1. FC Kaiserslautern II - Rot-Weiss Essen
Eiskalt erwischt
„Wer zu diesem Zeitpunkt noch nach Kaiserslautern zum Auswärtsspiel fährt, der hat nicht alle Tassen im Schrank!" - Nach diesem Motto machten sich rund 400 RWE- Fans, unter ihnen ein paar wagemutige Mitglieder unserer Redaktion, in Richtung Pfalz auf. Auf dem Weg durch das Rheingebiet wurde allen Beteiligten schnell klar, dass bei so einem Wetter der dritte Advent lieber bei einer Tasse heißen Tee oder Kaffee verbracht werden sollte. Nachdem Bonn passiert wurde fiel das Thermometer kontinuierlich auf bis zu minus 2 Grad Celsius. Trotz alldem gab es im Moselgebiet und in der Eifel schöne, in Weiß gehüllte Landschaften zu sehen. Eine Fußballfahrt vor Weihnachten kann auch eine vorfestliche Stimmung erzeugen.
Im winterlichen Kaiserslautern gab es per Telefon den ersten Schock: Es war eine Stunde vor Anpfiff noch nicht klar, ob die Partie im ehrwürdigen Fritz-Walter-Stadion überhaupt angepfiffen werden konnte. Erst am Stadion erfuhren wir, dass angeblich die Rasenheizung nicht funktionierte. Eine kleine Peinlichkeit für die Organisatoren rund um das ehemalige Weltmeisterschaftsstadion. Dennoch ist der Anblick dieses Stadions für jeden auswärtigen Besucher jedesmal beeindruckend. Auf einem schneebedeckten Berg thront das Stadion wie eine schier uneinnehmbare Festung, die nur darauf wartet, gestürmt zu werden. Das Parken direkt am Stadion war bei dem geringen Zuschaueraufkommen kein großes Problem.
Im Stadion angekommen folgten weitere Aufreger. Trotz der wenigen Zuschauer war man darauf angewiesen, eine elektronische „Heldenkarte" für den Verzehr von Getränken und Essen zu bezahlen. Das der fast lebensrettende Glühwein bis zu 4 Euro pro halben Liter kostete, ließ erahnen, dass die Wirtschaftskrise anscheinend auch die Pfalz erreicht hatte. Noch viel schlimmer war allerdings der Anblick des Platzes auf dem „Betze". Dieser war völlig mit Schnee bedeckt, die verzweifelten Ordner versuchten wenigstens die Linien und die beiden Strafräume vom weißen Pulver zu befreien. So mussten sich die Spieler der Gastgeber sich zwischen den Schaufeln der Arbeiter warmschießen, erst kurz vor dem Anpfiff war der Sechzehner endlich grün. Neutral gesehen musste man allerdings schon zugeben, dass eine Absage des Spiels gerechtfertigt gewesen wäre. Die wenigen Zuschauer konnten nur befürchten, dass dieser Kick nicht besonders ansehnlich werden würde.
Zunächst aber begann die Partie recht munter. Der Lauterer Zellner kam auf der rechten Seite frei zum Schuss, Maczkowiak konnte diesen Schuss aber glänzend parieren. Danach kam der Gast aus Essen sehr viel besser mit dem Platz zu Recht als die Pfälzer. RWE war nun im Vorwärtsgang und häufiger im Strafraum zu finden, auch wenn auf umständliche Weise der Weg zum Tor gesucht wurde. Sascha Mölders setzte sich in der zehnten Minute einmal mehr gut durch, doch der Kaiserslauterer Torwart Knaller konnte den etwas unplatzierten Schuss abwehren. Danach wurde das Spiel leider zu dem Gebolze, das von den Zuschauern erwartet wurde. Die Füße der Spieler und das Spielgerät gehorchten nicht mehr den üblichen Gesetzen der Physik.
Selbst kurze und einfache Pässe landeten im leeren Raum oder beim Gegner, die Akteure rutschten am Gegenspieler und am Ball vorbei und Schüsse aus der Distanz zum Beispiel von Mike Wunderlich flogen über das Tor oder waren zu harmlos für einen Torferfolg. Auf den Rängen versuchten die Essener Zuschauer, das Beste aus der Situation zu machen. In der ersten Halbzeit wurde unaufhörlich gesungen und gehüpft, so dass der Kampf gegen die Kälte auch mit diesen Mitteln geführt wurde. Mit dem alten Weihnachtssong „Kling, Glöckchen, klinge linge ling" unter besonderer Verwendung von Schlüsselanhängern wurde es besinnlich auf der Tribüne. Ob die rot-weiße Version „RWE wird Meister, Lotte wird nur Zweiter, Saarbrücken wird nur Dritter..." sich bewahrheitet, darf eher bezweifelt werden. Unter leichten Schneefall wurde die unansehnliche erste Hälfte abgepfiffen. Allerdings kann bemerkt werden, dass der Einsatz der rot-weissen Mannschaft trotz schwieriger Bedingungen stimmte und von der technischen Anlage her auch das bessere Team aus Essen kam.
Dies sollte sich auch nach dem Wechsel erst einmal nicht ändern, RWE war weiterhin die engagiertere und druckvollere Mannschaft auf dem Betzenberg. Der Strafraum wurde immer wieder gesucht, kein Ball wurde verloren gegeben und die Abwehr ließ kaum einen Lauterer Gegenangriff zu. Nach einer tollen Flanke von rechts stand in der 56. Minute der ehemalige Lauterer Stachnik völlig frei vor dem Tor und köpfte den Ball vor dem verdutzten Pfälzer Torwart Knaller ein. Zum Entsetzen der rot-weißen Anhänger entschied Schiedsrichter Göpfert auf Abseits, was durchaus eine strittige Entscheidung war. Ein Führungstreffer wäre zu diesem Zeitpunkt verdient gewesen. RWE steckte nicht auf, nur fünf Minuten später hatte Mölders nach einer Flanke von Aydin eine weitere dicke Chance zum 1:0. Auch Wunderlichs Distanzsschüsse kamen immer näher an das Tor von Knaller heran.
In den letzten zehn Minuten konnte RWE so etwas wie einen Sturmlauf entfachen. Immer wieder wurden Eckbälle herausgeholt, die gefährlich vor das gegnerische Gehäuse geschlagen werden konnten. Doch immer war es der starke Lauterer Schlussmann Knaller, der Schüsse von Mölders und Neumayr parierte, darunter eine sehenswerte Parade nach einem Schuss aus fünf Metern. Die Zeit rannte allerdings davon, nur war RWE jetzt von einer hochverdienten Führung nicht weit weg. Doch es kam leider völlig anders: Ein langer Ball auf Zellner, der nach einem Absprachefehler in der Essener Defensive völlig frei einnetzen konnte. Nach der Chance in der zweiten Spielminute war dies die zweite Tormöglichkeit für Lautern überhaupt in diesem Spiel. Wie groß kann eigentlich noch der Fluch über das Team der Hafenstraße sein?
Im direkten Gegenzug hätte RWE doch noch die Möglichkeit, wenigstens einen Punkt nach Essen zu entführen. Doch, wie sollte es auch anders sein, traf Sascha Mölders nur die Latte. Danach folgte fast die Strafe auf den Fuß: Eine ähnliche Situation wie zum 1:0-Treffer durch Zellner führte fast zu einem weiteren Tor für kleinen Teufel, doch Akcam scheiterte am kaum geprüften Maczkowiak. Danach war Schluss, wieder einmal entschieden die letzten Minuten zu Ungunsten von Rot-Weiss.
Äußerst bitter, denn weder von der kämpferischen Einstellung noch von der Spielweise kann man dem rot-weissen Team einen großen Vorwurf machen. Im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten fighteten die Spieler von der Hafenstraße ordentlich, nur bei der Verwertung der Chancen hätte man sich oft gewünscht, dass der ein oder andere Spieler etwas kaltschnäuziger agiert hätte. Es bringt alles nichts, RWE bleibt im Sumpf des Niemandslands in der Regionalliga West stecken. Im weiteren Verlauf der Saison geht es nur noch um die Ehre, vor allem gegen die Amateure des ungeliebten Nachbarn. Es sollte alles getan werden, um einen halbwegs ordentlichen Jahresabschluss zu feiern.
Jawattdenn-Spielerbewertung
Maczkowiak [3+] |
Aydin [3+] |
Zinke [3+] |
Herzig [3] |
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Broniszewski [3] |
Neubauer [3+] |
Neumayr [3] |
Wunderlich [3+] |
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Mölders [3+] |
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1. FC Kaiserslautern II
Knaller - Becker, Correia, Reuter, Buchner - Marz, Klinger, Stulin, Saiti (85. Herchenhan) - Akcam (90. Henel), Zellner Rot-Weiss Essen
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