Rot-Weisse Fußballlust gegen Viktorias Null-Bock-Profis: 4:0
Wer hätte das nach dem hart erkämpften 2:1-Zittersieg im Hinspiel in Köln-Höhenberg gedacht? Die damals noch fast unschlagbar wirkende Kölner Tormaschine rund um den Ausnahmespieler Wunderlich ist nicht mehr wieder zu erkennen und seit der Winterpause zur Lachnummer der Liga mutiert. Dagegen hat die hässliche, in Hüls gesichtete RWE-Raupe eine Turbo-Metamorphose zum herrlichen Schmetterling hingelegt und die Anhänger wieder versöhnlich gestimmt. Eine tolle Stimmung wie seit langem nicht mehr begleitete in der zweiten Hälfte die fußballerische Demontage des Kölner Fusionsclubs.
Danach sah es zu Beginn des Spiels jedoch noch längst nicht aus, beide
Mannschaften neutralisierten sich weitgehend, wobei die Viktoria den
etwas stabileren Eindruck hinterließ. Gefahr von RWE ging zunächst nur von Soukou aus, wenn er auf der rechten
Seite den Turbo einschaltete und den Ball nach vorne trieb. So auch in
der 12. Minute, als er nach einem Solo aus 25 Metern abzog – abgefälscht
rollte der Ball knapp am kurzen Pfosten vorbei ins Toraus.
Auf der anderen Seite musste Schwabke in höchster Not aus kurzer Distanz gegen Candan retten (20.). Wer weiß, wie lange das Spiel noch ereignisarm dahingeplätschert wäre,
wenn die zwar erfahrenen, aber dennoch extrem nervenschwachen Kölner
sich nicht mal wieder selbst dezimiert hätten: Rechtsverteidiger
Gardawski ließ sich nach einer harmlosen Aktion erst auf eine kleine
Kopf-an-Kopf-Diskussion unter Männern mit Guirino ein, um sich
schließlich direkt vor den Augen des Schiedsrichters von seinem
Diskussionspartner mit einer Kopfnuss zu verabschieden – ein
unstrittiger Platzverweis (27.)! Zumindest in dieser Kategorie sind die
Kölner absoluter Spitzenreiter, es war allein aus den letzten fünf
Spielen die fünfte (!) Hinausstellung für einen Kölner Spieler.
Köln zog sich anschließend weit zurück. Zunächst ließ die Gäste-Abwehr
noch nicht viel zu, und auch RWE agierte noch recht plan- und
inspirationslos. Aber das änderte sich schlagartig mit dem ersten tollen
Angriff: Von Guirino ausgehend lief der Ball über Koep, der den
tödlichen Pass auf Avci spielte. Dieser blieb cool und stellte einmal
mehr seine herausragende Technik mit einem gefühlvollen Lupfer über den
herauseilenden Gillen unter Beweis – 1:0 (40.)!
Zu diesem Zeitpunkt fiel die Führung noch ein wenig aus heiterem Himmel,
aber mit diesem Tor änderte sich der Spielverlauf immens. Schon vor der
Pause hätte RWE erhöhen können, aber weder Heppke mit einem (schwach
geschossenen) direkten Freistoß (43.), noch Koep nach einer Telch-Flanke
(45.) konnten die Führung schon vor dem Pausenpfiff ausbauen.
In der zweiten Halbzeit knüpften unsere Rot-Weissen aber dort an, wo sie
aufgehört hatten und wurden direkt belohnt: Pires-Rodrigues spielte aus
dem Halbfeld einen „Zuckerpass“ auf Grund, der Gillen mit einem
platzierten Flachschuss aus zehn Metern Torentfernung keine Abwehrchance
ließ (46.).
Mit diesem 2:0 war das Spiel praktisch entschieden. Die Körpersprache
der Kölner war eindeutig, ohne weitere offensive Ambitionen zogen sich
die Kölner Profis noch weiter in die eigene Hälfte zurück, um wenigstens
eine erneute Gegentorflut zu vermeiden – aber selbst das sollte nicht
gelingen. RWE kombinierte nun nach Belieben, handballähnlich wurde der
Ball im Halbkreis um den Kölner 16er von Spieler zu Spieler
weitergeleitet, bis sich das nächste Loch im inzwischen trotz der
defensiven Ausrichtung sehr weitmaschigen Kölner Abwehrverbund auftat. Guirino entdeckte ein solches Loch als nächster und flankte auf den
völlig freistehenden Grund, der aus fünf Metern per Kopf am stark
parierenden Gillen scheiterte (53.).
Fünf Minuten später zog Avci aus 20 Metern ab, und wieder musste Gillen
in höchster Not zur Ecke klären. Aus derselben Position scheiterte
wiederum nur drei Minuten später Heppke, diesmal rauschte der Ball
jedoch ohne Gillens Mithilfe wenige Zentimeter am Pfosten vorbei (62.).
Eine der einfachsten Aufgaben meisterte Gillen aber nicht. In der 70.
Minute fasste sich Guirino aus 20 Metern halblinker Position ein Herz
und hielt einfach mal drauf, den eher verunglückten Kullerball ließ
Gillen zur großen Überraschung aller Anwesenden über die Handschuhe
hinweg ins kurze Eck hoppeln – 3:0!
Längst war es nur noch eine Frage der Siegeshöhe und zumindest noch
einmal warf RWE die Kombinationsmaschine erfolgreich an: Koep und
Soukou spielten erneut Grund im Strafraum frei, der aus fast identischer
Position wie bei seinem ersten Treffer den Endstand zum 4:0 einnetzen
konnte (77.).
In der Schlussminute hätte der eingewechselte Aydogmus den letztlich
nicht mehr verdienten Ehrentreffer für Köln erzielen können, er
versemmelte aber freistehend vor Schwabke die einzige Kölner Torchance
der zweiten Halbzeit.
Durch die gleichzeitige Niederlage von Fortuna Köln ist der Kampf um
Platz 2 wieder eröffnet. Kommende Woche kann die neu gestartete Serie
beim Tabellenvorletzten in Duisburg ausgebaut werden. Dabei wird diesen
fast abgestiegenen Gegner nach dem Hüls-Desaster sicher niemand mehr
unterschätzen. Zuvor gilt es am Mittwoch aber noch die
Pokal-Pflichtaufgabe in HöNi zu lösen.
Jawattdenn-Spielerbewertung
Schwabke [2] |
Telch [3] |
Wagner [3+] |
Denker [3+] |
|
|
Pires-Rodrigues [2-] |
Heppke [2] |
Soukou [2] |
Grund [2+] |
Avci [2+] |
|
Koep [2-] |
Nakowitsch [o.B.] |
Sawin [o.B.] |
Lemke [o.B.] |
Rot-Weiss Essen
Schwabke, Telch, Wagner, Denker, Guirino (72. Nakowitsch), Pires-Rodrigues, Heppke, Soukou, Avci (81. Lemke), Grund (79. Sawin), Koep
Viktoria Köln
Gillen, Gardawski, Tschumakow, Sinkala, David Müller, Voigt (74. Püttmann), Cozza, Wunderlich, Schlösser (60. Aydogmus), Candan, Pusic (74. Teixeira)
Tore
1:0 Avci (40.), 2:0 Grund (46.), 3:0 Guirino (70.), 4:0 Grund (77.)
Zuschauer
7.027
Schiedsrichter
Benjamin Bläser (Niederzier-Oberzier)
Gelbe Karten
Guirino (27.) - David Müller (25.), Candan (41.)
Rote Karte
Gardawski (27. Tätlichkeit)