Emma stürmte durchs Land

Dreimal 39, dreimal 38, zweimal 37 und zweimal 36 – so lesen sich die Punktebilanzen der Teams auf den ersten zehn Plätzen der Regionalligatabelle. Nur drei Punkte Differenz zwischen Tabellenspitze und Drittligaqualifikation – das stelle man sich einmal vor! Essen und Braunschweig mit 31 Punkten auf den Plätzen 11 und 12 scheinen schon ein wenig abgehängt. Vordergründig. Doch das täuscht.

Vom Winde verweht wurde die Partie unserer Rot-Weissen im Norden. Emden liegt halt zu nah an der Küste. Der Wind kann ungehindert über den Platz fegen und das Spiel mit hohen Bällen unmöglich machen. Die nahe Waterkant drückt den Grundwasserspiegel nach oben. Bis Mittwoch ist der Platz gesperrt. Stürmisch, die Emma! Aber nicht nur auf dem Gehege des Ottifanten hinterließ der Orkan an diesem Wochenende seine Spuren, sondern auch auf anderen Plätzen der Liga. Dabei begegnete Emma nicht nur als Sturmtief, sondern mancherorts als Sturmhoch und zuweilen als Flaute. Wir werden sehen.

Emma – die Zeitschrift. Dass es dieses publizistische Organ zur Förderung der Emanzipationsgesinnung in unserer Gesellschaft nach vielen Jahrzehnten immer noch gibt, zeigt, dass der Prozess noch nicht abgeschlossen ist. Manche kapieren es erst spät, dass sie sich frei strampeln können. Eintracht Braunschweig kommt langsam auf den Trichter. Der Saisonstart war noch heftiger als bei unseren Rot-Weissen. Langsam und stetig arbeitet man sich an die Qualifikationslinie der Tabelle heran. Der 3-2 Sieg gegen den falschen RWE aus Erfurt bedeutet Punktgleichheit mit dem richtigen RWE und verhindert gleichzeitig, dass die Thüringer sich als Tabellenführer vom übrigen Feld ein wenig absetzen.

Emma – von Jane Austen. Humorvolle Gesellschaftskritik einer Pfarrerstocher im viktorianischen Zeitalter Englands. Emma, eine fiktive Romanfigur, betätigt sich in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis als grandiose Kupplerin, bis sie im Laufe der Zeit zu heilsamer Selbsteinsicht kommt. Eigentlich ist sie beziehungsunfähig, lernt aber schnell dazu und kümmert sich fortan um ihr eigenes Glück. Das 3-0 von Union Berlin beim VfL Wolfsburg mag man als Pflichtsieg abstempeln. Aber er wurde souverän und verdient eingefahren und bescherte den Eisernen die Tabellenführung. Man verhilft sich selbst zum Glück.

Emma Peel – Mit Schirm, Charme und Melone. Den jüngeren Lesern ist die Serienheldin aus den 60er Jahren wohl kaum bekannt. Diana Rigg in der Rolle der Emma Peel schlug sich als Partnerin des britischen Geheimagenten John Steed tapfer. Schon damals hatte ihre Rolle emanzipatorische Züge. (Warum heißen die eigentlich alle Emma?) Jedenfalls hatten ihre Gegner nichts zu lachen und wurden mit gezielten Karateschlägen regelrecht kurz und klein gehauen. Gleiches geschah der Zweitvertretung des HSV bei Rot-Weiß Oberhausen. Mit 5-1 ließen die Kanalratten auch dann von ihrem Gegner nicht ab, als der schon längst geschlagen am Boden lag. Die versuchte Gegenwehr mit einem Anschlusstreffer kurz nach Wiederanpfiff zum 2-1 reizte die Oberhausener erst recht, einen Toreorkan Richtung Hanseatengehäuse zu blasen. Wenn sich jemand in dieser Liga emma-nzipiert, dann das Aufsteigerteam vom Emscherufer.

Emma Watson – zauberhaft. Im Film lässt sie sich als Harry Potter Freundin Hermine Granger zur Zauberin ausbilden. An diesem Wochenende legte sie eine Zwischenprüfung ab. Prüfungsort: Düsseldorf. Glanzlos wird der Fortunensieg über Energie Cottbus beschrieben. Jedoch sorgte ein Zauberer für den Erfolg. Axel Lawarée traf dreimal. Leider verteilte er die Treffer über zwei Halbzeiten, sonst wär’s ein Hattrick gewesen.

Lothar „Emma” Emmerich. Einer, auf den die Bezeichnung „Stürmer“ wirklich zutrifft. Inzwischen bläst er nur noch durch die Erinnerungen. Seine Nachfahren taten sich gegen die Wuppertaler Borussia schwer, auf angemessene Windgeschwindigkeiten hochzufahren. Lediglich zum Ausgleichtreffer reichte es den Angreifern. Allerdings gelang es, das Wuppertaler Gebläse in eine Flaute zu verwandeln. So blieb es beim leistungsgerechten 1-1. Dabei hatten beide Teams einen Siegtreffer auf dem Schlappen.

Emma (Award). Der höchste finnische Musikpreis. Die Musik spielt grad in Ahlen. Zehn Punkte aus vier Spielen, zuletzt drei Siege in Folge, dazu eine Trefferausbeute von 14-6 … da verstummen auch in den Zuschauerprovinzen die Fangesänge nicht so leicht. Diesmal mussten sich die Bremer der Taktvorgabe des Gegners beugen. Auch ihnen wurden gleich vier Buden eingetütet. Da kamen die Essener vor vierzehn Tagen mit zwei Gegentoren ja noch glimpflich davon. Für Werder II bedeutet das den Verlust der Tabellenführung. Ahlen dagegen polstert sich im Mittelfeld der Qualifikationsränge für die 3. Liga ein bequemes Nest.

Tante Emma – der Laden. Einzelhandel, in dem man fast alles kriegt. Oft nur von einer Person – meist der Eigentümerin, eben jener besagten Tante Emma – betrieben. Klingt nach Kramladen. Ist es auch. Jedenfalls ist das der Eindruck, den einige Teams unter der ominösen Linie erwecken. Magdeburg und Verl gehören dazu. Man hat nicht wirklich den Eindruck, dass sie mindestens Platz 10 erreichen wollen. Zu durchwachsen sind ihre Leistungen. Diesmal spielten sie gegeneinander. Die Magdeburger gewannen und meldeten wenigstens noch einmal zaghaft ihren Anspruch an, doch noch in der neuen dritten Liga spielen zu wollen. Lübeck will das sicher nicht mehr. Nach 11 sieglosen Spielen sprang endlich einmal wieder ein Dreier heraus. 1-0 gegen Dynamo Dresden, dem einzigen Team des Kramladens aus der oberen Tabellenhälfte. Auswärts jedenfalls unterstreichen die Sachsen ihren Anspruch nicht, am Ende der Saison dort zu stehen. Und vom Aufstieg in die zweite Liga sind sie in der Verfassung auch weit entfernt. Lübecks Sieg war verdient.

Nun wehen die Lüftchen wieder sanfter. Nachdem das Laub zusammengerecht ist und die Äste im Häcksler entsorgt sind, gilt unser besorgter rot-weißer Blick der Tabelle. Sollte die Nachholpartie in Emden gewonnen werden, beträgt der Rückstand auf den Tabellenführer nur fünf Punkte. Das ist nicht wirklich viel und kann theoretisch noch aufgeholt werden. Zumal auch dieser Spieltag, obwohl alles gegen Essen zu spielen schien, wieder einmal belegte, dass niemand, auch wirklich niemand, der Liga deutlich enteilen wird. Sollte man das Spiel in Emden allerdings verlieren, sind es fünf Punkte Rückstand auf Platz zehn. Auch nicht wirklich viel, aber damit wäre dann doch ein desolater Zustand der Mannschaft beschrieben. Hoffen wir, dass unsre Jungs bald wieder Wind machen.


(ks)