Toller Sieg im zweiten Derby gegen Königsblau
Das Leben ist schön – Vor allem, weil es immer wieder Überraschungen beinhaltet. Kaum jemand im Essenr Umfeld rechnete mit einem Sieg im Prestigeduell gegen die ungeliebten Nachbarn, aber trotz einer Rumpftruppe und Ermüdungserscheinungen gelang ein toller Sieg in der Mondpalast-Arena in Wanne-Eickel.
Vorweg sei eine Anekdote erzählt, die fast
die Erstellung dieses Spielberichts verhindert hätte: Der jawattdenn.de-
Redakteur war der festen Überzeugung, dass im Stadion von Westfalia
Herne gespielt würde und wusste auch nicht, dass es noch ein andere
größere Spielstätte in Herne gibt. Nur ein Anruf bewahrte mich davor,
zur falschen Adresse zu fahren. Dies ist mir in meinem zwanzigjährigen
Fandasein und unzähligen Auswärtsfahrten auch noch nicht passiert.
Nach diesen anfänglichen Schwierigkeiten ging es dann doch per Auto
Richtung Wanne-Eickel. An der Spielstätte der DSC gab es ausreichend
Parkplatzmöglichkeiten für die knapp 2.500 Zuschauern.
Erstaunlicherweise fanden auch einige Blau-weiße ihren Weg, die die
unbeliebten Farben spazieren trugen. Das Stadion hatte die typische
Atmosphäre einer Bezirkssportanlage, aber im Rahmen der sportlichen
Bedeutungslosigkeit dieses Derbys ein angemessener Austragungsort. Die
Toiletten waren an der Hauptribüne überraschend sauber, die Auswahl an
Speisen rar, aber dafür schmeckte es auch. Auf der Gegengeraden bildeten
die rot-weißen Anhänger eine Front in der Höhe der Mittellinie, um ihr
Team im Kampf um Ruhm und Ehre zu unterstützen.
In der Anfangsphase wurde schon deutlich, dass dies ein rassiges
Fußballspiel werden würde. Beide Mannschaften schenkten sich nichts und
suchten den Weg nach vorne, aber in den ersten Minuten standen die
Abwehrreihen noch sicher. In der 15. Minute dann eine kuriose Situation:
RWE ist Vorwärtsdrang, als Kolasinac den Ball mit der Hand stoppt und
völlig zu Recht den gelben Karton sieht. Der anschließende Freistoß von
Avci findet den Weg zu Himmelmann, Ball für blau-weiß. Blitzschnell
schaltete der Gastgeber um und leitete einen Konter ein, der nach einem
Luftkampf mit Denker und Iberdemaj auf den Fuß von Wiegel landete,
dieser Jasmund sehr alt aussehen ließ und den Ball ins linke untere Eck
schob. Doch es wurde noch bitterer für RWE: Nur drei Minuten später nahm
Lamczyk den Ball an der Grundlinie an, aber anstatt den Ball zu den
umliegenden rot-weißen Abwehrspielern zu schlagen versuchte der
rot-weiße Schlussmann Fußball zu spielen (was bekanntlich trotz sehr
starker Qualitäten nicht zu seinen absoluten Stärken gehört), der Ball
wird ihm von Stürmer Iberdemaj vom Fuß genommen und dieser hat keine
Probleme das Spielgerät einzuschieben – 0:2!
Da blieb einem schon die Wurst im Halse stecken, die anwesenden blauen
Fans siegessicher jubelten und jetzt sogar einen Kantersieg erhoffen
konnten. Die Zeichen standen auch sehr schlecht, schließlich gaben die
Auftritte in den letzten zwei Spiele und der deutliche Rückstand wenig
Hoffnung auf Besserung. Aber jetzt übernahm der Ex-Blaue und Kapitän
Timo Brauer das Heft in die Hand und bearbeitete die rechte Seite
sehenswert, so sehenswert, dass seinem Gegenspieler Erwig-Drüppel von
seinen Dribblings regelrecht schlecht wurde. Seine Flanke in den
Strafraum wird auf Avci zurückgelegt, der kurz vor der Strafraumgrenze
den zum Anschluss wunderbar in das rechte Eck drosch. Es begann eine
spielerisch starke Phase der Essener, in der Jasmund nach einem Freistoß
die dickste Chance zum Ausgleich vergab.
Jetzt folgte der Witz des Tages, erzählt von dem in vielen Situationen
überforderten Schiedrichter Florian Heft. Leider konnten weder die
Essener noch die Gastgeber über seinen Humor lachen. Teil 1 des Witzes
folgte nach einem starken Solo von Lemke, der bis in den Strafraum
gelangen konnte und seinen Gegenspieler Sabah toll aussteigen lässt.
Lemke musste eigentlich nur abziehen, doch Sabah hatte was dagegen und
stoppte ihn in den Augen der meisten Zuschauer regelwidrig. Es gab auch
keinen Grund für Lemke sich hier hinfallen zu lassen, doch Heft sah dies
anders und zog sogar eine gelbe Karte für eine angebliche Schwalbe.
Fünf Minuten später wurde dann doch noch die Pointe des Witzes bekannt
gegeben. Benedikt Koep kam nach einem leichten Körperkontakt von
Ex-Bundesligaprofi Fahrenhorst im Strafraum zu Fall, jeder dachte das
Spiel wird fortgesetzt aber jetzt gab es doch den Elfmeter. Selbst die
Essener Bank konnte sich vor Lachen kaum halten, obendrein sah auch
Fahrenhorst die gelbe Karte. Ausgleichende Gerechtigkeit mal anders,
das schlechte Gewissen des Schiedsrichters aufgrund der Aktion gegen
Lemke konnten die Zuschauer bis auf die Tribüne spüren. Timo Brauer ließ
der ganze Trubel kalt. Der sicherste Elfmeterschütze in den Essener
Reihen verwandelte vom Punkt aus eiskalt zum viel umjubelten Ausgleich!
Was für ein Spiel in der ersten Halbzeit mit einer leider schlechten
abschließenden Nachricht für das Team aus Essen. Nach dem Zweikampf vor
dem 0:1 für die Blauen hatte sich Denker schwer verletzt, es ging für
ihn nach 40 Minuten nicht mehr weiter. Waldemar Wrobel hat schon
wahrscheinlich den einen oder anderen Alptraum über seine
Innenverteidigung gehabt, jetzt war er auch noch angewiesen, Guirino
auf Denkers Position zu stellen und so im Gespann mit Jasmund die x-te
Konstellation in der Abwehrzentrale aufzubieten. Und um es vorweg zu
nehmen: Dies hat in der zweite Halbzeit erstaunlich gut funktioniert!
Auch die anderen Mannschaftskollegen gaben ihr Bestes, allen voran
Kapitän Timo Brauer. In der 50. Minute leitete er eine Doppelchance ein,
zuerst vergab Koep vor Himmelmann, nach der anschließenden Ecke wehrte
der starke Ex-Essener Torhüter einen Schuss von Lemke ab. Die blau-weiße
Nachwuchsmannschaft spielte aber weiterhin ordentlich mit, der Stürmer
Iberdemaj war dabei der auffälligste Akteur und ständiger Unruheherd in
den Reihen der Gastgeber. Doch die dickeren Chancen hatten die Gäste.
Nach 63. Minuten war es wieder einmal Koep, der eine große Möglichkeit
vergab, danach schoss Kaya einfach mal aus 15 Metern ab, doch Robin
Himmelmann zeigte einmal mehr seine großen Qualitäten und hielt diesen
Schuss äußerst stark.
Benedikt Koep wurmte es anscheinend sehr, seine Möglichkeiten nicht
genutzt zu haben und gab weiter ordentlich Gas. Nur zwei Minuten nach
der erneuten Doppelchance sah er sich in 25 Metern Entfernung zum Tor
um, kein Gegenspieler da, also einfach mal draufhalten, das Ding schlug
nach einem gewaltigen Schuss in die rechte Ecke unhaltbar für Himmelmann
ein, und so hieß es 3:2 für Essen. In der Folgezeit war Essen dem
Ausbau der Führung deutlich näher, in der 83. Minute klatschte der Ball
nach einem Kopfball von Lukas Lenz an den Pfosten der Gastgeber, das war
knapp. Ansonsten ging es vielfach über Freistöße auf beiden Seiten,
doch Ertragreiches kam nicht dabei heraus.
Ein verdienter Derbysieg, der unter den personellen Voraussetzungen
nicht hoch genug bewertet werden kann. Die Jungs haben nach den
anstrengenden Wochen eine tolle Energieleistung gezeigt und sind
hoffentlich gut eingestimmt für das Spiel des Jahres in Uerdingen,
welches auch seinen Schatten über das Spiel in Herne gelegt hatte.
Anzumerken sei noch, dass der Neuzugang Pires-Rodrigues in der zweiten
Halbzeit für die Gastgeber eingewechselt wurde und ein gutes Spiel
zeigte, technisch bringt der „Neue“ viel mit und wird hoffentlich noch
für viel Spaß an seiner neuen Wirkungsstätte sorgen. Nun zählt aber nur
noch der Pokalsieg, auch wenn dieser Sieg für alle Essener Fans ein
schönes Ereignis war. Auf nach Uerdingen!
Jawattdenn-Spielerbewertung
Lamczyk [4] |
Brauer [2] |
Jasmund [2-] |
Denker [3+] |
|
|
Lemke [2-] |
Grummel [3] |
Koep [2+] |
Avci [1-] |
Grund [2] |
|
Kaya [2-] |
Guirino [2] |
Lenz [o.B.] |
Enzmann [o.B.] |
FC Schalke 04 II
Himmelmann - Langlitz (81. Ernst), Sabah, Fahrenhorst, Erwig-Drüppel (46. Pires-Rodrigues) - Schmidt, Kolasinac, Müller, Torres - Iberdemaj, Wiegel
Rot-Weiss Essen
Lamczyk - Brauer, Jasmund, Denker (41. Guirino), Lehmann - Lemke (86. Enzmann), Grummel, Koep (80. Lenz), Avci, Grund - Kaya
Tore
17. Andreas Wiegel 1:0, 22. Ideal Iberdemaj 2:0, 25. Kerim Avci 2:1, 43. Timo Brauer (Elfmeter) 2:2, 64. Benedikt Koep 2:3
Zuschauer
2.400
Schiedsrichter
Florian Heft (Wietmarschen)
Gelbe Karten
Langlitz, Ernst, Fahrenhorst, Schmidt, Mülller, Wiegel - Lemke, Avci