05.09.2010
Westfalia Rhynern - Rot-Weiss Essen
Doppelpack von Brauer - RWE spielt 2:2 gegen Rhynern
In einer Kopie des ersten Auswärtsspiels in Velbert konnte Rot-Weiss Essen auch in Ahlen eine zweimalige Führung nicht verteidigen. Am Ende musste die nur in den ersten 15 Minuten überzeugende Elf von Waldemar Wrobel noch zufrieden sein, gegen einen in der zweiten Halbzeit couragiert zu Werke gehenden Aufsteiger Rhynern noch ein 2:2 mitnehmen zu können. Durch zwei Standardsituationen war RWE in Führung gegangen, kassierte aber jeweils postwendend den Ausgleich. Beim ersten Gegentreffer konnte Schiller unbedrängt von links flanken, den Kopfball verwandelte Naßhan unhaltbar für Lamczyk zum 1:1. Beim 2:2 stand der eingewechselte Miguel Dotor-Ledo frei am 16-Meter-Raum und schoss den nach einer hohen Flanke nur halbherzig geklärten Ball volley flach und trocken in die Maschen. RWE blieb zwar auch im vierten Saisonspiel ungeschlagen, wirkte aber vor allem in der zweiten Halbzeit weniger gut organisiert und spritzig als in den Spielen zuvor. Zugleich zeigte der Spieltag, dass in der NRW-Liga jeder jeden schlagen kann und auch ein Aufsteiger wie Rhynern alles andere als chancenlos ist. Neuer Spitzenreiter ist vorerst Westfalia Herne.Beste äußere Bedingungen im Werse-Stadion von Ahlen, in das SV Westfalia Rhynern (gesprochen: Rhienern) zu angeblichen Kosten von 40.000 Euro (!) umziehen musste. Gut 2.000 Zuschauer fanden sich bei bestem Spätsommerwetter in der Arena des Drittligisten ein, in die bei Heimspielen von RWA aktuell im Schnitt 2.400 Zuschauer “strömen”. Die 1.700 bis 1.800 RWE-Fans okkupierten die Hälfte der Gegengerade-Tribüne sowie einen Teil der unüberdachten Rampe hinter dem linken Tor – und sorgten über einen Großteil des Spiels zusammen mit einigen Bremer Mitstreitern für besten Support.
RWE ging zunächst sehr konzentriert ins Spiel und setzte die vom Trainergespann ausgegebene Marschroute 1:1 um. Die erste Chance bot sich Holger Lemke nach vier Minuten, doch scheiterte er aus kurzer Entfernung an Torhüter Wegner. Der vom Ex-Essener Michael Lusch trainierte Aufsteiger wirkte zunächst sehr nervös in der Abwehr und kriegte das Leder oft nur mühsam aus der Gefahrenzone.
Bei RWE liefen die Angriffe zumeist über die rechte Seite, man sah gepflegtes Kombinationsspiel , gegen das die Hammer oft nur Befreiungsschläge als Antwort wussten. In der 10. Minute sah der Ex-Schalker Traufetter als erster von am Ende sechs Spielern den gelben Karton, während der Essener Anhang langsam stimmlich zur Hochform auflief.
Nach etwa 20 Minuten war die erste Drangphase der Rot-Weissen aber abgeflaut – und Rhynern startete mit ersten, zunächst noch zaghaften Angriffsversuchen. Trotzdem bot sich in der 23. Minute die bis dahin größte Chance des Matches dem RWE: Doch der Kopfball von Lukas Lenz (nach Flanke von Leon Enzmann) stricht knapp am Tor vorbei. Die Wrobel-Truppe blieb sofort am Drücker – doch den Flachschuss von Enzmann konnte der etwas unsichere Torwart der Hausherren – wenn auch erst im Nachfassen - festhalten.
In der 25. Minute stand wiederum der Essener Linksaußen im Brennpunkt: Kurz vor der Strafraumgrenze wurde er von den Beinen geholt - den fälligen Freistoß verwandelte Timo Brauer fast mühelos. Der Ball schien haltbar, doch war dem Keeper wohl die Sicht versperrt. Egal: Zu diesem Zeitpunkt eine absolut verdiente Führung für RWE.
Doch wie schon in Velbert konnte sich der Essener Anhang nur kurz über die Führung freuen. Denn schon in der 27. Minute tankte sich Alexander Schiller auf der linken Seite durch, flankte mit seinem starken linken Fuß ungestört nach innen und fand den Kopf von Nils Naßhan – 1:1 !
Kurz schien RWE konsterniert, doch versuchten die Roten dann doch, nach kurzer Unsicherheit wieder die Initiative zu übernehmen. Doch Lenz verpasste erneut knapp – war aber schon zuvor im Abseits. Danach gab es für die Gäste bis zur Halbzeit keine zwingenden Situationen mehr aus dem Spiel heraus. Im Gegenteil: In der 41. Minute verlor Vincent Wagner nach einer Nachlässigkeit im 5-Meter-Ball fast den Ball an den lauernden Dennis Buschening. Es folgten noch zwei Mini-Chancen für Lenz – ehe Schiri Frömel zum Pausentee pfiff.
Das Fazit der ersten Halbzeit: Rhynern kam nach dem Ausgleich besser ins Spiel und konnte das Match weitgehend ausgeglichen gestalten. Dennoch war das Unentschieden ein wenig schmeichelhaft, machten die Hammer doch im Grunde aus nur einer Großchance ihr Tor. RWE dagegen hätte aus seinen Chancen zwei oder drei Treffer machen müssen und hatte auch deutlich mehr Ballbesitz.
Die zweite Halbzeit begannen beide Teams zunächst unverändert. RWE kam mit viel Druck aus der Kabine und drängter sofort auf den erneuten Führungstreffer. Die Drangphase wurde nur kurz durch einen Warnschuss von Buschening (49.) unterbrochen, ehe Wagner nach einem Solo über fast das ganze Feld auf Enzmann legte – der aber leider erneut ins Abseits lief.
In der 55. Minute sah Avci wegen Ballwegschlagens Gelb, kurz darauf auch Wagner, nachdem er einen Angriff der Hammer Vorstädter nur durch Trikotzerren kurz vor der 16-Meter-Linie vereiteln konnte.
Rhynern wurde nun richtig frech, legte jeglichen Respekt vor dem vermeintlich großen Gegner ab. Es entwickelte sich ein offenes Spiel mit viel “Pfeffer”.
In der 60. Minute verließ Torschütze Naßhan verletzungsbedingt das Feld und wurde durch Miguel Dotor-Ledo ersetzt – ein Mann, der noch eine Rolle spielen sollte. Nach einem Rempler an Lehmann im Strafraum ertönte kein Schiedsrichterpfiff, während kurz darauf Traufetter übers Tor zielte. In der 64. Minute dann die erste Auswechselung auf Essener Seite: Avci raus, Pilch rein.
Weiterhin wogte das Spiel hin und her – Traufetter hatte erneut eine große Chance, doch konnte mit seinem schwachen Fuß kein Kapital draus schlagen. Dann die 68. Minute: Sebastian Pilch drang naßforsch in den Strafraum rein, und wird vom gegnerischen Innenverteidiger David Schmidt eher sanft von den Beinen geholt. Der Unparteiische zeigte trotzdem auf den ominösen Punkt – und Brauer verwandelte erneut.
Doch während sich an der Außenlinie bereits Vennemann (für Tokat) zum Wechsel bereit machte, stand es plötzlich 2:2. Nach einer Flanke von links in den Essener Strafraum bekam die Essener Abwehr nach einem Foul an Vincent Wagner den Ball nicht richtig weg, der “zweite Ball” landete beim im Rückraum frei stehenden Dotor-Ledo (Ex- RW Ahlen), der volley trocken, aber satt aus etwa 18 Metern einnetzte. Klagte Vincent Wagner: “Dem Treffer ging ein klares Foul an mir voran.”
Nun begann eine echte Zitterphase für die auch konditionell etwas nachlassenden Essener. Rhynern wirkte erstaunlich aggressiv und spritzig , während sich beim eigentlichen Favoriten mehr und mehr individuelle Fehler einschlichen. Der Einsatz stimmte zwar, doch lief nun viel über den schieren Kampf, während spielerische Akzente kaum noch gesetzt wurden.
Auch der in der 82. Minute für dem emsigen, aber etwas glücklosen Lenz eingewechselte Huschka konnte das Blatt nicht mehr wenden, und so blieb ein harmloser Weitschuss von Pilch schon in der Nachspielzeit die letzte Chance des Spiels.
Fazit: Rhynern erzwang nach einer couragierten Leistung ein durchaus nicht unverdientes Remis, hatte sogar phasenweise das Siegtor auf dem Stiefel. Vor allem aufgrund der zweiten Halbzeit, in der die Chancenanteile zumindest gleichwertig waren, geht das Remis in Ordnung.
Das sah auch RWE-Coach Waldemar Wrobel so: “Wir haben sehr gut angefangen und in den ersten 15 Minuten zwei, drei gute Chancen herausgespielt. Wir waren aber insgesamt nicht so präsent und gallig wie in den letzten drei Spielen. Das lag sicherlich auch an Rhynern. In der zweiten Halbzeit haben wir de facto nicht gut gespielt, und die spielerische Linie verloren. Wir waren nicht aggressiv und kalt genug. Es ist uns auch nicht gelungen, uns spielerisch aus der Situation zu befreien. Wir waren in den 1:1-Situationen immer zweiter Sieger. Der Einsatz stimmte zwar, aber die Jungs sind nicht ökonomisch, nicht mit Verstand gelaufen. Sie haben die Zweikämpfe angenommen, aber zu unorganisiert. Beide Tore haben wir auf fahrlässige Art bekommen.
Insgesamt gab es zu viele individuelle Fehler, und manchmal fehlte uns auch die Abgezocktheit. Dass wir zweimal unmittelbar nach einer Führung gleich wieder den Gegentreffer kassieren, darf natürlich ebenfalls nicht sein. Mit dem Ergebnis bin ich aufgrund der Chancen, die Rhynern am Ende noch hatte, zufrieden. Nicht aber mit dem Spiel meiner Mannschaft über 90 Minuten.”
Michael Lusch (Trainer SV Rhynern): “Ich sehe das Spiel ähnlich wie Waldemar. Sicher ist es für uns bitter, durch zwei Standardsituationen zwei Punkte liegenzulassen. Die Möglichkeit war da, das Spiel zu gewinnen. Es war ähnlich wie in Herne, wo wir auch in der Schlussphase gute Möglichkeiten hatten, das Spiel zu entscheiden. Wir haben uns in den letzten drei Spielen erheblich steigern können. Nervosität und Respekt vor den Gegnern sind bei vielen Spielern nun nicht mehr so groß wie am Anfang. Wenn wir so weitermachen, werden wir irgendwann auch mit einem Dreier belohnt.”
Das letzte Wort des Tages gebührt RWE-Kapitän Timo Brauer: “Jeder weiß, was er falsch gemacht hat. Es waren Fehler, die uns im Kollektiv nicht passieren dürfen. Die müssen wir aufarbeiten, und dann holen wir am nächsten Freitag wieder drei Punkte.”
Thomas Imhof
Jawattdenn-Spielerbewertung
Lamczyk [3] |
Jasmund [4+] |
Wagner [4] |
Thamm [3+] |
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Brauer [2] |
Tokat [3-] |
Lemke [3] |
Avci [3] |
Enzmann [3] |
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Lenz [4+] |
Pilch [o.B.] |
Vennemann [o.B.] |
Huschka [o.B.] |
Westfalia Rhynern
Wegner - Naßhan (59. Dotor-Ledo), Schmidt, Kaleoglu, Jonca - Gehrmann (74. Lipki), Dej, Tahiri, Schiller - Traufetter (86. Bechtold), Buschening Rot-Weiss Essen
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