04.12.2011

2. Sieg am 2. Advent

von Hendrik Stürznickel

Derbys scheinen den Rot-Weissen mehr zu liegen als der graue Viertligaalltag. Beim Sieg in Dortmund feierte RWE nicht nur den zweiten Erfolg in Serie, sondern sorgte mit dem 1:0 für den ersten Auswärtserfolg in dieser Saison. Die Mannschaft, die in der vergangenen Woche beschlossen hat, ihren freien Trainingstag zu opfern, um noch einmal trainieren zu können, belohnte sich und die Fans in der letzten Minute selbst und beendete ein skurriles Spiel mit einem Sieg.

Waldemar Wrobel schenkte exakt der Aufstellung vertrauen, die schon gegen eine gewisse Zweitvertretung einen Sieg einfahren konnte. Auf Dortmunder Seite konnte man gleich drei Spieler aufbieten, die mit einem Profivertrag ausgestattet sind. Während Marvin Bakalorz und Damien Le Tallec jedoch allenfalls dem erweiterten Kader des BVB angehören, so stand mit Florian Kringe die Erfahrung von 191 Erstligaspielen auf dem Platz.

Trotz der Nähe fanden eher wenige RWE-Fans den Weg nach DortmundJedoch war es Rot-Weiss Essen, das nach einer kurzen Abtastphase das Heft in die Hand nahm. Jedoch ist es der BVB in Person von Ex-RWE-Spieler Ivan Paurevic, der die erste Großchance erhält. Der Mittelfeldspieler visierte aber wenige Meter vor dem Kasten von Lamczyk nicht richtig an (25.). Im direkten Gegenzug prüfte Timo Brauer BVB-Torwart Johannes Focher per Kopf.

Der BVB verschaffte sich nun deutliche Vorteile und verlagerte das Geschehen mehr und mehr in die Hälfte von RWE. Der Stimmung tat das keinen Abbruch. Auch wenn das Thema Fanfreundschaft auch nach diesem Spiel keines ist, so gab es doch ein komisches Bild ab, als auf Dortmunder Seite die Fans fleißig mithüpften, als skandiert wurde: „Wer nicht hüpft, der ist ein …!“ Auch die Umdichtung des Klassikers von Juliane Werding wurde in trauter Eintracht angestimmt. Schade, dass dieser Eindruck von einer späteren Auseinandersetzung getrübt wurde.

Der Schiedsrichter erlebt indes, einen zunehmend schwieriger werdenden Einsatz. In der 31. Minute dringt Benedikt Koep in den Strafraum ein und wird von Marcel Halstenberg zu Fall gebracht. Der Schiedsrichter will darin aber kein elfmeterwürdiges Foul erkannt haben. Auf der Gegenseite streckte Dirk Jasmund den BVB-Profi Florian Kringe nieder (36.). Dieses Mal gab es Freistoß direkt am Strafraum. Der Schiedsrichter musste aber beinahe beide Augenzudrücken, um dieses Foul außerhalb des Strafraums zu werten. Man könnte sich darauf einigen, dass Nikolaus Athanassiadis einen gütlichen Konsens gefunden hat.

Die Teams gehen mit einem gerechten Unentschieden in die Pause. Nach der Pause dezimierte sich der BVB nach einer unfassbaren Aktion selbst. Die Ausgangslage: Bei einem Zweikampf an der Eckfahne auf Essener Seite sprang der Ball ins Aus. Es war schwierig zu erkennen, wer zuletzt am Ball war, der Linienrichter sprach den Ball RWE zu. Das erregte Damien Le Tallec so sehr, dass er sich für seine fortwährenden Meckereien die gelbe Karte abholte. Daraufhin schickte er anscheinend noch ein unschönes Wort hinterher, woraufhin der Schiri die glatt rote Karte zückte. Bei allem Respekt, aber wer ein Profi sein möchte, der sollte sich nicht so benehmen und so fahrlässig seine Mannschaft schwächen. Die Reaktion auf die Situation war ohnehin völlig unangemessen.

Florian Kringe war wohl der erfahrenste Spieler auf dem PlatzAuf den Rängen wurde es dann ebenfalls sehr unruhig. Eine kleine Gruppe auf der Seite des BVB provozierten und auf der Gästeseite nahm man dies gerne an und es ist dem tatkräftigen Einsatz des Ordnungsdienstes zu verdanken, dass dieser Vorgang schon im Keim erstickt wurde. Nicht auszudenken, wenn dieses doch eher faire Aufeinandertreffen so eine traurige Wendung genommen hätte. Man muss jedoch die Frage stellen, ob das Stadion Rote Erde wirklich tauglich ist auch so genannte Risikospiele dort stattfinden zu lassen. Bei einer höheren Besucherzahl als "nur" 900 hätte diese Situation leicht eskalieren können.

RWE konnte den Vorteil der Überzahl zunächst aber nicht ausnutzen. Der BVB kam so richtig in Fahrt. Die Offensive der schwarzgelben kombinierte wunderbar und immer wieder war es Terrence Boyd, der den Abschluss suchte. Es war einer herausragenden Leistung von Dennis Lamczyk zu verdanken, dass RWE diese Phase unbeschadet überstand. Warum Trainer David Wagner in der 70. Minute Boyd auswechselte, wird wohl sein Geheimnis bleiben. Der Spieler reagierte extrem sauer und feuerte eine Trinkflasche fort und zerstörte dabei sogar ein Stück der Plexiglasverkleidung der Auswechselbank. Von da an war der Offensivdrang der Dortmunder gestört und RWE konnte sich wieder ordnen.

Die BVB-Kicker sammelten jedoch fleißig Karten der Kategorie unnötig (fast schon dumm). Marcel Halstenberg spielte im Mittelfeld absichtlich Hand, um eine nicht gerade aussichtsreiche Kontersituation zu verhindern und holte sich dafür den gelben Karton ab. Ebendieser Marcel Halstenberg entschied sich in der 88. Minute den Ball wegzuschlagen, weswegen auch er vom Platz musste. Diese Undiszipliniertheiten verwundern bei der so vorbildlichen Jugendarbeit des BVB. Trainer David Wagner, der sich extrem aufregte, jedoch wohl eher über seine Spieler als über die Entscheidung des Schiedsrichters musste ebenfalls auf die Tribüne gehen.

Kollektives Ausrasten nach dem 1:0Die letzte Minute brach an, die so viele RWE-Fans mit dem Fluch verbinden. RWE bekam einen Eckball zugesprochen und der BVB wechselte. Jonas Hofmann verließ den Platz und das sehr langsam. Ein halbes km/h weniger und er wäre rückwärts gelaufen. Diese Prozedur zog sich extrem lange hin und der Schiedsrichter entschied darauf sofort beim Abklatschen der beiden Spieler den Ball freizugeben. Oskar Gasecki hatte so keine Chance rechtzeitig den Strafraum zu erreichen, dieses Vorgehen der Schiedsrichter bei so offenem und übertriebenem Zeitspiel ist aber nur zu begrüßen. Somit hatte Dortmund eine dreifache Unterzahl und dieses Mal nutzte Benedikt Koep diesen Umstand aus und versenkte die Kugel zum 1:0. Es folgte der wohl geilste Torjubel, den diese Mannschaft jemals feierte.

Kurz vor dem Abpfiff holte sich Kevin Grund eine ebenso unnötige gelb-rote Karte für Ballwegschlagen ab und der Schiedsrichter beendete die Partie. Dieser Sieg war sicherlich glücklich, aber RWE nimmt die drei Punkte gerne mit. Auch wenn dieses Mal nicht alles Gold war, was glänzte, so steigerte sich das Team auffällig im Vergleich zum Duell der Vorwoche. Waldemar Wrobels Ziel noch vier Punkte bis zur Pause zu holen, kann so in den ausstehenden beiden Spielen möglicherweise übertroffen werden. Allerdings muss RWE gegen Fortuna Düsseldorf auf den Leistungsträger Kevin Grund verzichten. Aber das alles störte am Samstag erst einmal niemanden. Die Mannschaft konnte sich ein zweites Mal befreit für ihren unermüdlichen Einsatz, den sie auch während der Niederlagenserie zeigte, feiern lassen. Das kommende letzte Heimspiel dieses Jahres steht nun an und auch an der heimischen Hafenstraße will man sich sicherlich mit einem Erfolg verabschieden.


Jawattdenn-Spielerbewertung

Dennis Lamczyk
Lamczyk
[1-]
Dirk Jasmund
Jasmund
[3]
Vincent Wagner
Wagner
[2]
Thomas Denker
Denker
[2-]

Kevin Grund
Grund
[3]

Timo Brauer
Brauer
[3+]
Benedikt Koep
Koep
[2]
Markus Heppke
Heppke
[2]
Güngör Kaya
Kaya
[2-] 
Holger Lemke
Lemke
[2]
Lukas Lenz
Lenz
[3]
Cedric Vennemann
Vennemann
[o.B.]
Stefan Grummel
Grummel
[o.B.]
Leon Enzmann
Enzmann
[o.B.]


Borussia Dortmund II

Focher - Vrancic (91. Gasecki), Halstenberg, Hofmann, Bakalorz - Fring (46. Unzola), Kringe, Paurevic, Hornschuh, Le Tallec - Boyd

 

Rot-Weiss Essen

Lamczyk - Jasmund (75. Vennemann), Wagner, Denker, Grund - Koep, Brauer, Kaya, Heppke, Lemke (83. Enzmann) - Lenz (75. Grummel)

 

Tore

1:0 Koep (90.+2)

 

Zuschauer

958

 

Schiedsrichter

Nikolaus Athanassiadis (St. Peter Ording)

 

Gelbe Karten

Paurevic

 

Gelb-rote Karten

Le Tallec, Halstenberg - Grund

 


 Spieler des Spiels 17. Spieltag - Dennis Lamczyk