Die another day
Ob
James Bond, Mission Impossible oder Stirb langsam,
in der aktuellen Situation sind so einige Filmtitel
ziemlich passend. Das Horrorszenario vierte Liga ist
zum Greifen nah, RWE steht wieder dort, wo man vor
10 Jahren bereits war: Am Tiefpunkt der Vereinsgeschichte.
Ein Wunder muss her, will man nicht das nächste
traurige Kapitel schreiben.
Angesichts von neun Punkten Rückstand muss man
mit dem fast schon Unvermeidbarem rechnen: Dem Abstieg
in die vierte Liga. Als Präsident Rolf Hempelmann
den Verein vor 10 Jahren übernahm, befand man
sich ebenfalls in dieser. Mit neuer sportlicher Führung
und der sofortigen Rückkehr in die Regionalliga
sollte damals eine neue Erfolgsgeschichte starten.
Es wurden neue Parolen und Hoffnungen ausgegeben.
Auch ich habe mich damals anstecken lassen, habe den
Schal „2010 – Ihr werdet es schon sehn“
auf die Heckablage meines Wagens gelegt. Es sollte
jeder sehen, dass RWE wieder da ist. „War wer,
ist wer, bleibt wer“. Der Stolz, die Farben rot
und weiß zu präsentieren - in Gedanken
an die glorreiche Zukunft, die da kommen wird.
Heute, einige Jahre und viele Enttäuschungen
später, sind wir wieder auf den Boden der Tatsachen
zurückgekehrt. Der Schal existiert noch, allerdings
im Karton bei den vielen anderen, die man sich im
Laufe eines Fanseins so zulegt. Der Traum der glorreichen
Zukunft ist zerplatzt wie ein dünner Luftballon,
der sich den unzähligen Nadelstichen letztlich
beugen muss. Haben wir vor zwei Jahren uns noch wahnsinnig
gefreut, rauszukommen aus der „Schweineliga“,
so täten wir heute alles Erdenkliche, auch nächste
Saison dieser bzw. ihrem Nachfolger weiter anzugehören.
Es
gibt Stimmen, die einen Abstieg befürworten oder
zuminderst positiv sehen. Ein möglicher Neuanfang,
gepaart mit der sofortigen Rückkehr oder gar
dem Durchmarsch mit einem dann eingespielten Team
in Liga zwei, so wie es Oberhausen gerade vormacht.
Doch gerade unsere Vergangenheit hat gezeigt, dass
es anders kommt als gedacht. Träume hatten wir
viele in den letzten Jahren, die Realität sieht
bekanntlich anders aus.
Und gucken wir uns die mögliche vierte Liga doch
einmal genauer an. Klar, da reizen Derbys gegen den
ETB oder Preußen Münster, da findet man
dann aber auch die geballte Ladung an zweiten Mannschaften,
namentlich Köln, Schalke, Leverkusen, Mönchengladbach
und Bochum, vielleicht noch garniert mit Mainz oder
Frankfurt. Angesichts der Tatsache, dass nur der Meister
der vierten Liga in die neue dritte Liga aufsteigen
wird, werden die Aufsteiger der nächsten fünf
bis sechs Jahre so gut wie feststehen. Im Konzert
der Amateurteams ambitionierter Bundesligisten mitzuspielen,
wird ein sowohl sportlicher als auch finanzieller
Kraftakt werden, den sich gerade RWE wohl nicht leisten
kann. Es droht also das Versinken auf viele Jahre
hinweg.
Was bleibt, ist die Hoffnung auf ein Wunder, das Aufholen
des 9-Punkte-Rückstandes. Jedes Spiel ein Endspiel,
acht noch an der Zahl.
Ausgerechnet das erste dieser acht führt zum
Derby nach Wuppertal. Ein Sieg dort ist Pflicht, ein
Punkt wird schon zu wenig sein. Es wird keinesfalls
einfach für die elf Spieler auf dem Platz: Hinten
bloß kein Tor fangen, aber vorne möglichst
welche schießen. Ein schmaler Grat, den es angesichts
von WSV-Spielern wie Mahir Saglik, Tobias Damm oder
Mike Rietpietsch zu überstehen gilt. Vielleicht
von Vorteil wird sein, dass Wuppertal auf einige Spieler
nicht zurückgreifen kann. So wird die halbe Defensive
ausfallen, da Dennis Malura und Michael Stuckmann
gelbgesperrt sind. Ein alter Bekannter wird daher
die Abwehrlücke stopfen müssen: Victor Hugo
Lorenzon. Fraglich sind zudem die Einsätze von
Tobias Damm und Andre Wiwerink, dem zweiten Ex-RWE-Spieler
im Dienste des WSV.
Auf
Seiten von RWE erwartet kaum jemand Änderungen
gegenüber dem Pokalspiel gegen Düsseldorf.
Daniel Masuch wird voraussichtlich für Sören
Pirson, der seine Sache gegen die Fortuna ebenfalls
gut gemacht hat, wieder im Tor stehen, trotz Nasenbeinbruchs.
Allerdings stehen mit Michael Lorenz, Moritz Stoppelkamp,
Mario Klinger und Ferhat Kiskanc vier Alternativen
parat, die gegen Düsseldorf fehlten. Auch der
Einsatz von Rolf-Christel Guie-Mien ist noch nicht
ausgeschlossen, dies entscheidet sich allerdings erst
kurz vor Spielbeginn. Fehlen werden lediglich Josef
Kotula und Stefan Lorenz.
Doch nicht nur auf dem Platz werden wir eine Antwort
geben müssen, sondern auch auf den Rängen.
Häme und Spott werden uns erwarten, ganz Wuppertal
freut sich darauf, uns den endgültigen Todesstoß
zu versetzen. Liebesgrüße aus Wuppertal
dürfen wir keine erwarten, "Leben und sterben
lassen" - so muss das Motto lauten.
Umso wichtiger ist es, gerade in diesem Spiel noch
einmal den Schulterschluss mit dem Team zu suchen.
Nur gemeinsam ist diese Aufgabe zu bewältigen.
Im Niederrheinpokalfinale letzten Dienstag haben die
Spieler uns gezeigt, dass sie wollen und auch mit
den Teams auf den Plätzen 1-12 mithalten können.
Solange die Mannschaft noch lebt und an sich glaubt,
sollten wir das auch tun. Ans Team glauben und sie
auf diesem schweren Gang unterstützen, mit allem
was wir haben und können.
Es geht um mehr als nur drei Punkte, es geht um die
Rettung einer ganzen Saison und vor allem um die Perspektive
der kommenden Jahre! Nur eines hilft uns noch: Kämpfen
und das Wunder möglich machen! Und an einem anderen
Tag zu sterben!
(tj)
Bilder: Regionalliga-Nord Saison
2005/06 - Wuppertaler SV - Rot-Weiss Essen 0:0
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