15.04.2012

Erfolg bei Wiedenbrück-Debüt (SCW 2000 - RWE 0:1)

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Der gemeine RWE-Fan hat schon jeden Fußballplatz in Ostwestfalen abgegrast – Paderborn, Bielefeld, Gütersloh, Ahlen und Verl waren schon immer Stationen einer rot-weißen Auswärtsfahrt, die an sich mehr oder weniger beliebt waren. Am 15.04.2012 kam ein neues Stadion bei dieser Tour durch eine Region, die mehr Tiere als Menschen beherbergt, hinzu, und zwar das Jahnstadion in Wiedenbrück. Nichts ist schöner als dieses Debüt auch noch erfolgreich hinter sich gebracht zu haben. Nach der 0:4-Heimklatsche gegen Trier langte es für das Team von der Hafenstraße zu einem 1:0 Erfolg, der nach diesen aufreibenden englischen Wochen nicht unbedingt erwartet wurde.

 Eine Reise nach Ostwestfalen ist in der Regel recht schnell und unspektakulär. Irgendwann hört die Zivilisation auf und eine der wenigen Ausfahrten auf der A2 nutzen, schon ist der Gastzuschauer in Wiedenbrück. Das Stadion ist von der Autobahn wirklich gut erreichbar, auch die Parkplatznutzung an dem Stadiongelände ist weitaus besser als beim Nachbarverein Verl. Nach einem Lauf um das gesamte Stadion (der Gästebereich lag praktischerweise direkt auf der anderen Seite des Haupteingangs) mussten die Gäste sich durch einen etwas schmalen Eingang quälen, der Kartenbesitzer und die, die es noch werden wollten, gleichermaßen durch dieses enge Nadelöhr führte.

Neuer Ground für RWE-Fans - Jahnstadion WiedenbrückEin erster kleiner Schwachpunkt der Organisation, der zweite folgte aber zugleich. Sicherlich muss nicht alles am Essener Maßstab gemessen werden, aber den einzigen Würstchenstand und den einzigen Getränkestand mit etwa 30 Zentimeter Abstand nebeneinander aufzustellen sorgte für enorme Platzprobleme und in der Folge für extremes Gedrängel. Die größte Enttäuschung war allerdings, dass die Bratwurst bei weitem nicht so gut ist wie beim „Nachbarn“ Verl und die Verkäufer doch angesichts der anrückenden Masse recht unentspannt wirkten.

Aber alles egal, nur das Spiel zählte und ab ging es auf den neuen Ground. Doch auch hier kam alles andere als Begeisterung auf. Ein vierstufiges Stadion mit schlechter Sicht hinter dem Tor, da der Zaun so manchen Einblick verdeckte. Die Gegengerade war zur Gästetribüne hin nicht komplett ausgebaut und hörte nach etwa zwei Drittel des Spielfelds einfach auf. Völlig verrückte Konstruktion. Auf dem Platz selber gab es auch eine Überraschung, für Avci, Jasmund und Grund liefen überraschend Kuta, Lehmann und Denker in der Startformation auf. Dies ist wahrscheinlich eine Folge der Kräfte zehrenden Wochen voller Viertligaspiele. Doch trotz dieses Verschleißes spielte zu Beginn nur die Mannschaft aus Essen. Wiedenbrück leistete sich von Beginn an haarsträubende Fehler im Aufbauspiel. Eine Unsicherheit wollte Koep nutzen, der nach einem Fehler von Halstenberg in der fünften Minute auf das freie Tor zulief und von diesen unsanft gestoppt wurde. Halstenberg hatte in dieser Situation Glück nur den gelben anstatt den roten Karton zu sehen, denn dies sah von unserer Position aus wie eine klare Notbremse aus. Wenig später erlaubte sich Halstenberg wieder einen Aussetzer, aber Koeps Pass auf Kaya war für eine ernsthafte Chance nicht genau genug.

Rund 700 Essener warRund 700 Essener waren unter den 945 ZuschauernWiedenbrück schaffte es kaum einmal heraus aus der eigenen Hälfte, ein Treffer für die Gäste lag buchstäblich in der Luft. In der 20. Minute häuften sich die hundertprozentigen Chancen für RWE: Zunächst scheiterte Koep aus ganz kurzer Distanz am Wiedenbrücker Torwart, kurz danach wieder Koep mit der Möglichkeit zur Führung, und schließlich scheitere auf Lemke vor dem Tor. Das hätte es sein müssen! Kurz danach war es wieder Halstenberg, der mit einem weiteren Fauxpas Lehmann kurz vor dem Sechszehner faulen musste. Wenn einer einen ganz miesen Tag hatte, dann Wiedenbrücks Verteidiger Halstenberg. In der 25. Minute hatte sein Trainer genug, Halstenberg musste runter. Eine klare Sache, wenn dies nicht schon der zweite Wechsel auf Seiten der Gastgeber gewesen wäre. Außenverteidiger Kickermann musste vier Minuten früher passen, für die beiden Defensivakteure waren jetzt Krause und Strickmann im Team drin. Leider musste auch Waldemar Wrobel Vincent Wagner gegen Dirk Jasmund austauschen, da Wagner schon angeschlagen ins Spiel ging und nicht mehr weiter machen konnte. Mit einer Adduktorenverletzung fällt Vincent leider auch am kommenden Mittwoch in Verl aus.

Trotz des Spielerwechsels kam keine richtige Sicherheit in der Defensive der Ostwestfalen hinein. Die erste Hälfte ging klar an die Gäste aus dem Ruhrgebiet. In der 32. Minute setzte sich Kapitän Brauer auf der linken Außenbahn toll durch, Meik Kuta köpft den Ball in Richtung Lemke, der keine Probleme hat, den Ball unter die Latte in das Tor zu knallen. Die Führung war hochverdient, zumal Dirk Jasmund kurz nach dem Tor mit einem Flachschuss noch zum 2:0 erhöhen konnte. Danach war aber erst einmal Schluss mit dem Essener Sturmlauf, bis zum Ende der Halbzeit lief die Partie ohne große Aufreger im Mittelfeld ab.

Vorarbeit Kuta - Tor LemkeWaldemar Wrobel sagte kurz vor dem Spiel, dass die Wiedenbrücker heiß in das Spiel gehen würden. Davon war bislang gar nichts zu sehen. Der Frust steigerte sich anscheinend so weit, dass Wiedenbrücks Trainer Torwart Lange (der zugegebenermaßen gar nicht schlecht spielte) auf die Bank verbannte und dem Ersatzkeeper Hölscher eine Bewährungschance gab. Dies nutzte aber alles nicht, RWE war wieder im Vorwärtsdrang. Drei Minuten nach Wiederanpfiff brachte der gut aufspielende Kuta den Ball auf Stürmer Koep, der aber heute in einer Mischung zwischen Unvermögen und fehlenden Glück auch diese Möglichkeit nicht nutzen konnte und den Ball an die Latte setzte. Nach einer weiteren halben Chance in Folge einer weiteren tollen Flanke von Kuta war aber erst einmal Schluss mit den Essener Offensivaktionen.

Ab der 55. Minute setzte deutlich die Müdigkeit ein, RWE gelang so gut wie gar nichts mehr und Wiedenbrück wurde stärker. Allerdings war die Drangphase der Ostwestfalen in den nächsten 15 Minuten nicht so stark, als dass man sich um die Führung ernsthafte Sorgen machen musste. Es war Zeit, sich anderen Dingen zuzuwenden. Die offizielle Zuschauerzahl lag bei 945 Beobachtern dieses Kicks, also wurde die Marke von tausend Besuchern nur ganz knapp verpasst. Auf der verkürzten Gegengerade standen die Ultras der Wiedenbrücker, die für einige ganz lustige Momente sorgten. Nach einem Foul an einem Wiedenbrücker schrien die ca. 15 Mann ganz laut „Fußballmafia DFB!“. Schon amüsant, denn eine jahrelang systematische Benachteiligung der Ostwestfalen durch den DFB konnte in der kurzen Viertligageschichte des Klubs nicht ausgemacht werden. Für einen weiteren Brüller sorgte der Stadionsprecher, als er verkündete, dass der Linienbus zum Bahnhof um Punkt 15:44 Uhr abfahren würde (Also eine Minute vor!!! Ablauf der regulären Spielzeit) und dies an der „bekannten Stelle“. Für Nicht-Ortskundige war dies eine aberwitzige Angabe, aber so ist es halt, dafür lohnen sich die Reise auf die Dörfer genau aus diesen Gründen!

Müde RWE-Krieger nach Abpfiff mit Drei-Punkte-BeuteAber noch einmal zurück zum Spiel. Bis zur 79. Minute gelang es RWE, trotz einigen brenzligen Situationen echte Torchancen mit einem enormen Krafteinsatz zu verhindern. Doch gegen Krause Gewaltschuss aus 25 Meter hatten alle RWE-Spieler das Nachsehen, nur die Latte verhinderte den Ausgleich für Wiedenbrück. Es fiel den Gastgebern danach aber nicht mehr viel ein, um doch noch das Spiel zu drehen. Nur noch hohe Bälle auf die Stürmer Jansen und Studtrucker waren das beliebte Mittel, RWE hielt den Ball geschickt und ließ sich bei dem Gang in die Offensive viel Zeit um den Sieg nach Hause zu fahren. Und da war es tatsächlich geschafft, das erste offizielle Pflichtspiel in Wiedenbrück zwischen RWE und dem SCW 2000 gewannen die Ruhrstädter.

Rot-Weiss Essen konnte das Spiel verdient für sich entscheiden da sich die Wiedenbrücker defensiv in der ersten Halbzeit zu viele Patzer leistete und offensiv gegen engagiert verteidigende Spieler in rot-weiß nicht durchsetzen konnten. Dies war eine erstaunliche Leistung der Essener angesichts der hohen Belastung der letzten Wochen und der demütigenden Niederlage im letzten Flutlichstpiel an der Hafenstraße gegen Eintracht Trier. Die Essener Mannschaft um Wrobel kann jetzt sogar auf Platz 5 schielen, der nach dieser tollen Serie in greifbarer Nähe erscheint. Das wäre alles in allem ein sensationelles Abschneiden in einer Saison ohne viele sportliche Höhepunkte. In wieweit aber das Ziel „Einzug in den DFB-Pokal“ eine Rolle spielt bleibt abzuwarten, schließlich wäre dies ein wichtigeres Anliegen als der Ligaalltag. Wer allerdings noch Bock auf Ostwestfalen hat, es geht munter weiter: Am nächsten Mittwoch geht es zum Nachbarn nach Verl. Wenn die Mannschaft dort genauso auftritt wie heute sind auch dort drei Punkte im Bereich des Möglichen.


Jawattdenn-Spielerbewertung folgt

Dennis Lamczyk
Lamczyk
[3+]
Kevin Lehmann
Lehmann
[2]
Vincent Wagner
Wagner
[o.B.]
Thomas Denker
Denker
[2]

Roberto Guirino
Guirino
[2-]

Timo Brauer
Brauer
[2]
Holger Lemke
Lemke
[3+]
Benedikt Koep
Koep
[3]
Stefan Grummel
Grummel
[2]
Meik Kuta
Kuta
[3+]
Güngör Kaya
Kaya
[3-]
Dirk Jasmund
Jasmund
[3+] 
Lukas Lenz
Lenz
[o.B.]



SC Wiedenbrück 2000

Lange (46. Hölscher) - John, Rogowski, Kickermann (21. Krause), Leeneman - Dayagan, Tietz, Halstenberg (26. Strickmann), Mainka - Jansen, Studtrucker

 

Rot-Weiss Essen

Lamczyk - Lehmann, Wagner (28. Jasmund), Denker, Guirino - Lemke, Brauer, Koep (64. Lenz), Grummel (80. Avci), Kuta - Kaya

 

Tore

34. Holger Lemke 0:1

 

Zuschauer

945

 

Schiedsrichter

Lars Heitmann (Diepholz)

 

Gelbe Karten

Tietz, Halstenberg - Lehmann, Guirino, Koep


Spieler des Spiels 33. Spieltag - Thomas Denker