„Ein Schuss, ein Tor, die Siegener…“
Auch mit einem Tag Abstand ist die gestrige 1:5 Klatsche in Siegen kaum in Worte zu fassen. Gnadenlose Effektivität der Sportfreunde gepaart mit unglücklichen Aktionen auf rot-weisser Seite geben dies wohl am Besten wieder.
Kalt war es in Siegen, aber eigentlich war alles angerichtet für ein
schönes Regionalligaspiel mit zwei Teams aus der Spitzengruppe. Für die
Essener Zuschauer standen bei An- und Abreise wie im Aufstiegsjahr
ausreichend Shuttle-Busse zur Verfügung, so dass selbst die
PKW-Besatzungen die knapp 500 Meter von ihrem Parkplatz bis zum Stadion
nicht laufen mussten. Die Bratwurst war heiß und lecker, das Bier kalt,
der Glühwein süffig.
Enttäuschend war allerdings die Zuschauerzahl. 2.384 Besucher, davon nur
knapp 600 aus Essen, verliefen sich im weiten Rund des Leimbachstadions.
Die Verantwortlichen hatten mit deutlich mehr gerechnet.
Waldemar Wrobel änderte zwangsweise die Startaufstellung auf einigen
Positionen. Christian Telch kam für den gesperrten Max Dombrowka ins
Spiel, Suat Tokat durfte von Beginn an für Kerim Avci ran. Den
verletzten Konstantin Sawin ersetzte Cebio Soukou, der ein sehr gutes
Spiel machte und diesmal zeigte, warum man ihn verpflichtet hat.
Los ging es auch in Siegen mit dem bundesweiten Stimmungsboykott, der
zusätzlich mit zahlreichen Transparenten von beiden Fanlagern
unterstützt wurde.
Das Spielgeschehen brachte Sportfreunde Trainer Michael Boris in einem
Satz auf den Punkt: "Ich habe es, glaube ich, noch nie erlebt, dass man
drei Mal auf's Tor schießt und der Ball vier Mal drin ist".
Begünstigt wurde dieser Umstand mit freundlicher Unterstützung der
Essener Gäste. Beim 0:1 (10. Minute) flog Dennis Lamczyk zuerst an einer
Flanke vorbei und Torjäger Sven Michel hämmerte den Ball aus einem
extrem spitzen Winkel ins Essener Gehäuse. Beim 0:2 reichte ein langer
Ball aus der Siegener Hälfte auf Michel, um die komplette
Hintermannschaft alt aussehen zu lassen. Holger Lemke versuchte noch zu
retten, ging aber recht unkonventionell im RWE-Strafraum zu Werke und
senste den Siegener Stürmer um. Den fälligen Elfmeter verwandelte Grebe
in der 13. Minute sicher.
Nix passiert, dachten die mitgereisten RWE-Fans und die Unterstützung
war nach den 12 Minuten und 12 Sekunden da. Zumal die Rot-Weissen Kicker - wie auch während des gesamten
Spiels – ein optisch spielerisches Übergewicht hatten und auch bis zum gegnerischen
Sechzehner gut kombinierten. Leider fehlte der finale Abschluss.
Die Stimmung kippte nach dem 0:3 (26.), und wieder sah Keeper Lamczyk
bei einer Kopfballbogenlampe nicht gut aus und als vier Minuten später
der Siegener Weber nach einer Ecke das 0:4 markierte, war die Messe
gelesen. In den Augen der mitgereisten RWE-Fans sah man ungläubige
Blicke und Fassungslosigkeit, die ersten wüsten Beschimpfungen folgten.
Es war nun eine zum Teil aggressive Stimmung im Block, die sich zum
Glück mit dem Halbzeitpfiff wieder ein wenig beruhigte.
Waldemar Wrobel reagierte und stellte in der zweiten Hälfte auf eine
Abwehr-Dreierkette um. Für Kevin Grund kam Marvin Ellmann und sollte für
mehr offensive Gefahr sorgen. Diese kam auch kurzfristig auf und Bene
Koep besorgte in der 49. Minute den Anschlusstreffer zum 1:4. Hoffnung
auf ein zweites Deutschland – Schweden machte sich breit, blieb aber ein
frommer Wunsch. Essen hatte mehr Ballbesitz, Siegen verteidigte
geschickt und setzte immer wieder gefährliche Konter. Den Deckel drauf
machte wiederum Sven Michel in der 66. Minute. Die Essener Fans feierten
von nun an sich selbst, was blieb ihnen auch anderes über. Dass die Siegener ab der 73. Minute nur noch zu zehnt spielten, nachdem Mark Zeh nach einem rüden Foul an Bene Koep die Rote Karte sah, bleibt eine Randnotiz. Ansonsten hatte Schiri Florian Steuer das Spiel eigentlich gut im Griff und hielt sich mit seiner bekannten Verwarnungsflut diesmal zurück.
Was bleibt ist Ernüchterung, denn auch die Verantwortlichen hatten sich
mehr versprochen, als nur zwei Punkte aus den letzten drei Spielen.
Allerdings sollte man am Ende der Hinrunde auch einmal das Positive
sehen. Die Rot-Weissen bleiben in Schlagdistanz zur Tabellenspitze, das
Team scheint gefestigt und lässt sich auch nach einem Rückstand nicht
aus der Ruhe bringen. Eine Entwicklung ist auf jeden Fall zu sehen. Das
Trainergespann wird gerade aus den letzten Spielen seine Lehren ziehen
und entsprechend reagieren, da können wir uns sicher sein.
Nächste Woche geht es zum Rückrundenauftakt gegen Oberhausen. 90+x
Minuten Zeit für die Mannschaft, das Geschehene von Siegen vergessen
zu machen.
Jawattdenn-Spielerbewertung
Lamczyk [6+] |
Grund [5] |
Wagner [5+] |
Rodenberg [5] |
|
|
Pires-Rodrigues [4-] |
Heppke [5+] |
Tokat [4] |
Lemke [4-] |
Soukou [4] |
|
Koep [4+] |
Ellmann [4-] |
Grummel [o.B.] |
Lenz [o.B.] |
Sportfeunde Siegen
Koczor, Schattner, Klippel, Weber, Lemke, Zeh, Grebe, Jakobs (81. Litter), Dej (75. Sonntag), Michel, Veselinovic
Rot-Weiss Essen
Lamczyk, Grund (46. Ellmann), Rodenberg, Wagner, Telch, Heppke, Pires-Rodrigues (74. Grummel), Lemke, Tokat, Soukou, Koep (76. Lenz).
Tore
1:0 Michel (10.), 2:0 Grebe (13., Foulelfmeter), 3:0 Zeh (26.), 4:0 Weber (30.), 4:1 Koep (49.), 5:1 Michel (66.).
Zuschauer
2.384
Schiedsrichter
Florian Steuer
Gelbe Karten
Klippel - Soukou, Pires-Rodrigues
Rote Karte
Zeh (70., Siegen)