Zwei Punkte verloren oder einen gewonnen?
Ein ganz besonderes Spiel produzierte am Ende zwei Mannschaften, die mit hängenden Köpfen in die Kabine gingen. Der WSV verspielte eine 2:0 Führung gegen den Erzrivalen aus Essen und RWE vergab auf dem Elfmeterpunkt die Möglichkeit, einen Dreier aus Wuppertal mitzunehmen. Mit ein bisschen Abstand betrachtet können beide Mannschaften eigentlich sehr zufrieden mit dem Ergebnis sein.
Waldemar Wrobel stellte sein Team gegenüber dem Erfolg gegen Bochum um.
Kevin Grund hat seine Rotsperre aus dem Duell gegen Viktoria Köln
abgesessen und kehrte zurück auf die linke Seite. Für ihn musste Holger
Lemke aus der Startelf weichen. Außerdem verletzte sich Vincent Wagner
kurz vor dem Spiel, sodass Michael Laletin in die Innenverteidigung
rückte. Schon vor dem Spiel amüsierte die Wuppertaler Chefetage bereits
in der Öffentlichkeit mit enorm aufwändig gedruckten VIP-Gold Tickets,
die wichtigen Wuppertaler Stadtrepräsentanten zugesandt wurden. Außerdem
äußerte Friedhelm Runge öffentlich die Befürchtung, dass RWE in
Wuppertal womöglich ein Heimspiel haben könnte und dass der Verein
deswegen Eintrittskarten für 1 bzw. 3€ verramschte.
Die Frage ist, ob für den Wuppertaler Anhänger diese Worte nicht
vielleicht noch peinlicher zu ertragen waren, als die tatsächliche
Besucherschar, die sich momentan am Zoo einfindet. Den Eindruck Runges
musste man am heutigen Tag durchaus teilen. Wuppertal war noch nie dafür
bekannt Massen in fünfstelliger Zahl anzuziehen, aber wenn RWE kam,
kroch doch immer alles, was laufen konnte in Wuppertal heraus ans
Tageslicht. Das war bei der heutigen Begegnung nicht der Fall. Die
gähnende Leere im Heimblock wurde durch eine große Blockfahne verdeckt,
die locker ein Viertel des Blockes einnahm.
Gespielt wurde aber auch noch. RWE zeigte von der ersten Sekunde an,
dass es nicht nur auf den Rängen ein Heimspiel werden sollte. Schon in
der 4. Minute hätte es 1:0 stehen müssen. Konstantin Sawin wurde perfekt
von Benedikt Koep bedient und lief allein auf den Torwart zu. Ihn
ließen allerdings seine Nerven im Stich und so gewann Christoph Semmler
dieses Duell. Die Wuppertaler Fans verhielten sich zunächst ganz ruhig,
um nach 12 Minuten mit einer Choreo zu starten, die jedoch nur die
Inhaber eines Latinums verstanden haben dürften. Leider war es wie immer
im Wuppertal so, dass sich deren Fans nahezu ausschließlich damit
beschäftigen gegen den Gegner zu pöbeln und nur selten auf die Idee
kommen, die eigene Mannschaft anzufeuern.
RWE drückte weiter auf den Führungstreffer. Zunächst scheiterte Kevin
Grund, der Christoph Semmler nach einer zu kurz geratenen Rückgabe
sehenswert überlupfte (18.), und danach Kevin Pires Rodrigues mit seinem
Hammer aus 25 Metern am Torwart (25.). Danach fiel beiden Mannschaften
nicht mehr viel ein und der Schiedsrichter pfiff zur Halbzeit. Insgesamt
hätte RWE mindestens mit 1:0 führen müssen, wenn sie das Übergewicht an
Torchancen ordentlich ausgespielt hätten. So bewahrheitete sich nach
dem Seitenwechsel die alte Phrase, dass man hinten einen reinbekommt,
wenn man vorne keinen macht. Zunächst brachten die Wuppertaler Anhänger
aber etwas Feuer in die Partie und zündeten gut fünf Bengalos an. Das
sieht man heutzutage auch nur noch selten in einem Heimblock.
Nach einer Ecke in der 52. Minute stellte ein Eigentor des ansonsten
extrem stark agierenden Rodenberg den Spielverlauf auf den Kopf. Nicht
eine nennenswerte Torchance hatte sich Wuppertal bis dahin erspielt.
Aber damit nicht genug. So erhöhte Christian Knappmann zum 2:0 in der
60. Minute, nachdem Dennis Lamczyk sich verschätzte und an dem
hereingetretenen Freistoß vorbeihechtete. Zwei Chancen zwei Treffer; man
kann das ungerecht finden, aber diese Effizienz ist auch ein
Qualitätsmerkmal einer Mannschaft und Christian Knappmann sah man
ansonsten nicht wirklich, aber bei diesen beiden Treffern war er beide
Male zur Stelle, auch wenn ihm sein Job beim ersten Tor noch abgenommen
wurde.
Nun konnte man sich seinem Schicksal ergeben und Schadensbegrenzung
vornehmen… so hätten es frühere Teams gemacht. RWE stemmte sich aber mit
Mann und Maus gegen dieses Ergebnis und entwickelte eine Dominanz,
durch die die Wuppertaler kaum noch ihre eigene Hälfte verließen. Nach
einer Hereingabe stand Markus Heppke frei und drückte den Ball ins Tor.
Auch für ihn war das gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber ein befreiendes
Tor, da er aus Wuppertal recht rüde verjagt wurde, bevor er nach Essen
kam. An dieser Stelle sollte ein Dank an Wuppertal für die Abgabe dieses
Leistungsträgers gerichtet werden. Es war dann wieder Heppke, der das
nächste Tor einleitete. Er passte auf Konstantin Sawin, der wieder frei
vor dem Torwart seine Chance besser nutzte. Der Gästeblock explodierte
schier bei diesem Treffer.
RWE wollte mehr und Wuppertal schaute nur noch zu. Immer wieder bauten
die Essener ihre Angriffe auf. Nach einer Hereingabe von Grund verpasste
Ellmann den Kasten knapp. In der letzten Minute der Nachspielzeit
geschah dann das Unerwartete. Nach einer rüden Attacke durch Christoph
Semmler entschied Schiedsrichter Siewer auf Elfmeter für Essen. Man kann
über den Strafstoß streiten, denn nicht jeder Schiedsrichter hätte ihn
wohl gegeben. Nichtsdestotrotz ist dies einer der schlimmsten Momente
für die Spieler. Eine Sekunde entscheidet über alles oder nichts. Marvin
Ellmann übernahm die Verantwortung und legte sich den Ball zurecht. Das
Ergebnis ist bekannt, Semmler blieb einmal mehr Sieger und hielt den
Punkt für die Borussia fest.
Dies trübte den Punkterfolg bei den Zuschauern, aber Ellmann wurde mit
Rufen aufgerichtet und die Mannschaft für eine couragierte Leistung und
für einen großen Kampf beklatscht. Sie hatte es sich auch redlich
verdient. Am Ende gehören auch ein Torwart und ein Stürmer zu einer
Mannschaft und so konnte sich Wuppertal bei Semmler und Knappmann
bedanken, dass sie trotz eines durchwachsenen Spiels zwei Tore erzielen
konnten und das Spiel nicht verloren. Umgekehrt zeigte RWE Herz und
erkämpfte sich das verdiente Unentschieden. Marvin Ellmann jedoch
gebührt Respekt, dass er sich dieser Aufgabe stellte. Ein Elfmeter
beinhaltet auch, dass man scheitern kann, dass hat auch Vincent Wagner
erleben müssen und dieses Mal traf es Ellmann.
Dennoch hatte dieses Spiel alles, was man erwarten konnte. In der
zweiten Halbzeit war es ein aufregendes Spiel und auf den Rängen wurde
die Rivalität friedlich ausgelebt. So soll es sein und damit geht der
Blick auf den kommenden Dienstag, wenn die Sportfreunde aus Lotte an die
Hafenstraße kommen. Motivation braucht es bei diesem Spiel ebenfalls
nicht. Die Verantwortlichen dort haben dafür gesorgt, dass es wohl
niemanden gibt, der dieses Spiel nicht zu 200% gewinnen möchte.
Jawattdenn-Spielerbewertung
Lamczyk [4] |
Dombrowka [3+] |
Laletin [3] |
Rodenberg [2-] |
|
|
Pires-Rodrigues [3-] |
Heppke [2-] |
Avci [3+] |
Grund [3-] |
Sawin [3+] |
|
Koep [3] |
Lemke [o.B.] |
Ellmann [o.B.] |
Tokat [o.B.] |
Wuppertaler SV Borussia
Semmler, Schumacher, Reichert, Wiwerink, el Hammouchi, Meier, Neppe (84. Cornelius), Fleßers, Mossmayer, Boztepe (75. Quotschalla), Knappmann (90. Wassinger
Rot-Weiss Essen
Lamczyk, Dombrowka, Laletin, Rodenberg, Guirino, (84. Tokat), Pires-Rodrigues (63. Lemke), Avci, Heppke, Grund, Sawin, Koep (73. Ellmann)
Tore
52. Rodenberg (ET) 1:0, 60. Christian Knappmann 2:0, 69. Markus Heppke 2:1, 79. Konstantin Sawin 2:2
Zuschauer
5.480
Schiedsrichter
Thorben Siewer
Gelbe Karten
Neppe, Semmler - Guirino