Verkorkste Weihnachtsfeier
Manchmal ist es einfach Zeit für eine Pause. Dies dachten sich wohl auch alle RWE-Akteure, die bei der letzten Partie des Jahres in Köln auf dem Platz standen. 2:4 hieß es aus Essener Sieg am Ende gegen die SC Fortuna, die an diesem Tag in allen Belangen besser war und hoch verdient den Platz als Sieger verließ.
Die Essener Mannschaft ließ über
weite Strecken leider alles vermissen, was sie in der letzten Saison und
an den drei vorausgegangenen Spieltagen ausgezeichnet hat: Hohe
Laubereitschaft, enorme Kampfstärke und unbändiger Siegeswille. Die
gefühlte Negativserie im schrecklichsten Stadion der gesamten deutschen
Nachkriegsgeschichte, welche nur in der letzten Saison mit dem 1:0 durch
Suat Tokat unterbrochen wurde, geht im Kölner Süden weiter. Schlimmer
ist aber noch, dass die vorweihnachtliche rot-weiße Stimmung einen
derben Dämpfer erhalten hat.
Es kommt nicht sehr oft vor, dass ein RWE-Fan nach dem Aufstehen froh
ist, wenn ein Spiel seiner Jungs am Abend ausfallen würde. Das Wetter
war einfach nur furchtbar, der Dauerregen der letzten Tage ließ
eigentlich nur den Schluss zu, dass im Südstadion diese Partie nicht
angepfiffen würde. Doch durch die eindeutigen Botschaften der beiden
Vereine blieb über dem gesamten Tag kein Zweifel daran, dass die
Zuschauer doch den Weg in die Rheinmetropole. Die Anreise lief trotz des
Feierabendverkehrs nahezu problemlos, auch ein Parkplatz am Südstadion
zu finden bereitete noch nie große Schwierigkeiten. Die Probleme lagen
eher im organisatorischen Bereich am Stadion. Aufgrund der Wetterlage
entschieden wir uns, dass Spiel auf der Tribüne zu verfolgen, doch über
den normalen Eingang hatten wir keine Chance in das Stadion zu gelangen.
Es wurde ein kleiner Bereich für die Essener Fans geöffnet, allerdings
war dieser recht überschaubar und die Hälfte des Spielfelds wurde von
einer Plastikscheibe im Sichtfeld verdeckt. Unglaublich, aber in diesem
Stadion hat man selbst auf den Sitzplätzen einen bescheidenen Ausblick.
Wollte ein Fan von dort zur Toilette oder sich mit Nahrungsmitteln
versorgen musste dieser in den Stehplatzbereich gehen um dies alles zu
erledigen. Positiv war zu bemerken, dass alkoholhaltige Getränke
vorhanden waren, was bei Kölsch aber auch keine extreme Verbesserung der
derzeitigen Lage darstellte.
Das Spiel begann mit einer nahezu exakten Aufstellung zu dem Sieg gegen
Düsseldorf II, nur Kevin Grund startete für den gesperrten Dirk Jasmund
auf der rechten Seite. In den ersten Minuten wollte Fortuna Köln direkt
aufzeigen, wer Herr im Haus ist und wer in der Tabelle zurzeit sehr weit
oben steht. Die Essener bekamen keinen Fuß auf den Boden und verloren
den Ball schon sehr früh im Aufbauspiel, was Fortuna mit ihren schnellen
Leuten gnadenlos ausnutzte. Nur 10 Minuten dauerte es, als eine schöne
Kombination beim Ex-Essener Silvio Pagano landete und der mühelos zum
1:0 einschieben konnte. Dieses Zusammenspiel klappte auch so wunderbar,
weil die gesamte Essener Hintermannschaft völlig versagte und nur die
Statisten für furios aufspielende Kölner waren.
Vor allem Pagano, der
für viele Essener das Sinnbild für die katastrophale Einkaufspolitik der
Ära Strunz stand, bereitete den Defensivspezialisten Kopfschmerzen und
hatte in dieser Anfangsphase noch zwei weitere dicke Chancen. Weitere 10
Minuten später stand aber sein Mannschaftskollege Hamdi Dahmani im
Vordergrund, da dieser Guirino enteilen konnte und mit einem tollen
Schuss das 2:0 erzielte. Die Messe schien hier schon früh gelesen zu
sein, RWE hatte dem Sturmlauf der Kölner, die zudem ohne ihren
Toptorjäger Montabello antraten, nichts entgegenzusetzen.
Auch nach dem zweiten Treffer änderte sich das nicht. Gespielt wurde nur
in eine Richtung, und zwar in die des Essener Tores. Nach mehreren
vergeblichen Versuchen sich aus dieser Umklammerung zu befreien war
Vincent Wagner gezwungen, Kölns Mittelfeldspieler Yilmaz 20 Meter vor
dem Tor von den Beinen zu holen. Den fälligen Freistoß schoss Dirk
Caspers, ein weiterer Ex-Spieler von der Hafenstraße, sehenswert in
Essener Tor hinein. Mit dem 3:0 zur Pause war RWE gut bedient, es hätte
weitaus höher für die Gastgeber stehen können. Es war eine bodenlose
Unverschämtheit, was die Mannschaft von der Hafenstraße in der ersten
Halbzeit den Zuschauern an Fußball darbot. Angesichts dieser Vorstellung
erwartete kein mitgereister Fan, dass sich was in der zweiten Hälfte
ändern könnte. Erstes Opfer war Benedikt Koep, der nach dem Wechsel den
Platz verlassen musste und Leon Enzmann seine Rolle übernahm. Die
Mannschaft hatte anscheinend Besserung gelobt und stürmte direkt nach
vorne, um einen Anschluss herzustellen. Und tatsächlich konnte der
gerade erst eingewechselte Enzmann den Ball nach mehreren erfolglosen
Versuchen durch Kaya im Nachsetzen versenken. Es brannte also noch eine
kleine Flamme der Hoffnung in der Adventszeit. Wer sich übrigens die
Frage stellt, ob die Bierproduktion nach Enzmanns Treffer in Köln
eingestellt wurde, muss sich leider mit einem deutlichen „Nein“
begnügen.
Endlich übernahm RWE etwas das Heft und hatte direkt mehrere
Möglichkeiten zu einem weiteren Anschlusstreffer. In der 50. Minute
verzog Heppke den Ball freistehend aus 16 Metern, sechs Minuten später
rettete Kölns Schlussmann Paucken vor Lemke. Die dickste Chance hatte
aber mit Abstand in der 65. Minute Vincent Wagner, der nach einem
Freistoß von Heppke aus kurzer Distanz den Ball in den feuchten
Abendhimmel schoss.
Zu diesem Zeitpunkt war der Torschütze zum 1:3 nicht
mehr auf dem Platz, Leon Enzmann musste mit einer Knieverletzung ausgewechselt werden. Nach Wagners Möglichkeit sortierte
Fortuna die Abwehr neu und es passierte nicht mehr viel. Die Jungs von
der Hafenstraße schienen keine Kraft mehr zu haben, hier doch noch etwas
mitnehmen zu können. In der Phase der Neutralisierung könnte sich Dahmani
noch einmal auf der rechten Seite durchsetzen und brachte den Ball in
der 77. Minute zu Steffen Moritz, der alleingelassen den Ball nur noch
über die Linie drücken musste. Das war es endgültig, auch wenn RWE nach
einem Elfmetertor von Brauer noch das 2:4 erzielen konnte.
Es war ein ganz schlimmer Abschied aus dem Erfolgsjahr 2011, der die
guten Eindrücke der letzten drei Wochen sehr stark trübt. Die Mannschaft
ist in dieser Konstellation ein Kandidat für das gesicherte Mittelfeld,
zu mehr reicht es noch nicht. Da aber zum Ende der Hinrunde man
definitiv zwei Mannschaften aus Nordrhein-Westfalen hinter sich lassen
kann und in Schlagweite zum angestrebten Platz neun steht fällt die
Bilanz nicht allzu negativ aus. Es hat schon schlechtere Vorzeichen in
der Weihnachtszeit an der Hafenstraße gegeben. Waldemar Wrobel muss
jetzt die Kräfte seiner Mannschaft wieder sammeln und in der Rückrunde
wieder angreifen. Wir wünschen dafür viel Erfolg und unseren Jungs ein
frohes Weihnachtsfest!
Jawattdenn-Spielerbewertung [folgen]
Lamczyk [3-] |
Guirino [4] |
Wagner [3] |
Denker [3-] |
|
|
Brauer [2-] |
Koep [3-] |
Heppke [3+] |
Kaya [3-] |
Lemke [3-] |
|
Lenz [4] |
Enzmann [3-] |
Avci [o.B.] |
Schlomm [o.B.] |
SC Fortuna Köln
Paucken - Caspers, Ende (82. Habl), Theißen, Heinze - Laux, Moritz, Yilmaz, Dahmani (87. Gietzen), Kühn - Pagano (71. Heber)
Rot-Weiss Essen
Lamczyk - Guirino (71. Schlomm), Denker, Wagner, Grund - Koep (45. Enzmann, 59. Avci), Brauer, Kaya, Heppke, Lemke - Lenz
Tore
10. Silvio Pagano 1:0, 22. Hamdi Dahmani 2:0, 33. Dirk Caspers 3:0, 46. Leon Enzmann 3:1, 78. Ozan Yilmaz 4:1, 80. Timo Brauer (Elfmeter) 4:2
Zuschauer
1.480
Schiedsrichter
Christian Gittelmann (Gauersheim)
Gelbe Karten
Wagner, Lenz