01.10.2011

Rot-Weiss Essen - 1. FC Kaiserslautern II

von Redaktion

Im fünften Heimspiel der Saison hat es RWE nun erwischt. Die erste Niederlage vor stimmungsvoller Flutlicht-Kulisse nahm in der ersten Halbzeit ihren Lauf, als der Gast vom Betzenberg aus drei Chancen drei Tore machte. Und die RWE-Spieler ihnen dabei zuschauten. Eine wie verwandelt aus der Kabine gekommene Rot-Weiss-Elf schien nach Toren von Avci und Lenz dann auf dem besten Weg zum Happy End, konnte aber auch mit Hilfe von zwei Platzverweisen für Lautern in den letzten 20 Minuten ein Remis nicht mehr erzwingen.

Ein lauschiger Spätsommertag, Temperaturen noch über 20 Grad, die Umrisse des neuen Stadions nun schon deutlich zu erkennen und der Parkplatz P2 auf jenes (hohe) Niveau angehoben, auf das demnächst das ganze Areal aufgeschüttet werden wird. Kurz: Eine Kulisse wie gemalt – und komplettiert durch 6.870 erwartungsvolle Zuschauer.

Waldemar Wrobel hatte es vor dem ersten Spiel nach 14tägiger Pause angemahnt: „Lautern II ist ähnlich einzuschätzen wie die Reserve vom VfL Bochum. Es gilt, besonders aggressiv in die Zweikämpfe zu gehen und schnell von Defensive auf Offensive umzuschalten. Wir wollen uns gegenüber dem 1:1 gegen Bochum steigern und dominant auftreten.“

Die vom Ex-Essener Kicker Alois Schwartz trainierten Betzebuben kamen mit der Bürde nach Essen, in diesem Jahr erst ein Regio-Spiel gewonnen zu haben. „Vor dieser Kulisse ist Männerfußball gefragt“, gab Schwarz die Marschroute aus. Gegenüber der Niederlage gegen Dortmund II (2:4) nahm er zwei Änderungen vor: Der erst 18jährige Jungprofi Dominique Heintz (mit Vertrag bis 2015!) rückte für den verletzten Giuliano Modica in die Innenverteidigung. Im Mittelfeld kam erstmals der seit Anfang April nicht mehr in einem Pflichtspiel aktive Profi Jiri Bilek zum Einsatz – er hatte sich im Urlaub beim Sturz von einem Kirschbaum böse verletzt. Besonderes Augenmerk legten die Essener auf Andrew Wooten, den Sturmführer der kleinen Roten Teufel. Der Spieler mit Rückennummer 10 erzielte bislang in 75 Regionalpartien 23 Tore. Um es vorweg zu sagen: Wooten wurde an diesem Abend erfolgreich aus dem Spiel genommen – dafür schossen leider andere die Tore.

Enzmann zum ersten Mal in dieser Saison in der Startelf
Bei RWE kam erstmals in dieser Saison Leon Enzmann von Beginn an im Duett mit Kevin Grund auf der linken Seite zum Einsatz. Kerim Avci rückte dafür ins Zentrum, mit „Bene“ Koep als zentraler Spitze davor. Markus Heppke und Dirk Jasmund bildeten erneut die Innenverteidigung, da sich die Probleme am Knie von Maik Rodenberg unter der Woche erneut kompliziert hatten und auch Adrian Schneider und Kevin Lehmann verletzungsbedingt passen mussten.

Rot-Weiss legte im ersten Flutlichtspiel der laufenden Saison zunächst schwungvoll los. Schon in der 2. Minute drischt Heppke einen direkten Freistoß knapp über den Lauterer Kasten, ehe Linsmayer für Lautern nach einer Ecke erstmals frei zum Kopfball kommt. Noch unplatziert und daher ohne Konsequenzen.

Es folgen zunächst nochmals zwei gute Möglichkeiten für die Roten: Zunächst in der 7. Minute in Gestalt eines Kopfballs von Koep nach schöner Flanke von Kuta, der knapp vorbeistreicht. Kurz darauf verzieht Enzmann aus aussichtsreicher Position, nachdem zuvor Koep aus spitzem Winkel Torwart Knaller angeschossen hatte.

Unbedrängt und im Stile eines Filigrantechnikers macht Zuck das 0:1
Wie aus heiterem Himmel und mitten in diese erste kleine Drangperiode der Hausherren dann das 0:1 in der 9. Minute: Unbedrängt und im Stile eines Filigrantechnikers schlenzt Hendrick Zuck das Leder aus zirka 20 Metern butterweich über den etwas zu weit vor seinem Gehäuse stehenden Lamczyk hinweg ins Netz. Es war das dritte Saisontor des Lauteres, der noch genug Zeit hatte, sich zu drehen und in Ruhe Maß zu nehmen.

In der ersten Hälfte operierte RWE zu linkslastig
Nachdem Suat Tokat in der 13. Minute nur knapp an einem von Heppke hereingegebenen Freistoß vorbeigerutscht war, ergibt ein erstes Fazit: RWE noch nicht mit dem richtigen Timing, mit zu wenig Präzision und Zug zum Tor. Lediglich die „Linksfraktion“ mit Enzmann und Grund sowie die unermüdlich rackernden Koep und Kuta ragen aus einer noch nicht ganz wachgerüttelten Mannschaft heraus. Über die rechte Seite läuft im Gegensatz zu links so viel wie nichts, sodass Holger Lemke zunächst wirkungslos bleibt. „Wir hatten in der ersten Hälfte über die linke Seite gute Szenen, haben aber zur Zeit in der Mittelzone keinen, der die dann verwertet“, stellte Waldemar Wrobel später in der PK fest.

Nach einer gelben Karte für den Lauterer Heintz dauert es dann bis zur 24. Minute, ehe sich die Essener wieder eine Chance erarbeiten: Doch Avci verzieht nach feiner Vorarbeit von Grund knapp.

Zarte Hoffnungen auf einen schnellen Ausgleich zerstreuen sich dann in Minute 30: Ein Freistoß von Alan Stulin segelte an Freund und Feind vorbei zu Jiri Bilek, der vor dem auf der Torlinie klebenden Lamczyk nur noch zum 0:2 einzunicken braucht. „Lautern wollte die Tore, und wir schauen zu“, beklagte Wrobel später.

Bis auf zwei Gelegenheiten für Avci und Enzmann kommen die vom Publikum trotz des Rückstands weiter vorbildlich unterstützten Gastgeber in der Folgezeit weiter zu keinen zwingenden Möglichkeiten. Erst in der 33. Minute erzwingen sie ihre erste Ecke, der 1.FCK hat es bis dahin schon auf vier gebracht.

Zum Ende der ersten Halbzeit verflacht dann das Spiel. Die vor allem bei Standardsituationen und hohen Bällen gefährlichen Pfälzer tun nicht mehr als nötig, während RWE weiter nach der rechten Bindung zwischen den einzelnen Mannschaftsteilen forscht. Avci setzt zwar mit einigen beherzten Aktionen immer wieder Akzente, dagegen kann die Kreativabteilung Brauer/Tokat noch nicht an alte NRW-Liga-Glanzzeiten anknüpfen. Der hochmotivierte Enzmann hat in der 37. Minuten nochmals eine Chance, lässt aber nach starkem Beginn nun etwas nach.

Bei Standards offenbarte RWE gravierende Deckungslücken
Aus einem wie stets an diesem Abend auf Lauterer Seite von Zuck geschossenen Freistoß folgt dann in der 41. Minute sogar noch das 0:3: Der bullige Adam Nemec, wie Bilek Mitglied des Profi-Kaders der Roten Teufel, köpft völlig unbedrängt ein. Erneut offenbaren sich in dieser Szene Essener Deckungslücken und Abstimmungsprobleme bei Standardsituationen.

Mit dennoch nur ganz vereinzelten Pfiffen werden die Roten in die Kabine verabschiedet – die sie dann 15 Minuten wie ausgewechselt verlassen. Zunächst verpasst Enzmann das 1:3 (47.) – er schießt zunächst den Torwart an, dann prallt ihm der Ball noch einmal gegen das Schienbein – und von dort ins Seitenaus. Die Aktion wirkt wie ein Weckruf – RWE bleibt sofort am Drücker, erzwingt erst eine Ecke, ehe Avci nach Zuspiel von Tokat in der 50. Minute mit einem sehenswerten Flachschuss aus 18 Metern auf 1:3 verkürzt.

Mit noch mehr Support von den Rängen entwickelt Rot-Weiss nun endlich jene Power und Dominanz, die man sich von Beginn an gewünscht hätte. Und setzt die schwarz-weiß gestreiften Gäste tatsächlich noch einmal unter Druck. Nun ist plötzlich auch Lemke wie ausgewechselt, sprüht geradezu vor Einsatzfreude. In der 54. köpft er nach einer erneuten Sahne-Flanke von Grund den Ball auf die Latte des Lauterer Gehäuses.

Lenz gelingt mit der ersten Ballberührung das 2:3
In der 64. Minute dann der Lohn für das couragierte Offensivspiel: Lukus Lenz, gerade erst frisch für Enzmann hereingekommen, gelingt mit seiner ersten Ballberührung per Kopf das 2:3.
Nun kocht die Ruine – und sie brodelt fast über, als Kaiserslautern in der 68. und 69. Minute gleich zwei rote Karten infolge kassiert. Zuerst erwischt es Alan Stulin nach einem Foul an Avci – für das man mit Wohlwollen auch nur Gelb hätte geben können. Dann Nemec, den der mitunter etwas kleinlich pfeifende Referee Rafael Foltyn wegen Meckerns gleich hinterher schickt.

FCK in den letzten 20 Minuten nur noch mit neun Akteuren
So bleiben Kaiserlautern für die letzten 20 Minuten nur noch acht Feldspieler. Schwarz wechselt den insgesamt etwas hinter den Erwartungen gebliebenen Wooten gegen den Defensivmann Rizzuto (72.) aus – und gibt das Kommando zum Einigeln.

Wrobel reagiert seinerseits und bringt in der 77. Minute Kaya für Avci, später noch Schlomm für Brauer. Wie zu erwarten, entwickelt sich bis auf gelegentliche Entlastungsvorstöße durch Lauterns Zellner nun ein Spiel auf ein Tor. In der 80. Minute verpasst Lemke nach Vorlage von Kaya das Tor, und als Schlussmann Knaller den Ball zu lange hält und dafür einen Freistoß für Essen provoziert, ergibt sich in der 87. Minute erneut eine große Chance – doch Grund setzt aus 14 Metern den Ball links neben den Kasten.

Es fehlte der EINE geniale und abgeklärte Pass zum verdienten Ausgleich
Noch einmal Aufregung nach einer Feuerzangen-Attacke auf Knaller von der Ost, dann Gelb für den Keeper wegen Spielverzögerung und noch zwei ungenutzte Chancen für Lemke und Lenz. Doch das aufgrund der Spielanteile über 90 Minuten sicherlich verdiente 3:3 will einfach nicht fallen. Der Einsatz stimmte, die Chancen zum Remis waren zuhauf da, doch fehlte am Ende die EINE zündende Idee, der EINE abgeklärte tödliche Pass in die Schnittstelle einer Lauterer Resttruppe, die selbst in brenzligsten Situationen geordnet blieb und trotz Hexenkessel-Stimmung nie hektisch wurde.

In der PK sprach Lauterns Coach Schwartz Alois Schwartz von „einem guten Ausbildungsspiel, das wir etwas glücklich, aber nicht ganz unverdient als Sieger verlassen.“ Nach verdienten Niederlagen gegen Dortmund und Verl habe man sich für dieses „typische Hafenstraßen-Spiel“ viel vorgenommen, so Schwartz weiter. „Nach schlechtem Beginn haben wir besser ins Spiel gefunden und die bei einigen jüngeren Spielern festzustellende Nervosität abgelegt. RWE war in der ersten Halbzeit nicht so präsent, so machen wir aus einem Standard sogar noch das 3:0.“

Schwartz: „Müssen nach der Halbzeit zehn Minuten überstehen“
In der Halbzeit habe er seiner Mannschaft gesagt: „Wir müssen die ersten zehn Minuten ohne Gegentor überstehen, dann kommen die ersten Pfiffe.“ Doch statt Missfallensbekundungen kamen zwei Gegentore – und „so war das Spiel nach dem 2:3 nochmals völlig offen. Nach den zwei Roten Karten haben wir schnell umgeschaltet und gut gegen den Ball gearbeitet.“

Waldemar Wrobel begann seinen Kommentar zum Spiel mit der Feststellung: „Spiele werden im Strafraum entschieden.“ Wobei er eindeutig auf das schlechte Deckungsverhalten seiner Abwehrleute hinwies.

Wrobel: „Von einem verdienten Lauterer Sieg kann keine Rede sein“
Dass Lautern verdient als Sieger den Platz verlassen hätte, wollte er aber nicht gelten lassen. „Der FCK hatte drei finale Chancen, aus denen er drei Tore macht. Wir hatten deutlich mehr Möglichkeiten, viele davon mit mehr als 80 und 90 Prozent. Wir hätten sie nur nutzen müssen.“

Den Eindruck, seine Spieler hätten die numerische Überlegenheit der letzten 20 Minuten nicht konsequent und clever genug ausgenutzt, wehrte Wrobel vehement ab: „Beim Spiel Hertha BSC gegen Werder Bremen, bei dem wir live vor Ort waren, haben die Bremer in der gleichen Überzahl-Situation deutlich weniger Chancen kreiert als wir heute. Ich stelle mich da ganz entschieden hinter meine Mannschaft, die sehr akribisch gespielt hat!“

Thomas Imhof


Jawattdenn-Spielerbewertung

Dennis Lamczyk
Lamczyk
[3-]
Kevin Grund
Grund
[3-]
Dirk Jasmund
Jasmund
[4+]
Markus Heppke
Heppke
[3-]

Meik Kuta
Kuta
[2]

Timo Brauer
Brauer
[3+]
Suat Tokat
Tokat
[3]
Holger Lemke
Lemke
[3]
Kerim Avci
Avci
[2-] 
Leon Enzmann
Enzmann
[3]
Benedikt Koep
Koep
[3]
Lukas Lenz
Lenz
[o.B.]
Güngör Kaya
Kaya
[o.B.]
Marcel Schlomm
Schlomm
[o.B.]


Rot-Weiss Essen

Lamzyk – Kuta, Jasmund, Heppke, Grund – Brauer (86. Schlomm), Tokat – Lemke, Avci (76. Kaya), Enzmann (64. Lenz) – Koep

 

1. FC Kaiserslautern II

Knaller - Becker, Heintz, Linsmayer, Stulin – Bilek, Zellner – Himmel (86. Lindner), Nemec, Zuck – Wooten (71. Rizzuto)
Schiedsrichter: Rafael Foltyn (Mainz-Kastel)

 

Tore

0:1 Zuck (9.), 0:2 Bilek (30.), 0:3 Nemec (41.), 1:3 Avci (50.), 2:3 Lenz (64.)

 

Zuschauer

6.870

 

Schiedsrichter

Rafael Foltyn (Mainz-Kastel)

 

Gelbe Karten

Koep - Knaller, Bilek

Rote Karten

Sulin wegen groben Foulspiels (68.), Nemec wegen Meckerns (69.)


 Spieler des Spiels 10. Spieltag - Meik Kuta