Alemannia Aachen II - Rot-Weiss Essen
Interview mit Ralf Aussem
„Freue mich für Waldi und Damian“
Nach der „Schlammschlacht von Schloss Strünkede“, einer zwischen
Slapstick und Peinlichkeit schwankenden Pressekonferenz und insgesamt
wenig gästefreundlichen Begleitumständen in Herne geht es für unsere
Rot-Weißen am Samstag in die alte Kaiserstadt Aachen. Mit dem neuen, für
30.000 Zuschauer ausgelegten neuen Tivoli erwartet den Tabellenführer
der NRW-Liga endlich einmal wieder eine moderne Arena mit gepflegtem
Rasen. Und einen Gegner, der seit sechs Spieltagen ohne Niederlage ist
und gegen Top-Teams wie Fortuna Köln (1:0), Windeck (1:1) und Velbert
(0:0) nicht verloren hat. Im Vorfeld der Partie gegen die Zwote der
Alemannia sprach Thomas Imhof mit Ex-RWE-Trainer Ralf Aussem (50).
Jawattdenn.de:
Herr Aussem, Sie hatten am letzten Sonntag unfreiwillig
Spielpause. Wann erfuhren Sie von der Absage des Spiels gegen den ETB
Schwarz-Weiss?
Ralf Aussem:
Schon am Samstagmorgen. Es war ja abzusehen, nach drei Tagen Regen.
Jawattdenn.de:
Sie hätten sicher lieber gespielt, scheint sich doch die
Zwote aus Aachen nach holprigem Beginn jetzt insgesamt gefangen zu
haben?
Ralf Aussem:
Ja, es sieht in der Tat so aus. Wir haben aus den letzten sechs
Partien 16 Punkte geholt. Aber auch in den ersten Spielen haben wir
nicht unbedingt enttäuscht, da brachten oft typisch jugendliche
Leichtsinnsfehler den Ausschlag. Das wirkte sich abgesehen vom Sieg am
zweiten Spieltag in Köln nicht positiv auf unser Punktekonto aus.
Jawattdenn.de:
Vor allem in den Heimspielen lief es am Anfang gar nicht rund....
Ralf Aussem:
In der Tat. Gegen Hüls kriegen wir nach vier Minuten das 0:1 und
laufen dem dann 86 Minuten hinterher. Beim zweiten Heimspiel gegen
Erkenschwick bekommen wir gleich in den Anfangsminuten zwei Gegentore,
machen dann zwar das 1:2, kassieren aber prompt wieder das 1:3. Gegen
Windeck gelang immerhin ein Remis, und gegen Siegen sahen wir trotz
eines 0:1 nicht schlechter aus. Siegen war einfach in einer Situation
cleverer und hat danach geschickt verteidigt.
Jawattdenn.de:
Aber jetzt zeigt sich die junge Truppe stabilisiert?
Ralf Aussem:
Ja, man sieht es am letzten Heimspiel gegen Herne. Wir geraten
zunächst wieder in Rückstand, drehen das Ding aber am Ende zu einem 3:1.
Aber um auf Ihre Frage zu antworten: Wir sind in manchen Situationen
jetzt nicht mehr so blauäugig wie zu Beginn. Eine U23 hat Power, die
wollen immer nach vorne, am liebsten jeden Gegner überlaufen. Das muss
man etwas bremsen und in die richtige Richtung lenken.
Jawattdenn.de:
Gibt es einen Mannschaftsteil, der besonders hervorsticht?
Ralf Aussem:
Nein, ich denke die Mannschaft als Ganzes ist jetzt recht
homogen. Wir stehen hinten gut – wenn man mal die fünf Tore in Homberg
und die drei zuhause gegen Erkenschwick weglässt, haben wir in allen
anderen Spielen zusammen nur noch sechs Treffer kassiert. Zugleich haben
wir vorne Spieler, die ein Match allein entscheiden können.
Jawattdenn.de:
Wie sieht denn die Altersstruktur der Alemannia II aus?
Ralf Aussem:
Wir haben mit dem 24jährigen Thomas Sabacinski nur einen
Spieler, der über 23 Jahre alt ist. Alle anderen sind U23-Akteure.
Jawattdenn.de:
Gibt es dennoch schon Platzhirsche?
Ralf Aussem:
Echte Führungsspieler herauszubilden, ist bei solch einer
Struktur schwierig. Wenn, dann sind Spieler wie Sebastian Jansen oder
Andy Korte, die schon länger dabei sind, meine Leistungsträger.
Jawattdenn.de:
Wie hat sich denn der Ex-Essener Patrick Schnier eingeführt?
Ralf Aussem:
Patrick hatte am Anfang Probleme, weil er ja schon das letzte
halbe Jahr bei Rot-Weiss verletzungsbedingt nicht mehr regelmäßig zum
Einsatz kam. Er brauchte daher eine gewisse Anlaufzeit. Inzwischen
spielt er aber regelmäßig auf seiner angestammten Position vorne rechts
im Sturm – und hat auch schon zwei Tore gemacht.
Jawattdenn.de:
A propos Tore - wer führt intern die Torjägerliste bei Ihnen an?
Ralf Aussem:
Ganz klar Daniel Engelbrecht, der schon sieben Mal getroffen hat.
Jawattdenn.de:
Welches Spielsystem favorisieren Sie in Aachen?
Ralf Aussem:
Wir spielen bevorzugt ein 4-4-2 mit Raute, vor allem wenn von
oben aus der ersten Mannschaft ein oder zwei Spieler herunterkommen.
Dabei handelt es sich meistens um Stürmer wie Henrik Ojamaa und Juvel
Tsoumou. Wir haben auch schon ein 4-3-2-1 gespielt, aber die Jungs
fühlen sich schon wohler, wenn wir mit zwei Spitzen spielen.
Jawattdenn.de:
Werden denn Ojamaa und Tsoumou auch am Samstag gegen RWE auflaufen?
Ralf Aussem:
Tsoumou steht aktuell im Kader der 2. Liga-Mannschaft, die am
Sonntag in Aue spielt. Wenn, dann nur Ojamaa, wobei auch das noch nicht
sicher ist. Solche Sachen entscheiden sich oft erst am Freitag.
Jawattdenn.de:
Marco Höger, Manuel Junglas und Alper Uludag gehören zu
jenen U23-Akteuren von Aachen, die nach der letzten Saison den Sprung in
die Zweitliga-Mannschaft geschafft haben. Gibt es schon neue
Kandidaten?
Ralf Aussem:
Nein, soweit sind wir noch nicht. Wobei Robert Wilschrey,
Narciso Lubasa, Sebastian Jansen und teilweise auch Daniel Engelbrecht
immer wieder mal bei den Profis mittrainieren, wenn es „oben“ Verletzte
gibt.
Jawattdenn.de:
Wie kann man sich denn überhaupt die Lage bei einer
zweiten Mannschaft von Alemannia Aachen vorstellen. Gibt es so etwas wie Druck, aufsteigen zu müssen?
Ralf Aussem:
Nein, es gibt keinerlei Druck. Der einzige Druck besteht
höchstens darin, dass man die Liga nicht halten könnte. Unser Ziel ist
es, den ein oder anderen Spieler nach oben zu führen oder Spieler von
oben aufzufangen, die zum Beispiel nach längerer Verletzung wieder
Spielpraxis brauchen. Vor ein paar Wochen sollte zum Beispiel Nico
Herzig gegen Speldorf spielen, was sich nur kurzfristig wegen einer
Verletzung von Thomas Stehle zerschlagen hat. Aber auch ein Florian
Müller oder Mirko Casper haben bei uns schon gespielt. Insgesamt gibt es
einen regen Austausch zwischen mir und Peter Hyballa, dem Trainer
unserer Ersten.
Jawattdenn.de:
….der ja ursprünglich mal Trainer bei Rot-Weiss werden sollte…
Ralf Aussem:
Ja, und der sich immer über das, was an der Hafenstraße passiert, auf dem Laufenden hält!
Jawattdenn.de:
Haben Sie denn einen Full-time-Job bei der Alemannia?
Ralf Aussem:
Ja, aber ich betreibe wie zu meiner Essener Zeit auch weiter
meine Lotto/Toto-Annahmestelle in der Nähe vom Ebertplatz in Köln. Die
habe ich übrigens heute vor genau 18 Jahren eröffnet, am 15. November
1992. Man weiß ja, dass im Fußball bekanntlich alles recht kurzlebig
ist. Da wir in der Regel erst am Nachmittag gegen 15:30 Uhr trainieren,
kümmere ich mich halt morgens um meinen Laden.
Jawattdenn.de:
Das heißt, auch die Spieler sind keine Profis?
Ralf Aussem:
Keineswegs. Das sind reine Amateure, wir haben unter den
Spielern Schüler, Studenten und solche, die eine Ausbildung machen.
Jawattdenn.de:
Der Zuschauerschnitt im alten Tivoli, in dem die Mannschaft
sonst antritt, liegt bei tristen 250. Das sollte sich am Samstag stark
verbessern, wozu aber in erster Linie die Essener beitragen werden?
Ralf Aussem:
Ja, aber wir hoffen, dass wegen der weiten Anreise nach Aue nur
wenige Aachener den Weg in den Osten antreten werden und sich
stattdessen einmal die zweite Mannschaft am neuen Tivoli anschauen
werden. Übrigens spielen wir dort noch ein zweites Mal, gegen Fortuna
Köln. Im Übrigen ist es für meine Jungs natürlich eine tolle Sache,
statt im doch recht bröckeligen alten Tivoli einmal dort aufzulaufen, wo
sonst nur die Profis spielen.
Jawattdenn.de:
Wie sieht denn Ihre taktische Marschroute aus?
Ralf Aussem:
Für die Zuschauer könnte es ein sehr schönes Spiel werden, da
wir nicht gerade für Konterspiel bekannt sind, sondern lieber offensiven
Fußball spielen. Meist war es so, dass sich unsere Gegner hinten
reingestellt haben – was ich von RWE nun wirklich nicht erwarte.
Jawattdenn.de:
Und was rechnen Sie sich gegen den Tabellenführer aus?
Ralf Aussem:
Zunächst einmal, dass wir unsere beiden Serien – sechs Spiele
ohne Niederlage und drei Heimsiege infolge – fortsetzen. Aber es kommt
nun ein Gegner, der für mich erst mal Favorit ist. Trotzdem: Wir haben
nichts zu verlieren.
Jawattdenn.de:
Haben Sie alle Mann an Bord?
Ralf Aussem:
Ja, bis auf den langzeitverletzten Torwart Ricardo Soressa steht der gesamte 22er-Kader bereit.
*
Jawattdenn.de:
Zur Situation in der NRW-Liga: RWE und Windeck haben sich in
der Tabelle nun schon etwas abgesetzt. Überrascht Sie das?
Ralf Aussem:
Vor Beginn der Saison habe ich bei der Umfrage des Reviersports
Windeck, Fortuna Köln und RWE als meine Favoriten genannt. Warum war
Essen darunter? Nun, weil es eine eingespielte Mannschaft ist, ergänzt
um zwei sehr gute Spieler aus der Ex-Regio-Mannschaft (Brauer und Lenz)
und die Neuverpflichtung Alex Thamm. Daher überrascht mich jetzt selbst
der Fünf-Punkte-Vorsprung nicht wirklich. Im Übrigen freue ich mich für
Damian (Jamro) und Waldi (Wrobel), aber auch die Fans, die so viel
mitgemacht haben.
Jawattdenn.de:
Doch schon warnen wieder viele in Essen vor überzogenen und vorschnellen Erwartungen…..
Ralf Aussem:
Wenn alle auf dem Boden bleiben und den Weg weiter verfolgen,
den wir auch hier in Aachen eingeschlagen haben, hab ich da keine
Sorgen. Aber man darf nie vergessen, dass auch andere Mannschaften gut
spielen und für jeden die Spiele gegen RWE die Highlights der Saison
sind.
Jawattdenn.de:
Ist Fortuna Köln bislang die Enttäuschung der Saison?
Ralf Aussem:
Von den Punkten her ja. Aber ich würde sie noch längst nicht
abschreiben, und auch Siegen, ETB und Velbert sollte man im Auge
behalten.
Jawattdenn.de:
Haben Sie noch Kontakt zu Ihrem Ex-Kollegen Uwe Erkenbrecher?
Ralf Aussem:
Ja. Er war gerade vier Wochen in einer Kur, hat dabei sieben
Kilo abgenommen. Nun sitzt er in Wolfsburg und wartet, irgendwo
einsteigen zu können.
Jawattdenn.de:
Wie sehen Sie das bundesweit einzigartige Experiment mit
zwei gleichberechtigten Trainern heute, mit dem Abstand von sechs
Monaten?
Ralf Aussem:
Am Anfang gab es den ein oder anderen Punkt, an dem man anderer
Meinung war. Aber das hat sich dann gut entwickelt. Bis auf die
Pokalschlappe gegen den ETB stimmten die Ergebnisse und wir hätten uns
daher auch vorstellen können, mit einer eventuell anderen
Aufgabenverteilung weitermachen zu können. Aber der Verein wollte
bekanntlich einen anderen Weg.
Jawattdenn.de:
Die Regio-Mannschaft verblasst bei vielen Fans unter dem Eindruck der neuen jungen Wilden. Ist das fair?
Ralf Aussem:
Natürlich spielen die jetzt erfrischender. Man geht
unbekümmerter in die Saison, will zunächst einmal nichts mit dem Abstieg
zu tun haben und die Insolvenz über die Bühne kriegen. Im letzten Jahr
gab es dagegen stärkere Gegner und viel mehr Druck, weil das Ziel nur
Aufstieg und damit Platz Eins hieß. Im Übrigen gab es viele Spieler, die
gerne in Essen geblieben wären und mit denen sich die Fans
identifiziert haben. Wie Maczkowiak, Wunderlich, Herzig und auch Bührer.
Jawattdenn.de:
Wie sehen Sie die Entwicklung von Mölders und Wunderlich in Liga Zwei?
Ralf Aussem:
Nun, Sascha hat ja schon Erfahrungen auf diesem Niveau. Aber
auch von Mike habe ich erwartet, dass er den Sprung schafft. Er hat alle
Tugenden, die man mitbringen muss. Wenn man bedenkt, dass er bei RWE
zwischenzeitlich auch schon als Fehleinkauf bezeichnet worden war….
Jawattdenn.de:
Herr Aussem, wir danken Ihnen für das Gespräch.
*Anmerkung der Redaktion: Ob Kapitän Sebastian Jansen auflaufen kann ist aber fraglich. Jansen
musste im Testspiel gegen den Landesligisten Hertha Walheim (2:2 d.R.)
vorzeitig ausgewechselt werden. Es besteht der Verdacht auf einen
Muskelfaserriss. Ralf Aussem wollte dies aber nicht bestätigen.
P.S. Die letzten Pflichtspiele von RWE gegen (die erste) Mannschaft von
Alemannia Aachen fanden in der Saison 2004/05 statt. In der damaligen 2.
Liga gab es am 14. November ein 1:1 am Tivoli, dem am 22. April 2005
eine 0:2-Heimniederlage folgte. Mit dem gleichen Ergebnis war schon am
22. August 2004 und ebenfalls an der Hafenstraße das Spiel der ersten
DFB-Hauptpokalrunde ausgegangen.
Infos über Alemannia Aachen
Organisatorisches zum Spiel
Am kommenden Samstag, 20. November, steht für unsere Mannschaft von Trainer Waldemar Wrobel das nächste Auswärtsspiel auf dem Programm. Hier einige Hinweise zu den Abläufen am Spieltag, zur Anreise nach Aachen und zum Vorverkauf:
Das Auswärtsspiel gegen die Zweitvertretung von Alemannia Aachen findet im neuen Tivoli-Stadion statt. Anstoß dieser Partie erfolgt um 14:30 Uhr. Der Zugang zum Stadion erfolgt für RWE-Fans ausschließlich über den Gästeeingang in der Nord- West-Ecke des Tivoli-Stadions. Dort sind auch die Tageskassen vorhanden. Diese werden am Spieltag ab 13:00 Uhr geöffnet.
Für alle RWE-Fans, die mit dem PKW anreisen, stehen in unmittelbarer Nähe des Gästeeingangs ausreichend Parkmöglichkeiten auf dem Parkplatz P 1 (Zufahrt über den Soerser Weg) zur Verfügung. Eintrittskarten für das kommende Auswärtsspiel in Aachen sind noch bis Freitag, 19. November, über das Ticket-Center, den Fan-Beauftragten Lothar Dohr und die RWE-Vereinsgaststätte an der Hafenstraße im Vorverkauf erhältlich.
Der Vorverkauf in Essen endet am Freitag um 15:00 Uhr. Bisher wurden knapp 400 Eintrittskarten, davon 200 Stehplatzkarten im Vorverkauf in Essen abgesetzt.