27.03.2011

VfB Homberg - Rot-Weiss Essen


Kaum Wolken am Horizont

Fast jede Woche könnte man zu Beginn eines Spielberichts denselben Satz schreiben: Souverän gewinnt RWE das Spiel, während die Verfolger Federn lassen. Nach dem 1:0 Sieg in Homberg ist der Vorsprung auf satte 18 Punkte angewachsen, allerdings ohne die kommenden Nachholspiele zu berücksichtigen. Dennoch ist es im Fußball nie so einfach wie es scheint, denn jeder Sieg ist von der Wrobel-Elf hart erarbeitet und erkämpft. Auch das Homberg-Spiel bewahrheitete wieder eine Binsenweisheit: Jedes Spiel ist anders!

Heimspielmacher und ein paar GästeDie Fahrt nach Homberg war von einer leichten Ausflugsstimmung geprägt. Vorbei am Duisburger Binnenhafen und über Gevatter Rhein ging es bei herrlichstem Wetter in den Duisburger Nordwesten. Am PCC-Stadion, eine bessere Bezirkssportanlage, trafen sich völlig entspannte RWE-Fans, um einen weiteren Sieg ihrer Elf gegen einen hochgefährdeten Abstiegskandidaten zu sehen. Der Rahmen in Duisburg war recht vielversprechend. Auch wenn es an der Kasse etwas freundlicher hätte zugehen können war das Angebot an Speis und Trank sehr ansprechend. Neben der klassischen Bratwurst zu einem akzeptablen Kurs gab es auch heißen Backfisch, allerdings ist bis zu diesem Zeitpunkt unbekannt, ob bei diesem Wetter der Backfisch reißenden Absatz gefunden hat. Hauptsache er kam wirklich von der Nordsee und nicht direkt aus dem Duisburger Innenhafen.

Es hätte alles so schön sein können, wenn doch nicht kleinere Wolken am Horizont aufgetaucht wären. Der Rasen in der PCC-Arena war schlichtweg eine Katastrophe und machte jeder Hundewiese Konkurrenz. RWE-Übungsleiter Wrobel schlich eine Stunde vor dem Spielbeginn kopfschüttelnd über die Spielfläche und wusste wohl selber nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Respekt vor den Bundesligadamen von FCR Duisburg, die wirklich harte Mädels in ihren Reihen haben müssen um jede Woche halbwegs unverletzt vom Platz zu gehen. Kurz vor dem Spielbeginn machte ein Gerücht die Runde, welches sich später bestätigen sollte: Der rot-weisse Kapitän Timo Brauer fiel wegen einer Innenbanddehnung im Knie aus. Als zuverlässiger Quelle wurde von einigen Fans das soziale Netzwerk „Facebook“ angegeben. Ein ganz klarer Fall von „Gefällt mir nicht“!

Kampf bis auf's Blut - RWE 2010/2011Aber nun sollte es los gehen, das lang erwartete Spiel. Beide Mannschaften würden sicherlich ein Feuerwerk abbrennen. Selbst die Fans des VFB Homberg hatten eine bahnbrechende Choreo für dieses Spiel mit gelben Pappschildern vorbereitet. Aufstiegsträumer gegen Abstiegskämpfer, da muss es doch zur Sache gehen. Doch es wurde, sagen wir mal, anders als gedacht. Schon zu Beginn zeigte sich, dass die Zuschauer wohl froh sein konnten, wenn hier überhaupt ein Tor fiel. Wie von Wrobel erwartet stellten sich die Homberger extrem auf die Verteidigung ein, während Essen die Ideen fehlten. Völlig unspektakulär versuchte RWE den Ball nach vorne zu schlagen, aber das Spielgerät kam postwendend mit Porto an den Absender zurück. Einfach nur zum Gähnen.

Gefährlich wurde es nur, wenn die Essener ihr Kurzpassspiel aufziehen konnten. So dauerte es eine knappe halbe Stunde, bis die spielbestimmende Mannschaft in Rot-Weiß eine erste richtig dicke Chance hatte. Ein Zuckerpass von Tokat erreichte auf der linken Seite den starken Kuta, der sich toll durchsetzen konnte und in den Strafraum eindrang. Dort fand er Lemke, der allerdings aus kurzer Distanz an zwei Homberger Abwehrspieler scheiterte. Danach verflachte das Spiel wieder sogar unter dem Ausgangsniveau. Und dann kam doch noch einmal kurz vor dem Halbzeitpfiff die große Chance für Lenz zur Führung, doch die Hereingabe von Kuta konnte er aus kurzer Distanz nicht verwerten. Mehr gab es wirklich nicht von der ersten Hälfte in Sachen Tormöglichkeiten zu berichten, und zwar auf beiden Seiten.

Zwei wichtige Erkenntnisse lieferte die erste Halbzeit doch noch. Zum einen hob sich der Mann in Schwarz in diesem Grottenkick noch einmal besonders negativ hervor. Für jedes Schreien und Fallen der Homberger gab es zum Teil gefährliche Freistoßgelegenheiten in der Essener Hälfte, die allerdings von den schwachen Gastgebern nicht genutzt werden konnten. Cedric Vennemann sah für ein vergleichsweise harmloses Foul schon nach 22 Minuten die erste gelbe Karte. Zum anderen war da noch die sehr harte Spielweise der Homberger, was natürlich zum Teil der defensiven Taktik des VFB geschuldet war. Nach vier gelben Karten in der ersten Halbzeit, zweimal für jedes Team, war jedem Beobachter klar, dass diese Partie wohl nicht mit allen 22 Akteuren enden würde. Auch bemerkenswert waren die Anfeuerungsrufe einer Homberger Zuschauerin durch ein Megafon, die mit einer Piepsstimme die VFB-Fans zum Support aufrufen wollte. Sowas erlebte man als RWE-Fan auch nicht alle Tage.

Brauer-Vertreter Benedikt KoepÜber den Seitenwechsel freuten sich nicht nur alle anwesenden Zuschauer, sondern auch der Torwart von VFB Homberg, der sich jetzt nicht mehr um einen Tinnitus in Folge der lautstarken Provokationen der Essener Fans hinter seinem Tor sorgen musste. Direkt nach dem Wiederanpfiff begann das Spiel schwungvoller, allerdings aus Sicht der Gäste in der völlig falschen Richtung. RWE-Innenverteidiger Thamm, der über das gesamte Spiel nicht seine Bestleistung ablieferte, verlor den Ball an Milaszewski, der in der Jugend auch mal das rot-weiße Trikot trug, und ermöglichte ihm die Riesenchance zur Führung. Das Eingreifen von Wagner, Lamczyk und dem Verursacher selbst verhinderte den Treffer für den Homberger Stürmer. Auch in der Folge agierte der VFB jetzt offensiver, RWE musste in dieser Phase darum fürchten, die Dominanz hier doch noch abzugeben.

Es dauerte etwa zehn Minuten, bis RWE wieder die Kontrolle über das Spiel übernehmen konnte. Doch die Angst vor Nadelstiche durch Homberger Konter blieb bestehen, zudem blieben klare Torchancen für die Essener aus. Die Gäste kämpften aber um jeden Ball. Ein Beispiel dafür war Benedikt Koep, der den Part von Brauer übernehmen musste und somit seine Offensivqualitäten brach lagen, dafür allerdings jeden Zweikampf im Mittelfeld gewann und auch das ein oder andere schöne Solo laufen konnte. Aber dies alles blieb Stückwerk, die Partie wurde nicht besser. Individuelle Fehler machten das Spiel spannender als nötig. Wieder war es Thamm, der Bougdji nur durch eine harte Grätsche stoppen konnte. Der fiel im Strafraum, was aber von Schiedsrichter Sören Storks korrekterweise nicht geahndet wurde. Die Homberger antworteten mit einem harten Einsteigen an der Seitenauslinie, die anschließende Rudelbildung zeigte, welche Richtung dieses Spiel jetzt einnehmen sollte.

Großer Einsatz auch an der SeitenlinieDie Essener mühten sich weiter gegen das Bollwerk aus Duisburg, aber außer eine Menge gelber Karten für Schwarz-Gelb gab es für den hohen Einsatz nix. Dann passierte aber in der 68. Minute eine Szene, die endlich etwas bewegen sollte. Ein Freistoß von Tokat fand den Kopf von Lenz, der aber das Tor aus ganz kurzer Entfernung verpasste. Die mitgereisten Zuschauer merkten jetzt, dass die Mannschaft ihre Unterstützung brauchte. Die Stimmung war über das gesamte Spiel sehr schlecht, was aber an dem Spiel selbst und die Konstruktion der Sportanlage lag. Die Ultras waren ein Abbild ihrer Mannschaft: Das ganze Spiel über hoch engagiert und vorbildlich kämpfend, aber leider sprang sehr wenig Zählbares dabei heraus. Doch irgendwie war das rot-weiße Team von dem Support angesteckt. Einmal mehr lief es über Tokat, der ein glänzendes Auge bewies und zu Jasmund passte, sein gefährlicher Schuss konnte Holewa, auch ein Ex-Essener, nur mit großer Mühe zum Eckball klären. Die anschließende Ecke landete wieder bei Jasmund, der aber diesmal deutlicher verzog. Der Ball blieb aber heiß, Lehman gab den Ball noch einmal von der anderen Seite herein, Alexander Thamm stieg zum Kopfball hoch – Und da war er drin! Das schier Unglaubliche war doch noch passiert, RWE ging von den Spielanteilen her hochverdient in Führung. Das war ein Balsam auf die Seelen der Verantwortlichen, Spieler und Fans aus der einzig wahren Ruhrgebietsstadt.

Und es sollte weiter gut laufen für die Gäste. Hombergs Kapitän Acar hatte kurz nach dem Gegentreffer seinen zweiten großen Auftritt und setzte zur Grätsche an der Seitauslinie an. Der Schiedsrichter sah ein Foul, RWE-Trainer Wrobel allerdings nicht, trotzdem flog Acer vom Platz. Es gab eine weitere Rudelbildung und wieder eine Menge Aufregung. Acar war aber in guter Gesellschaft, dies war eine von insgesamt neun!!! gelben Karten für den VFB. Anstatt aber jetzt zum finalen Schlag auszuholen blieb die Essener Schlussoffensive aus. Es schien, als ob man mit der knappen Führung zufrieden war. Homberg gab sich nicht auf und setzte alles auf die Offensive. Dies gab auch noch einmal die Gelegenheit, Schiedsrichter Storks einen letzten großen Auftritt zu ermöglichen. Vincent Wagner stieg überhart gegen Bougdji knapp vor der Eckfahne ein, zum Entsetzen aller Fans zog er aber anstatt eine zweite Gelbe Karte direkt den roten Karton. Der Platzverweis ging völlig in Ordnung, aber eine längere Sperre für den Essener Innenverteidiger in Kauf zu nehmen spricht für die Unverhältnismäßigkeiten in seinen Entscheidungen und die fehlenden Kontrolle der Leitung des Spiels. Herzlichen Dank, Herr Storks!

Ein bisschen was von Aufstiegsfeier...Nur noch einmal kam Gefahr für das Essener Tor auf, als ein Ball nach einem Freistoß knapp über das Tor strich. Dann pfiff der Schiedsrichter diese grauenhafte Partie ab, der RWE hatte wieder drei Punkte mehr auf dem Konto. Die anschließenden Proteste der Homberger waren unverständlich, da die Schwarz-Gelben bis auf die Härte nichts zum Spiel beigetragen hatten. Auch das beobachtete Spucken eines Homberger Spielers spricht nicht gerade für die Gastgeber. Nach dem Spiel wurde der Platz von den Essener Fans betreten, übrig blieb ein kaputtes Geländer. In Wegberg hatte man wenigstens auf Bauzäune gesetzt. Es fegte ein lauter Wirbelsturm von den feierenden Fans und Spielern auf dem Rasen, irgendwie hatte das alles schon etwas von Aufstiegsfeier. Aber das Spiel zeigte auch wieder einmal, dass ein absolut bescheidendes Spiel durch einen erhöhten Einsatz und Kampf entschieden werden kann. Dies zeichnet die Mannschaft von der Hafenstraße in dieser Saison aus. Und das unterscheidet sie auch von dem Rest der Liga. Wer soll da noch dieses Team stoppen?


Jawattdenn-Spielerbewertung

Dennis Lamczyk
Lamczyk
[2-]
Dirk Jasmund
Jasmund
[2-]
Vincent Wagner
Wagner
[3-]
Alexander Thamm
Thamm
[3-]

Kevin Lehmann
Lehmann
[2]

Benedikt Koep
Koep
[2-]
Suat Tokat
Tokat
[3+]
Holger Lemke
Lemke
[3+]
Cedric Vennemann
Vennemann
[3-]
Meik Kuta
Kuta
[2]
Lukas Lenz
Lenz
[3]
Jan Jensen
Jensen
[o.B.]
Thomas Denker
Denker
[o.B.]
 Patrick Dutschke
Dutschke
[o.B.]
   

VfB Homberg

Holewa - Attris (66. Walenciak), Giorri, Edu, Kwiatkowski - Acar, Dragovic (82. Ünal), Dammrath, Bougjdi - Sogolj, Milaszewski

Rot-Weiss Essen

Lamczyk - Jasmund, Thamm, Wagner, Lehmann - Kuta, Vennemann, Koep (90. Denker), Tokat, Lemke (93. Dutschke) - Lenz (79. Jensen)

  

Tore 

0:1 Thamm (69.)


Zuschauer

2.500

Schiedsrichter

Sören Storks

Gelbe Karte

Attris, Giorri, Edu, Kwiatkoski, Dragovic, Ünal - Thamm, Vennemann

Gelb-rote Karte

Acar

Rote Karte

Wagner (grobes Foulspiel)

Spieler des Spiels 18. Spieltag - Kevin Lehmann