16.03.2013

Im Schatten der Tribüne - Tiki Taka, Taka Tuka, Tick,Trick & Track

von Uwe Strootmann

Es ging alles sehr ruhig zu, rund um die Hafenstraße, anderthalb Stunden vor Anpfiff. Der Strom der Fans teilt sich in diesen Tagen noch vor der alten Osttribüne auf, anstatt sich wie früher auf dem Platz davor zu versammeln. Auch der sporadisch anwesende Getränkewagen zum Wohle aller Nostalgiker macht bei diesen Temperaturen nicht wirklich Sinn.

Und so kommt der Fan erst kurz vor dem Anpfiff hinter dem Ofen hervor, um sich von der Mannschaft seines Vertrauens erwärmen zu lassen. Oder hat abgewartet, ob das Spiel denn auch nun wirklich stattfinden wird. Es fand statt, und fragen Sie nicht nach Sonnenschein: Rot-Weiss Essen hat das heutige Spiel gegen die Zweitvertretung aus Leverkusen mit 4:0 gewonnen. Zwar wurden auch gegen Bergisch-Gladbach schon vier Tore erzielt, aber das Spiel hier und heute, also gestern, brachte einen Hauch Fußballglanz in das neue Stadion.
Mit Anpfiff lief der Ball dermaßen flüssig durch die Reihen der Essener, "Magen-Darm" ist nichts dagegen. Eine frühe Führung nach neun Minuten wurde nicht verwaltet und nachlässig verschenkt, sondern nur zwei Minuten später ausgebaut. Schöne Tore dazu. Kamen dann die Leverkusener vor das Tor des RWE, zeigte sich der eigene Torwart als souverän, wurde sich ebenso aus der Situation befreit. Kein Langholz nach vorne, abgesehen von einer wüst in den Himmel gedroschenen Kerze in der zweiten Halbzeit, sondern gepflegtes Kurzpassspiel und im Anschluss sofort der intelligente Pass auf die anspielbereiten Spieler auf den Außenbahnen.

Das sah richtig gut aus und stellte den Fernsehfußball dieser Woche in den Schatten. Mit wohlwollenden Applaus wurden die Spieler in die Kabine verabschiedet und einige neue Kapitäne der Hafenstraße begrüßt. Mit Anpfiff der zweiten Halbzeit begann dann das spielerische Spektakel der Rot-Weissen erst so richtig. Kritiker erwähnen an dieser Stelle gerne auch die Schwächen des Gegners. Gut, konstatieren wir den Spielern aus Leverkusen durchaus einen gebrauchten Abend und heben deren Torwart dafür umso mehr hervor. Trotzdem bedarf es aber auch dann eines Gegners, der daraus Kapital zu schlagen vermag. 

Und das tat der RWE in Form zweier weiterer Tore. Hinzu kamen ein verschossener Elfmeter, nebst einiger weiterer Chancen, vereitelt durch erwähnten Gästekeeper. Das ganze in einer Leichtigkeit, die nicht nur das Publikum derart verzückte, so dass es schon in der 70. Minute den "Schrecken vom Niederrhein" forderte und bekam, sondern auch sonst lautstark die Deutsche Meisterschaft, den Europapokal, das eigene asoziale Dasein und die Farben der Stadt feierte. 

Das neue Oberhaupt der katholischen Kirche fand übrigens keinerlei Erwähnung. Wir sind eben nicht Mainstream. Vier Tore, zudem ein Auftritt, welcher Hoffnung macht auf weitere spannende Wochen. Ein Auftritt, der gezeigt hat, dass es nicht lohnt, über Rasen und Verletzte zu klagen, sondern dass es eben diejenigen zu spielen haben, die auf dem Platz stehen. Heute wurde Fußball gespielt. Und ein kleines Fünkchen Hoffnung neu erweckt, welches durch Verl schon erloschen schien. Danke für diesen tollen Fußball, das glaubt einem doch wieder keiner.

 


Uwe Strootmann schreibt seit Jahren über unseren RWE in seinem Blog "Im Schatten der Tribüne" und seit Neuestem auch bei uns. Viel Spaß!

 

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