20.04.2013

Rot-Weisse Fußballlust gegen Viktorias Null-Bock-Profis: 4:0

von Michael Jaskolla

Wer hätte das nach dem hart erkämpften 2:1-Zittersieg im Hinspiel in Köln-Höhenberg gedacht? Die damals noch fast unschlagbar wirkende Kölner Tormaschine rund um den Ausnahmespieler Wunderlich ist nicht mehr wieder zu erkennen und seit der Winterpause zur Lachnummer der Liga mutiert. Dagegen hat die hässliche, in Hüls gesichtete RWE-Raupe eine Turbo-Metamorphose zum herrlichen Schmetterling hingelegt und die Anhänger wieder versöhnlich gestimmt. Eine tolle Stimmung wie seit langem nicht mehr begleitete in der zweiten Hälfte die fußballerische Demontage des Kölner Fusionsclubs.

Danach sah es zu Beginn des Spiels jedoch noch längst nicht aus, beide Mannschaften neutralisierten sich weitgehend, wobei die Viktoria den etwas stabileren Eindruck hinterließ. Gefahr von RWE ging zunächst nur von Soukou aus, wenn er auf der rechten Seite den Turbo einschaltete und den Ball nach vorne trieb. So auch in der 12. Minute, als er nach einem Solo aus 25 Metern abzog – abgefälscht rollte der Ball knapp am kurzen Pfosten vorbei ins Toraus.

Die Stimmung der 7.000 Zuschauer an der Hafenstraße war gutAuf der anderen Seite musste Schwabke in höchster Not aus kurzer Distanz gegen Candan retten (20.). Wer weiß, wie lange das Spiel noch ereignisarm dahingeplätschert wäre, wenn die zwar erfahrenen, aber dennoch extrem nervenschwachen Kölner sich nicht mal wieder selbst dezimiert hätten: Rechtsverteidiger Gardawski ließ sich nach einer harmlosen Aktion erst auf eine kleine Kopf-an-Kopf-Diskussion unter Männern mit Guirino ein, um sich schließlich direkt vor den Augen des Schiedsrichters von seinem Diskussionspartner mit einer Kopfnuss zu verabschieden – ein unstrittiger Platzverweis (27.)! Zumindest in dieser Kategorie sind die Kölner absoluter Spitzenreiter, es war allein aus den letzten fünf Spielen die fünfte (!) Hinausstellung für einen Kölner Spieler.

Köln zog sich anschließend weit zurück. Zunächst ließ die Gäste-Abwehr noch nicht viel zu, und auch RWE agierte noch recht plan- und inspirationslos. Aber das änderte sich schlagartig mit dem ersten tollen Angriff: Von Guirino ausgehend lief der Ball über Koep, der den tödlichen Pass auf Avci spielte. Dieser blieb cool und stellte einmal mehr seine herausragende Technik mit einem gefühlvollen Lupfer über den herauseilenden Gillen unter Beweis – 1:0 (40.)!

Zu diesem Zeitpunkt fiel die Führung noch ein wenig aus heiterem Himmel, aber mit diesem Tor änderte sich der Spielverlauf immens. Schon vor der Pause hätte RWE erhöhen können, aber weder Heppke mit einem (schwach geschossenen) direkten Freistoß (43.), noch Koep nach einer Telch-Flanke (45.) konnten die Führung schon vor dem Pausenpfiff ausbauen.

In der zweiten Halbzeit knüpften unsere Rot-Weissen aber dort an, wo sie aufgehört hatten und wurden direkt belohnt: Pires-Rodrigues spielte aus dem Halbfeld einen „Zuckerpass“ auf Grund, der Gillen mit einem platzierten Flachschuss aus zehn Metern Torentfernung keine Abwehrchance ließ (46.).

Hitzige Gefechte und eine rote Karte - wie im HinspielMit diesem 2:0 war das Spiel praktisch entschieden. Die Körpersprache der Kölner war eindeutig, ohne weitere offensive Ambitionen zogen sich die Kölner Profis noch weiter in die eigene Hälfte zurück, um wenigstens eine erneute Gegentorflut zu vermeiden – aber selbst das sollte nicht gelingen. RWE kombinierte nun nach Belieben, handballähnlich wurde der Ball im Halbkreis um den Kölner 16er von Spieler zu Spieler weitergeleitet, bis sich das nächste Loch im inzwischen trotz der defensiven Ausrichtung sehr weitmaschigen Kölner Abwehrverbund auftat. Guirino entdeckte ein solches Loch als nächster und flankte auf den völlig freistehenden Grund, der aus fünf Metern per Kopf am stark parierenden Gillen scheiterte (53.).

Fünf Minuten später zog Avci aus 20 Metern ab, und wieder musste Gillen in höchster Not zur Ecke klären. Aus derselben Position scheiterte wiederum nur drei Minuten später Heppke, diesmal rauschte der Ball jedoch ohne Gillens Mithilfe wenige Zentimeter am Pfosten vorbei (62.). Eine der einfachsten Aufgaben meisterte Gillen aber nicht. In der 70. Minute fasste sich Guirino aus 20 Metern halblinker Position ein Herz und hielt einfach mal drauf, den eher verunglückten Kullerball ließ Gillen zur großen Überraschung aller Anwesenden über die Handschuhe hinweg ins kurze Eck hoppeln – 3:0!

Längst war es nur noch eine Frage der Siegeshöhe und zumindest noch einmal warf RWE die Kombinationsmaschine erfolgreich an: Koep und Soukou spielten erneut Grund im Strafraum frei, der aus fast identischer Position wie bei seinem ersten Treffer den Endstand zum 4:0 einnetzen konnte (77.).
In der Schlussminute hätte der eingewechselte Aydogmus den letztlich nicht mehr verdienten Ehrentreffer für Köln erzielen können, er versemmelte aber freistehend vor Schwabke die einzige Kölner Torchance der zweiten Halbzeit.

Durch die gleichzeitige Niederlage von Fortuna Köln ist der Kampf um Platz 2 wieder eröffnet. Kommende Woche kann die neu gestartete Serie beim Tabellenvorletzten in Duisburg ausgebaut werden. Dabei wird diesen fast abgestiegenen Gegner nach dem Hüls-Desaster sicher niemand mehr unterschätzen. Zuvor gilt es am Mittwoch aber noch die Pokal-Pflichtaufgabe in HöNi zu lösen.


Jawattdenn-Spielerbewertung

Daniel Schwabke
Schwabke
[2]
Christian Telch
Telch
[3]
Vincent Wagner
Wagner
[3+]
Thomas Denker
Denker
[3+]

Roberto Guirino
Guirino
[2]

Kevin Pires-Rodrigues
Pires-Rodrigues
[2-]
Markus Heppke
Heppke
[2]
Cebio Soukou
Soukou
[2]
Kevin Grund
Grund
[2+]
Kerim Avci
Avci
[2+]
Benedikt Koep
Koep
[2-]
Kai Nakowitsch
Nakowitsch
[o.B.] 
Konstantin Sawin
Sawin
[o.B.]
Holger Lemke
Lemke
[o.B.]


Rot-Weiss Essen

Schwabke, Telch, Wagner, Denker, Guirino (72. Nakowitsch), Pires-Rodrigues, Heppke, Soukou, Avci (81. Lemke), Grund (79. Sawin), Koep

 

Viktoria Köln

Gillen, Gardawski, Tschumakow, Sinkala, David Müller, Voigt (74. Püttmann), Cozza, Wunderlich, Schlösser (60. Aydogmus), Candan, Pusic (74. Teixeira)

 

Tore

1:0 Avci (40.), 2:0 Grund (46.), 3:0 Guirino (70.), 4:0 Grund (77.)

 

Zuschauer

7.027

 

Schiedsrichter

Benjamin Bläser (Niederzier-Oberzier)

 

Gelbe Karten

Guirino (27.) - David Müller (25.), Candan (41.)

 

Rote Karte

Gardawski (27. Tätlichkeit)


 Spieler des Spiels 32. Spieltag - Kevin Grund