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Manchmal kommt man sich vor wie in einem falschen Film. Dass, was sich da vor einem abspielt ist einfach unfassbar, unbeschreiblich und macht sprachlos. Man fragt sich nach Abpfiff kopfschüttelnd, was da gerade eigentlich passiert ist. Von solchen Spielen hatten die RWE-Fans in der Vergangenheit zu viele. Das 3:4 gegen die Amateure von Borussia Dortmund war leider wieder so ein Spiel.

Um gegen den Tabellennachbarn aus Dortmund zu bestehen, veränderte Michael Kulm seine gewohnte Stammelf. Für Silvio Pagano rückte Bora Karadag in die Startformation. Taktisch spielte Mainka hinter den Spitzen und Kühne rückte auf die rechte Position. Mit dieser Mannschaft begann man die 1. Halbzeit, über deren Ereignisse man am liebsten den Mantel des Schweigens hüllen möchte. Denn in der ersten Hälfte dieser unfassbaren 90 Minuten wurden die Schwächen der rot-weißen Elf schonungslos offen gelegt.

Sascha Mölders Uninspiriertes Spiel nach vorn, zu wenig Tempo, kaum Ideen aus dem Mittelfeld. Die Folge waren Ballverluste gegen früh störende Dortmunder, die dann vormachten, was RWE nicht konnte. Blitzsaubere Angriffe und mit schnellem direktem Spiel überbrückte man mühelos die schläfrige Abwehr, die diesen Namen streckenweise nicht verdiente. Schon zu Beginn deutete sich an, was dann später bittere Gewissheit wurde. Der BVB war angereist um mitzuspielen, ließ sich erst gar nicht hinten reindrängen, sondern versuchte selbst das Spiel zu gestalteten.

Der schnelle Bajram Sadrijaj, den die Essener zu keiner Zeit in den Griff bekamen, düpierte ein ums andere Mal die behäbige Verteidigung und tauchte immer wieder frei vor Maczkowiak auf. So auch in Minute vierzehn als lediglich die Fäuste des RWE-Schlussmanns die Hausherren vor einem Rückstand bewahrten. Diese Nachlässigkeiten wurden umgehend bestraft und es war erneut Sadrijaj, der dann das verdiente 1:0 erzielte (23.). Einmal mehr war die Innenverteidigung nicht auf Ballhöhe und Sadrijaj schneller als alle anderen. Die Einladung ließ sich der Serbe nicht entgehen. Diesmal überwand der Stürmer Maczowiak im direkten Duell. Wer nun glaubte, der Rückstand müsste RWE wecken, sah sich schnell getäuscht. Keine fünf Minuten später klingelte es erneut im Kasten des bedauernswerten Maczkowiak. Jetzt war es Damir Vrancic, der freundlich eskortiert von der Essener Abwehr, zum 0:2 einnetzen konnte. Nur dabei statt mittendrin reicht eben nicht.

Die Essener hatten drei Minuten später die wohl größte Chance der ersten Hälfte, als man in Überzahl konternd im eigenen Stadion mit drei Mann auf das Dortmunder Gehäuse zusteuerte. Doch Karadag, der durchaus auch alleine hätte gehen können, zog es vor den Ball ungenau auf den mitgelaufenen Kühne zu zirkeln, die Konterchance verlief im Sande.
Doch die Essener bauten in der Folge mehr Druck auf, wenngleich die Dortmunder stets gefährlich blieben. Ein weiteres Gegentor hätte die Partie wohl endgültig entschieden. Nach einer Ecke köpfte Michael Lorenz freistehend auf das BVB-Tor, doch ein Schwarz-Gelber klärte auf der Linie.

Im Gegenzug kratzte Dennis Bührer den Ball nach einer erneuten
Unaufmerksamkeit der Essener Abwehr gerade noch von der Linie. Von Pfiffen begleitet ging es dann für die RWE-Kicker in die Pause. Die Antworten ließen noch auf sich warten. Kulm reagierte und brachte Haluk Türkeri für den schwachen Stefan Kühne. Mit dieser Umstellung agierte nun Markus Kurth hinter den Spitzen. Doch die Lage erschien angesichts der Dortmunder Überlegenheit aussichtslos.

Markus Kurth Und wenn nichts mehr hilft, dann vertraut man eben nur noch auf Sascha Mölders. Die Nummer 9 war es, die an diesem Spieltag zumindest zeitweise den Unterschied ausmachte. Mölders, dem das ganze wohl irgendwann zu bunt wurde, schnappte sich das Leder und ließ reihenweise die ganz in Gelb gekleideten Dortmunder stehen, stieß vor in die klaffende Lücke in der Mitte und zog stramm zum Anschlusstreffer ab. 1:2 (54.), und sofort war das Stadion wieder da! Hatten noch zuvor die zahlreich aus Dortmund angereisten Gäste das Stadion stimmgewaltig im Griff, kippte nun das Spiel auf den Rängen und auf dem Rasen. RWE dominierte die Partie, zeigte plötzlich wie einfach es sein kann, die Dortmunder in Verlegenheit zu bringen. Frühe Angriffe durch die Hausherren führten immer wieder zu Ballverlusten auf Dortmunder Seite, die RWE für sich nutzen konnte.

In der 64. Minute hatten die gut 7000 rot-weißen Fans den erneuten Torschrei schon auf den Lippen, aber Mainkas Kopfball flog knapp am BVB-Kasten vorbei. Glück dann für RWE nur Sekunden später, als Stefan Lorenz einen BVB-Spieler im Strafraum umriss, die Pfeife von Schiri Florian Meyer aber stumm blieb. Von den Fans angetrieben war es erneut Mölders, der nur Sekunden später die grausigen 69 Minuten vorher vergessen machte. Einen Fallrückzieher von Michael Lorenz konnte der Dortmunder Keeper Kruse noch abwehren, war dann aber beim Nachschuss unseres Toptorjägers machtlos. Und es sollte noch besser kommen: nur Sekunden später stand das Stadion kopf, als Robert Mainka mit einem wuchtigen Distanzschuss aus gut 18m den Ball erneut in die Maschen drosch. 3:2 ! - RWE hatte das Spiel innerhalb weniger Sekunden gedreht

 Die Essener suchten weiter die Offensive, Haluk Türkeri verpasste nur knapp das 4:2 (74.), der BVB fand kaum mehr ins Spiel, schien zu geschockt vom Doppelschlag. Kulm wechselte den defensiveren Turgul Aydin für Bora Karadag ein, wollte den Vorsprung verteidigen. Doch die Essener fanden urplötzlich zur „alten Stärke“ aus Hälfte eins zurück. Man ließ sich unnötig hinten reindrängen und stand viel zu tief in der eigenen Hälfte. Es kam wie es kommen musste. Nach einem Abpraller aus der RWE-Abwehr flatterte die Kugel vor die Füße von Marc-Andre Kruska, dessen fulminanter Volleyschuss unhaltbar unten links einschlug (88.). Das Wort vom Sonntagsschuss machte schnell die Runde, doch der Strafe war noch nicht genug.

RWE - BvB II Nach einer Ecke stand die RWE-Mannschaft unnötigerweise kollektiv im eigenen Strafraum, der Ball kam postwendend zurück und Yasin Öztekin bedankte sich beim Absender mit einem Schuss aus 18m, der in der Nachspielzeit den K.O. für die Hausherren bedeutete. (90+1). Ein unerklärlicher Einbruch kurz vor Ende, zahlreiche individuelle Fehler und Unaufmerksamkeiten und eine desolate erste Halbzeit kosteten RWE drei immens wichtige Punkte. Diese letzten Sekunden, die man wie in einem Zeitraffer erlebte, Florian Meyer pfiff obwohl es sieben Treffer gegeben hatte äußerst pünktlich ab, bestraften das pomadige Auftreten in der ersten Hälfte. Einfach nur Pech gehabt? Mitnichten.

Vielmehr ist dieses Ergebnis die logische Konsequenz eines Kaders, der nicht die ausreichende Qualität besitzt, um ganz oben stehen zu können. Wenn dann auch noch etablierte Kräfte und die eigentlichen Leistungsträger – wie am heutigen Tag Stefan Lorenz und Stefan Kühne schwächeln, trennt sich schnell die Spreu vom Weizen. Die logische Folge zum Abschluss der Hinrunde lautet Tabellenplatz drei. Wenig meisterliche neun Punkte Rückstand auf den Spitzenreiter aus Kaiserslautern sind Ausdruck einer Mannschaft, die momentan ihren eigenen Ansprüchen hinterher hechelt. Cleverness, Routine, Souveränität sind Dinge, die künftige Meister ausmachen und die man derzeit vergeblich sucht. Ein Kader, der sich nur auf die Sascha-Mölders-One-Man-Show stützt, wird nicht oben angreifen können. Nur ein Punkt aus den letzten drei Spielen ist zu wenig um tatsächlich ambitioniertere Ziele angehen zu können.

Es bleibt kaum Zeit Durchzuatmen, kaum Zeit den Gründen dieser Misere auf den Grund zu gehen. Bereits am Freitag kann RWE mit einem Dreier gegen die Sportfreunde Lotte Schadensbegrenzung im Aufstiegskampf betreiben. Danach geht es in die lange Winterpause. Zeit genug um zu analysieren, warum es eben noch nicht für ganz oben reicht und was man ändern kann. Zeit für Antworten.


Reviersport-Interview mit Michael Kulm


Jawattdenn-Spielerbewertung

Matze
Maczkowiak
[2-]
Jozef Kotula
Kotula
[4+]
Der Lange
Czyszczon
[4+]
Stefan Lorenz
S. Lorenz
[4-]

Dennis Bührer
Bührer
[4+]

 Bora Karadag
Karadag
[4-] 
Stefan Kühne
Kühne
[5] 
Robert Mainka
Mainka
[3+] 
Michael Lorenz
M. Lorenz
[5+] 
Markus Kurth
Kurth
[3] 
 Sascha Mölders
Mölders
[2+]
 Haluk Türkeri
Türkeri
[4]
Turgul Aydin
Aydin
[o.B.]


   


Rot-Weiss Essen

Maczkowiak - Kotula, Czyszczon, S. Lorenz, Bührer - M. Lorenz - S. Kühne (46. Türkeri), Mainka, Karadag (81. Aydin) - Kurth, Mölders

Borussia Dortmund II

Kruse - Hille (78. Ricken), Gordon, Hünemeier (73. Großkreutz), Schmelzer - Piossek (73. Hillenbrand), Kruska, Vrancic, Öztekin - Kullmann, Sadrijaj

Tore

0:1 Sadrijaj (23.), 0:2 Vrancic (27.), 1:2 Mölders (53.), 2:2 Mölders (69.), 3:2 Mainka (70.), 3:3 Kruska (88.), 3:4 Öztekin (90.+1)  


Zuschauer

7.291

Schiedsrichter

Meyer (Burgdorf)

Gelbe Karten

M. Lorenz, Czyszczon - Großkreutz, Hillenbrand 


Spieler des Spiels 17 - Sascha Mölders