Alles wie immer, nur anders herum…
Wie mussten wir in der 90. Minute in den letzten Jahren leiden. In gefühlten einhundert Spielen kassierten die Rot-Weissen in den letzten Jahren kurz vor Abpfiff noch entscheidende Gegentore. Ob der doppelte Lukas Podolski 04/05, die gesamte Zweitligaspielzeit 06/07 mit dem Gegentor im letzten Heimspiel gegen Burghausen aus 35 Metern als Krönung, das 1:1 in der 94. Minute im Heimspiel gegen Münster… die Liste lässt sich fast beliebig fortsetzen. Und heute war es wieder einmal soweit: ein unerwartetes Tor in der allerletzten Spielminute sorgte für ein überraschendes Ende. Nur diesmal durften die Richtigen jubeln.
Vor dem Spiel war die Marschroute klar: Ein Sieg sollte her. Die zweite
Mannschaft des „Effzeh“ steckte ebenso wie die erste in einer handfesten
Krise. Nach sehr guten Ergebnissen in den letzten Jahren reiste die U21
mit nur zwei Punkten und drei Toren aus fünf Spielen nach Essen. Doch
aus der Vergangenheit wussten die Essener Verantwortlichen, dass gerade
der Unterbau von Profimannschaften in der Regel über herausragende
Kicker verfügt. Gerade diese Qualität schwächte die Mannschaft von Coach
Dirk Lottner zur neuen Saison stark, einige Stammspieler wurden zu den
Profis befördert und stehen nun nicht mehr zur Verfügung.
Mit zwei Änderungen schickte Waldemar Wrobel seine Jungs ins Spiel. Für
Max Dombrowka spielte Christian Telch, Cebiou Soukou ersetzte Kevin Pires-Rodrigues. Rot-Weiss Essen versuchte von Beginn an, die Kontrolle zu
übernehmen, die spielstarken Kölner hielten allerdings gut dagegen. So
kam der Gastgeber zwar zu einigen Torchancen, diese entstanden aber eher
zufällig. In den entscheidenden Szenen fehlte wie in den letzten
Spielen schon einige Male die finale Aktion. Die schwarz gekleideten
Gäste waren mehr im Ballbesitz und kamen auch zu einigen
Offensivaktionen. Für Aufregung sorgte nur der rechte Verteidiger mit
der Rückennummer 22, der sich auf der Rahntribüne durch sein
schauspielerisches Talent nicht wenige Feinde machte und anschließend
stark verunsichert zur Halbzeit ausgewechselt wurde.
Waren die Rot-Weissen vor der Pause noch etwas stärker geworden,
agierten die Kölner nach dem Seitenwechsel deutlich verbessert. Genau in
dieser Drangphase schlug Marvin Ellmann zu. Nach einer maßgenauen
Flanke von Kevin Grund und Kopfballablage seines Sturmpartners Benedikt
Koep war der Ex-Oberhausener zur Stelle und schob den Ball über die
Linie. Mit der Führung im Rücken spielten die Essener nun etwas
selbstbewusster, doch mit langen Pässen in die Spitze konnten die
wendigen Offensivspieler des Gastes die langen und entsprechend etwas
hüftsteif wirkenden Michael Laletin und Mike Rodenberg einige Male in
Verlegenheit bringen.
Ein solcher schnell gespielter Ball sorgte auch für den Ausgleich, kurz
nachdem Holger Lemke mit einem Kopfball (!) den Querbalken im neuen
Stadion getestet hatte. Umgeben von mehreren Abwehrspielern lief Lucas
Musculus auf das Gehäuse zu, Dennis Lamczyk kam etwas übermotiviert und
ohne Chance auf den Ball aus seinem Tor, und der abgezockte Stürmer
legte das Leder nach 70 Zeigerumdrehungen trocken an der Essener Nummer
Eins vorbei. In der Folge drückte RWE, angetrieben von einer wieder
einmal lautstarken Kulisse und mit den eingewechselten Lemke und
Pires-Rodrigues auf das zweite Tor, stets jedoch mit der Gefahr, in
einen bösen Konter zu laufen. Und während vorne einfach keine ganz
klaren Chancen mehr entstanden und stattdessen einige Mal in strittigen
Situationen auf Abseits entschieden wurde, drehte der Minutenzeiger
unaufhörlich weiter seine Runden.
In der 90. Minuten bekam RWE dann noch einmal einen Freistoß
zugesprochen. Markus Heppke, mit seinen Freistößen in der ersten
Halbzeit eher unglücklich, brachte den Ball in den Strafraum, und der
wenige Minuten vorher eingewechselte Konstantin Sawin bekam sträflich
viel Freiraum, um den Ball in die Maschen zu köpfen. Der Rest war Jubel
in rot und weiß! Wenige Spielsekunden später pfiff der Schiedsrichter
ab, und der dritte Heimsieg in Serie war perfekt.
Sehr erleichtert und fast schon überrascht nahmen Fans, Spieler und
Verantwortliche die nächsten drei Punkte zur Kenntnis. In den letzten
drei Spielen, allesamt zu Hause, konnte man spielerisch nie voll
überzeugen, fuhr aber immer volle Punkteausbeute ein, immer mit genau
einem Tor Unterschied. Pessimisten sagen, RWE hat schon gegen die
schwächeren Teams Probleme und kann mit den ganz starken Mannschaften
auf keinen Fall mithalten; Optimisten sagen, wer selbst die schwachen
Spiele gewinnt, kann am Ende ganz viel erreichen. Die Wahrheit liegt,
wie wohl fast immer im Fußball, irgendwo in der Mitte. Eine Prognose
möchten wir an dieser Stelle nicht wagen, aber zur Gegenwart kann man
sagen: Es macht Spaß! Ein neues Stadion, eine Mannschaft, die nicht nur
Fußball spielt, sondern auch Fußball kämpft, und auch im neuen Stadion
herrscht die gleiche Stimmung auf den Rängen wie im alten
Georg-Melches-Stadion. Macht also so weiter, Jungs! Und wenn ihr die
entscheidenden Tore etwas früher als in der letzten Minute macht, nimmt
euch das auch keiner übel!
Jawattdenn-Spielerbewertung (folgen)
Lamczyk [3] |
Guirino [2] |
Laletin [2-] |
Rodenberg [2-] |
|
|
Soukou [3] |
Heppke [2-] |
Avci [3] |
Grund [3] |
Ellmann [3+] |
|
Koep [3+] |
Lemke [3-] |
Pires-Rodrigues [o.B.] |
Sawin [o.B.] |
Rot-Weiss Essen
Lamczyk - Telch, Laletin, Rodenberg, Guirino - Soukou (56. Lemke), Heppke, Avci, Grund (72. Pires-Rodrigues) - Ellmann (76. Sawin), Koep
1. FC Köln II
Schuhen - Vaaßen (89. Schwarz), Kübler (46. Basala Mazana), Schorch, Spinrath - Thelen, Akbari - Nikolaou, Aosman, La Monica (73. Mehinovic) - Musculus
Tore
1:0 Ellmann (58.), 1:1 Musculus (70.), 2:1 Sawin (90.)
Zuschauer
8.090
Schiedsrichter
Sascha Stegemann
Gelbe Karten
Avci, Koep - Akbari