Grüße und Gedanken von Eurer Nr. 11 zum Jahreswechsel
Auch in diesem Jahr hat es sich Vincent Wagner nicht nehmen lassen, den RWE-Fans persönlich zum anstehenden Jahreswechsel ein paar Zeilen zum Nachdenken zu schreiben und einen guten Rutsch zu wünschen.
Liebe Rot-Weiss Essen Fans,
kennt Ihr den Film „Australia“ ?
Ich meine die Stelle, als der Aborigine draußen vor der Tür der Bar stehen muss und nicht rein darf. Habt Ihr schon mal vor einer verschlossenen Tür gestanden und durftet
nicht rein? Eine Tür wo Ihr aber unbedingt durch wolltet, weil es Euch
so wichtig war?
Na ja, die bereits geschlossene Tür von einem Laden in der
Weihnachtszeit ist fast normal und zu verschmerzen, die verschlossene
Tür zu einem Arzt wegen Urlaubs, weil es Euch schlecht ging, schon
weniger. Die Tür in irgendeinem Amtsgebäude, weil Ihr keinen Termin
hattet, brauchtet aber dringend eine Bescheinigung. Auch die
verschlossene Tür zu Eurem Chef dürft Ihr Euch nicht ganz so zu Herzen
nehmen, er hatte wahrscheinlich nur keine Zeit für Euch in diesem
Weihnachtstrubel.
Oder Ihr standet eben einfach vor der verschlossenen Tür zu einer Disco,
einer Bar, weil Ihr nicht das Richtige anhattet oder Eure Nase dem
Türsteher nicht passte. (Ist mir schon klar, dass für viele wichtig ist,
in bestimmte „Läden“ reinzukommen – P 1 in München, Achteck in Schwerin
oder das Essence in Essen – man will ja teilhaben!)
Die Stelle im Film wird aber erst richtig interessant, als nämlich
sämtliche Mauern der Bar durch einen Bombenangriff abgebrannt waren, der Aborigine immer noch draußen stand und der Barkeeper, jetzt mit ihm
Auge in Auge, sagte: „Du darfst nicht rein – denn es war schon immer so!“
So typisch Mensch!
Wenn es wirklich immer schon so war – muss es denn dann immer so
bleiben? Muss immer der, der nichts hat, vor der Tür stehen bleiben bzw.
muss man ihn im nachhinein vor die Tür setzen – weil er nicht mehr
passte?
Da fällt mir unsere Mannschaft ein – den Profisport, bei dem oftmals
ganz klar gesagt wird – wer vor der Tür stehen bleibt und wer mitspielen
darf. Es hat mich schon geschmerzt , lieb gewonnene Spieler missen
zu müssen. Nicht alle durften durch die uns sehr wichtige Tür gehen, der
eine oder andere blieb davor und musste sich neu orientieren. Na klar, es gibt für jeden Menschen immer neue Türen, doch man weiß eben nie, welche dann die Richtige ist.
Mein Vater sagt: „Alles hat seinen Sinn
und seinen Grund – wer weiß wozu es gut ist....! Denn ob nun im
Berufsleben oder im Sport, Fehler sind in der heutigen Zeit nicht erlaubt, obwohl ich mir oftmals - egal wo - mehr Menschlichkeit wünschen
würde, welche zunehmend auf Kosten des Erfolges geopfert wird.
Doch denke ich, ist es gerade das, was Besonderes möglich macht (einen
Aufstieg, eine Geburt, hinter einer Mannschaft zu stehen obwohl sie drei
Monate keinen Erfolg gelandet hat!) – die Menschlichkeit.
Und wenn die Gesellschaft zunehmend nicht mehr in der Lage ist, die
Menschlichkeit zu wahren, sollte es nicht wenigstens der Sport als
Vorreiter versuchen, den Spagat zu schaffen und somit einen
Brückenschlag zwischen Erfolg und Menschlichkeit zu ermöglichen. Bei all
unserem Streben und Erfolgsdruck sollten wir niemals vergessen: Fußball ist zum Glück nur ein „Spiel“.
Ich wünsche allen einen „Guten Rutsch“ ins neue Jahr, Kraft und
Gesundheit bei Ihrer täglichen, auch unterschiedlich schweren Suche nach
neuen, richtigen und vor allem offenen Türen, damit jeder es selbst in
der Hand hält, seine Ziele hinter jeder neuen Tür zu erreichen.
Euer Vincent