28.04.2013

Ein halber Bierdeckel

von Hendrik Stürznickel

Vor vielen Jahren hatte Friedrich Merz die Wahlkampfidee, die Steuererklärung so zu vereinfachen, dass man sie auf einem Bierdeckel schreiben könnte. Er konnte sich nicht durchsetzen und der Bierdeckel wird zum Problem, denn die außergewöhnlichen Spielsituationen aus dem Duell gegen Duisburg II brauchen nicht einmal so viel Raum. Ein halber Bierdeckel reicht völlig aus, um alle Notizen unterzubringen und daraus soll nun ein ganzer Bericht entstehen.

Knapp 700 Essener sorgten für gute Stimmung auf den RängenNach der bitteren Niederlage auf dem Acker von Hönnepel-Niedermörmter stellte Waldemar Wrobel die Startelf um. Benedikt Koep startete wieder von Beginn an. Vincent Wagner fiel kurzfristig aus und trotzdem fand sich Thomas Denker auf der Bank wieder. Neben Maik Rodenberg verteidigte Kai Nakowitsch und bereits an dieser Stelle kann man sagen, dass er seine Sache sehr gut gemacht hat.

Die Essener Anhänger fanden sich auf dem Oberrang der MSV-Arena wieder und legten von Beginn an gut los. Als die MSV-Hymne angekündigt wurde, hörte man ausschließlich Rot-Weiss-Essen-Rufe durch das Rund gellen. Das Spiel fing hingegen überhaupt nicht an. Beide Teams spielten völlig ohne jegliche Kreativität und Spielwitz, ein Spiel, das der Floskel nach nur für Taktikfreunde interessant war. Es gab in der ersten Halbzeit keine (!) Torchance. Das Problem für die Rot-Weissen war jedoch, dass Duisburg kurz vor der Pause die Einladung von Essener Seite annahm. Eren Taskin musste den Ball lediglich nach einer starken Abwehr von Daniel Schwabke unbedrängt ins leere Tor treten.

So konnte es nicht weitergehen. Man fragte sich zwar auch, wie der MSV ernsthaft mit dieser Leistung den Abstiegskampf aufnehmen will, für RWE reichte es in der ersten Halbzeit. Waldemar Wrobel dürfte dementsprechend bedient gewesen sein und so kam das Team nach kurzer Ansprache wieder auf den Platz zurück.

Die Ansprache schien zunächst gefruchtet zu haben, denn Kerim Avci kam zur ersten halben RWE-Chance, mit der der Duisburger Keeper jedoch keinerlei Problem hatte. Aber RWE nahm endlich Fahrt auf. Leider nur bis zur 55. Minute als Athanasios Tsourakis den Endstand von 2:0 erzielte. Von da an zerfiel das Team vollends und zeigte bis zum Abpfiff keine Gegenwehr.

Versuch des Aufrüttelns - ohne ErfolgDas Publikum ließ sich jedoch nicht ärgern und jetzt begann der spannendste Teil dieses Spiels. Es wurden alle Gassenhauer der letzten 20 Jahre intoniert. Christian Dondera wurde geehrt und allesamt bekräftigten, dass der Deutsche Meister in diesem Jahr nur aus Essen kommen kann. Nachdem die Pläne für das Jahr 2010 noch einmal aufgewärmt wurden, kam es zum Höhepunkt als der Großteil des Blocks „Auf der Straße nach Berlin“ anstimmte, ein brachial-pubertäres Stück Liedgut.

Danach war das Spiel beinahe vorbei. Konstantin Sawin vergab noch eine letzte Möglichkeit und das Spiel war vorbei. Es gab ein kurzes Pfeifkonzert, das durchaus angemessen war. Jeder hat Verständnis dafür, wenn eine Mannschaft nicht in jedem Spiel einhundert Prozent ihrer Leistung abrufen kann. Nun ist diese Leistung kein Einzelfall, sondern ist angesichts der ernüchternden Ergebnisse gegen Kray, Hö-Nie, und Hüls Programm. Diese blutleeren Auftritte erinnern fatal an die Spiele der Strunz-Ära und dieser Eindruck sollte tunlichst vermieden werden, da man es endlich geschafft hat, Mannschaft und Fans wieder so eng zusammenrücken zu lassen.

RWE spielt momentan seine beste Saison seit fünf Jahren und es sieht momentan so aus, als würde diese positive Entwicklung im Endspurt noch zerstört. Der Trainer hat klare Aussagen getroffen, wie die sportliche Leitung nach wiederholten Einstellungsproblemen reagieren wird und auch gegenüber den verbliebenen Zuschauern, die sich die Restsaison ansehen, sollte sich jeder einzelne hinterfragen. Spätestens am kommenden Samstag gegen Mönchengladbach II sollte eine Reaktion klar ersichtlich werden, um eine gute Saison zu retten.


Jawattdenn-Spielerbewertung (folgt)

Daniel Schwabke
Schwabke
[3+]
Christian Telch
Telch
[4]
Maik Rodenberg
Rodenberg
[3]
Kai Nakowitsch
Nakowitsch
[3+]

Roberto Guirino
Guirino
[4+]

Stefan Grummel
Grummel
[4]
Kevin Pires-Rodrigues
Pires-Rodrigues
[4+]
Kerim Avci
Avci
[4]
Kevin Grund
Grund
[4+]
Cebio Soukou
Soukou
[3]
Benedikt Koep
Koep
[4+]
Holger Lemke
Lemke
[4]
Konstantin Sawin
Sawin
[o.B.]
Marvin Ellmann
Ellmann
[o.B.]


MSV Duisburg II

Marcel Lenz, Akarca, Lachheb, Henne, Berberovic, Gjasula, Taskin, Reinert, da Silva (89. Ismail Öztürk), Goralski (78. Kalski), Tsourakis (71. Ficara)

 

Rot-Weiss Essen

Schwabke, Telch (46. Holger Lemke), Rodenberg, Nakowitsch, Guirino, Pires-Rodrigues, Grummel (67. Sawin), Grund, Soukou, Koep (73. Ellmann), Avci

 

Tore

1:0 Taskin (44.), 2:0 Tsourakis (55.)

 

Zuschauer

1.031

 

Schiedsrichter

Felix Schmitz (Xanten)

 

Gelbe Karten

Tsourakis (39.), Kalski (89.) - Avci (83.), Soukou (87.)

 


 Spieler des Spiels 33. Spieltag - Kai Nakowitsch