RWE landet Coup beim Spitzenreiter!
Chapeau an die Mannschaft! Dank einer kämpferisch und vor allem in der ersten Halbzeit auch spielerisch hervorragenden Leistung entführten unsere Jungs verdient alle drei Punkte gegen die mit bundesligaerfahrenen Kickern nur so gespickte Mannschaft des Retortenclubs FC Viktoria Köln.
Dabei bot die Partie (fast) alles, was
ein sehenswertes Spitzenspiel ausmacht: gelungene Spielzüge, Tore,
Spannung und Dramatik, Emotionen sowie drei Platzverweise. Lediglich
eine „volle Hütte“ fehlte, was in erster Linie an den rechtsrheinischen
Schlachtenbummlern lag. Nicht einmal die Hälfte der ca. 3300 Besucher
drückte der Heimelf die Daumen, trotz des erfolgreichen Saisonstarts der
Scholz-Schützlinge.
Waldemar Wrobel ersetzte den gelb-gesperrten Koep durch Ellmann, der
dadurch zu seinem dritten Einsatz von Beginn an kam. Ansonsten blieb die
Wiedenbrück-Startelf unverändert.
Schnell wurde allen Anwesenden klar, dass sich RWE keineswegs nur ein
Remis ermauern möchte, mit gelungenen Ballstafetten näherte man sich in
der Anfangsphase dem gegnerischen Tor, jedoch zunächst ohne gefährlichen
Abschluss. Der Gastgeber hatte nach einem Konter die erste große
Gelegenheit des Spiels: Schlösser spielte den tödlichen Pass auf
Bouhaddouz, dieser findet aber in Lamczyk seinen Meister (15.).
RWE ließ sich dadurch nicht aus dem Tritt bringen und dominierte die
Partie weiterhin. Und auf der Gegenseite machte es Sawin in einer
1:1-Situation besser: Heppke spielt einen perfekt getimten Pass in die
Schnittstelle der Kölner Viererkette und ließ Keeper Poremba mit einem
trockenen Schuss in die kurze Ecke keine Chance: 0:1 (18.)!
So konnte es weitergehen, und so ging es auch weiter: der inzwischen zum
absoluten Leistungsträger herangereifte Telch setzte sich auf der
rechten Seite gegen zwei Kölner durch und flankte den Ball in die Mitte.
Dort wartete Propheter (der später verletzt ausgewechselt werden
musste) und legte den Ball dem an der 16er-Linie lauernden
Pires-Rodrigues im Zuge eines verunglückten Klärungsversuchs maßgerecht
per Kopf auf. Der Essener bedankte sich mit einem unhaltbaren
Vollspannschuss, der vom Innenpfosten zum vielumjubelten 0:2 über die
Torlinie flog (31.).
Die Viktoria schüttelte sich nun einmal und erwachte kurz vor der Pause
allmählich aus ihrer Lethargie. In der 38. Minute hatte Essen noch
Glück, dass der Ex-Oberhausener Müller nach einer weiten Flanke an den
langen Pfosten überhastet über das Tor schoss. Aber zwei Minuten später
war die Partie schließlich wieder offen: Grund rückte im Laufe eines
Kölner Angriffes zu weit in die Mitte ein, so dass Schlösser den Ball
dem völlig blank stehenden Dahmani zustecken konnte, der Lamczyk mit
einem platzierten Flachschuss keine Chance ließ – 2:1!
Die spielerische Klasse der Viktoria reichte an diesem Nachmittag lange
Zeit nicht aus, um die kompakt stehende und lauffreudige Essener
Mannschaft in Verlegenheit zu bringen. Nach dem Anschlusstreffer drehte
die Viktoria allerdings auf, so dass der Pausenpfiff des ohne klare
Linie pfeifenden Schiedsrichters Florian Steuer gerade recht kam.
Nach der Pause hatte Essen erstmal wieder alles im Griff. Und wer weiß,
ob die Schlussphase des Spiels ebenso hektisch und dramatisch geworden
wäre, wenn Sawin direkt nach Wiederbeginn die Torchance des
Spiels genutzt hätte. Avci setzte sich in seiner stärksten Szene auf der
linken Seite durch und flankte den Ball über freund und Feind hinweg
auf den völlig freistehenden Essener Stürmer, der jedoch das Kunststück
fertig brachte, den Ball aus zwei Metern Torentfernung über das leere
Gehäuse zu köpfen. Poremba war längst geschlagen (47.).
Essen erspielte sich in der Folgezeit zwar keine klaren Torchancen mehr,
hatten aber defensiv keine Probleme mit den wieder harmlosen und
unkreativen Angriffsversuchen der Gastgeber. Das vor der Pause
aufflackernde Kölner Aufbäumen war wieder verschwunden. Parallel zum
abnehmenden spielerischen Glanz der Partie stiegen jedoch die
Zweikampfhärte und die Anzahl kleiner Nickeligkeiten. Eine davon
bescherte Avci nach einer privaten Kopf-an-Kopf-Diskussion mit seinem
Gegenspieler Kukielka eine folgenschwere gelbe Karte: Kurz nachdem der
eingewechselte Soukou die letzte RWE-Torchance vergab (74.), versuchte
Avci einen Freistoß an der Strafraumgrenze zu schinden – genau im
Sichtfeld von Schiedsrichter Steuer. Ein berechtigter Platzverweis war
ebenso die Konsequenz wie der Start einer Abwehrschlacht in den
verbleibenden 15 + 5 Minuten.
Zum Glück hatten Wagner und Rodenberg mit den zumeist planlosen hohen
Bällen der Gastgeber kaum größere Probleme, und als in der Schlussminute
auch noch Viktoria-Kapitän Wunderlich nach einer tollen Einzelaktion
von Pires-Rodrigues mit der Ampelkarte zum Duschen geschickt wurde,
schien die Partie endlich entschieden. Doch hier begann erst die
eigentlich dramatische Phase. Während Wunderlich noch aus Frust einen
auf Klinsmann machte (er muss sich über seine eigene Dummheit geärgert
haben, denn bezüglich der Gelbwürdigkeit seines taktischen Fouls an
Pires-Rodrigues konnte es keine zwei Meinungen geben), hatte RWE den
Ballbesitz auch schon wieder verloren und stand hinten unsortiert.
Plötzlich hatte Bouhaddouz am Fünfmeterraum den Ball am Fuß und den
Torschrei schon halb auf den Lippen, doch der Torinstinkt des Kölner
Torjägers hatte an diesem Tag offenbar Urlaub. Er vertändelte auch
diesen Ball und holte sich am Ende sogar noch die gelbe Karte wegen
Nachtretens ab (91.).
Kurz darauf durfte der zweite Essener vorzeitig duschen gehen, diesmal
sogar mit glatt rot. Nachdem die beiden vorherigen Platzverweise
unstrittig waren, hätte man das harte Einsteigen von Grund sicher auch
nur mit gelb ahnden können. So standen in der 5. Minute der
Nachspielzeit nur noch neun tapfere Essener in Erwartung eines letzten
hohen Balls im und am eigenen Strafraum. Und dieser letzte Ball sollte
es noch einmal in sich haben: Während der einzigen Situation, in der
Rodenberg und Co. In der Luft den Überblick verloren hatten, fiel nach
einer Kopfballverlängerung einem Kölner Angreifer der Ball vor die Füße,
der ihn völlig überrascht aus vier Metern in Richtung des Essener Tores
abfälschte – zum Glück genau in die Arme von Dennis Lamczyk (95.)!
Anschließend hatte die Zitterpartie endlich ein Ende und der Jubel
kannte keine Grenzen. Unschöne Szenen gab es trotzdem noch nach dem
Spiel, denn einige Kölner konnten mit dem seltenen Gefühl einer
Niederlage wohl noch nicht richtig umgehen. Ob es Christian Schlösser
war, der Essens Betreuer Müller den Ball vor dem Kopf warf, oder der
Ordnungsdienst, der sich zwischen die feiernden RWE-Fans und der eigenen
(!) Mannschaft stellte, um das gemeinsame Feiern zu verhindern – hier
hat der Tabellenführer noch Nachholbedarf, was auch Trainer Scholz in
der Pressekonferenz einräumte.
Über diesen Sieg wird sich nicht nur Essen freuen, sondern auch die (bis
auf Viktoria) komplette Liga. An der Tabellenspitze bleibt es nun bis
auf Weiteres spannend, der befürchtete Alleingang der Viktoria liegt
erstmal auf Halde. Essen hat am kommenden Samstag die Möglichkeit, sich
mit einem Sieg über den MSV Duisburg oben weiter festzubeißen.
Jawattdenn-Spielerbewertung
Lamczyk [2] |
Grund [2] |
Wagner [2+] |
Rodenberg [1-] |
|
|
Pires-Rodrigues [2+] |
Heppke [2] |
Avci [2-] |
Lemke [2-] |
Ellmann [3+] |
|
Sawin [2] |
Soukou [o.B.] |
Grummel [o.B.] |
Laletin [o.B.] |
Viktoria Köln
Poremba - Cozza (Aydogmus 75.), Kukielka, Propheter (Glowacz (46.), Eichmeier - Schultens (Dahmani 27.), Voigt - Schlösser, Wunderlich, D. Müller - Bouhaddouz
Rot-Weiss Essen
Lamczyk - Grund, Wagner, Rodenberg, Telch - Avci, Pires-Rodrigues, Heppke, Lemke (Soukou 72.) - Ellmann (Grummel 77.), Sawin (Laletin 84.)
Tore
0:1 Sawin (17.), 0:2 Pires-Rodrigues (30.), 1:2 Dahmani (39.)
Zuschauer
3.310
Schiedsrichter
Florian Steuer
Gelbe Karten
Eichmeier, Kukielka, Glowacz, Bouhaddouz - Wagner, Ellmann, Soukou
Gelb-rote Karte
Wunderlich (90.) - Avci (73.)
Rote Karte
Grund (90., grobes Foulspiel)