22.07.2013

Im Schatten der Tribüne - Der Himmel voller Geigen und anderes Liebesgedöns

von Uwe Strootmann

Die Vorfreude wich blankem Entsetzen: Die Frikadelle war kalt. Damit hatte ich nicht gerechnet. Aber Testspiele stellen heutzutage wohl das Reinheitsgebot unter den Fußballbegegnungen dar. Drumherum wird an allem gespart, allein das Geschehen auf dem Rasen zählt.

Testgegner war kein geringerer als der KSV Hessen Kassel, seines Zeichens Relegationsverlierer der letzten Saison. Oder auch einfach nur ein Opfer der DFB-Methodik. Den Verband aller Verbände nun aber bei jedem Pfiff gegen die eigene Mannschaft an den Pranger zu stellen, das führte bisweilen zu weit. Der lautstarken, in drei Gruppen aufgeteilte, zehnköpfigen Anhängerschar des KSV aber ziemlich egal.

Rot-Weiss Essen konnte dieses bisweilen sehr hart geführte Spiel letztendlich verdient mit 2:1 für sich entscheiden. Die erste Viertelstunde wurde schlicht verpennt, und auch später fand nicht jeder Pass seinen Abnehmer oder jeder Schuss sein Ziel. Aber eines wird jetzt schon deutlich: Da steht eine andere Mannschaft auf dem Feld als in der letzten Saison. Hier wurde punktuell der passende Spielertyp gefunden, der bis dato scheinbar gefehlt hat.

Und wenn nun der Knappmann knapp am Mann hochsteigt, den Körper einsetzt, wird es knapp für den gegnerischen Mann. Zudem Mannschaft und Publikum stets mit einbeziehend. Ist das dann die Identifikation mit dem jeweiligen Arbeitgeber, dann ist das professionell und kommt an, allem Image zum Trotz!

Im Verlaufe des weiteren Spielverlaufes gewann das Spiel der Rot-Weissen immer mehr an Sicherheit, wurde auch der angesprochenen, bisweilen übertriebenen, Kasseler Härte gut getrotzt. Zwei Mannschaften schon auf Betriebstemperatur. Alle Mannschaftsteile waren heute gefordert, konnten sich auf der Linie auszeichnen, Linie in das Spiel bringen und zweimal den Ball hinter selbige legen. Das einzig ärgerliche ist nun diese Mär von der verpatzten Generalprobe und anschliessend erfolgreicher Premiere. Aber, wir sind RWE, wir sind anders!

Andere Wege geht der Verein in diesen Tagen auch im Sponsoring. Der bisherige Hauptsponsor machte nicht den Weg frei, das machen ja andere, sondern die plakative Trikotbrust und verzieht sich auf den Ärmel. Die Heimat steht nun auf den Trikots geschrieben und in eben dieser Heimat finden sich viele, viele kleine Sponsoren wieder. Wir werden also in der kommenden Saison sicher eine Vielzahl an verschiedenen Logos an der Hafenstraße zu Gesicht bekommen, darf doch nun ein jeder Sponsor RWE Trikots mit seinem Logo veräussern.

Eine Idee, die einmal mehr überregional auf Interesse stieß, denn Talibane des Fußballs sind als Sponsoren nicht alltäglich. Zeigt aber einmal mehr, dass der RWE in diesen Tagen ziemlich viel richtig macht. Wenn die großen Konzerne der Stadt an anderer Stelle unterwegs sind, oder noch nicht das Vertrauen in den Verein aufbringen, eben diese Idee mittragen, dann ist der Weg frei für diejenigen, die dem Verein schon immer treu zur Seite standen und dieses nun auch manifestieren dürfen.

Zudem wird gegrillt, gespielt und gehumpat! Der RWE dieser Tage ist seine eigene Basis und furchtbar geerdet. Trotzdem sollte der RWE aufpassen, sein rotziges Image nicht zu verlieren, und den gleichen Weg in die sozialen Netzwerke einzuschlagen, wie so viele andere. Klar, wer im sozialen Netzwerk sitzt, sollte nicht mit Klicks werfen, aber eine offizielle Vereinsseite muss mit Fakten dienen, nicht mit “fishing for Klicks”.

Die sozialen Netzwerke haben den Zusatz “sozial” bisweilen nicht verdient. Viele Seiten posten zur Zeit nach dem “Was meint Ihr…” oder dem “Wer das auch findet, klickt auf gefällt mir” Prinzip. Was sicher Quote bringt, aber auch inhaltliche Diskussionen im Ansatz zum Scheitern verurteilt. Der Mensch hinter dem Bildschirm ist noch nicht so weit, um sich reflektiert seiner digitalen Meinung hinzugeben. Es pöbelt und klickt sich doch so einfach.

Ich möchte aber nicht, dass mein Verein eines Tages seine Seite schließt oder begrenzt, weil sich Diskussionen als sinnlos erweisen oder in gegenseitigen Pöbeleien ergehen. Ich möchte von meinem Verein informiert werden. Mehr nicht. Für alles andere können wir Fans uns hingeben.

Kommenden Samstag beginnt die neue Saison. Und es beginnt zu kribbeln. Hat eigentlich nie aufgehört. Nur der RWE!


Uwe Strootmann schreibt seit Jahren über unseren RWE in seinem Blog "Im Schatten der Tribüne" und seit einiger Zeit auch bei uns. Viel Spaß!

 

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