Wiedersehen mit alten Bekannten
Zwei Jahre lang trugen Mac Younga-Mouhani und
Michael Bemben das Trikot von Rot-Weiss Essen, bevor
sie zu Beginn der Saison von ihrem ehemaligen Essener
Trainer Uwe Neuhaus nach Berlin gelockt wurden. Während
sich Bemben nach anfänglichen Schwierigkeiten
einen sicheren Stammplatz erspielte, hat Younga-Mouhani
einen schweren Stand in Berlin. Allerdings hat er
die Probleme nicht wie zuletzt in Essen mit dem Übungsleiter,
sondern mit den Anhängern der Eisernen, die mit
Mac´s Leistungen nicht einverstanden sind. Im
Spiel gegen Borussia Dortmund musste Neuhaus seinen
Schützling sogar frühzeitig auswechseln,
um ihn vor den eigenen Fans zu schützen. Ferhat
Kiskanc wird Younga-Mouhanis derzeitige Gefühlswelt
gut nachempfinden können. Erschwerend kommt für
den Kongolesen hinzu, dass seine Familie nach wie
vor in Düren bei Aachen lebt.
Union Berlin, deren bekanntester Fan Nina Hagen sein
dürfte, kann wie so mancher ostdeutsche Traditionsverein
auf eine durch viele Höhen und noch mehr Tiefen
geprägte Vergangenheit zurückblicken. In
der DDR-Zeit stand Union Berlin meist im Schatten
des Mielke-Clubs BFC Dynamo und musste viel Leid durch
Überwachungsmaßnahmen und sportliche Benachteiligungen
ertragen. So durfte man zum Beispiel trotz des Pokalsieges
1966 nicht am Europacup teilnehmen.
Kurioserweise gab es einen „Ableger“ des
Vereins im Berliner Westen: Nachdem den Ost-Berlinern
1950 die Teilnahme an der Endrunde zur Deutschen Meisterschaft
in Kiel verweigert worden war, siedelte die komplette
Mannschaft nach West-Berlin um und gründete dort
den SC Union 06 Berlin. Bis zum Mauerbau besuchten
zahlreiche Fans lieber die „West-Union“
und sorgten beim Ost-Berliner „Restverein“
für magere Jahre.
Seit der Wende ist jedoch Union wieder ein Aushängeschild
des Berliner Fußballs, auch wenn mehrere Linzenzentzüge
und -verweigerungen lange Zeit den Aufstieg in den
Profifußball verhinderten und Union das Attribut
„unaufsteigbar“ bescherte. Nachdem das große
Ziel Zweite Liga aber endlich erreicht worden war,
startete man über das Pokalfinale 2001 gegen
Schalke direkt in den Europapokal durch, wo man in
der zweiten Runde gegen den bulgarischen Vertreter
Lowetsch die Segel streichen musste. Nach dem Wiederabstieg
2004 und einem kurzen, von großen finanziellen
Problemen begleiteten Gastspiel in der Oberliga strebt
der inzwischen wieder auf etwas gesunderen Füßen
stehende Verein mittelfristig die Rückkehr in
die Zweite Liga an.
Das Ziel für diese Saison lautet (wenig überraschend)
„Qualifikation für die neue Dritte Liga“.
Um dieses Ziel zu erreichen, wurden alle finanziellen
Kräfte für den Spieleretat gebündelt.
Dabei mussten sogar Geschäftsstellenmitarbeiter
ihren Platz räumen, um weiteren Spielraum für
Neuverpflichtungen zu erzielen. Mit Spielern wie Gebhard,
Spork, Patschinski, Vuckovic (Vertrag mittlerweile
aufgelöst), Bemben und Younga-Mouhani –
allesamt mindestens 30 Jahre alt – hat Union
einen sehr (profi-)erfahrenen Kader, der das Saisonziel
erreichen soll.
Nach einem schwachen Saisonstart haben die Eisernen
ihre Leistungen ebenso wie RWE stabilisieren können,
sieben Punkte aus vier Spielen konnte man zuletzt
erzielen. RWE kommt mit stolzen zehn Punkten aus den
letzten vier Spielen und einem gerade zur Hochform
auflaufendem Rolf-Christel Guie-Mien (fünf Tore
in zwei Spielen) nach Berlin.
Essen kann personell nahezu aus dem Vollen schöpfen,
lediglich Schäfer fällt mit einer hartnäckigen
Verletzung weiterhin aus. Erstmals in dieser Saison
ist es wahrscheinlich, dass Bonan der Startelf der
Vorwoche erneut das Vertrauen schenkt und sie unverändert
auf den Platz an der „Alten Försterei“
schickt. Die schmerzlich vermissten Hoffnungsträger
Stefan Lorenz und Haeldermans müssten sich also
weiterhin in Geduld üben und ihren Trainingsrückstand
weiter aufholen. Spannung verspricht allenthalben
die Besetzung der Bank und damit die Frage, wer ganz
aus dem Kader gestrichen wird. Ganz schlechte Karten
haben zur Zeit Kazior und der mit vielen Vorschusslorbeeren
nach Essen gewechselte Klinger.
Nachdem schon die Spiele gegen Dortmund, Babelsberg,
Braunschweig und Erfurt als „richtungweisend“
bezeichnet worden waren, ist man auch dazu geneigt,
das heutige Spiel mit diesem Attribut zu versehen.
Ein Sieg würde erstmals einen kleinen Puffer
zwischen RWE und Platz 11 schaffen, eine Niederlage
kurzzeitig verstummte Kritik an der sportlichen Leitung
wieder laut werden lassen. Und bei einem Unentschieden?
In diesem Fall erwartet RWE ein richtungweisendes
Spiel gegen Wuppertal…
(mj)
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