gegen den MSV Duisburg schien den Essener Kickern das nötige Selbstvertrauen eingeimpft zu haben. Die Lippstädter kämpften über 90 Minuten beherzt, doch RWE spielte fortan die qualitative Überlegenheit aus. Und so war der Ausgleich nach gut zehn Minuten perfekt. Wingerter legte sich den Ball zum Freistoß zurecht, spielte ihn in den Strafraum und fand Maik Rodenbergs Kopf.
Nun meldete sich auch sehr deutlich Glockenhorst, was auf der Heimtribüne zu Schmunzeln führte. „Ist der Milchmann da?“ fragte ein Fan, man merkt wir spielten in einem eher dörflichen Umfeld. Die Lippstädter Fans haderten fortan mehr mit dem Schiedsrichter als mit den eigenen Unzulänglichkeiten. Man muss sagen, dass es sicherlich nicht der beste Schiri der Saison war, seine Wackler jedoch gerecht auf beide Seiten verteilt wurden.
Viel mehr geschah in der ersten Halbzeit eigentlich nicht. RWE nahm das Heft in die Hand und spielte noch einige Chancen heraus, konnte sie aber nicht verwandeln. Achso, Glockenhorst griff nach einer halben Stunde zur Tröte. Die Laune war in der Halbzeit gut. Die Spannung fiel offensichtlich nach dem Pokalspiel nicht ab und auch wenn die Leistung nicht dem entsprach, was am Dienstag passierte, so hatte man eigentlich das Gefühl, dass RWE hier Chancen hatte. In der Halbzeit reagierte Marc Fascher und brachte Hermes und Koep für Roberto Guirino, der auf seiner Abwehrseite überfordert wirkte, und den ordentlich spielenden Limbasan.
Es ging los und wieder war man noch gar nicht so recht ins Geschehen eingetaucht, als wieder ein Tor erzielt wurde. Dieses Mal jubelte die richtige Seite. Der Treffer war das Resultat einer gelungenen Aktion. Marcel Platzek spielte Benedikt Koep perfekt an, dieser gab weiter auf Fring, der sich nicht lang bitten ließ. Nach dem Treffer spielte RWE auf Sicherheit und ließ Lippstadt kommen. Der Abwehrriegel hielt fast durchweg. Lediglich ein Schuss von Viktor Maier (68.) ließ die Essener Herzen stocken. Der Ball ging so knapp daneben, dass ihn einige schon drin gesehen haben.
In der 75. Minute musste Marc Fascher auch Alexander Langlitz herausnehmen, der nach einer Verletzung nicht mehr weiterspielen konnte. Für ihn durfte Lucas Arenz ran. Dann verletzte sich Konstantin Fring bei einem Zweikampf. Maik Rodenberg signalisierte, dass Fring ausgewechselt werden müsse. Fascher reagierte pragmatisch und schrie über den Platz, dass Fring geflickt werden müsse, da er schließlich nicht mehr wechseln könne. Fring wurde geflickt und sollte noch einmal wichtig werden.
Lippstadt warf indes alles nach vorne. So kam es dann zum 3:1. RWE, man höre und staune, spielte einen perfekten Konter. Koep, Fring und Hermes liefen nach einer Ecke auf das Gehäuse der Lippstädter zu und nur zwei Verteidiger versperrten ihnen den Weg. Hermes führte den Ball in die gegnerische Hälfte, Fring lief nach links außen. Hermes spielte auf Fring, dieser zog den Verteidiger auf sich, bediente Hermes und der traf zum 3:1.
Nun konnte nichts mehr anbrennen und es blieb bei diesem Spielstand. Das Fazit fällt positiv aus. Es war kein Hurrafußball, den RWE spielte, aber ein ganz souveräner Auftritt bei dem Tabellenvorletzten. Diese drei Punkte bringen nun die letzten Unkenrufe, die den Abstieg herbeigeredet haben, zum verstummen und Rot-Weiss hat nun Planungssicherheit für die kommende Saison. Die Gespräche wurden aufgenommen und selten hat man so früh die Spekulationen von den fleißigen Kollegen der Reviersport gehört. Dies versüßt das wenig spannende Saisonende, denn nichts macht mehr Freude, als über den kommenden Kader zu spekulieren.
RWE kann sich nun nach einer anstrengenden Woche erholen und trifft am kommenden Wochenende auf den 1. FC Köln II und danach geht es in die Zwangspause, da übernächste Woche spielfrei ist. So geht die Saison gemächlich ihrem Ende entgegen.
Jawattdenn-Spielerbewertung
Schwabke [3] |
Dombrowka [2-] |
Laletin [3+] |
Rodenberg [3] |
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|
Fring [2] |
Wingerter [4+] |
Langlitz [3] |
Lemke [2] |
Limbasan [3-] |
|
Platzek [3-] |
Koep [3+] |
Hermes [2] |
Arenz [o.B.] |
SV Lippstadt
Bussmann, Barton, Lübbers (74. Krause), Stöckner, Kolodzig, Parensen (83. Wessels), Kickermann, Turhan (74. Traufetter), Jevric, Fritz, Maier
Rot-Weiss Essen
Schwabke, Dombrowka, Laletin, Rodenberg, Guirino (46. Hermes), Langlitz (75. Arenz), Wingerter, Fring, Lemke, Platzek, Limbasan (46. Koep)
Tore
1:0 Viktor Maier (3.), 1:1 Rodenberg (11.), 1:2 Fring (48.), 1:3 Hermes (89.)
Zuschauer
1.320
Schiedsrichter
Cetin Sevinc (Waltrop)
Gelbe Karten
Wessels (42.) - Dombrowka (41.), Wingerter (43.), Hermes (57.)
Spieler des Spiels Holger Lemke