18.03.2012

1:1 gegen die Borussia

von Michael Jaskolla

Auch wenn es nicht zum Sieg reichte, so sahen knapp 9.000 Zuschauer an der Hafenstraße doch endlich wieder ein rassiges und hart umkämpftes Derby mit zwei völlig unterschiedlichen Halbzeiten, nach denen sich beide Teams im Großen und Ganzen leistungsgerecht mit 1:1 trennten.

 Für den erneut an den Adduktoren verletzten Jansen durfte Denker von Beginn an ran, ansonsten blieb die in Elversberg überaus erfolgreiche Startelf unverändert. So mussten die beiden besten Torschützen des Teams, Koep und Lenz, das Spielgeschehen erneut zunächst von der Bank aus verfolgen.


RWE machte dort weiter, wo man in Elversberg aufgehört hat. Von der ersten Minute an setzte man den Aufstiegsfavoriten a.D. mächtig unter Druck. Meist wurden die Bälle schon im Mittelfeld erobert und über die sehr starke rechte Achse Brauer / Lemke nach vorne gespielt. Eine ganze Reihe von hochkarätigen Torchancen war die fast schon logische Konsequenz: In der fünften Minute startete Lemke durch und verfehlte das Tor nur um wenige Zentimeter, weil Semmler den Ball noch entscheidend ablenken konnte. Der fällige Eckball blieb allerdings aus.

Volles Stadion und gute Stimmung - zumindest bis zur SpielunterbrechungWenig später war der erste Eckball aber fällig und nach einer missglückten Abseitsstellung landete der zweite Ball bei Wagner, der aus zu spitzem Winkel das Tor verfehlte (10.).
Auf der Gegenseite setzte Quotschalla den ersten Nadelstich für die Gäste mit einem strammen Schuss aus 20 Metern, den Lamczyk stark aus dem Winkel fischte (14.).
Drei Minuten später sahen die Fans die größte (Doppel-)Chance zur RWE-Führung: Brauer stürmte frei auf Torwart Semmler zu und entschied sich für einen Querpass auf Avci. Aber der Ball verspringt leicht und ein Wuppertaler Verteidiger kann sich in den Ball werfen. Der Abpraller landete genau vor Kayas Füßen, der sich aus fünf Metern Entfernung die Ecke aussuchen konnte, doch der starke Semmler brachte noch einen Arm an den Ball und wehrte zur Ecke ab (17.).

In nahezu identischer Position eröffnete sich für Kaya kurz darauf der nächste 100%er: nach einer Unsicherheit von Semmler, der von Wagner am Rande der Legalität bedrängt wurde, zielte Kaya knapp über das Tor (23.). Als auch Heppke mit einem Freistoß-Knaller an die Latten-Oberkante scheiterte (26.), machte sich langsam Frust breit. Glücklicherweise verhalf eine Zentimeter-Entscheidung zum längst überfälligen Treffer: Denker setzte sich nach einem weiteren Eckstoß per Kopf gegen die ansonsten in der Luft überlegene Wuppertaler Hintermannschaft durch und erzielte ein Wembley-Tor – zumindest aus der Sicht des Schiedsrichter-Assistenten. Ob der Ball tatsächlich mit vollem Durchmesser hinter der Linie aufsprang oder nicht, interessierte jedoch keinen Essener, zu groß war die Freude und Erleichterung, dass der Sturmlauf endlich in Zählbares umgemünzt werden konnte (30.)!

Thomas Denker traf per "Wembley-Tor" zur FührungFast hätte Flottmann den Jubel schnell erstummen lassen, als er nach einer Schlieter-Flanke von links freistehend vor Lamczyk den Ball erhielt. Glücklicherweise traf er den Ball nicht richtig, so dass der RWE-Schlussmann nicht eingreifen musste (34.). Zur Pause gab es Standing-Ovations für die Heim-Mannschaft, die allerdings weder sonderlich effektiv und schon gar nicht effizient spielte. Es wurde ein sehr hoher Aufwand für letztlich relativ wenig Ertrag betrieben.

Der Kräfteverschleiß machte sich nach der englischen Woche im zweiten Abschnitt bemerkbar. Essen zog sich nun weiter zurück und ließ die Borussia, die sich nun in die Partie kämpfte, kommen. Schnell ergab sich die erste Möglichkeit zum Ausgleich: Nach Vorlange von Fleßers zog der emsige Quotschalla aus vollem Lauf von der Strafraumgrenze ab, doch Teufelskerl Lamczyk konnte den Ball mit seiner zweiten herausragenden Parade an diesem Nachmittag gerade noch aus dem Dreieck boxen (50.).

So schien unserer Elf die Spielunterbrechung nach den Tumulten im Borussia-Chaotenblock (hier geht's zum Extra-Bericht) nach dem starken Wuppertaler Beginn gerade recht zu kommen, um sich neu zu sammeln, aber auch anschließend konnte sich Essen aus der Umklammerung bis zum Schluss nicht mehr befreien. Zumindest in der defensiven Zentrale stand man weitestgehend sicher, so dass Wuppertal kaum zu ernsthaften Gelegenheiten kam, doch RWE konnte keinen einzigen Nadelstich mehr auf der Gegenseite setzten. So war es die Wuppertaler Lufthoheit in Kombination mit einem unglücklichen Handspiel am Strafraum, die zum schließlich nicht ganz unverdienten Ausgleich führte. Bei der Freistoßflanke auf den langen Pfosten war Denker nicht eng genug an seinem Gegenspieler, der einen sehenswerten Kopfball im langen Eck versenkte – 1:1 (81.)! Weitere Einschussgelegenheiten ergaben sich nicht mehr, so dass es beim Remis im letzten Derby im Georg-Melches-Stadion blieb.

Am Ende wusste niemand genau, ob man sich über den Punkt freuen oder den beiden verlorenen nachtrauern sollte, aber der spielerische Aufwärtstrend ist ein unverkennbarer Fakt. Auch die anfangs teilweise Kopfschütteln auslösende Entscheidung, Brauer seit dem Bochum-Spiel als rechten Verteidiger einzusetzen, entpuppte sich als ein die Hintermannschaft stabilisierender und das Flügelspiel belebender Volltreffer. Dabei sprach Brauer auch das aus, was man nach Spielen wie diesem stets im Hinterkopf haben sollte: „Das ist eben ein Lehrjahr!“ Und wenn die junge Mannschaft eine Vollprofi-Truppe wie die des WSV Borussia eine Halbzeit lang an die Wand spielen kann, dann ist ein steter Lernzuwachs schon zum jetzigen Zeitpunkt klar zu erkennen!


Jawattdenn-Spielerbewertung

Dennis Lamczyk
Lamczyk
[1-]
Timo Brauer
Brauer
[2+]
Vincent Wagner
Wagner
[2+]
Thomas Denker
Denker
[3+]

Roberto Guirino
Guirino
[3+]

Holger Lemke
Lemke
[3+]
Markus Heppke
Heppke
[2]
Kerim Avci
Avci
[2+]
Stefan Grummel
Grummel
[3+]
Kevin Grund
Grund
[2]
Güngör Kaya
Kaya
[3+]
Benedikt Koep
Koep
[o.B.]
Lukas Lenz
Lenz
[o.B.]
Kevin Lehmann
Lehmann
[o.B.]


Rot-Weiss Essen

Lamczyk - Brauer - Denker - Wagner - Guirino - Lemke - Heppke (70. Koep) - Avci - Grummel (87. Lehmann) - Grund - Kaya (80. Lenz)

 

Wuppertaler SV Borussia

Semmler - Fleßers - El Hammouchi - Haaw (86. Abelski) - Schlieter - Moosmayer - Zieba - Landers (75. Baltes) - Flottmann - Quotschalla (75. Zimmermann) - Knappmann

 

Tore

30. Thomas Denker 1:0, 84. Daniel Flottmann 1:1

 

Zuschauer

8.713

 

Schiedsrichter

Dirk Wijnen (Hannover)

 

Gelbe Karten

Grumel - Haaw, Quotschalla, Knappmann


 Spieler des Spiels 28. Spieltag - Dennis Lamczyk