Aber scheiß drauf, Heimsieg ist nur einmal im Jahr...
7.170 Zuschauer an der Hafenstraße sahen eine 0:4-Klatsche gegen Fortuna Köln. Die Reaktion der Zuschauer während und nach der Partie lässt einen dennoch nicht in Depressionen verfallen.
Sicherlich war die Niederlage um ein bis zwei Tore zu hoch ausgefallen,
aber verdient war sie allemal. Wer von den knapp 7.000 Essenern vor der
Partie aufgrund der guten Leistung des letzten Spiels in Wanne auf eine
Überraschung gegen den Tabellenzweiten gehofft hatte, wurde bereits nach
20 Minuten auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Da stand es
nämlich schon 2:0 für die Fortuna. Das 0:3 kurz vor dem Halbzeitpfiff
war dann der absolute Tiefpunkt des Abends.
Wieder waren es individuelle Ballverluste im Mittelfeld, die schnelle
Konter der Gäste ermöglichten und im Stil einer Spitzenmannschaft auch
verwerteten. Aber so ist das nun mal: Stehst du oben in der Tabelle,
ballerst du die Pille unhaltbar für den Torwart links und rechts in den
Giebel, hast du den Kopf nicht frei, triffst du bestenfalls die Latte
(Max Dombrowka) , oder der eigene Mitspieler steht im Weg (Holger Lemke
schießt freistehend vor dem Tor Maik Rodenberg an). Ohnehin waren die
Rot-Weissen nur ansatzweise nach Standards gefährlich, spielerisch
regierte die Angst.
Die Stimmung auf den Rängen war in der ersten Halbzeit gar nicht
schlecht. Mit Blick auf das Ergebnis sogar sehr gut. Die Aussprache
zwischen Fanvertretern, Verantwortlichen und Spielern in der letzten
Woche hatte somit den positiven Effekt, dass bedingungslos unterstützt
wurde. Die Pfiffe zur Halbzeit waren kurz laut, aber verständlich.
An ein Wunder von der Hafenstraße glaubt kaum einer mehr. Auch die
Einwechslungen von Bene Koep und Lucas Arenz für Marcel Platzek und
Kevin Grund zu Beginn der zweiten Hälfte wurden eher zur Kenntnis
genommen, als dass Hoffnung auf spielerische Besserung einsetzte.
Sieben Minuten waren gespielt, als Pazurek zum 0:4 traf und die Anhänger
der Fortuna zum ersten Mal deutlich zu hören waren. Fassungslosigkeit
auf den Rängen, Ratlosigkeit auf dem Platz. Zehn Minuten plätscherte
die Partie bei Testspielatmosphäre vor sich hin, bis sich die
Westtribüne entschied, den Schalter "Selbstironie" zu drücken. Und die
kam richtig gut rüber: „Freibier für alle“ und „Deutscher Meister wird
nur der RWE“ wurden lautstark intoniert, die nächsten Europapokaltouren
geplant und mit „Aber scheiß drauf, Heimsieg ist nur einmal im Jahr“
fand der Sarkasmus seinen Höhepunkt.
Diejenigen, die nicht schon vorzeitig das Stadion verlassen haben, waren
froh, als Schiri Glasmacher das Spiel nach 90 Minuten endlich beendete.
Einem kurzen Pfeifkonzert von den Rängen folgten aber wieder laute
RWE-Gesänge von der West. Vielleicht waren die zu diesem Zeitpunkt nicht
von allen unbedingt als Motivation und Aufmunterung für die Mannschaft
zu sehen, sondern gingen eher in die Richtung, ihr könnt noch so
scheiße spielen, wir sind der Verein. Die Aktion war auf jeden Fall
beeindruckend. Immerhin stellte sich die Mannschaft sichtlich angetan
den Fans und Waldemar Wrobel suchte das direkte Gespräch am Zaun. Welche
Erkenntnisse dabei herauskamen, wissen wir nicht.
Fazit: Die Tabelle lügt nicht und es wird Zeit, endlich den Hebel
umzulegen um nicht weiter abzurutschen. Auf Abstiegskampf hat keiner
Lust. Und - es geht weiterhin nur gemeinsam!
Jawattdenn-Spielerbewertung
Kunz [4] |
Langlitz [5] |
Rodenberg [4+] |
Nakowitsch [4-] |
|
|
Heppke [4] |
Wingerter [5] |
Lemke [4] |
Grund [4] |
Pires-Rodrigues [5] |
|
Platzek [4] |
Koep [4+] |
Arenz [o.B.] |
Knappmann [o.B.] |
Rot-Weiss Essen
Kunz, Langlitz, Rodenberg, Nakowitsch, Dombrowka, Heppke, Wingerter, Lemke, Pires-Rodrigues, Grund (46. Arenz, 64. Knappmann), Platzek (46. Koep)
Fortuna Köln
Poggenborg, Sievers, Flottmann, Laux, Zinke, Yilmaz (74. Brill), Andersen (67. Kialka), Pazurek, Hörnig, Kraus (77. Batarilo), Steffen
Tore
0:1 Tobias Steffen (10.), 0:2 Kristoffer Andersen (20.), 0:3 Ozan Yilmaz (44.), 0:4 Pazurek (52.)
Zuschauer
7.170
Schiedsrichter
Stefan Glasmacher (Alsdorf)
Gelbe Karten
Heppke