Geht es nach Trainer Uwe Erkenbrecher, wäre das Spiel gegen den Tabellenachten der Regionalliga West, den SC Verl, jetzt der ideale Startpunkt: „Das Spiel gegen Saarbrücken hätten wir mit einem Kader von nur 16 bis 17 Mann bestreiten müssen, daher kam uns die Absage nicht ganz ungelegen", gibt er zu. Dennis Bührer (Grippe) und Markus Neumayr (wieder Probleme am Schienbein) wären an der Saar wohl ausgefallen. Mittelfeldspieler Robert Mainka, der nach einer Leisten-Operation wieder ins Training eingestiegen war, klagte über muskuläre Probleme, und trainierte reduziert. „Aber aktuell sind 22 von 24 Mann im Training, die Stimmung ist prächtig und alle wollen unbedingt, dass es endlich wieder los geht."

Auch in der nun schon sechsten Woche der von Wetterkapriolen geprägten Vorbereitung würde die Mannschaft bestens mitziehen, die von Sascha Mölders hinterlassene Lücke gut gefüllt. „Akteure wie Stachnik, Chitsulo und Wunderlich schießen im Training deutlich mehr Tore als früher. Insgesamt ist die Leistungsdichte im Kader höher geworden, das Niveau hat sich unter denen, die wir nicht zur zweiten Mannschaft delegiert haben, verbessert. Das trifft auch auf die Standards zu," ist Erkenbrecher zufrieden.

Der SC Verl sei ein berechenbarer Gegner, „den wir bei entsprechender Konzentration packen müssten", so der Trainer. Zuletzt hat er die Ostwestfalen beim Testspiel gegen die Zweite von Hannover 96 beobachtet, das Verl nach Toren von Saur, Torjäger Knappmann und Said mit 3:1 gewann. „Verl spielt aus einer gesicherten Defensive, mit zwei Viererketten, zwei Sechsern und einer hängenden zweiten Spitze", weiß der Fußballlehrer. „Das Spiel selbst zu machen liegt ihnen nicht allzu sehr" - eine Eigenschaft, die gerade zu Hause aber auch RWE mehr als einmal „auszeichnete". Ähnlich wie für Rot-Weiss zuletzt Sascha Mölders ist für Verl der 1,90 Meter große und über 90 Kilo schwere Christian Knappmann so etwas wie eine Lebensversicherung. „Er ist sehr präsent und will immer den letzten Ball", warnt Erkenbrecher. Aufgrund seiner Größe sei er ebenso wie die beiden langen Innenverteidiger Saur und Flottmann vor allem bei Standards und hohen Bällen gefährlich.

Ebenso wie RWE konnte auch beim SC Verl nicht von einer systematischen Saison-Vorbereitung gesprochen werden. Das letzte Punktspiel datiert vom 13. Dezember 2009, damals gab es an der Poststraße ein 3:1 gegen Wormatia Worms. Zuvor hatte man sich im November in Folge des Wettskandals von den Spielern Patrick Neumann (Kapitän) und Timo Hagedorn getrennt. Von fünf Testspielen zwischen dem 21. Januar und dem 2. Februar konnte nur das erste (4:1 gegen den NRW-Ligisten Spvg Hamm) gewonnen werden. Dazu kamen zwei Remis (0:0 gegen Gütersloh 2000 und 1:1 gegen Germania Windeck) und zwei Niederlagen (1:2 gegen Bielefeld II und 0:1 gegen einen allerdings nicht in Bestbesetzung angetreten Zweitligisten aus Paderborn.) Das 3:1 gegen Hannover 96 II, die im Mittelfeld der Regionalliga Nord rangieren, zeugt jedoch von einer nicht allzu schlechten Frühform.

Personell kann Trainer Raimund Bertels fast aus dem Vollen schöpfen, nur Friedrich Bömer-Schulte ist gelb gesperrt. Christian Knappmann ist wie geschildert schon wieder in Torlaune, nachdem er zum Jahresende heftig mit dem 1. FC Saarbrücken geflirtet hatte, sich dann aber doch für einen Verbleib in der westfälischen Provinz entschied. Auf ihn müssen die Essener ganz besonders aufpassen, gingen doch bislang allein zehn von 22 Verler Toren auf sein Konto. Der Ex-Essener Chamdin Said konnte sich bei seinem neuen Club dagegen bislang nicht als Stammspieler etablieren. Er brachte es auf 15 Einsätze, spielte jedoch nur zweimal über die volle Distanz. Bislang traf er in Pflichtspielen auch nur einmal ins Schwarze.

Das Hinspiel endete am 29. August 2009 3:0 für RWE, nach zwei Toren von Sascha Mölders und einem weiteren von Sebastian Zinke war das Match schon in der Pause entschieden. Damals hieß das Motto „Wir lassen nichts zu", und daran hielten sich die Spieler denn dann konsequent. Zu diesem Spiel war RWE unter Leitung von Thomas Strunz eigens am Vortag angereist und hatte in der noblen „Klosterpforte" in Harsewinkel Quartier bezogen - wo sonst eher Bundesligisten oder Nationalmannschaften zu logieren pflegen. Es war das letzte Erfolgserlebnis für Strunz, der 13 Tage später nach der Heimniederlage gegen Köln II seinen Stuhl räumen musste.

Verl ist mit 26 Punkten unmittelbarer Tabellennachbar der Essener - hat aber noch ein Spiel mehr auszutragen als die Rot-Weissen. Für beide Mannschaften wäre das Match am Samstag auch deshalb wichtig, um eine halbwegs realistische Standortbestimmung vornehmen zu können. Wie sagt Uwe Erkenbrecher: „Im Winter passiert immer viel im Kopf. Man sieht es an Schalke 04 II - sie beginnen mit einem neuen Trainer und neuen Hoffnungen - und haben gegen Preußen Münster im ersten Spiel nach der Pause dennoch erst mal nichts zu melden."

Thomas Imhof