Pokalkrimi im letzten Flutlichtspiel- Brauer trifft dreifach
Was für ein Abend! Über 10.000 Zuschauer sahen gestern im Georg-Melches-Stadion einen würdigen Abschied unter Flutlicht, mit Feuerwerk und manchen Tränen. Rot-Weiss Essen besiegte im Niederrhein-Pokalfinale den SV Hönnepel-Niedermörmter mit 3:2 und qualifizierte sich somit für die erste Hauptrunde im DFB-Pokal.
Das bunte Treiben rund um die Hafenstraße schon weit vor Anpfiff ließ
erahnen, dass dieses letzte Flutlichtspiel im GMS etwas Besonderes
werden sollte. Und da auch die Hö-Nies eine eindrucksvolle Menge an eigenen
Fans mitbrachte, war das Stadion um 19:30 Uhr mit mehr als 10.000
Zuschauern prall gefüllt. Schon Wahnsinn, wenn man bedenkt, dass sich
ein Regional- und ein Niederrheinligist gegenüber standen. Fast der
komplette Block A auf der Sitztribüne war fest in gelb-schwarzer Hand,
der Rest der Tribünen strahlte natürlich in rot-weiss. Hier auch
nochmal ein Dank an die Gäste, die dieses Finale an der Hafenstraße erst
möglich gemacht haben.
Als Dirk Margenberg in seinem letzten Spiel als
Schiedsrichter die Partie anpfiff, hoffte man zumindest auf Essener
Seite, schnell für klare Verhältnisse sorgen zu können. Die letzten Endspiele
an der Hafenstraße gegen unterklassige Gegner waren da noch in den
Hinterköpfen. In den ersten 10 Minuten versuchten die Rot-Weissen ihrer
Favoritenrolle gerecht zu werden und erspielten sich zwei gute
Torchancen durch Kerim Avci und Benne Koep. Aber auch die HöNies machten
schnell klar, dass sie hier mitspielen wollten. Die erste Warnung
klatsche in Form eines Kopfballs von Kapitän Sokolowski ans Aluminium.
Durchatmen war angesagt.
Nach 20 Minuten dann der große Schock. Vincent Wagner hatte im
Strafraum seinen Fuß „etwas“ zu hoch gegen Trienenjost. Schiedsrichter
Margenberg entschied nicht auf gefährliches Spiel, sondern zeigte
sofort auf den Elfmeterpunkt. Diese Gelegenheit ließ sich Trienenjost
nicht entgehen und verwandelte sicher zur Führung des Außenseiters.
Diesmal bebte nicht der Acker, sondern der Block A.
Das Gegentor tat der guten Stimmung auf den Rängen aber keinen Abbruch,
und schon drei Minuten später gab es eine ähnliche Situation auf der
anderen Seite. Ex-ETBler Heinrich Losing hielt bei einem Avci
Schussversuch den Schlappen drauf und prompt folgte der zweite
Elfmeterpfiff. Konsequent war das auf jeden Fall vom Schiri. Timo Brauer
verwandelte gewohnt sicher.
Das 1:1 währte nicht lange, denn bereits eine Minute später ermöglichte
ein kollektiver Tiefschlaf der RWE-Abwehr die erneute Gästeführung durch
Rafael Haddad (25.). Spätestens jetzt war jedem im Stadion klar, dass
der vermeintliche Spaziergang ein ganz schweres Stück Arbeit werden
sollte.
Respekt aber auch vor den RWE-Fans. Es gab keine Pfiffe, keine
Beschimpfungen, die die Truppe von Waldemar Wrobel eventuell
verunsichert hätten, sondern weiter lautstarke Unterstützung.
Die Essener spielten jetzt konsequenter in Richtung Gästetor und wurden
kurz vor dem Seitenwechsel belohnt. Timo Brauer erzielte mit einem
direkt verwandelten Freistoßtor den Ausgleich. Und mit diesem
Zwischenstand ging es auch in die Pause.
Nach dem Pausenbier war schnell zu erkennen, dass die Rot-Weissen für klare Fronten sorgen wollten und so rollte ein Angriff nach
dem anderen in Richtung Gästekeeper Möllering. In der 61. Minute war es
dann soweit. Robert Guirino setzte sich auf der linken Seite durch und
flankte in den Strafraum. Den Befreiungsversuch nahm der mitgelaufene
Brauer dankbar mit und traf aus zehn Metern unhaltbar für Möllering. Nun
wackelte die Hafenstraße in ihren Grundmauern.
In der letzten halben Stunde hatten beide Mannschaften noch gute
Möglichkeiten. Holger Lemke scheiterte am Gästekeeper und die Hönnepels
Boldt und Losing an Teufelskerl Dennis Lamczyk.
Zu erwähnen ist noch, dass Kevin Lehmann die rote Karte wegen Nachtretens erhalten hat (86.), den genauen Hergang haben aber die
wenigsten mitbekommen. Und so pfiff Schiedsrichter Margenberg kurz
darauf die Partie nach zwei Minuten Nachspielzeit ab. Jubel und
Erleichterung regierten jetzt auf den Rängen. RWE hat sich wieder für
die erste Hauptrunde im DFB-Pokal qualifiziert.
Nach der obligatorischen Ehrung beider Mannschaften durch den Verband,
wo sich auch der SV Hönnepel-Niedermörmter den verdienten Applaus von
den Tribünen abholte, gingen die RWE-Spieler auf Feierrundgang auf dem
Platz. Während die Osttribüne in rotes Licht getaucht war, konnte man
auf der Gegenseite am neuen Stadion ein großes Feuerwerk bewundern,
welches von den Imbissbetrieben Ulrich gesponsert wurde.
Wer jetzt in die Gesichter der Fans schaute, sah einen Mix aus Stolz,
Zufriedenheit aber auch tiefer Traurigkeit, denn spätestens jetzt wurde
es auch dem Letztem klar, dass so ein Erlebnis nie wieder kommen würde -
zumindest nicht im Georg-Melches-Stadion.
Vielen Dank an die Mannschaft und die 10.000 bekloppten RWE-Fans für diesen würdigen Abschied. Ihr seid die Besten.
Rot-Weiss Essen
Lamczyk - Lehmann, Jasmund, Wagner, Guirino - Lemke, Brauer, Avci, Grummel, Grund (84. Kuta) - Koep
SV Hönnepel-Niedermörmter
Möllering - Losing, Wenten, Haddat, Forster - Boldt, Hühner, Sokolowski (82. Weniger), Venekamp - Bennies, Trienenjost
Tore
21. Andre Trienenjost (Elfmeter) 0:1, 23. Timo Brauer (Elfmeter) 1:1, 25. Raffael Haddat 1:2, 41. Timo Brauer 2:2, 61. Timo Brauer 3:2
Zuschauer
10.000
Schiedsrichter
Dirk Margenberg
Gelbe Karten
Haddat, Sokolowski
Rote Karte
Kevin Lehmann (Tätlichkeit)