Lotte legt RWE noch ein Ei ins Nest
Nach 92 Minuten hervorragendem Fußball wurde die rot-weisse Mannschaft im Spiel bei den Sportfreunden Lotte nur mit einem Punkt für ihren ungemeinen Aufwand belohnt. Im ersten Augenblick aufgrund des späten Ausgleichs scheint diese Punkteteilung zu wenig, doch beim zweiten Nachdenken verblasst die Enttäuschung und es bleibt nur noch Anerkennung für die Entwicklung, die RWE in dieser Saison macht.
Wer Waldemar Wrobel zum ersten Mal zuhört, hat vielleicht den Eindruck,
dass der rot-weisse Übungsleiter sich häufig hinter Phrasen und den
üblichen Fußballfloskeln versteckt und wenig Spektakuläres von sich
gibt. Der Gegner wird stark geredet, gleichzeitig kennt die eigene
Mannschaft ihre Stärken, so lautet häufig der Tenor. Was angesichts der
emotionalen Ausbrüche einiger Kollegen (man googele „Trappatoni Bayern“
bzw. „Doll BVB“ in Verbindung mit „rastet aus“, „Wutausbruch“ o.Ä.)
etwas langweilig und bieder daherkommt, entspricht aber einfach genau
einer sachlich richtigen Analyse. Und während von vornherein klar war,
dass man gegen „den Spitzenreiter nur dann bestehen kann, wenn man 100%
gibt“, stand nach dem Spiel genauso fest, dass seine Mannschaft ein
„überragendes Spiel“ geboten hatte und „in dieser Liga jeden schlagen
kann“. Es gab nur einen klitzekleinen Makel an Wrobels Ausführungen: RWE
hatte leider nicht gewonnen.
Dabei erwischten die Gäste einen klasse Start in die Partie und boten
dem Tabellenführer und selbst ernannten Aufstiegsaspiranten mehr als nur
Paroli. Güngör Kaya (21. Minute), Kevin Grund (31.) und Holger Lemke
(37.) brachten den Ball trotz bester Gelegenheiten jedoch nicht im Tor
unter. Während sich die Sportfreunde Defensive wohl schon auf den
Pausentee und 15 Minuten Entlastung freute, schlug RWE endlich eiskalt
zu. Einen langen Ball von Kaya verwertete Kevin Grund mit einem schönen
Lupfer zur Gästeführung. Wenig später war eine bärenstarke rot-weisse
Halbzeit zu Ende, einziger Wehmutstropfen war die Verletzung von
Benedikt Koep, der durch Lukas Lenz ersetzt wurde.
Nach dem Seitenwechsel brachte Lotte-Coach Maik Walpurgis, der mit dem
Auftritt seiner Mannschaft in Hälfte Eins erwartungsgemäß gar nicht
zufrieden war, zwei neue Kräfte, die sofort neuen Wind ins Angriffsspiel
brachten. Die spielerische und nicht ganz billige Qualität im
Sportfreunde-Kader war nun auch auf dem Platz zu sehen und schnürte
Rot-Weiss in der eigenen Hälfte ein. Nach einer Stunde Spielzeit atmeten
die etwa 1.200 mitgereisten Essener einmal ganz tief durch, als Simon
Engelmann das Leder nach einer Fehlerkette der Essener Abwehr an den
Pfosten drosch. In der Folgezeit hatte Lotte zwar deutlich mehr
Ballbesitz, erarbeitete sich aber keine klaren Chancen. Das lag, neben
dem weitgehend souveränen Auftritt unserer Hintermannschaft, aber auch
an spielerischen Schwächen, die man so von dem Spitzenreiter nicht
erwartet hätte. Höhepunkt war eine Freistoßflanke aus dem Mittelkreis,
die in einem hohen Bogen direkt auf die Hintertortribüne geschossen
wurde. Auch das Spiel wurde deutlich ruppiger, aus Essener Sicht hätte
der Schiedsrichter deutlich mehr als neue eine gelbe Karte für die
Blau-weißen geben dürfen.
Die immer weitere aufrückende Abwehr der Sportfreunde bot den Essenern
reichlich Kontermöglichkeiten, die dickste Chance hatte der
eingewechselte Mike Kuta, der den Ball auf den mitgelaufenen Lukas Lenz
ablegte, welcher laut Schiedsrichterassistenz aber im Abseits stand;
sein Tor zählte nicht. Eine Entscheidung, die „Speedy“ Kuta nach dem
Spiel mit den Unparteiischen gestenreich diskutierte. Und als man sich
im Innern schon heimlich über unerwartete drei Punkte freute, passierte
etwas, was man bei dem viel beschworenen „neuen RWE“ schon gar nicht
mehr kannte: ein spätes Gegentor! Und natürlich nicht irgendwie, sondern
per Sonntagsschuss. Würde es in dieser Saison noch um etwas gehen, wäre
dieses Gegentor richtig schmerzhaft gewesen. Unwillkürlich wurde man an
manch eine Zweitligaspielzeit der jüngeren Vergangenheit erinnert, als
eine Vielzahl an späten Gegentoren am Ende den Abstieg besiegelten. Doch
spätestens morgen wird bei den meisten der Ärger über das Gegentor
verflogen sein, es bleibt der Stolz über die Leistung des eigenen Teams,
welches sich nach einer schwachen Phase in der Hinrunde und einigen
überflüssigen Niederlagen danach nun seit Wochen schon in einer starken
Verfassung befindet, und zwar trotz englischer Wochen in Hülle und
Fülle. Wer so spielt wie Rot-Weiss Essen zurzeit, den kann auch ein
Traumtor in der Nachspielzeit nicht mehr ärgern. Was macht eigentlich
Nikolas Ledgerwood?
PS: Einen Riesen-Glückwunsch an dieser Stelle an unsere U17 nach Dallas,
die das hochklassig besetzte Turnier gewonnen hat! Jungs, wir sind
stolz auf euch!
Jawattdenn-Spielerbewertung
Lamczyk [2-] |
Brauer [2-] |
Wagner [2-] |
Jasmund [3+] |
|
|
Lemke [2] |
Grummel [3+] |
Koep [3+] |
Avci [2-] |
Grund [2] |
|
Kaya [2-] |
Lenz [3] |
Kuta [o.B.] |
Schneider [o.B.] |
Sportfreunde Lotte
Buchholz - Wiewerink, Czyszczon (46. Zech), Zinke, Grieneisen - Schlösser, Gorschlüter (80. Lorenz), Loose, Hohnstedt, Hess (46. Kotuljac) - Engelmann
Rot-Weiss Essen
Lamczyk - Brauer, Jasmund, Wagner, Guirino - Lemke, Grummel, Koep (42. Lenz), Avci, Grund (92. Schneider) - Kaya (84. Kuta)
Tore
43. Kevin Grund 0:1, 93. Christian Schlösser 1:1
Zuschauer
2.204
Schiedsrichter
Malte Dittrich (Bremen)
Gelbe Karten
Czyszczon, Gorschlüter, Schlösser, Hess - Wagner, Avci, Kaya