Ein halber Bierdeckel
Vor vielen Jahren hatte Friedrich Merz die Wahlkampfidee, die Steuererklärung so zu vereinfachen, dass man sie auf einem Bierdeckel schreiben könnte. Er konnte sich nicht durchsetzen und der Bierdeckel wird zum Problem, denn die außergewöhnlichen Spielsituationen aus dem Duell gegen Duisburg II brauchen nicht einmal so viel Raum. Ein halber Bierdeckel reicht völlig aus, um alle Notizen unterzubringen und daraus soll nun ein ganzer Bericht entstehen.
Nach der bitteren Niederlage auf dem Acker von Hönnepel-Niedermörmter
stellte Waldemar Wrobel die Startelf um. Benedikt Koep startete wieder
von Beginn an. Vincent Wagner fiel kurzfristig aus und trotzdem fand
sich Thomas Denker auf der Bank wieder. Neben Maik Rodenberg verteidigte
Kai Nakowitsch und bereits an dieser Stelle kann man sagen, dass er
seine Sache sehr gut gemacht hat.
Die Essener Anhänger fanden sich auf dem Oberrang der MSV-Arena wieder
und legten von Beginn an gut los. Als die MSV-Hymne angekündigt wurde,
hörte man ausschließlich Rot-Weiss-Essen-Rufe durch das Rund gellen. Das
Spiel fing hingegen überhaupt nicht an. Beide Teams spielten völlig
ohne jegliche Kreativität und Spielwitz, ein Spiel, das der Floskel nach
nur für Taktikfreunde interessant war. Es gab in der ersten Halbzeit
keine (!) Torchance. Das Problem für die Rot-Weissen war jedoch, dass
Duisburg kurz vor der Pause die Einladung von Essener Seite annahm. Eren
Taskin musste den Ball lediglich nach einer starken Abwehr von Daniel
Schwabke unbedrängt ins leere Tor treten.
So konnte es nicht weitergehen. Man fragte sich zwar auch, wie der MSV
ernsthaft mit dieser Leistung den Abstiegskampf aufnehmen will, für
RWE reichte es in der ersten Halbzeit. Waldemar Wrobel dürfte
dementsprechend bedient gewesen sein und so kam das Team nach kurzer
Ansprache wieder auf den Platz zurück.
Die Ansprache schien zunächst gefruchtet zu haben, denn Kerim Avci kam
zur ersten halben RWE-Chance, mit der der Duisburger Keeper jedoch
keinerlei Problem hatte. Aber RWE nahm endlich Fahrt auf. Leider nur bis
zur 55. Minute als Athanasios Tsourakis den Endstand von 2:0 erzielte.
Von da an zerfiel das Team vollends und zeigte bis zum Abpfiff keine
Gegenwehr.
Das Publikum ließ sich jedoch nicht ärgern und jetzt begann der
spannendste Teil dieses Spiels. Es wurden alle Gassenhauer der letzten
20 Jahre intoniert. Christian Dondera wurde geehrt und allesamt
bekräftigten, dass der Deutsche Meister in diesem Jahr nur aus Essen
kommen kann. Nachdem die Pläne für das Jahr 2010 noch einmal aufgewärmt
wurden, kam es zum Höhepunkt als der Großteil des Blocks „Auf der Straße
nach Berlin“ anstimmte, ein brachial-pubertäres Stück Liedgut.
Danach war das Spiel beinahe vorbei. Konstantin Sawin vergab noch eine
letzte Möglichkeit und das Spiel war vorbei. Es gab ein kurzes
Pfeifkonzert, das durchaus angemessen war. Jeder hat Verständnis dafür,
wenn eine Mannschaft nicht in jedem Spiel einhundert Prozent ihrer
Leistung abrufen kann. Nun ist diese Leistung kein Einzelfall, sondern
ist angesichts der ernüchternden Ergebnisse gegen Kray, Hö-Nie, und Hüls
Programm. Diese blutleeren Auftritte erinnern fatal an die Spiele der
Strunz-Ära und dieser Eindruck sollte tunlichst vermieden werden, da man
es endlich geschafft hat, Mannschaft und Fans wieder so eng
zusammenrücken zu lassen.
RWE spielt momentan seine beste Saison seit fünf Jahren und es sieht
momentan so aus, als würde diese positive Entwicklung im Endspurt noch
zerstört. Der Trainer hat klare Aussagen getroffen, wie die sportliche
Leitung nach wiederholten Einstellungsproblemen reagieren wird und auch
gegenüber den verbliebenen Zuschauern, die sich die Restsaison ansehen,
sollte sich jeder einzelne hinterfragen. Spätestens am kommenden Samstag
gegen Mönchengladbach II sollte eine Reaktion klar ersichtlich werden,
um eine gute Saison zu retten.
Jawattdenn-Spielerbewertung (folgt)
Schwabke [3+] |
Telch [4] |
Rodenberg [3] |
Nakowitsch [3+] |
|
|
Grummel [4] |
Pires-Rodrigues [4+] |
Avci [4] |
Grund [4+] |
Soukou [3] |
|
Koep [4+] |
Lemke [4] |
Sawin [o.B.] |
Ellmann [o.B.] |
MSV Duisburg II
Marcel Lenz, Akarca, Lachheb, Henne, Berberovic, Gjasula, Taskin, Reinert, da Silva (89. Ismail Öztürk), Goralski (78. Kalski), Tsourakis (71. Ficara)
Rot-Weiss Essen
Schwabke, Telch (46. Holger Lemke), Rodenberg, Nakowitsch, Guirino, Pires-Rodrigues, Grummel (67. Sawin), Grund, Soukou, Koep (73. Ellmann), Avci
Tore
1:0 Taskin (44.), 2:0 Tsourakis (55.)
Zuschauer
1.031
Schiedsrichter
Felix Schmitz (Xanten)
Gelbe Karten
Tsourakis (39.), Kalski (89.) - Avci (83.), Soukou (87.)