11.09.2010

Rot-Weiss Essen - Bergisch Gladbach 09


„Wir sind stolz auf unser Team!“

… so schallte dieser doch an der Hafenstraße ungewohnte Schlachtruf nach dem Abpfiff durch das Stadion. Diese besondere Danksagung an die junge Mannschaft hatte sie sich nach elf Punkten aus den ersten fünf Spielen auch verdient. Auch wenn der Sieg gegen Bergisch Gladbach härter erkämpft werden musste als die ersten Heimsiege gegen Schermbeck und Homberg bleibt unter dem Strich der positive Eindruck über dieses echte Team bestehen. Eine junge Mannschaft, die bis zum Ende fightet, keinen Ball verloren gibt, einen schnellen Ball nach vorne spielt und geschlossen mit den Fans am Ende feiern kann - RWE-Herz, was willst Du mehr?

Der Anfang des Spiels glich einer Kopie der letzten Auftritte: Mit viel Gas nach vorne wollte das rot-weiße Team zeigen, wer hier Herr im Hause ist. Auch wenn die Bergisch-Gladbacher noch zur Ecke klären konnten, war es trotzdem zu spät, um den Druck der Essener abzuwehren. Alexander Thamm, dessen Tor gegen Homberg immer noch zum Tor des Monats in der ARD-Sportschau gewählt werden kann, steigt am höchsten und hat kein Problem, aus kurzer Distanz den Ball in das Tor unterzubringen. So schnell hatte niemand mit dem ersten Treffer für Rot-Weiss gerechnet. Die Hafenstraße kannte kein Halten mehr. Doch das Schöne bei dieser Mannschaft ist, dass sie sich nicht auf eine frühe Führung ausruht und weiter den Weg nach vorne sucht. So hatte kurze Zeit später Leon Enzmann einen Ausbau der Führung auf den Fuß, doch sein Abschluss von der linken Seite war doch zu harmlos um den Schlussmann der Gäste ernsthaft gefährlich zu werden.

Dennoch war Bergisch-Gladbach in der Vorwärtsbewegung deutlich stärker als die letzten Gegner an der Hafenstraße. Die frühe Führung für die Essener sorgte nur für eine kurze Schockphase. Zunächst konnte sich Bastian Volkert auf der linken Seite gut durchsetzen, doch sein Schuss verfehlte das Tor von Lamczyk knapp. Die mögliche zweite große Chance resultierte nach einem individuellen Fehler von Essens Kevin Lehmann, der aber im Nachsetzen mit der Fußspitze den Ball noch berühren konnte und dieser noch von einem Gegenspieler berührt ins Aus rollen konnte. Zum Entsetzen der Essener Zuschauer entschied der Schiedsrichter Schüller nicht auf Abstoß, sondern auf einen Eckball für Bergisch-Gladbach. Der Assistent auf der Seite der Haupttribüne dagegen zeigte noch nicht einmal eine Reaktion und orientierte sich sofort am Hauptschiedsrichter. Auch sonst hatte dieser Mann an der Seitenlinie nicht seinen besten Tag. Leider besagt ein altes Essener Gesetz, dass solche mittelschweren Fehlentscheidungen direkt bestraft werden. Tatsächlich sollte es genau so kommen: Tobias Baldun stand, wie zuvor Thamm, auf der anderen Seite goldrichtig und konnte auch per Kopf den Ausgleich erzielen. Aufgrund der zuvor getroffenen Fehlentscheidung kochte das Stadion über, aber der Spielstand war nicht mehr zu ändern.

RWE war bemüht, den alten Abstand wieder herzustellen, verlor aber in den nächsten Aktionen zunehmend den Kopf. Während die jungen Essener Spieler nervös agierten und viele Stockfehler sich in das Aufbauspiel einschlichen, wirkten die Gäste jetzt vor allem im Mittelfeld abgeklärter. Dennoch blieb vor allem die linke Angriffsseite über den stark spielenden Enzmann immer gefährlich. So war es auch Enzmann, der eine messerscharfe Hereingabe in den Strafraum schoss. Sven Forsbach hatte seine Probleme bei diesem Schuss und kann den Ball nicht festhalten, so dass Suat Tokat zum enorm wichtigen 2:1 einschiebt. Zu diesem Zeitpunkt kam die Führung der Essener sehr unerwartet, dennoch hätte dieser Treffer zu keinem besseren Zeitpunkt fallen können. Bis zum Halbzeitpfiff konnten die Essener wieder etwas Oberwasser gewinnen und ohne eine ernsthafte Gefährdung der erneuten Führung in die Pause gehen.

Vielleicht lag es an dem Ausgang früherer RWE-Spiele, aber kaum jemand wagte eine Prognose abzugeben, wie diese Partie enden könnte. Von einem sicheren Heimsieg bis zu einer knappen Niederlage war hier alles noch drin. Deshalb versuchte die Essener Mannschaft auch gleich nach Wiederbeginn die Verhältnisse klar zu stellen. Vor allem Timo Brauer zeigte deutlich, wie man sich Chancen erarbeitet: Indem man trotz schlechterer Ausgangslage immer versucht nachzusetzten. So gelingt es ihm, den Ball zu erobern und nach einer tollen Kombination mit Lukas Lenz völlig frei vor dem Tor aufzutauchen. Doch trotz exzellenter Position verfehlte Brauer das Tor um Haaresbreite, obwohl die Fans schon den Torschrei auf den Lippen hatten.

Das Duell der nächsten zehn Minuten lieferten sich dann Lukas Lenz und ein alter Bekannter. Der Linienrichter, der schon bei dem Ausgleich nicht gut aussah, sah Lenz gleich in mehreren Situationen im Abseits. Als Essener Zuschauer hatte man langsam das Gefühl, dass Lenz sich auch im eigenen Sechszehner hinstellen könnte, der Mann an der Seite würde trotzdem die Fahne heben. Mag er in der einen oder anderen Situation recht gehabt haben, aber oft verloren die Bergisch Gladbacher einfach nur den Überblick bei den schönen Pässen in die Spitze auf den Essener Stürmer.

Die Gäste gewannen allmählich das Übergewicht im Mittelfeld. Alleine an den Kombinationen und den sicheren Zuspielen trat hier eine andere Mannschaft als Schermbeck oder Homberg auf. Allerdings war das Spiel der Bergischen bis zum Sechzehner in Ordnung, danach aber wurden wenige Stiche vor das Essener Tor gesetzt. Oftmals wurde versucht, aus der zweiten Reihe erfolgreich zu sein. RWE blieb durch Konter allerdings brandgefährlich und hatte die besseren Chancen für sich. Einen weiteren wichtigen Ausschlag gab wieder der „zwölfte Mann“. Mit Nachlassen der Kondition und dem stärkeren Spiel der Gäste stiegen noch einmal die Anfeuerungen für das Team, die diese Unterstützung wahrlich gebrauchen konnte. Leider konnte man die tolle Chance von Lemke nicht in das Tor schreien, der von Sechszehnmeter nur den Pfosten traf. Diese Möglichkeit ergab sich auch wieder durch einen enormen Einsatz in den Zweikämpfen, was diese Mannschaft immer mehr auszeichnet.

Kurz vor dem Schluss waren es noch einmal die Gäste, die durch einen Freistoß zu einer erneuten Chance kommen sollten. Der erste Versuch landet in der Mauer, der zweite Versuch knapp am Essener Tor vorbei. Doch auch der Essener Tordrang war noch nicht gestoppt. Nach einem langen Zuspiel ist es erneut der starke Enzmann, der nach einer guten Einzelleistung zu einer Möglichkeit kommen kann. Sven Forsbach unterstrich seine eher dürftige Leistung und lässt den mit dem schwächeren rechten Fuß geschossenen Ball unter den Handschuhen durchrutschen – 3:1 für RWE! Enzmann krönte damit seine sehr gute Leistung, die allerdings sehr oft die Kaltschnäuzigkeit vermissen ließ. Der Schiedsrichter beendete die Partie pünktlich und das Essener Team bedankte sich artig bei sämtlichen Fans im Stadion.

Der Eindruck dieser Partie ist weitest gehend eine Bestätigung für die letzten Leistungen der Essener. Während die Mannschaft in der Offensive ein großes Potential hat und mit zu den besten der Liga zählen dürfte, fehlt es hinten noch an individueller Stärke und mannschaftlich geschlossener Ordnung. Bessere Teams dürften vor allem das für sich nutzen können. Dennoch hat diese Mannschaft eine der wichtigsten Regeln des Fußballs verstanden: Der Wille über den Kampf kann technische Mängel ausgleichen. Auch wenn dies mit einem enormen Kraftaufwand verbunden ist, der ca. ab der 70. Minute immer zu spüren ist, kommen die Essener durch das Nachsetzen zu wichtigen Chancen die am Ende den Unterschied bedeuten können. Wichtiger als die fußballerischen Erkenntnisse bleibt die Tatsache, dass der Schulterschluss zwischen Mannschaft und Fans weiter Bestand hat. Es kann nicht oft genug gesagt werden: „Wir sind stolz auf unser Team!“

Jawattdenn-Spielerbewertung

Dennis Lamczyk
Lamczyk
[3+]
Patrick Dutschke
Dutschke
[3+]
Vincent Wagner
Wagner
[2]
Alexander Thamm
Thamm
[2-]

Kevin Lehmann
Lehmann
[2-]

Timo Brauer
Brauer
[2]
Suat Tokat
Tokat
[2+]
Holger Lemke
Lemke
[2-]
Cedric Vennemann
Vennemann
[2-]
Leon Enzmann
Enzmann
[2+]
Lukas Lenz
Lenz
[2-]
Kerim Avci
Avci
[3]
Jan Jensen
Jensen
[o.B.]
Dirk Jasmund
Jasmund
[o.B.]   
   


Rot-Weiss Essen

Lamczyk - Dutschke, Thamm, Wagner, Lehmann (73. Jasmund) - Brauer, Vennemann (66. Jensen) - Lemke, Tokat (61. Avci), Enzmann - Lenz

Bergisch Gladbach

Forsbach - Eumann (73. Werner), Dreiner, Tomanek, Quotschalla - Hentschel (69. Heinrichs), Brüggemann, Balduan, Maslar,  Volkert -  Schilamow (81. Shabani)

Tore 

1:0 Thamm (2.), 1:1 Balduan (30.), 2:1 Tokat (36.), 3:1 Enzmann (88.)


Zuschauer

5.774

Schiedsrichter

Schüller (Neersbroich)

Gelbe Karten

Fehlanzeige


Spieler des Spiels 5. Spieltag - Leon Enzmann