Als Gast auf der Avci-Gala
Endlich wieder Fußball an der Hafenstraße! So lautete das Motto vor dem Spiel gegen Bergisch-Gladbach. Die außerordentlich schlechte Wettersituation im Februar sorgte für eine einmonatige Spielpause bei den Rot-Weissen, die auch nicht wirklich ordentlich auf den Plätzen trainieren konnten. Nach dem Wasserballspiel gegen Verl stand die Frage im Raum, wie RWE nach dieser bescheidenen Zeit in Form sein wird und ob der Anschluss an den ersten Platz wieder hergestellt werden kann.
Mit
Bergisch-Gladbach erschien eine vermeintlich dankbare Aufgabe,
schließlich befand sich der Aufsteiger auf dem drittletzten
Tabellenplatz der Liga. Doch schon das Hinspiel wurde nach einer
grottenschlechten Leistung mit 2:1 verloren, es galt auch diese
Niederlage wieder wett zu machen. Leider wurden zum ersten Mal in der
Saison Lücken in den Zuschauerrängen deutlich, vor allem auf dem
derzeitigen Stehbereich gab es allerhand freie Plätze. Nichtsdestotrotz
erwarteten die Fans nach so einer langen Pause einen Sieg von ihren
Jungs.
Die Jungs von der Hafenstraße begannen den Spielfrust der letzten Wochen
mit guten Offensivaktionen abzubauen. Schon nach drei Minuten entstand völlige
Verwirrung im Gladbacher Strafraum, doch Avci konnte den viel zu kurz
geklärten Ball nicht in das gegnerischen Tor unterbringen. Die Gäste
versteckten sich danach nicht, aber alle Zuschauer hatten von Beginn an
das Gefühl das die rot-weissen Kicker zeigen wollten, wer hier Herr im
Hause ist. In der siebten Minute landete ein guter Abschlag von Bonmann
auf Avci, der nach einer tollen Einzelleistung den Ball zielsicher zum 1:0 einnetzen konnte. Zum ersten Mal im Jahre 2013 durfte ein
Treffer im Stadion Essen bejubelt werden.
Doch dann wiederholten sich die Bilder von vorherigen Spielen dieser
Saison. Die Essener nutzten den Schwung der frühen Führung nicht und
zogen sich merklich zurück. Völlig unverständlich gab man das Spiel an
die Gladbacher ab, bei denen sich die Essener Angst vor der eigenen
Spielstärke anscheinend bis ins Bergische Land herumgesprochen hatte.
Nach einer Halbchance der Gäste in der 12. Minute, in der Shabani einen
etwas lauen Schuss auf Bonmann abgab, hätte Schimalov die Möglichkeit
gehabt aus kurzer Distanz nur noch einschieben brauchen, doch das
Zuspiel war etwas ungenau. Die größte Gefahr bot aber eine Doppelchance
für den Aufsteiger: In der 22. Minute konnte Bonmann erst gegen Wermes
zur Ecke klären, danach wurde diese Ecke auf Maouel verlängert und
dieser ließ den Kopfball an das Lattenkreuz knallen. Das hätte es sein
müssen!
Nur sechs Minuten später waren die Gladbacher zum Entsetzen der knapp über 7100 Zuschauer erfolgreicher. Ein toller Konter wird nach einem Lauf von
Eckert durch Schimalov abgeschlossen, der einen Querpass durch den
Sechzehnmeterraum nur noch vollenden musste. Es war zum Haare raufen:
RWE war das spielerisch deutlich bessere Team, aber wieder einmal gab
man einem Gegner das Selbstvertrauen durch eine pomadige Spielweise
zurück. Nach dem Ausgleichstreffer wirkten die Kicker der Hafenstraße
verunsichert, das Spiel wurde insgesamt ruppiger. Dies lag auch an der
seltsamen Linie des Schiedsrichters Stefan Glasmacher, der in jeder kleinen Situation ein
Foul erkannte und bei größeren Vergehen den Karton stecken ließ. So
hätte Pires-Rodriques nach einer Aktion im Mittelfeld, aus meiner
Position aus gesehen, nach einem offensichtlichen Schlag mit dem Ellbogen
rot sehen müssen, doch der Schiedsrichter beließ es bei einer
Ermahnung.
Essen war bemüht den Weg nach vorne zu suchen. Bis zum generischen Strafraum sah
das alles auch gut aus, doch dann fehlte die letzte Konsequenz.
Irgendwann hatte Avci in der 35. Minute wahrscheinlich genug von dem
Grummeln auf der Tribüne, nahm den Ball ca. 25 Metern von der rechten
Position mit der Brust auf und knallte die Pille volley in das linke
obere Eck – Ein absoluter Kandidat für das Tor des Monats! Und dieses
Tor hatte eine große Signalwirkung. RWE wurde wieder besser und
erarbeitete sich gute Standardsituationen vor dem Gladbacher Tor. Leider
wurde ein Freistoß nach einem sehr üblen Foul an Max Dombrowka gegeben,
der daraufhin nicht mehr an der zweiten Halbzeit teilnehmen konnte.
Keine Frage, noch einmal wollten die Essener nicht wieder das Zepter
nicht mehr aus der Hand geben. Das glückliche Geschenk der erneuten
Führung wollte Pires-Rodrigues vergolden, doch sein guter
Flatter-Freistoß wurde kurz nach Wiederanpfiff von Torwart Forsbach über
die Latte gelenkt. Es ging weiter nach vorne, über das Drehkreuz von
Stürmer Koep und den zweifachen Torschützen Avci rollte die
Angriffswelle unaufhaltsam auf das Tor der Gäste zu. Eine Balleroberung
von Koep landete bei Guirino, der in der 56. Minute in den Strafraum
sprintete und den Ball vor das Tor legte. Mit aller Gewalt rauschte
trotz numerischer Überzahl der Verteidiger Soukou herein und drückte
den Ball über die Linie zum 3:1. Kein Tor hat den Willen der Essener zum
Sieg besser symbolisiert als dieses Powertor des Ex-Bochumers, der
einmal mehr seine gute Form unterstrich.
Anschließend begann RWE die Führung zu verwalten ohne die Zügel locker
zu lassen. Ein weiterer Treffer lag noch in der Luft. Und wer anders
sollte den letzten Treffer erzielen als der überragende Avci. Wie beim
dritten Treffer legte Guirino für den Torschützen in der 78. Minute auf,
doch anders als bei den Toren zuvor war Avci mit dem Kopf zur Stelle –
Es klappte heute einfach alles bei dem Essener Mittelfeldspieler. Danach
war die Messe endgültig gelesen, nur noch der eingewechselte Holger
Lemke verpasste es noch sich vier Minuten vor Ende der Partie sich in die
Torschützenliste einzutragen. Nach einem ansehnlichen Konter waren
gleich drei Essener frei vor dem Tor, Lemke entschied sich für einen
Hebversuch über den Torwart – und scheiterte leider kläglich. Dies
änderte aber nichts an dem sehr deutlichen Sieg der Hausherren über den
Aufsteiger.
Diesen Sieg haben sich die Essener absolut verdient und ist aus meiner
Sicht auch in dieser Höhe gerechtfertigt. Allerdings ist diese
unglaubliche Schwächeperiode nach einer Führung vor allem zu Hause
unerklärlich und äußerst gefährlich. Trotz des mutigen Auftretens der
Gäste, die auch durchaus gefällig nach vorne spielen konnten, war der
Aufsteiger spielerisch klar unterlegen. Stärkere Teams nutzen so eine
Phase gnadenlos aus. Doch das Positive überwiegt: Endlich einmal wieder
ein deutlicher Sieg vor eigenem Haus ohne Zittern in der 2. Halbzeit,
zudem ist das Mittelfeld um den überragenden Avci ein absolutes
Prunkstück in der Liga. Selbst Ausfälle z. B. von Kapitän Heppke können
besser kompensiert werden als noch in der vergangenen Saison. Das macht
Mut vor den großen Aufgaben in der Rückrunde, denn die beiden Kölner
Teams, der Wuppertaler SV und die Sportfreunde Siegen sind noch Gäste an
der Hafenstraße. Kein RWE-Fan muss aber Angst haben, dass diese Jungs
diese Aufgaben nicht meistern können.
Jawattdenn-Spielerbewertung
Bonmann [2] |
Dombrowka [3] |
Wagner [2] |
Laletin [3] |
|
|
Grummel [3] |
Pires-Rodrigues [3+] |
Avci [1] |
Grund [3+] |
Soukou [2+] |
|
Koep [3+] |
Telch [3] |
Lemke [o.B.] |
Ellmann [o.B.] |
Rot-Weiss Essen
Bonmann - Dombrowka (46. Telch), Wagner, Laletin, Guirino - Grummel, Pires-Rodrigues, Avci, Grund (75. Lemke), Soukou - Koep (79. Ellmann)
Bergisch-Gladbach
Forsbach - Windmüller, Retterath, Heinen, Zinken - Wernscheid (46. Chitsulo), Schilamow, Shabani (46. Sezer), Wermes, Maouel (68. Sanli) - R. Eckert
Tore
1:0 K. Avci (7.), 1:1 Schilamow (27.), 2:1 K. Avci (35.), 3:1 Soukou (58.), 4:1 K. Avci (78.)
Zuschauer
7.112
Schiedsrichter
Stefan Glasmacher (Alsdorf)
Gelbe Karten
Guirino, Grummel, Pires-Rodrigues, Koep - Windmüller, Zinken