Rot-Weiss Essen - Germania Windeck
Prädikat „Spitzenspiel“ erfüllt
Und wieder ist RWE dem nicht ausgegebenen Ziel „Aufstieg in Liga vier“
ein Stückchen näher gekommen. Nach dem Unentschieden im Duell mit dem
Tabellenzweiten Germania Windeck fehlen nur noch drei Punkte für den
absoluten Triumph, mit dem nur Wenige vor dieser Saison gerechnet
hatten. Ein Aufstieg von der „Couch“ aus ist an diesem Wochenende auch
noch möglich, allerdings sind zu viele Variablen im Spiel: Am heutigen
Samstag muss Aachen II daheim gegen Rhynern Federn lassen, zudem darf es
morgen im Spiel Spvgg Velbert – Schwarz-Weiss Essen keinen Sieger geben
und Fortuna Köln im Südstadion keinen Punkt gegen Hüls holen. Dann wäre
eine mögliche Feier in Siegen nicht mehr nötig, allerdings stellte sich
schon vor dem Spiel gegen Windeck nicht mehr wirklich die Frage, ob
Rot-Weiss Essen sportlich aufsteigt, sondern nur noch wann.
Allerdings brannte die rot-weiße Mannschaft darauf, dem ambitionierten
Verfolger zu zeigen, wer an der Spitze der NRW-Liga gehört. Dafür wurde
auch personell umgestellt: Der wiedergenesene Kapitän Brauer kehrte
zurück, etwas überraschend erhielt der zweikampfstarke Stürmer Benedikt
Koep den Vorzug vor Cedric Vennemann. Auch hier zeigte sich die Stärke
dieser Mannschaft, auf vielen Positionen ist es wirklich schwer
geworden, Spieler von der Leistung aus der Anfangself zu streichen. Bei
herrlichem Wetter, gut gefülltem Haus und besten Voraussetzungen begann
diese Partie und kannte zunächst nur eine Richtung, nämlich auf das Tor
von Windeck Schlussmann Gillen. Wieder einmal lief alles über Suat
Tokat, der den Ball nach einer tollen Eroberung zu Lukas Lenz
weiterleiten kann, aber Gillen kann den Ball festhalten. Der Express aus
Essen hatte Fahrt aufgenommen, es sollten weitere Nadelstiche gegen die
Windecker Innenverteidigung gesetzt werden. Ein sensationeller Pass von
Tokat in die Spitze fand den pfeilschnellen Holger Lemke, dieser lief
steil auf das Windecker Tor zu und verwandelte eiskalt in der siebten
Minute zum 1:0 für den Gastgeber. Das stimmungsvolle
Georg-Melches-Stadion tobte, auf den Rängen wurde abgefeiert. Zu diesem
Zeitpunkt war es nur noch ein Punkt, der Essen von der vierten Liga
trennte.
Was nach dem Treffer von Lemke folgte war allerdings etwas
unverständlich. RWE gab das Zepter weitest gehend aus der Hand und
überließ den Gästen das Spielfeld. Und die wollten zeigen, dass sie
vollkommen zu Recht als absoluter Topfavorit in dieser Saison gehandelt
werden. Mit schnellen und sicheren Kombinationen näherte sich Windeck
dem Essener Tor zunehmend. Zunächst war es David Müller, der Lamczyk das
erste Mal in der zwölften Minute prüft. Drei Minuten später sollte der
Ball dann im Essener Gehäuse landen. Nach einem Freistoß, verursacht
durch Holger Lemke, wird von Müller traumhaft in das rechte Eck
geschlenzt, doch dummerweise hatten die Windecker völlig vergessen, dass
dieser Freistoß indirekt ausgeführt werden sollte. Immer wieder war es
aber die Gästemannschaft, die den Ton angab und eine Ecke nach der
anderen herausholte. In der 23. Minute war es ein erneuter Freistoß für
die Germania, der in die Mitte vor das Essener Tor geschlagen wurde und
den Kopf von Markus Kurth fand. Ausgerechnet der Ex-Essener, der noch
vor einem Jahr an der Hafenstraße kickte, konnte den Ball zum Ausgleich
unterbringen. Dieser Treffer deutete sich leider an und war zu diesem
Zeitpunkt absolut in Ordnung. Dass der Torschütze Markus Kurth hieß
beinhaltete einen faden Beigeschmack, aber es fallen spontan wohl
hundert Spieler mehr ein, die im kollektiven Gedächtnis der Essener Fans
schlechter in Erinnerung aus ihrer Zeit an der Hafenstraße geblieben
sind.
Die Zuschauer erwarteten jetzt, dass Windeck das Spiel komplett drehen
wollte, doch die Gäste schienen mit dem Tor zunächst zufrieden zu sein.
Der Tabellenführer war wieder am Drücker und wollte zurück schlagen.
Erst war es jedoch noch Windeck, die durch Amirante in Führung hätten
können, doch der stand im Abseits. Im direkten Gegenzug spielte Kapitän
Brauer, dessen Rückkehr für eine Belebung des Essener Mittelfeldspiels
sorgte, Stürmer Lenz grandios bediente, dessen Schuss landete aber
leider nur am Pfosten. Das wäre es gewesen, die Essener Zuschauer
reagierten mit lauten Anfeuerungsrufen für ihre Mannschaft. Im weiteren
Verlauf gab es bis zur Ende der ersten Halbzeit zwar keine weiteren
hochkarätigen Torchancen, aber die Partie blieb hochspannend und sehr
ansehnlich. Beide Teams zeigten, dass sie die besten Teams der NRW-Liga
stellten und diesem tollen Rahmen gerecht werden wollten.
Auch in der zweiten Halbzeit verlor die Begegnung nicht an Schwung.
Leider musste Benedikt Koep aufgrund einer Verletzung den Platz für
Vennemann verlassen. Der Stürmer zeigte erneut, was er für ein
Kampfschwein ist und blieb in den Zweikämpfen meist Sieger. Auf dem
Spielfeld ging es mal in die eine und mal in die andere Richtung. Für
Windeck war es Kurth, der an Lamczyk scheiterte, für Essen konnte Lemke
einen Kopfball nicht genau genug auf das Tor setzen. Der Ball lief in
beiden Reihen sehr flüssig, die Ordnung in der Defensive war bei beiden
Mannschaften höchst konzentriert und trotzdem blieben die
Offensivabteilungen jederzeit brandgefährlich. In der 60. Minute setze
sich Lenz auf der linken Seite wunderbar durch, seine Hereingabe
verwertete Lemke zum vermeintlichen 2:1 für die Heimmannschaft. Doch die
Party auf den Rängen wurde jäh unterbrochen, der Schiedsrichter
entschied auf Abseits. Dies war durchaus diskussionswürdig, aber der
Treffer wäre aufgrund des Spielverlaufs des Guten etwas zu viel gewesen.
Die Kulisse brachte es aber nicht davon ab, noch einmal Gas zu geben.
Insgesamt war die Stimmung während des ganzen Spiels auf einem sehr
hohen Niveau. Auch hier konnte man nur das Prädikat „Spitzenklasse“
vergeben.
Auch nach zahlreichen Auswechselungen gab es keinen Bruch im Spiel.
Beide Mannschaften mühten sich noch einmal, einen finalen Schuss
anzusetzen. Die dickste Chance hatten aber noch einmal die Gäste. Der
sonst sicher spielenden Schneider verlor den Ball, doch Amirantes
schwacher Abschluss aus völlig freier Position konnte Lamczyk mühelos
halten. Wenig später war die Spitzenpartie vorbei, es blieb beim
Unentschieden. Über 10.300 Zuschauer sahen eine Begegnung, die allen
Vorschusslorbeeren gerecht werden konnte. RWE und Windeck zeigten, dass
sie gemeinsam verdient den Weg in die vierte Liga antreten werden. Die
letzten Zweifel wurden an diesem Spieltag ausgeräumt. Von der
Spielanlage war die Germania etwas besser, in schwierigen Situationen
hielt RWE aber kämpferisch dagegen. Aber auch das rot-weiße Spiel wusste
durchaus zu gefallen. Ein toller Fußballabend fand ein würdiges und
gerechtes Ende.
Der sportliche Aufstieg ist nahezu perfekt, die Verantwortlichen planen
mit Hochdruck für die kommende Saison. Einige Fans werden schon nervös,
weil viele Spieler noch nicht ihren Vertrag unterschrieben haben. Doch
wer weiß schon, was in dieser Richtung aufgrund des Insolvenzverfahrens
möglich ist und was nicht. Finanziell kann RWE wohl noch nicht
mithalten, aber die Argumente für einen Verbleib der Spieler sind an
diesem Freitag einmal mehr sichtbar geworden. Fußballverrückte Fans, die
in Scharen zum Stadion pilgern und selbst den tristen Alltag in den
Amateurligen zu wahren Fußballfesten verwandeln können, gibt es auch in
Liga 4 äußerst selten. Und diese Fans werden auch ein Fest veranstalten,
wenn der Aufstieg endgültig feststeht. Das wird wohl schon nächste
Woche der Fall sein. Der verdiente Lohn für eine tolle Saison kann in
Siegen endgültig eingefahren werden. Oh, wie wär das schön!
Jawattdenn-Spielerbewertung
Lamczyk [2] |
Kuta [2-] |
Schneider [2-] |
Thamm [2-] |
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|
Brauer [2-] |
Koep [3+] |
Lemke [2] |
Tokat [2+] |
Enzmann [3] |
|
Lenz [2-] |
Vennemann [3] |
Jasmund [o.B.] |
Dutschke [o.B.] |
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Rot-Weiss Essen
Lamczyk - Kuta, Thamm, Schneider, Lehmann - Lemke, Brauer (90. Dutschke), Koep (46. Vennemann), Tokat, Enzmann (61. Jasmund) - Lenz Germania Windeck
Gillen - Tuysuz, Tschumakow, Kukielka, Schultens - Kurth (61. Pusic), Nehrbauer, Grebe (76. Musculus), Müller - Kessel (75. Hettich), Amirante ToreHolger Lemke 1:0 (7.), Markus Kurth 1:1 (23.)
10.386!
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