09.04.2012

Lotte legt RWE noch ein Ei ins Nest

von Fabian Jerrentrup

Nach 92 Minuten hervorragendem Fußball wurde die rot-weisse Mannschaft im Spiel bei den Sportfreunden Lotte nur mit einem Punkt für ihren ungemeinen Aufwand belohnt. Im ersten Augenblick aufgrund des späten Ausgleichs scheint diese Punkteteilung zu wenig, doch beim zweiten Nachdenken verblasst die Enttäuschung und es bleibt nur noch Anerkennung für die Entwicklung, die RWE in dieser Saison macht.

Wer Waldemar Wrobel zum ersten Mal zuhört, hat vielleicht den Eindruck, dass der rot-weisse Übungsleiter sich häufig hinter Phrasen und den üblichen Fußballfloskeln versteckt und wenig Spektakuläres von sich gibt. Der Gegner wird stark geredet, gleichzeitig kennt die eigene Mannschaft ihre Stärken, so lautet häufig der Tenor. Was angesichts der emotionalen Ausbrüche einiger Kollegen (man googele „Trappatoni Bayern“ bzw. „Doll BVB“ in Verbindung mit „rastet aus“, „Wutausbruch“ o.Ä.) etwas langweilig und bieder daherkommt, entspricht aber einfach genau einer sachlich richtigen Analyse. Und während von vornherein klar war, dass man gegen „den Spitzenreiter nur dann bestehen kann, wenn man 100% gibt“, stand nach dem Spiel genauso fest, dass seine Mannschaft ein „überragendes Spiel“ geboten hatte und „in dieser Liga jeden schlagen kann“. Es gab nur einen klitzekleinen Makel an Wrobels Ausführungen: RWE hatte leider nicht gewonnen.

Essener Fans waren unter den 2.204 Zuschauern in der ÜberzahlDabei erwischten die Gäste einen klasse Start in die Partie und boten dem Tabellenführer und selbst ernannten Aufstiegsaspiranten mehr als nur Paroli. Güngör Kaya (21. Minute), Kevin Grund (31.) und Holger Lemke (37.) brachten den Ball trotz bester Gelegenheiten jedoch nicht im Tor unter. Während sich die Sportfreunde Defensive wohl schon auf den Pausentee und 15 Minuten Entlastung freute, schlug RWE endlich eiskalt zu. Einen langen Ball von Kaya verwertete Kevin Grund mit einem schönen Lupfer zur Gästeführung. Wenig später war eine bärenstarke rot-weisse Halbzeit zu Ende, einziger Wehmutstropfen war die Verletzung von Benedikt Koep, der durch Lukas Lenz ersetzt wurde.

Nach dem Seitenwechsel brachte Lotte-Coach Maik Walpurgis, der mit dem Auftritt seiner Mannschaft in Hälfte Eins erwartungsgemäß gar nicht zufrieden war, zwei neue Kräfte, die sofort neuen Wind ins Angriffsspiel brachten. Die spielerische und nicht ganz billige Qualität im Sportfreunde-Kader war nun auch auf dem Platz zu sehen und schnürte Rot-Weiss in der eigenen Hälfte ein. Nach einer Stunde Spielzeit atmeten die etwa 1.200 mitgereisten Essener einmal ganz tief durch, als Simon Engelmann das Leder nach einer Fehlerkette der Essener Abwehr an den Pfosten drosch. In der Folgezeit hatte Lotte zwar deutlich mehr Ballbesitz, erarbeitete sich aber keine klaren Chancen. Das lag, neben dem weitgehend souveränen Auftritt unserer Hintermannschaft, aber auch an spielerischen Schwächen, die man so von dem Spitzenreiter nicht erwartet hätte. Höhepunkt war eine Freistoßflanke aus dem Mittelkreis, die in einem hohen Bogen direkt auf die Hintertortribüne geschossen wurde. Auch das Spiel wurde deutlich ruppiger, aus Essener Sicht hätte der Schiedsrichter deutlich mehr als neue eine gelbe Karte für die Blau-weißen geben dürfen.

Kevin Grund erzielte die verdiente 1:0 FührungDie immer weitere aufrückende Abwehr der Sportfreunde bot den Essenern reichlich Kontermöglichkeiten, die dickste Chance hatte der eingewechselte Mike Kuta, der den Ball auf den mitgelaufenen Lukas Lenz ablegte, welcher laut Schiedsrichterassistenz aber im Abseits stand; sein Tor zählte nicht. Eine Entscheidung, die „Speedy“ Kuta nach dem Spiel mit den Unparteiischen gestenreich diskutierte. Und als man sich im Innern schon heimlich über unerwartete drei Punkte freute, passierte etwas, was man bei dem viel beschworenen „neuen RWE“ schon gar nicht mehr kannte: ein spätes Gegentor! Und natürlich nicht irgendwie, sondern per Sonntagsschuss. Würde es in dieser Saison noch um etwas gehen, wäre dieses Gegentor richtig schmerzhaft gewesen. Unwillkürlich wurde man an manch eine Zweitligaspielzeit der jüngeren Vergangenheit erinnert, als eine Vielzahl an späten Gegentoren am Ende den Abstieg besiegelten. Doch spätestens morgen wird bei den meisten der Ärger über das Gegentor verflogen sein, es bleibt der Stolz über die Leistung des eigenen Teams, welches sich nach einer schwachen Phase in der Hinrunde und einigen überflüssigen Niederlagen danach nun seit Wochen schon in einer starken Verfassung befindet, und zwar trotz englischer Wochen in Hülle und Fülle. Wer so spielt wie Rot-Weiss Essen zurzeit, den kann auch ein Traumtor in der Nachspielzeit nicht mehr ärgern. Was macht eigentlich Nikolas Ledgerwood?

PS: Einen Riesen-Glückwunsch an dieser Stelle an unsere U17 nach Dallas, die das hochklassig besetzte Turnier gewonnen hat! Jungs, wir sind stolz auf euch!


Jawattdenn-Spielerbewertung

Dennis Lamczyk
Lamczyk
[2-]
Timo Brauer
Brauer
[2-]
Vincent Wagner
Wagner
[2-]
Dirk Jasmund
Jasmund
[3+]

Roberto Guirino
Guirino
[2-]

Holger Lemke
Lemke
[2]
Stefan Grummel
Grummel
[3+]
Benedikt Koep
Koep
[3+]
Kerim Avci
Avci
[2-] 
Kevin Grund
Grund
[2]
Güngör Kaya
Kaya
[2-]
Lukas Lenz
Lenz
[3]
Meik Kuta
Kuta
[o.B.]
Adrian Schneider
Schneider
[o.B.]


Sportfreunde Lotte

Buchholz - Wiewerink, Czyszczon (46. Zech), Zinke, Grieneisen - Schlösser, Gorschlüter (80. Lorenz), Loose, Hohnstedt, Hess (46. Kotuljac) - Engelmann

 

Rot-Weiss Essen

Lamczyk - Brauer, Jasmund, Wagner, Guirino - Lemke, Grummel, Koep (42. Lenz), Avci, Grund (92. Schneider) - Kaya (84. Kuta)

 

Tore

43. Kevin Grund 0:1, 93. Christian Schlösser 1:1

 

Zuschauer

2.204

 

Schiedsrichter

Malte Dittrich (Bremen)

 

Gelbe Karten

Czyszczon, Gorschlüter, Schlösser, Hess - Wagner, Avci, Kaya


 Spieler des Spiel 31. Spieltag - Kevin Grund