11.08.2012

Gnadenlos effektiv!

von Michael Jaskolla

Der zweite Auswärtssieg ist perfekt! Nach einer turbulenten zweiten Halbzeit an der Verler Poststraße darf RWE sich über einen gelungenen Saisonstart freuen und der schwierigen Pokalaufgabe gegen Union Berlin mit breiter Brust entgegenfiebern.

 Waldemar Wrobel musste die Abwehrkette aufgrund der verletzungsbedingten Ausfälle von Roberto Guirino und Max Dombrowka umbauen. Neuzugang Christian Telch kam auf der rechten Abwehrseite zu seinem Pflichtspieldebüt im Essener Trikot, während für die linke Außenverteidigerposition Kevin Grund zurückgezogen wurde. Kevin Rodrigues-Pires rotierte dadurch in die Startelf auf den linken Offensivflügel.


Rund 1.000 Essener machten sich auf den Weg nach OstwestfalenWie schon in Oberhausen brauchte RWE eine gewisse Anlaufzeit, um ins Spiel zu kommen. Nach zwei Minuten erspielte sich der Gastgeber den ersten Eckstoß, dessen Abnehmer den Ball aber gute drei Meter über das Tor köpfte. Tief durchatmen mussten die rund 1000 mitgereisten RWE-Anhänger in der 22. Minute: Rodenberg ließ sich aus der Abwehrkette herauslocken, so dass Schneider Rasp im 16er bedienten konnte. Ihm versagten jedoch die Nerven und er schob den Ball sowohl an Lamczyk als auch am kurzen Pfosten vorbei ins Toraus.

Essen zeigte fortan durchaus, dass man in der Lage ist, mit schönen Kombinationsfußball zum Erfolg zu kommen. Nur der finale Pass und gefährliche Abschlüsse wollten noch nicht so recht gelingen. Erste Aufregung gab es, als Pires-Rodrigues von Heppke im Strafraum angespielt und anschließend elfmeterreif von den Beinen geholt wurde – doch die Pfeife des Schiedsrichters blieb stumm (42.). Lange brauchte man sich darüber jedoch nicht zu ärgern, denn als die 1700 Besucher schon mit dem Pausenpfiff rechneten, setzte RWE zum schönsten Angriff des gesamten Spiels an: Nach einem abgefangenen Freistoßball leitete Lamczyk einen schnellen Konterangriff ein, der über Grund und Koep den Weg in den Verler Strafraum fand; dort bediente Koep im richtigen Augenblick Avci, der mit ein wenig Glück den Ball im langen Eck versenken konnte. Kampe war zwar mit den Fingern noch am Ball, doch dieser trudelte im Zeitlupentempo über die Torlinie – 0:1 (45.)! Direkt im Anschluss beendete Schiedsrichter Börner den ersten Durchgang.

Die zweite Hälfte begann, wie die erste endete: mit einem tollen Angriff unserer Rot-Weissen. Es hatte noch kein Verler den Ball unter Kontrolle, da rappelte es wieder im Karton. Vom Anstoß weg behauptete sich Grummel gegen drei Gegenspieler und hatte schließlich auch noch ein Auge für den heranstürmenden Pires-Rodrigues, der den Ball aus 16 Metern flach zum 2:0 in das lange Eck schlenzte (46.). Wieder war Kampe zwar mit den Fingerspitzen am Ball, er konnte dem Ball aber zum Glück keine entscheidende Richtungsänderung mehr zufügen.

Drittes Tor im zweiten Spiel - Benne KoepEin Treffer unmittelbar vor der Pause, der zweite unmittelbar nach Wiederbeginn - in solchen Fällen sprechen nicht nur Fußballreporter gerne von „psychologisch günstigen Zeitpunkten“. Das gestrige Spiel war eher ein Beispiel dafür, dass diese Phrase in die Schublade „Küchenpsychologie“ gehört. Denn weder zeigte sich Verl geschockt oder zumindest verunsichert, noch hatte Essen durch den Doppelschlag große Sicherheit gewonnen und ausgestrahlt. Schon im Gegenzug konnte die RWE-Verteidigung in höchster Not zwar noch zur Ecke klären, doch in deren Folge fiel der 2:1-Anschlusstreffer durch eine leicht abgefälschte Bogenlampe, die an den Treffer von Suat Tokat bei Fortuna Köln vor 1,5 Jahren erinnerte (48.).

Verl hatte wieder Oberwasser, doch Essen antwortete mit seiner derzeit stärksten Offensivwaffe: Benedikt Koep. Ein Steilpass in die Spitze sorgte für kurze Orientierungslosigkeit in der Verler Hintermannschaft, die Koep gedankenschnell ausnutzte und den Ball mit dem langen Bein am überraschten Torwart vorbei ins Netz stocherte (52.). Dritte echte Torchance, drittes Tor für RWE!

Eine Vorentscheidung war damit aber immer noch nicht gefallen. Wieder war die ansonsten recht sichere Essener Innenverteidigung bei einem Eckball nicht auf Ballhöhe, so dass Plucinski die Flanke auf den Kopf von Haeder verlängern konnte, der mit dem erneuten Anschlusstreffer zum 2:3 wieder für Spannung im Spiel sorgte (56.).

Erinnerungen an das eine oder andere kuriose Spiel gegen Verl aus der jüngeren Vereinsgeschichte kamen wieder hoch, zum Beispiel an das 4:5 nach einer 3:0-Führung im Jahre 1998. Und Verl bemühte sich, den Torreigen fortzusetzen und das Spiel zu kippen: Kurz nach dem Anschlusstreffer bewahrte uns Lamczyk mit einer tollen Parade nach einem 16-Meter-Schuss vor dem nicht unverdienten Ausgleich (58.).

Ende gut - alles gutErst mit den Einwechslungen von Sawin (für den gelb-rot-gefährdeten Grummel) und Wagner (für den starken Pires-Rodrigues) hatte RWE die Offensivabteilung der Gastgeber wieder besser unter Kontrolle. Spannend blieb es dennoch bis zum Schlusspfiff, auch weil der ebenfalls eingewechselte Ellmann in der Schlussphase gleich drei Mal in aussichtsreicher Position die endgültige Entscheidung verpasste und noch so mancher Eckball in den Essener Strafraum segelte. Zwingend wurde Verl vor dem Essener Gehäuse jedoch nicht mehr. Nach 94 Minuten hatte die Zitterpartie endlich ein Ende und der zweite Auswärtssieg in Serie durfte gefeiert werden!

Wer hätte gedacht, dass uns zu Saisonbeginn ausgerechnet Effektivität und Kaltschnäuzigkeit vor dem gegnerischen Tor auszeichnen würden? Zur Zeit ist fast jeder gefährliche Schuss direkt ein Treffer. Dagegen gibt es in der Hintermannschaft noch einiges aufzuarbeiten. Zwar räumen Laletin und Rodenberg in der Luft fast alles ab, was in den 16er fliegt (und bügeln zudem noch so manchen Fehler der Außenverteidigung aus), doch bei Standardsituationen stimmen die Zuordnungen und Staffelungen noch nicht richtig. Die bisherigen vier Gegentore sind allesamt in Folge einer Standardsituation gefallen. Es bleibt also auch noch Arbeit, doch die Vorfreude auf die Pokalwoche im neuen Stadion ist durch diesen hervorragenden Saisonauftakt sicher noch weiter gesteigert worden!


Jawattdenn-Spielerbewertung

Dennis Lamczyk
Lamczyk
[2+]
Christian Telch
Telch
[3]
Michael Laletin
Laletin
[2-]
Maik Rodenberg
Rodenberg
[2]

Kevin Grund
Grund
[3+]

Stefan Grummel
Grummel
[3]
Markus Heppke
Heppke
[2-]
Kerim Avci
Avci
[2-]
Kevin Pires-Rodrigues
Pires-Rodrigues
[2]
Holger Lemke
Lemke
[3+]
Benedikt Koep
Koep
[2+]
Konstantin Sawin
Sawin
[o.B.]
Vincent Wagner
Wagner
[o.B.]
Marvin Ellmann
Ellmann
[o.B.]


SC Verl

Kampe - Kaminski,  Plucinski, Capretti, Großeschallau, Haeder (85. Reekers), Schröder, Krause (79. Kunstmann), Manstein (75. Eckert) - Brinker, Rasp

 

Rot-Weiss Essen

Lamczyk - Telch, Laletin, Rodenberg, Grund - Pires-Rodrigues (71. Wagner) - Heppke, Grummel (63. Sawin),  Avci - Koep (80. Ellmann)

 

Tore

45. Avci 0:1, 46. Kevin Pires-Rodrigues 0:2, 48. Manuel Rasp 1:2, 52. Benedikt Koep 1:3, 55. Mathias Haeder 2:3


Zuschauer

1.753

 

Schiedsrichter

Oberpfeife (Pfeifenheim)

 

Gelbe Karten

Capretti, Haeder, Schröder - Grummel, Koep, Avci


 Spieler des Spiels 3. Spieltag - Benedikt Koep