09.04.2011

Rot-Weiss Essen - Germania Windeck


Prädikat „Spitzenspiel“ erfüllt

Und wieder ist RWE dem nicht ausgegebenen Ziel „Aufstieg in Liga vier“ ein Stückchen näher gekommen. Nach dem Unentschieden im Duell mit dem Tabellenzweiten Germania Windeck fehlen nur noch drei Punkte für den absoluten Triumph, mit dem nur Wenige vor dieser Saison gerechnet hatten. Ein Aufstieg von der „Couch“ aus ist an diesem Wochenende auch noch möglich, allerdings sind zu viele Variablen im Spiel: Am heutigen Samstag muss Aachen II daheim gegen Rhynern Federn lassen, zudem darf es morgen im Spiel Spvgg Velbert – Schwarz-Weiss Essen keinen Sieger geben und Fortuna Köln im Südstadion keinen Punkt gegen Hüls holen. Dann wäre eine mögliche Feier in Siegen nicht mehr nötig, allerdings stellte sich schon vor dem Spiel gegen Windeck nicht mehr wirklich die Frage, ob Rot-Weiss Essen sportlich aufsteigt, sondern nur noch wann.

Volle Hütte an der HafenstraßeAllerdings brannte die rot-weiße Mannschaft darauf, dem ambitionierten Verfolger zu zeigen, wer an der Spitze der NRW-Liga gehört. Dafür wurde auch personell umgestellt: Der wiedergenesene Kapitän Brauer kehrte zurück, etwas überraschend erhielt der zweikampfstarke Stürmer Benedikt Koep den Vorzug vor Cedric Vennemann. Auch hier zeigte sich die Stärke dieser Mannschaft, auf vielen Positionen ist es wirklich schwer geworden, Spieler von der Leistung aus der Anfangself zu streichen. Bei herrlichem Wetter, gut gefülltem Haus und besten Voraussetzungen begann diese Partie und kannte zunächst nur eine Richtung, nämlich auf das Tor von Windeck Schlussmann Gillen. Wieder einmal lief alles über Suat Tokat, der den Ball nach einer tollen Eroberung zu Lukas Lenz weiterleiten kann, aber Gillen kann den Ball festhalten. Der Express aus Essen hatte Fahrt aufgenommen, es sollten weitere Nadelstiche gegen die Windecker Innenverteidigung gesetzt werden. Ein sensationeller Pass von Tokat in die Spitze fand den pfeilschnellen Holger Lemke, dieser lief steil auf das Windecker Tor zu und verwandelte eiskalt in der siebten Minute zum 1:0 für den Gastgeber. Das stimmungsvolle Georg-Melches-Stadion tobte, auf den Rängen wurde abgefeiert. Zu diesem Zeitpunkt war es nur noch ein Punkt, der Essen von der vierten Liga trennte.

Was nach dem Treffer von Lemke folgte war allerdings etwas unverständlich. RWE gab das Zepter weitest gehend aus der Hand und überließ den Gästen das Spielfeld. Und die wollten zeigen, dass sie vollkommen zu Recht als absoluter Topfavorit in dieser Saison gehandelt werden. Mit schnellen und sicheren Kombinationen näherte sich Windeck dem Essener Tor zunehmend. Zunächst war es David Müller, der Lamczyk das erste Mal in der zwölften Minute prüft. Drei Minuten später sollte der Ball dann im Essener Gehäuse landen. Nach einem Freistoß, verursacht durch Holger Lemke, wird von Müller traumhaft in das rechte Eck geschlenzt, doch dummerweise hatten die Windecker völlig vergessen, dass dieser Freistoß indirekt ausgeführt werden sollte. Immer wieder war es aber die Gästemannschaft, die den Ton angab und eine Ecke nach der anderen herausholte. In der 23. Minute war es ein erneuter Freistoß für die Germania, der in die Mitte vor das Essener Tor geschlagen wurde und den Kopf von Markus Kurth fand. Ausgerechnet der Ex-Essener, der noch vor einem Jahr an der Hafenstraße kickte, konnte den Ball zum Ausgleich unterbringen. Dieser Treffer deutete sich leider an und war zu diesem Zeitpunkt absolut in Ordnung. Dass der Torschütze Markus Kurth hieß beinhaltete einen faden Beigeschmack, aber es fallen spontan wohl hundert Spieler mehr ein, die im kollektiven Gedächtnis der Essener Fans schlechter in Erinnerung aus ihrer Zeit an der Hafenstraße geblieben sind.

Torschütze auf rot-weisser SeiteDie Zuschauer erwarteten jetzt, dass Windeck das Spiel komplett drehen wollte, doch die Gäste schienen mit dem Tor zunächst zufrieden zu sein. Der Tabellenführer war wieder am Drücker und wollte zurück schlagen. Erst war es jedoch noch Windeck, die durch Amirante in Führung hätten können, doch der stand im Abseits. Im direkten Gegenzug spielte Kapitän Brauer, dessen Rückkehr für eine Belebung des Essener Mittelfeldspiels sorgte, Stürmer Lenz grandios bediente, dessen Schuss landete aber leider nur am Pfosten. Das wäre es gewesen, die Essener Zuschauer reagierten mit lauten Anfeuerungsrufen für ihre Mannschaft. Im weiteren Verlauf gab es bis zur Ende der ersten Halbzeit zwar keine weiteren hochkarätigen Torchancen, aber die Partie blieb hochspannend und sehr ansehnlich. Beide Teams zeigten, dass sie die besten Teams der NRW-Liga stellten und diesem tollen Rahmen gerecht werden wollten.

Auch in der zweiten Halbzeit verlor die Begegnung nicht an Schwung. Leider musste Benedikt Koep aufgrund einer Verletzung den Platz für Vennemann verlassen. Der Stürmer zeigte erneut, was er für ein Kampfschwein ist und blieb in den Zweikämpfen meist Sieger. Auf dem Spielfeld ging es mal in die eine und mal in die andere Richtung. Für Windeck war es Kurth, der an Lamczyk scheiterte, für Essen konnte Lemke einen Kopfball nicht genau genug auf das Tor setzen. Der Ball lief in beiden Reihen sehr flüssig, die Ordnung in der Defensive war bei beiden Mannschaften höchst konzentriert und trotzdem blieben die Offensivabteilungen jederzeit brandgefährlich. In der 60. Minute setze sich Lenz auf der linken Seite wunderbar durch, seine Hereingabe verwertete Lemke zum vermeintlichen 2:1 für die Heimmannschaft. Doch die Party auf den Rängen wurde jäh unterbrochen, der Schiedsrichter entschied auf Abseits. Dies war durchaus diskussionswürdig, aber der Treffer wäre aufgrund des Spielverlaufs des Guten etwas zu viel gewesen. Die Kulisse brachte es aber nicht davon ab, noch einmal Gas zu geben. Insgesamt war die Stimmung während des ganzen Spiels auf einem sehr hohen Niveau. Auch hier konnte man nur das Prädikat „Spitzenklasse“ vergeben.

Auch nach zahlreichen Auswechselungen gab es keinen Bruch im Spiel. Beide Mannschaften mühten sich noch einmal, einen finalen Schuss anzusetzen. Die dickste Chance hatten aber noch einmal die Gäste. Der sonst sicher spielenden Schneider verlor den Ball, doch Amirantes schwacher Abschluss aus völlig freier Position konnte Lamczyk mühelos halten. Wenig später war die Spitzenpartie vorbei, es blieb beim Unentschieden. Über 10.300 Zuschauer sahen eine Begegnung, die allen Vorschusslorbeeren gerecht werden konnte. RWE und Windeck zeigten, dass sie gemeinsam verdient den Weg in die vierte Liga antreten werden. Die letzten Zweifel wurden an diesem Spieltag ausgeräumt. Von der Spielanlage war die Germania etwas besser, in schwierigen Situationen hielt RWE aber kämpferisch dagegen. Aber auch das rot-weiße Spiel wusste durchaus zu gefallen. Ein toller Fußballabend fand ein würdiges und gerechtes Ende.

Der sportliche Aufstieg ist nahezu perfekt, die Verantwortlichen planen mit Hochdruck für die kommende Saison. Einige Fans werden schon nervös, weil viele Spieler noch nicht ihren Vertrag unterschrieben haben. Doch wer weiß schon, was in dieser Richtung aufgrund des Insolvenzverfahrens möglich ist und was nicht. Finanziell kann RWE wohl noch nicht mithalten, aber die Argumente für einen Verbleib der Spieler sind an diesem Freitag einmal mehr sichtbar geworden. Fußballverrückte Fans, die in Scharen zum Stadion pilgern und selbst den tristen Alltag in den Amateurligen zu wahren Fußballfesten verwandeln können, gibt es auch in Liga 4 äußerst selten. Und diese Fans werden auch ein Fest veranstalten, wenn der Aufstieg endgültig feststeht. Das wird wohl schon nächste Woche der Fall sein. Der verdiente Lohn für eine tolle Saison kann in Siegen endgültig eingefahren werden. Oh, wie wär das schön!


Jawattdenn-Spielerbewertung

Dennis Lamczyk
Lamczyk
[2]
Meik Kuta
Kuta
[2-]
Adrian Schneider
Schneider
[2-]
Alexander Thamm
Thamm
[2-]

Kevin Lehmann
Lehmann
[3+]

Timo Brauer
Brauer
[2-]
Benedikt Koep
Koep
[3+]
Holger Lemke
Lemke
[2]
Suat Tokat
Tokat
[2+] 
Leon Enzmann
Enzmann
[3]
Lukas Lenz
Lenz
[2-]
 Cedric Vennemann
Vennemann
[3]
Dirk Jasmund
Jasmund
[o.B.]
 Patrick Dutschke
Dutschke
[o.B.]
 
 

Rot-Weiss Essen

Lamczyk - Kuta, Thamm, Schneider, Lehmann - Lemke, Brauer (90. Dutschke), Koep (46. Vennemann), Tokat, Enzmann (61. Jasmund) - Lenz

Germania Windeck

Gillen - Tuysuz, Tschumakow, Kukielka, Schultens - Kurth (61. Pusic), Nehrbauer, Grebe (76. Musculus), Müller - Kessel (75. Hettich), Amirante

 

Tore 

Holger Lemke 1:0 (7.), Markus Kurth 1:1 (23.)


Zuschauer

10.386!

Schiedsrichter

Thomas Altgeld (Witten)

Gelbe Karte

Schneider - Pusic, Nerhbauer, Hettich

 

Spieler des Spiels 27. Spieltag - Suat Tokat