24.11.2012

Zwei Punkte verloren oder einen gewonnen?

von Hendrik Stürznickel

Ein ganz besonderes Spiel produzierte am Ende zwei Mannschaften, die mit hängenden Köpfen in die Kabine gingen. Der WSV verspielte eine 2:0 Führung gegen den Erzrivalen aus Essen und RWE vergab auf dem Elfmeterpunkt die Möglichkeit, einen Dreier aus Wuppertal mitzunehmen. Mit ein bisschen Abstand betrachtet können beide Mannschaften eigentlich sehr zufrieden mit dem Ergebnis sein.

Waldemar Wrobel stellte sein Team gegenüber dem Erfolg gegen Bochum um. Kevin Grund hat seine Rotsperre aus dem Duell gegen Viktoria Köln abgesessen und kehrte zurück auf die linke Seite. Für ihn musste Holger Lemke aus der Startelf weichen. Außerdem verletzte sich Vincent Wagner kurz vor dem Spiel, sodass Michael Laletin in die Innenverteidigung rückte. Schon vor dem Spiel amüsierte die Wuppertaler Chefetage bereits in der Öffentlichkeit mit enorm aufwändig gedruckten VIP-Gold Tickets, die wichtigen Wuppertaler Stadtrepräsentanten zugesandt wurden. Außerdem äußerte Friedhelm Runge öffentlich die Befürchtung, dass RWE in Wuppertal womöglich ein Heimspiel haben könnte und dass der Verein deswegen Eintrittskarten für 1 bzw. 3€ verramschte.

Voller Gästeblock in Wuppertal. wie immerDie Frage ist, ob für den Wuppertaler Anhänger diese Worte nicht vielleicht noch peinlicher zu ertragen waren, als die tatsächliche Besucherschar, die sich momentan am Zoo einfindet. Den Eindruck Runges musste man am heutigen Tag durchaus teilen. Wuppertal war noch nie dafür bekannt Massen in fünfstelliger Zahl anzuziehen, aber wenn RWE kam, kroch doch immer alles, was laufen konnte in Wuppertal heraus ans Tageslicht. Das war bei der heutigen Begegnung nicht der Fall. Die gähnende Leere im Heimblock wurde durch eine große Blockfahne verdeckt, die locker ein Viertel des Blockes einnahm.

Gespielt wurde aber auch noch. RWE zeigte von der ersten Sekunde an, dass es nicht nur auf den Rängen ein Heimspiel werden sollte. Schon in der 4. Minute hätte es 1:0 stehen müssen. Konstantin Sawin wurde perfekt von Benedikt Koep bedient und lief allein auf den Torwart zu. Ihn ließen allerdings seine Nerven im Stich und so gewann Christoph Semmler dieses Duell. Die Wuppertaler Fans verhielten sich zunächst ganz ruhig, um nach 12 Minuten mit einer Choreo zu starten, die jedoch nur die Inhaber eines Latinums verstanden haben dürften. Leider war es wie immer im Wuppertal so, dass sich deren Fans nahezu ausschließlich damit beschäftigen gegen den Gegner zu pöbeln und nur selten auf die Idee kommen, die eigene Mannschaft anzufeuern.

RWE drückte weiter auf den Führungstreffer. Zunächst scheiterte Kevin Grund, der Christoph Semmler nach einer zu kurz geratenen Rückgabe sehenswert überlupfte (18.), und danach Kevin Pires Rodrigues mit seinem Hammer aus 25 Metern am Torwart (25.). Danach fiel beiden Mannschaften nicht mehr viel ein und der Schiedsrichter pfiff zur Halbzeit. Insgesamt hätte RWE mindestens mit 1:0 führen müssen, wenn sie das Übergewicht an Torchancen ordentlich ausgespielt hätten. So bewahrheitete sich nach dem Seitenwechsel die alte Phrase, dass man hinten einen reinbekommt, wenn man vorne keinen macht. Zunächst brachten die Wuppertaler Anhänger aber etwas Feuer in die Partie und zündeten gut fünf Bengalos an. Das sieht man heutzutage auch nur noch selten in einem Heimblock.

Pyro im Wuppertaler Block - heizte die Stimmung dort aber auch nicht anNach einer Ecke in der 52. Minute stellte ein Eigentor des ansonsten extrem stark agierenden Rodenberg den Spielverlauf auf den Kopf. Nicht eine nennenswerte Torchance hatte sich Wuppertal bis dahin erspielt. Aber damit nicht genug. So erhöhte Christian Knappmann zum 2:0 in der 60. Minute, nachdem Dennis Lamczyk sich verschätzte und an dem hereingetretenen Freistoß vorbeihechtete. Zwei Chancen zwei Treffer; man kann das ungerecht finden, aber diese Effizienz ist auch ein Qualitätsmerkmal einer Mannschaft und Christian Knappmann sah man ansonsten nicht wirklich, aber bei diesen beiden Treffern war er beide Male zur Stelle, auch wenn ihm sein Job beim ersten Tor noch abgenommen wurde.

Nun konnte man sich seinem Schicksal ergeben und Schadensbegrenzung vornehmen… so hätten es frühere Teams gemacht. RWE stemmte sich aber mit Mann und Maus gegen dieses Ergebnis und entwickelte eine Dominanz, durch die die Wuppertaler kaum noch ihre eigene Hälfte verließen. Nach einer Hereingabe stand Markus Heppke frei und drückte den Ball ins Tor. Auch für ihn war das gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber ein befreiendes Tor, da er aus Wuppertal recht rüde verjagt wurde, bevor er nach Essen kam. An dieser Stelle sollte ein Dank an Wuppertal für die Abgabe dieses Leistungsträgers gerichtet werden. Es war dann wieder Heppke, der das nächste Tor einleitete. Er passte auf Konstantin Sawin, der wieder frei vor dem Torwart seine Chance besser nutzte. Der Gästeblock explodierte schier bei diesem Treffer.

RWE wollte mehr und Wuppertal schaute nur noch zu. Immer wieder bauten die Essener ihre Angriffe auf. Nach einer Hereingabe von Grund verpasste Ellmann den Kasten knapp. In der letzten Minute der Nachspielzeit geschah dann das Unerwartete. Nach einer rüden Attacke durch Christoph Semmler entschied Schiedsrichter Siewer auf Elfmeter für Essen. Man kann über den Strafstoß streiten, denn nicht jeder Schiedsrichter hätte ihn wohl gegeben. Nichtsdestotrotz ist dies einer der schlimmsten Momente für die Spieler. Eine Sekunde entscheidet über alles oder nichts. Marvin Ellmann übernahm die Verantwortung und legte sich den Ball zurecht. Das Ergebnis ist bekannt, Semmler blieb einmal mehr Sieger und hielt den Punkt für die Borussia fest.

Marvin Ellmann hätte der Held werden können...Dies trübte den Punkterfolg bei den Zuschauern, aber Ellmann wurde mit Rufen aufgerichtet und die Mannschaft für eine couragierte Leistung und für einen großen Kampf beklatscht. Sie hatte es sich auch redlich verdient. Am Ende gehören auch ein Torwart und ein Stürmer zu einer Mannschaft und so konnte sich Wuppertal bei Semmler und Knappmann bedanken, dass sie trotz eines durchwachsenen Spiels zwei Tore erzielen konnten und das Spiel nicht verloren. Umgekehrt zeigte RWE Herz und erkämpfte sich das verdiente Unentschieden. Marvin Ellmann jedoch gebührt Respekt, dass er sich dieser Aufgabe stellte. Ein Elfmeter beinhaltet auch, dass man scheitern kann, dass hat auch Vincent Wagner erleben müssen und dieses Mal traf es Ellmann.

Dennoch hatte dieses Spiel alles, was man erwarten konnte. In der zweiten Halbzeit war es ein aufregendes Spiel und auf den Rängen wurde die Rivalität friedlich ausgelebt. So soll es sein und damit geht der Blick auf den kommenden Dienstag, wenn die Sportfreunde aus Lotte an die Hafenstraße kommen. Motivation braucht es bei diesem Spiel ebenfalls nicht. Die Verantwortlichen dort haben dafür gesorgt, dass es wohl niemanden gibt, der dieses Spiel nicht zu 200% gewinnen möchte.


Jawattdenn-Spielerbewertung

Dennis Lamczyk
Lamczyk
[4]
Max Dombrowka
Dombrowka
[3+]
Michael Laletin
Laletin
[3]
Maik Rodenberg
Rodenberg
[2-]

Roberto Guirino
Guirino
[4+]

Kevin Pires-Rodrigues
Pires-Rodrigues
[3-]
Markus Heppke
Heppke
[2-]
Kerim Avci
Avci
[3+]
Kevin Grund
Grund
[3-]
Konstantin Sawin
Sawin
[3+]
Benedikt Koep
Koep
[3]
Holger Lemke
Lemke
[o.B.]
Marvin Ellmann
Ellmann
[o.B.]
Suat Tokat
Tokat
[o.B.]


Wuppertaler SV Borussia

Semmler, Schumacher, Reichert, Wiwerink, el Hammouchi, Meier, Neppe (84. Cornelius), Fleßers, Mossmayer, Boztepe (75. Quotschalla), Knappmann (90. Wassinger

 

Rot-Weiss Essen

Lamczyk, Dombrowka, Laletin, Rodenberg, Guirino, (84. Tokat), Pires-Rodrigues (63. Lemke), Avci, Heppke, Grund, Sawin, Koep (73. Ellmann)

 

Tore

52. Rodenberg (ET) 1:0, 60. Christian Knappmann 2:0,  69. Markus Heppke 2:1, 79. Konstantin Sawin 2:2

 

Zuschauer

5.480

 

Schiedsrichter

Thorben Siewer

 

Gelbe Karten

Neppe, Semmler  - Guirino

 


Spieler des Spiels 17. Spieltag - Markus Heppke