Ein Spiel dauert 90 Minuten - oder aber auch 2 x 45!!!
Es ist schon erstaunlich mit welchen Konstanz Rot-Weiss Essen immer wieder zwei Gesichter in nur einem Spiel zeigen kann. Zum wiederholten Male verpennten die Jungs von Waldemar Wrobel die ersten 45 Minuten, um dann in der zweiten Hälfte aus einer fast sicheren Niederlage zumindest noch ein Unentschieden zu erkämpfen.
Erstaunlich auch, wie der Aufsteiger aus Krefeld in der ersten Halbzeit
mit allen Mann die Räume in der eigenen Hälfte des Spielfeldes extrem
eng machte und mit starken Pressing die RWE-Elf immer wieder
verunsichern konnte. Meistens waren es gleich zwei oder drei Uerdinger,
die den ballführenden Essener attackierten. Doch in der 2. Halbzeit war
davon absolut gar nichts mehr zu sehen.
Es war das erste richtige Freitagabend-Fluchtlichtspiel in dieser Saison
an der Hafenstraße (das Spiel gegen Aachen begann ja schon eine Stunde
früher unter Sonnenschein) und die Rahmenbedingungen dafür konnten
besser nicht sein. Nach neun Jahren strömten gut 1.500 Grotifanten ins
Stadion Essen (Zuschauerzahl gesamt: 9.517). Am Bahnhof Bergeborbeck
fühlten sich knapp 600 von Ihnen angeblich so von RWE Fans provoziert,
dass sie Flaschen und Dosen als Wurfgeschosse nutzten und die Polizei
sich so genötigt fühlte, die Hafenstraße bis zur Star-Tankstelle zu
sperren. Im Stadion zeigten die Krefelder dann jedoch eine gelungene
Einlauf-Choreo und waren auch über die gesamte Spielzeit aktiv im
Support.
Die Uerdinger – die von Schiri Christian Fischer dazu verdonnert wurden,
ihre orangefarbenen Auswärtstrikots mit gelben Leibchen zu verzieren –
schnürten RWE früh ein und zwangen ihre Gegenspieler mit starkem Pressing
immer wieder zu Fehlern. Rot-Weiss ließ sich schon früh den Schneid
abkaufen, gewann nur wenig Zweikämpfe und überließ dem KFC in
regelmäßiger Häufigkeit die „zweiten Bälle“. Zu diesem Zeitpunkt fehlte
nicht nur der nötige Biss, sondern auch der so oft beschworene
Kampfeinsatz.
Und so bettelte RWE regelrecht um den Rückstand. Dass dieser dann wieder
einmal durch einen – völlig unnötigen – Elfmeter folgte, spiegelt die
aktuelle Unsicherheit in der Hintermannschaft wider. In der 18.
Spielminute holzte Michael Laletin Moses Lamidi ohne Not im Strafraum
um, sodass es nur die logische Konsequenz geben konnte. Auch wenn
Philipp Kunz die Ecke ahnte, verwandelte der gebürtige Essener Issa Issa
den fälligen Strafstoß sicher. Und Uerdingen blieb weiter
spielbestimmend. Zwar erzielte Knappmann zwischenzeitlich den Ausgleich,
dieser wurde jedoch aufgrund einer Abseitsstellung von Schiedsrichter
Fischer nicht anerkannt. Viel mehr konnte RWE in der ersten Hälfte nicht
bewegen und so war es nicht verwunderlich, dass der KFC durch einen von
vielen ehemaligen RWE-Spielern erhöhte. Emrah Uzun gelang kurz vor dem
Halbzeitpfiff das 0:2.
Mit dem Seitenwechsel schien Waldemar Wrobel auch eine komplett neue
Mannschaft aufs Feld geschickt zu haben. Zwar kamen nur Benedikt Koep
und Holger Lemke in die Partie (draußen blieben Wingeter und Sawin),
aber Rot-Weiss kam mit dem schon bekannten zweiten Gesicht aus der
Kabine. Koep und Lemke waren es dann auch, die endlich mal für Gefahr in
der Spielhälfte von Uerdingen sorgten. „Bene“ Koep setzte das erste
Zeichen und rüttelte Mannschaft und Fans mit einem Lattentreffer wach.
Und nur wenige Minuten später war es wieder Koep, der im Strafraum zu
Fall kam und den nächsten Elfmeter in dieser Partie herausholte.
Erinnerungen an das Spiel gegen Leverkusen II wurden wach. 0:2-Rückstand
und Christian Knappmann schnappt sich das Leder. Damals scheiterte
Knappmann vom Punkt. Diesmal nicht. Knappmann drosch den Ball satt in
die Mitte und ließ den ohnehin nicht sicher wirkenden Samulewicz
(faustet Bälle lieber, statt sie zu fangen) keine Chance.
Von Uerdingen war nichts, aber auch gar nichts mehr zu sehen.
Wahrscheinlich auch deswegen brachte Eric van der Luer nun den
Ex-Essener Meik Kuta, der mit seiner Schnelligkeit die Konter für den
KFC setzen sollte. Kuta war es dann auch, der nach einem Konter die
einzige Chance für Uerdingen in Halbzeit zwei und das vermeintliche 3:1
durch Lamidi auflegte. Doch auch hier entschied das
Schiedsrichtergespann auf Abseits. Nicht die einzige Parallele zur
vorherigen Halbzeit. Denn wie schon in Halbzeit eins sollte auch jetzt
in der letzten Minute noch ein Tor fallen. Michael Laletin gelang der
viel umjubelte Ausgleich.
Der Schiedsrichter gab zwar noch ein paar Minuten „on top“, doch beide Mannschaften kamen nicht mehr gefährlich vor´s Tor.
Aufgrund der zweiten Halbzeit geht der Ausgleich in Ordnung, ist aber
dennoch viel zu wenig. Nicht nur für die gesetzten Ziele und Ambitionen,
die sich RWE für diese Saison gesteckt hat. Warum kann die Mannschaft
nicht von Beginn an so dominant auftreten, wie sie es in der zweiten
Halbzeit getan hat? Es ist ja nicht das erste Mal. Das Spiel gegen den
KFC war ein Ebenbild der Partie gegen Leverkusen. Und auch gegen
Viktoria Köln ist RWE erst nach der Pause richtig aufgewacht. Die
Mannschaft scheint es ja zu können, jedoch nicht über die volle Distanz.
Da hilft es aber auch nicht, dass die Spieler in sämtlichen Medien von
der überragenden Qualität im Kader sprechen, wenn sie diese am
Wochenende nicht mal auf den Platz bekommen.
Hinzu kommt, dass Christian Knappmann ein klassischer Straftraumstürmer
ist. Natürlich muss gerade Knappmann mit hohen Bällen gefüttert werden.
ABER: Dieses sollte überwiegend IM Strafraum geschehen und nicht davor.
Viel zu oft legt „die Glatze“ die Bälle zu unkontrolliert in leere
Räume, wo keiner seiner Mitspieler zu finden ist. Ergebnis: Ballbesitz
für den Gegner.
Des Weiteren hat sich RWE durch die Verpflichtung von Knappmann sein
Erfolgsrezept der letzten Jahre genommen. In den vorherigen Spielzeiten
war RWE schlecht ausrechenbar. Das Mittelfeld war kreativ und
torgefährlich. Heute wissen die Gegner, dass die Bälle auf Knappmann
kommen. Die kreativen Momente, die einen Knappmann in Szene setzen
fehlen über weite Strecken. Und ein Knappmann ist außerhalb des 16ers
einfach vergeudet.
Der „12. Mann“ hat es gestern wieder einmal vorgemacht. Was auf der
Westtribüne gestern Abend wieder einmal abging sucht in unserer Liga
sicherlich seines Gleichen. Zwar gab es zur Halbzeit berechtigte Pfiffe
und vereinzelte „Wrobel raus“ Rufe. Dennoch wurde die Rot-Weisse Elf
über 90 Minuten (!) durchgehend supported. Die Tatsache dass einige
Zuschauer nach dem Spiel die Spieler mit Applaus verabschieden und im
selben Atemzug „Wrobel raus“ schreien passt allerdings nicht wirklich
zusammen. Entweder klatschen und damit zufrieden sein, dass man eine
drohende Niederlage gedreht hat oder unzufrieden über das gesehene Spiel
sein und seine Parolen raushauen!
Jawattdenn-Spielerbewertung
Kunz [3] |
Langlitz [4] |
Laletin [4+] |
Wagner [3-] |
|
|
Wingerter [4-] |
Fring [3] |
Pires-Rodrigues [4+] |
Sawin [4] |
Platzek [3] |
|
Knappmann [3-] |
Lemke [2-] |
Koep [3+] |
Sauter [o.B.] |
Rot-Weiss Essen
Kunz, Langlitz, Laletin, Wagner, Dombrowka (80. Sauter), Wingerter (46. Koep), Fring, Pires-Rodrigues, Sawin (46. Holger Lemke), Platzek, Knappmann
KFC Uerdingen
Samulewicz, Rubink, Toure (40. Korte), Alexiou, Ellguth, Issa Issa (88. Voorjans), Charilaos Pappas, Saka, Musa Celik, Uzun (67. Kuta), Lamidi
Tore
0:1 Issa Issa (18. Foulelfmeter), 0:2 Uzun (44.), 1:2 Knappmann (55. Foulelfmeter), 2:2 Laletin (90.+1)
Zuschauer
9.517
Schiedsrichter
Christian Fischer (Hemer)
Gelbe Karten
Dombrowka (14.), Laletin (17.), Pires-Rodrigues (37.), Fring (75.) - Uzun (32.), Saka (70.), Charilaos Pappas (88.), Musa Celik (90.), Kuta (90.+1)