VfB Homberg - Rot-Weiss Essen
Kaum Wolken am Horizont
Fast jede Woche könnte man zu Beginn eines Spielberichts denselben Satz
schreiben: Souverän gewinnt RWE das Spiel, während die Verfolger Federn
lassen. Nach dem 1:0 Sieg in Homberg ist der Vorsprung auf satte 18
Punkte angewachsen, allerdings ohne die kommenden Nachholspiele zu
berücksichtigen. Dennoch ist es im Fußball nie so einfach wie es
scheint, denn jeder Sieg ist von der Wrobel-Elf hart erarbeitet und
erkämpft. Auch das Homberg-Spiel bewahrheitete wieder eine
Binsenweisheit: Jedes Spiel ist anders!
Die Fahrt nach Homberg war von einer leichten Ausflugsstimmung geprägt.
Vorbei am Duisburger Binnenhafen und über Gevatter Rhein ging es bei
herrlichstem Wetter in den Duisburger Nordwesten. Am PCC-Stadion, eine
bessere Bezirkssportanlage, trafen sich völlig entspannte RWE-Fans, um
einen weiteren Sieg ihrer Elf gegen einen hochgefährdeten
Abstiegskandidaten zu sehen. Der Rahmen in Duisburg war recht
vielversprechend. Auch wenn es an der Kasse etwas freundlicher hätte
zugehen können war das Angebot an Speis und Trank sehr ansprechend.
Neben der klassischen Bratwurst zu einem akzeptablen Kurs gab es auch
heißen Backfisch, allerdings ist bis zu diesem Zeitpunkt unbekannt, ob
bei diesem Wetter der Backfisch reißenden Absatz gefunden hat.
Hauptsache er kam wirklich von der Nordsee und nicht direkt aus dem
Duisburger Innenhafen.
Es hätte alles so schön sein können, wenn doch nicht kleinere Wolken am
Horizont aufgetaucht wären. Der Rasen in der PCC-Arena war schlichtweg
eine Katastrophe und machte jeder Hundewiese Konkurrenz.
RWE-Übungsleiter Wrobel schlich eine Stunde vor dem Spielbeginn
kopfschüttelnd über die Spielfläche und wusste wohl selber nicht, ob er
lachen oder weinen sollte. Respekt vor den Bundesligadamen von FCR
Duisburg, die wirklich harte Mädels in ihren Reihen haben müssen um jede
Woche halbwegs unverletzt vom Platz zu gehen. Kurz vor dem Spielbeginn
machte ein Gerücht die Runde, welches sich später bestätigen sollte: Der
rot-weisse Kapitän Timo Brauer fiel wegen einer Innenbanddehnung im Knie
aus. Als zuverlässiger Quelle wurde von einigen Fans das soziale
Netzwerk „Facebook“ angegeben. Ein ganz klarer Fall von „Gefällt mir
nicht“!
Aber nun sollte es los gehen, das lang erwartete Spiel. Beide
Mannschaften würden sicherlich ein Feuerwerk abbrennen. Selbst die Fans
des VFB Homberg hatten eine bahnbrechende Choreo für dieses Spiel mit
gelben Pappschildern vorbereitet. Aufstiegsträumer gegen
Abstiegskämpfer, da muss es doch zur Sache gehen. Doch es wurde, sagen
wir mal, anders als gedacht. Schon zu Beginn zeigte sich, dass die
Zuschauer wohl froh sein konnten, wenn hier überhaupt ein Tor fiel. Wie
von Wrobel erwartet stellten sich die Homberger extrem auf die
Verteidigung ein, während Essen die Ideen fehlten. Völlig unspektakulär
versuchte RWE den Ball nach vorne zu schlagen, aber das Spielgerät kam
postwendend mit Porto an den Absender zurück. Einfach nur zum Gähnen.
Gefährlich wurde es nur, wenn die Essener ihr Kurzpassspiel aufziehen
konnten. So dauerte es eine knappe halbe Stunde, bis die
spielbestimmende Mannschaft in Rot-Weiß eine erste richtig dicke Chance
hatte. Ein Zuckerpass von Tokat erreichte auf der linken Seite den
starken Kuta, der sich toll durchsetzen konnte und in den Strafraum
eindrang. Dort fand er Lemke, der allerdings aus kurzer Distanz an zwei
Homberger Abwehrspieler scheiterte. Danach verflachte das Spiel wieder
sogar unter dem Ausgangsniveau. Und dann kam doch noch einmal kurz vor
dem Halbzeitpfiff die große Chance für Lenz zur Führung, doch die
Hereingabe von Kuta konnte er aus kurzer Distanz nicht verwerten. Mehr
gab es wirklich nicht von der ersten Hälfte in Sachen Tormöglichkeiten
zu berichten, und zwar auf beiden Seiten.
Zwei wichtige Erkenntnisse lieferte die erste Halbzeit doch noch. Zum
einen hob sich der Mann in Schwarz in diesem Grottenkick noch einmal
besonders negativ hervor. Für jedes Schreien und Fallen der Homberger
gab es zum Teil gefährliche Freistoßgelegenheiten in der Essener Hälfte,
die allerdings von den schwachen Gastgebern nicht genutzt werden
konnten. Cedric Vennemann sah für ein vergleichsweise harmloses Foul
schon nach 22 Minuten die erste gelbe Karte. Zum anderen war da noch die
sehr harte Spielweise der Homberger, was natürlich zum Teil der
defensiven Taktik des VFB geschuldet war. Nach vier gelben Karten in der
ersten Halbzeit, zweimal für jedes Team, war jedem Beobachter klar,
dass diese Partie wohl nicht mit allen 22 Akteuren enden würde. Auch
bemerkenswert waren die Anfeuerungsrufe einer Homberger Zuschauerin
durch ein Megafon, die mit einer Piepsstimme die VFB-Fans zum Support
aufrufen wollte. Sowas erlebte man als RWE-Fan auch nicht alle Tage.
Über den Seitenwechsel freuten sich nicht nur alle anwesenden Zuschauer,
sondern auch der Torwart von VFB Homberg, der sich jetzt nicht mehr um
einen Tinnitus in Folge der lautstarken Provokationen der Essener Fans
hinter seinem Tor sorgen musste. Direkt nach dem Wiederanpfiff begann
das Spiel schwungvoller, allerdings aus Sicht der Gäste in der völlig
falschen Richtung. RWE-Innenverteidiger Thamm, der über das gesamte
Spiel nicht seine Bestleistung ablieferte, verlor den Ball an
Milaszewski, der in der Jugend auch mal das rot-weiße Trikot trug, und
ermöglichte ihm die Riesenchance zur Führung. Das Eingreifen von Wagner,
Lamczyk und dem Verursacher selbst verhinderte den Treffer für den
Homberger Stürmer. Auch in der Folge agierte der VFB jetzt offensiver,
RWE musste in dieser Phase darum fürchten, die Dominanz hier doch noch
abzugeben.
Es dauerte etwa zehn Minuten, bis RWE wieder die Kontrolle über das Spiel
übernehmen konnte. Doch die Angst vor Nadelstiche durch Homberger Konter
blieb bestehen, zudem blieben klare Torchancen für die Essener aus. Die
Gäste kämpften aber um jeden Ball. Ein Beispiel dafür war Benedikt
Koep, der den Part von Brauer übernehmen musste und somit seine
Offensivqualitäten brach lagen, dafür allerdings jeden Zweikampf im
Mittelfeld gewann und auch das ein oder andere schöne Solo laufen
konnte. Aber dies alles blieb Stückwerk, die Partie wurde nicht besser.
Individuelle Fehler machten das Spiel spannender als nötig. Wieder war
es Thamm, der Bougdji nur durch eine harte Grätsche stoppen konnte. Der
fiel im Strafraum, was aber von Schiedsrichter Sören Storks
korrekterweise nicht geahndet wurde. Die Homberger antworteten mit einem
harten Einsteigen an der Seitenauslinie, die anschließende Rudelbildung
zeigte, welche Richtung dieses Spiel jetzt einnehmen sollte.
Die Essener mühten sich weiter gegen das Bollwerk aus Duisburg, aber
außer eine Menge gelber Karten für Schwarz-Gelb gab es für den hohen
Einsatz nix. Dann passierte aber in der 68. Minute eine Szene, die
endlich etwas bewegen sollte. Ein Freistoß von Tokat fand den Kopf von
Lenz, der aber das Tor aus ganz kurzer Entfernung verpasste. Die
mitgereisten Zuschauer merkten jetzt, dass die Mannschaft ihre
Unterstützung brauchte. Die Stimmung war über das gesamte Spiel sehr
schlecht, was aber an dem Spiel selbst und die Konstruktion der
Sportanlage lag. Die Ultras waren ein Abbild ihrer Mannschaft: Das ganze
Spiel über hoch engagiert und vorbildlich kämpfend, aber leider sprang
sehr wenig Zählbares dabei heraus. Doch irgendwie war das rot-weiße Team
von dem Support angesteckt. Einmal mehr lief es über Tokat, der ein
glänzendes Auge bewies und zu Jasmund passte, sein gefährlicher Schuss
konnte Holewa, auch ein Ex-Essener, nur mit großer Mühe zum Eckball
klären. Die anschließende Ecke landete wieder bei Jasmund, der aber
diesmal deutlicher verzog. Der Ball blieb aber heiß, Lehman gab den Ball
noch einmal von der anderen Seite herein, Alexander Thamm stieg zum
Kopfball hoch – Und da war er drin! Das schier Unglaubliche war doch
noch passiert, RWE ging von den Spielanteilen her hochverdient in
Führung. Das war ein Balsam auf die Seelen der Verantwortlichen, Spieler
und Fans aus der einzig wahren Ruhrgebietsstadt.
Und es sollte weiter gut laufen für die Gäste. Hombergs Kapitän Acar
hatte kurz nach dem Gegentreffer seinen zweiten großen Auftritt und
setzte zur Grätsche an der Seitauslinie an. Der Schiedsrichter sah ein
Foul, RWE-Trainer Wrobel allerdings nicht, trotzdem flog Acer vom Platz.
Es gab eine weitere Rudelbildung und wieder eine Menge Aufregung. Acar
war aber in guter Gesellschaft, dies war eine von insgesamt neun!!!
gelben Karten für den VFB. Anstatt aber jetzt zum finalen Schlag
auszuholen blieb die Essener Schlussoffensive aus. Es schien, als ob man
mit der knappen Führung zufrieden war. Homberg gab sich nicht auf und
setzte alles auf die Offensive. Dies gab auch noch einmal die
Gelegenheit, Schiedsrichter Storks einen letzten großen Auftritt zu
ermöglichen. Vincent Wagner stieg überhart gegen Bougdji knapp vor der
Eckfahne ein, zum Entsetzen aller Fans zog er aber anstatt eine zweite
Gelbe Karte direkt den roten Karton. Der Platzverweis ging völlig in
Ordnung, aber eine längere Sperre für den Essener Innenverteidiger in
Kauf zu nehmen spricht für die Unverhältnismäßigkeiten in seinen
Entscheidungen und die fehlenden Kontrolle der Leitung des Spiels.
Herzlichen Dank, Herr Storks!
Nur noch einmal kam Gefahr für das Essener Tor auf, als ein Ball nach
einem Freistoß knapp über das Tor strich. Dann pfiff der Schiedsrichter
diese grauenhafte Partie ab, der RWE hatte wieder drei Punkte mehr auf
dem Konto. Die anschließenden Proteste der Homberger waren
unverständlich, da die Schwarz-Gelben bis auf die Härte nichts zum Spiel
beigetragen hatten. Auch das beobachtete Spucken eines Homberger
Spielers spricht nicht gerade für die Gastgeber. Nach dem Spiel wurde
der Platz von den Essener Fans betreten, übrig blieb ein kaputtes
Geländer. In Wegberg hatte man wenigstens auf Bauzäune gesetzt. Es fegte
ein lauter Wirbelsturm von den feierenden Fans und Spielern auf dem
Rasen, irgendwie hatte das alles schon etwas von Aufstiegsfeier. Aber
das Spiel zeigte auch wieder einmal, dass ein absolut bescheidendes
Spiel durch einen erhöhten Einsatz und Kampf entschieden werden kann.
Dies zeichnet die Mannschaft von der Hafenstraße in dieser Saison aus.
Und das unterscheidet sie auch von dem Rest der Liga. Wer soll da noch
dieses Team stoppen?
Jawattdenn-Spielerbewertung
Lamczyk [2-] |
Jasmund [2-] |
Wagner [3-] |
Thamm [3-] |
|
|
Koep [2-] |
Tokat [3+] |
Lemke [3+] |
Vennemann [3-] |
Kuta [2] |
|
Lenz [3] |
Jensen [o.B.] |
Denker [o.B.] |
Dutschke [o.B.] |
VfB Homberg
Holewa - Attris (66. Walenciak), Giorri, Edu, Kwiatkowski - Acar, Dragovic (82. Ünal), Dammrath, Bougjdi - Sogolj, Milaszewski Rot-Weiss EssenLamczyk - Jasmund, Thamm, Wagner, Lehmann - Kuta, Vennemann, Koep (90. Denker), Tokat, Lemke (93. Dutschke) - Lenz (79. Jensen) Tore0:1 Thamm (69.)
2.500
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