Die schwarze Serie hält weiter an
Jeder kennt sie, jeder hasst sie, aber jeder weiß auch, dass ein Fünkchen Wahrheit in den Sprüchen liegt, die Großmutter mit auf den Weg gegeben hat: „Lehrjahre sind keine Herrenjahre!“ Dies gilt leider weiter für das junge rot-weisse Team, welches auch gegen den Spitzenreiter aus Lotte wieder einmal Leergeld zahlen musste.
Doch etwas war gegenüber den
Niederlagen gegen Wuppertal und Kaiserslautern anders: Über fast die
gesamte Spielzeit war die Mannschaft von der Hafenstraße den
Sportfreunden kämpferisch mindestens ebenbürtig, spielerisch konnte in
vielen Phasen auch mitgehalten werden. Diese Erkenntnis bringt zwar
keine Punkte ein, macht aber durchaus Hoffnung, dass die Durststrecke in
der Liga bald ein Ende findet.
Schon vor dem Spiel herrschte eine ganz seltsame Stimmung unter den
Fans, da niemand mehr viel von dieser Saison erwartet. Doch auch der
Spitzenreiter sollte wissen, dass es an der Hafenstraße nicht einfach
werden sollte, die Punkte mit nach Hause zu nehmen. Unterstützung bei
dem Vorhaben, die Tabellenführung zu verteidigen, erhielten die Lotter
Spieler durch eine Hand voll Fans, die nach mehrmaliger Zählung etwa 21
plus x Personen ergab. Trotz der nach Essener Verhältnisse gemessenen
geringen Anzahl an mitgereisten Anhängern von der Stadt am Autobahnkreuz
musste man neidlos anerkennen, dass die in blau-weiß gekleideten
Zuschauer „gut drauf“ waren und sich absolut friedlich verhalten haben.
Deutlich war ihnen der Spaß anzumerken, an der legendären Stimmung im
Georg-Melches-Stadion teilhaben zu wollen.
Während die Kräfteverhältnisse auf der Tribüne kampflos zugunsten des
Gastgebers gingen, war die Situation auf dem Platz trotz der eindeutigen
Zuordnung in der Tabelle weniger eindeutig. In den ersten 25 Minuten
hatten die Zuschauer allerdings mehr das Gefühl wie bei der Bestellung
am Samstagmorgen an der Fleischtheke: „Froilein, ich hätte gerne etwas
von dem Gehackten!“ Viele Nickligkeiten auf beiden Seiten zogen sich
durch das Mittelfeldspiel beider Mannschaften, die dicht gestaffelten
Lotter verteidigten ihren Boden sehr hart, RWE hielt dagegen. Das Glück
wurde diesmal über Stürmer Lukas Lenz versucht, während Benedikt Koep
auf die Flügel auswich. Alternative Kaya fiel kurzfristig wegen eines
Muskelfaserrisses aus. Wenn es doch gefährlich wurde, dann über die
Freistöße vom Markus Heppke, der wieder im Mittelfeld ran durfte. Bei
den hohen Hereingaben war schon zu sehen, dass die hochgewachsene und
hochgelobte Abwehr der Gäste durchaus ihre Probleme hatte.
Brenzlich sollte es dann erst in der 30. Minute werden. Ein
Wahnsinnspass von Brauer auf den durchgestarteten Lemke eröffnete dem
Essener die Chance zur Führung, doch der Lupfer über den
herausgelaufenen Torwart Görrissen fand leider nicht sein Ziel.
Ärgerlich, die Idee des Laufwunders Lemke war sicherlich sehr gut, aber
Görrissen war schon sehr weit draußen und hätte möglicherweise
problemlos umlaufen werden können.
Der Trainer der Gäste war aufgrund der zunehmenden Stärke von RWE sichtlich
bedient und musste bereits in der 33. Minute das erste Mal verletzungsbedingt wechseln. In
der Offensive wurde Hess durch Schlösser ersetzt. Doch das rot-weisse
Team blieb bis zur Pause die bessere Mannschaft. Sechs Minuten vor dem
Ende der ersten Halbzeit wurde Görrissen zu einer Glanztat gegen einen
Kopfball von Tokat gezwungen; bei der anschließenden Ecke stand Brauer
Tokat bei seinem Abschluss im Weg. Der Spitzenreiter hätte sich nicht
beschweren dürfen, wenn es 1:0 für den Außenseiter gestanden hätte.
Langsam durfte von einer Überraschung geträumt werden. Doch wenn es
wieder etwas zu kritisieren gibt, dann die mangelnde Chancenverwertung.
Gegen ein Spitzenteam in dieser Liga muss man diese Dinger einfach rein
machen, dies könnte sich später rächen.
Und die zweite Halbzeit begann für RWE denkbar schlecht. Lottes Stürmer
Fischer bekommt abseitsverdächtig den Ball im Sechzehner und hält stark
drauf, doch Torwart Lamczyk kann den Ball stark abwehren. Essen blieb
nicht ungefährlich, doch die Mannschaft aus Lotte hatte jetzt auch klare
Chancen. In der 58. Minute ist es wieder Fischer, der frei vor Lamczyk
den Ball neben das Tor setzt. Das hätte es sein müssen, aber zum Glück
hatte der Lotter Stürmer bis zu diesem Zeitpunkt vergessen, sein
Zielwasser zu trinken. Im Gengenzug scheiterte Koep nach einer
Hereingabe von Heppke am starken Keeper Görrisen, der wieder einmal das
Gegentor mit einem schnellen Reflex verhindern konnte.
Bis zur 72. Minute standen der Fußball und vor allem die tolle Stimmung
an der Hafenstraße absolut im Vordergrund. Dann erschütterte ein lauter
Knall die Osttribüne, ein Böller wurde aus den eigenen Reihen in die
Nähe eines Essener Ordners und des RWE-Torhüters Lamczyk geworfen. Der
Ordner sank sofort zu Boden, die Spielszene lief ungeschnitten weiter
und es kam noch zu einer halben Chance für Lotte vor dem erschrockenen
RWE-Torwarts. Mir persönlich schlägt es auf den Magen, diesen Idioten
eine weitere Plattform zu geben, deshalb schließe ich mich den
skandierten Rufen der meisten Essener Zuschauer an: „Wir sind Essener,
und ihr nicht!“ Einfach nur selten dämlich, Zuschauer, Ordner und
Spieler, besonders aus den eigene Reihen, dermaßen zu gefährden. Ich
bitte an dieser Stelle, dass sich die von Teilen der Fanszene direkt "festgesetzten" und der Polizei übergebenen Täter auch
nach ihrem Stadionverbot nicht mehr an der Hafenstraße blicken lassen.
Das Spiel wurde über mehrere Minuten unterbrochen, und irgendwie war es
nicht mehr dieselbe Partie wie vor dem Böllerwurf. Dies könnte
allerdings auch daran liegen, dass die Essener am Ende ihrer Kräfte
angelangt waren. Nach einer Ecke in der 80. Minute steht der ehemalige
Essener Wiwerink frei vor dem Essener Tor und bringt den Ball aus kurzer
Distanz im Gehäuse unter. Vielleicht hätte Lamczyk etwas früher aus dem
Kasten gemusst, aber drei Essener Verteidiger schauen auch zu, wie
Wiwerink völlig alleingelassen am kurzen Pfosten stand. Auf der
Gegenseite konnten die Essener Zuschauer dann beobachten, wie brutal
Fußball sein kann. Bei einem hohen Ball sah der ansonsten souveräne
Lotter Schlussmann gar nicht gut aus, doch ein weiterer ehemaliger
Essener, David Czyszczon, kann den Ball von der Linie kratzen.
RWE brach leider nach dieser Chance ein klein wenig zusammen. Nachdem
Lottes Stürmer Fischer alles daran tat, seine eigenen Treffer zu
verhindern, bekam er in der 88. Minute durch eine schöne Passkombination
mit Lorenz völlig frei den Ball und braucht nur noch einzuschieben, da
sich alle Essener Verteidiger auf Lorenz konzentriert hatten. Das war es
leider, trotz einem guten Auftritt standen die Essener Spieler mit
leeren Händen da und der Spitzenreiter durfte sich über einen weiteren
Sieg freuen.
Eine absolut bittere Niederlage, auch wenn die Essener Fans keineswegs
gänzlich enttäuscht das Stadion verließen. Die Essener Mannschaft wirkte
deutlich stabiler als in den letzten Wochen, das Sorgenkind
Innenverteidigung war heute keines. Deshalb geht ein Sonderlob an den
Essener Denker, der nach anfänglichen Schwierigkeiten ein tolles Spiel
ablieferte. Auch spielerisch war das Team im Mittelfeld präsenter und
durchschlagskräftiger, allerdings muss an der Chancenverwertung
gearbeitet werden. Es braucht leider doch noch etwas länger Zeit, bis
sich die Mannschaft in der vierten Liga zu Recht gefunden hat. Doch
wieder einmal wurden sie nach dem Spiel von vielen Zuschauern gefeiert,
diese Jungs haben sich das Tragen des ruhmreichen Trikots wahrlich
verdient. Jetzt zählt die Vorfreude auf das Spiel gegen Hertha, welches
sich die Jungs verdient haben, und erst dann geht es in der Saison
weiter. Und dann auch hoffentlich mit dem verletzten Ordner, dem wir auf
diesem Weg auch gute Besserung wünschen!
Jawattdenn-Spielerbewertung
Lamczyk [2] |
Lehmann [2-] |
Denker [2-] |
Jasmund [2] |
|
|
Brauer [2] |
Koep [3] |
Heppke [1-] |
Tokat [2-] |
Lemke [2-] |
|
Lenz [4+] |
Enzmann [o.B.] |
Avci [o.B.] |
Kuta [o.B.] |
Rot-Weiss Essen
Lamczyk - Lehmann (85. Avci), Denker, Jasmund, Grund (69. Enzmann) - Koep, Brauer, Tokat, Heppke, Lemke (89. Kuta) - Lenz
Sportfeunde Lotte
Görrissen - Liesenfeld (78. Gataric), Czyszczon, Zinke, Hohnstedt - Grieneisen, Gorschlüter, Wiewerink, Lorenz (90. Wingerter) - Hess (33. Schlösser), Fischer
Tore
0:1 André Wiewerink (80.), 2:0 Marcus Fischer (88.)
Zuschauer
6.190
Schiedsrichter
Sascha Stegemann (Bonn)
Gelbe Karten
Jasmund, Lehmann, Lemke - Zinke, Grieneisen