26.10.2012

RWE landet Coup beim Spitzenreiter!

von Michael Jaskolla

Chapeau an die Mannschaft! Dank einer kämpferisch und vor allem in der ersten Halbzeit auch spielerisch hervorragenden Leistung entführten unsere Jungs verdient alle drei Punkte gegen die mit bundesligaerfahrenen Kickern nur so gespickte Mannschaft des Retortenclubs FC Viktoria Köln.

Dabei bot die Partie (fast) alles, was ein sehenswertes Spitzenspiel ausmacht: gelungene Spielzüge, Tore, Spannung und Dramatik, Emotionen sowie drei Platzverweise. Lediglich eine „volle Hütte“ fehlte, was in erster Linie an den rechtsrheinischen Schlachtenbummlern lag. Nicht einmal die Hälfte der ca. 3300 Besucher drückte der Heimelf die Daumen, trotz des erfolgreichen Saisonstarts der Scholz-Schützlinge.

Knapp 2.000 Essener unterstützten die Rot-WeissenWaldemar Wrobel ersetzte den gelb-gesperrten Koep durch Ellmann, der dadurch zu seinem dritten Einsatz von Beginn an kam. Ansonsten blieb die Wiedenbrück-Startelf unverändert.
Schnell wurde allen Anwesenden klar, dass sich RWE keineswegs nur ein Remis ermauern möchte, mit gelungenen Ballstafetten näherte man sich in der Anfangsphase dem gegnerischen Tor, jedoch zunächst ohne gefährlichen Abschluss. Der Gastgeber hatte nach einem Konter die erste große Gelegenheit des Spiels: Schlösser spielte den tödlichen Pass auf Bouhaddouz, dieser findet aber in Lamczyk seinen Meister (15.).

RWE ließ sich dadurch nicht aus dem Tritt bringen und dominierte die Partie weiterhin. Und auf der Gegenseite machte es Sawin in einer 1:1-Situation besser: Heppke spielt einen perfekt getimten Pass in die Schnittstelle der Kölner Viererkette und ließ Keeper Poremba mit einem trockenen Schuss in die kurze Ecke keine Chance: 0:1 (18.)!

So konnte es weitergehen, und so ging es auch weiter: der inzwischen zum absoluten Leistungsträger herangereifte Telch setzte sich auf der rechten Seite gegen zwei Kölner durch und flankte den Ball in die Mitte. Dort wartete Propheter (der später verletzt ausgewechselt werden musste) und legte den Ball dem an der 16er-Linie lauernden Pires-Rodrigues im Zuge eines verunglückten Klärungsversuchs maßgerecht per Kopf auf. Der Essener bedankte sich mit einem unhaltbaren Vollspannschuss, der vom Innenpfosten zum vielumjubelten 0:2 über die Torlinie flog (31.).

Knipste zum Führungstreffer - Konstantin SawinDie Viktoria schüttelte sich nun einmal und erwachte kurz vor der Pause allmählich aus ihrer Lethargie. In der 38. Minute hatte Essen noch Glück, dass der Ex-Oberhausener Müller nach einer weiten Flanke an den langen Pfosten überhastet über das Tor schoss. Aber zwei Minuten später war die Partie schließlich wieder offen: Grund rückte im Laufe eines Kölner Angriffes zu weit in die Mitte ein, so dass Schlösser den Ball dem völlig blank stehenden Dahmani zustecken konnte, der Lamczyk mit einem platzierten Flachschuss keine Chance ließ – 2:1!

Die spielerische Klasse der Viktoria reichte an diesem Nachmittag lange Zeit nicht aus, um die kompakt stehende und lauffreudige Essener Mannschaft in Verlegenheit zu bringen. Nach dem Anschlusstreffer drehte die Viktoria allerdings auf, so dass der Pausenpfiff des ohne klare Linie pfeifenden Schiedsrichters Florian Steuer gerade recht kam.

Nach der Pause hatte Essen erstmal wieder alles im Griff. Und wer weiß, ob die Schlussphase des Spiels ebenso hektisch und dramatisch geworden wäre, wenn Sawin direkt nach Wiederbeginn die Torchance des Spiels genutzt hätte. Avci setzte sich in seiner stärksten Szene auf der linken Seite durch und flankte den Ball über freund und Feind hinweg auf den völlig freistehenden Essener Stürmer, der jedoch das Kunststück fertig brachte, den Ball aus zwei Metern Torentfernung über das leere Gehäuse zu köpfen. Poremba war längst geschlagen (47.).

Essen erspielte sich in der Folgezeit zwar keine klaren Torchancen mehr, hatten aber defensiv keine Probleme mit den wieder harmlosen und unkreativen Angriffsversuchen der Gastgeber. Das vor der Pause aufflackernde Kölner Aufbäumen war wieder verschwunden. Parallel zum abnehmenden spielerischen Glanz der Partie stiegen jedoch die Zweikampfhärte und die Anzahl kleiner Nickeligkeiten. Eine davon bescherte Avci nach einer privaten Kopf-an-Kopf-Diskussion mit seinem Gegenspieler Kukielka eine folgenschwere gelbe Karte: Kurz nachdem der eingewechselte Soukou die letzte RWE-Torchance vergab (74.), versuchte Avci einen Freistoß an der Strafraumgrenze zu schinden – genau im Sichtfeld von Schiedsrichter Steuer. Ein berechtigter Platzverweis war ebenso die Konsequenz wie der Start einer Abwehrschlacht in den verbleibenden 15 + 5 Minuten.

Gelb-rote Karte gegen Kerim AvciZum Glück hatten Wagner und Rodenberg mit den zumeist planlosen hohen Bällen der Gastgeber kaum größere Probleme, und als in der Schlussminute auch noch Viktoria-Kapitän Wunderlich nach einer tollen Einzelaktion von Pires-Rodrigues mit der Ampelkarte zum Duschen geschickt wurde, schien die Partie endlich entschieden. Doch hier begann erst die eigentlich dramatische Phase. Während Wunderlich noch aus Frust einen auf Klinsmann machte (er muss sich über seine eigene Dummheit geärgert haben, denn bezüglich der Gelbwürdigkeit seines taktischen Fouls an Pires-Rodrigues konnte es keine zwei Meinungen geben), hatte RWE den Ballbesitz auch schon wieder verloren und stand hinten unsortiert. Plötzlich hatte Bouhaddouz am Fünfmeterraum den Ball am Fuß und den Torschrei schon halb auf den Lippen, doch der Torinstinkt des Kölner Torjägers hatte an diesem Tag offenbar Urlaub. Er vertändelte auch diesen Ball und holte sich am Ende sogar noch die gelbe Karte wegen Nachtretens ab (91.).

Kurz darauf durfte der zweite Essener vorzeitig duschen gehen, diesmal sogar mit glatt rot. Nachdem die beiden vorherigen Platzverweise unstrittig waren, hätte man das harte Einsteigen von Grund sicher auch nur mit gelb ahnden können. So standen in der 5. Minute der Nachspielzeit nur noch neun tapfere Essener in Erwartung eines letzten hohen Balls im und am eigenen Strafraum. Und dieser letzte Ball sollte es noch einmal in sich haben: Während der einzigen Situation, in der Rodenberg und Co. In der Luft den Überblick verloren hatten, fiel nach einer Kopfballverlängerung einem Kölner Angreifer der Ball vor die Füße, der ihn völlig überrascht aus vier Metern in Richtung des Essener Tores abfälschte – zum Glück genau in die Arme von Dennis Lamczyk (95.)!

Feiern auf dem Rasen trotz unentspanntem OrdnungsdienstAnschließend hatte die Zitterpartie endlich ein Ende und der Jubel kannte keine Grenzen. Unschöne Szenen gab es trotzdem noch nach dem Spiel, denn einige Kölner konnten mit dem seltenen Gefühl einer Niederlage wohl noch nicht richtig umgehen. Ob es Christian Schlösser war, der Essens Betreuer Müller den Ball vor dem Kopf warf, oder der Ordnungsdienst, der sich zwischen die feiernden RWE-Fans und der eigenen (!) Mannschaft stellte, um das gemeinsame Feiern zu verhindern – hier hat der Tabellenführer noch Nachholbedarf, was auch Trainer Scholz in der Pressekonferenz einräumte.

Über diesen Sieg wird sich nicht nur Essen freuen, sondern auch die (bis auf Viktoria) komplette Liga. An der Tabellenspitze bleibt es nun bis auf Weiteres spannend, der befürchtete Alleingang der Viktoria liegt erstmal auf Halde. Essen hat am kommenden Samstag die Möglichkeit, sich mit einem Sieg über den MSV Duisburg oben weiter festzubeißen.


Jawattdenn-Spielerbewertung

Dennis Lamczyk
Lamczyk
[2]
Kevin Grund
Grund
[2]
Vincent Wagner
Wagner
[2+]
Maik Rodenberg
Rodenberg
[1-]

Christian Telch
Telch
[2+]

Kevin Pires-Rodrigues
Pires-Rodrigues
[2+]
Markus Heppke
Heppke
[2]
Kerim Avci
Avci
[2-]
Holger Lemke
Lemke
[2-]
Marvin Ellmann
Ellmann
[3+]
Konstantin Sawin
Sawin
[2]
Cebio Soukou
Soukou
[o.B.] 
Stefan Grummel
Grummel
[o.B.]
Michael Laletin
Laletin
[o.B.]


Viktoria Köln

Poremba - Cozza (Aydogmus 75.), Kukielka, Propheter (Glowacz (46.), Eichmeier - Schultens (Dahmani 27.), Voigt - Schlösser, Wunderlich, D. Müller - Bouhaddouz

 

Rot-Weiss Essen

Lamczyk - Grund, Wagner, Rodenberg, Telch - Avci, Pires-Rodrigues, Heppke, Lemke (Soukou 72.) - Ellmann (Grummel 77.), Sawin (Laletin 84.)

 

Tore

0:1 Sawin (17.), 0:2 Pires-Rodrigues (30.), 1:2 Dahmani (39.)

 

Zuschauer

3.310

 

Schiedsrichter

Florian Steuer

 

Gelbe Karten

Eichmeier, Kukielka, Glowacz, Bouhaddouz - Wagner,  Ellmann,  Soukou

 

Gelb-rote Karte

Wunderlich (90.) - Avci (73.)

 

Rote Karte

Grund (90., grobes Foulspiel)


Spieler des Spiels 13. Spieltag - Maik Rodenberg