27.09.2007

RWE - Wuppertaler SV

 

Die Inkarnation der Regionalliga zu Gast an der Hafenstraße

„Wir fahr'n nach Wuppertal, wir fahr'n nach Wuppertal...“

Welchem RWE Fan klingen diese Worte nicht noch aus der letzten Saison in den Ohren? Wieder einmal hatte man ein Spiel verloren oder kurz bevor der Schiedsrichter den erlösenden Pfiff ertönen lies, kassierte man doch noch den Ausgleichstreffer. Und so schallte es aus tausenden gefrusteten Kehlen, das Regionalliga Synonym – der Wuppertaler SV – winkte aus den Tiefen der Schweineliga zu dem Noch-Zweitligisten hinauf und hieß ihn zurück in der dunklen und eisigen Regionalliga willkommen.

Was so grausam klingt, wird am kommenden Samstag um 14 Uhr Realität, auch wenn die Bergischen erst einmal an der Hafenstraße vorspielen. Seit den letzten Duellen quer durch die Ligalandschaft der Republik verbindet die beiden Vereine eine gepflegte gegenseitige Rivalität und die Duelle haben stets eine besondere Brisanz. Auch wenn man lieber Vereine wie den 1. FC Köln, Borussia Mönchengladbach oder die Alemannen aus Aachen an der Hafenstraße begrüßt hätte, so versprechen auch Spiele gegen Wuppertal einen regen Zuschauerandrang, knisternde Derbyatmosphäre und einen Saisonhöhepunkt. Die Bergischen reisen traditionell, getreu dem Motto „alles-was-das-Dorf-hergibt“, mit einer treuen Gefolgschaft aus dem nicht gerade weit entfernten Fleckchen Erde an und erfreuen sich einer überschaubaren, aber im Gegensatz zu mancher Profivertretung immerhin anwesenden Anhängerschaft. Immer, wenn die beiden Kontrahenten zum 90-minütigen Westschlager auf dem Platz und auch auf den Rängen baten, entstanden spannungsgeladene Duelle.

Aus der jüngeren Vergangenheit blieben dabei vor allem zwei Spiele an der Hafenstraße bemerkenswert. Beim letzten Aufeinandertreffen in der Saison 2005/06 konnte sich unsere Mannschaft unter Uwe Neuhaus mit 3:2 durchsetzen. Torschützen waren damals Arie van Lent, Ferhat Kiskanc und – man höre und staune – in der 90. Minute (!) Michael Lorenz (müßig zu erwähnen, dass die Essener vor diesem Treffer bereits einen 2:0 Vorsprung verspielt hatten.).
Besonders gern erinnert sich der geneigte Leser an das 5:2 im April 2004, in dem das rot-weiße Team unter Jürgen Gelsdorf nach Treffern von Doppeltorschütze Erwin Koen, Bjarne Goldbaek, Ali Bilgin und einem Eigentor des Wuppertalers Karsten Baumann die Bergischen in einem sehr ansehnlichen Derby eindrucksvoll vom Platz fegen konnte. Dieser Sieg war Auftakt zu einer Serie von acht Spielen ohne Punktverlust, letztlich stieg man souverän in die 2. Bundesliga auf. Gleichzeitig begann damit für den bis dato souveränen Tabellenführer aus Wuppertal eine Negativserie bisher unbekannten Ausmaßes, an deren Ende man bis auf Platz fünf durchgereicht wurde. Dieser Saisonverlauf ist für die Gäste mittlerweile fast schon Gewohnheit geworden.

Die Rot-Blauen scheiterten auch in den kommenden Jahren an ihren Ansprüchen und konnten die Regionalliga nie verlassen. Gedanklich schon in der 2. Bundesliga, schnupperte die Mannschaft aus dem Stadion am Zoo zwar immer mal wieder in den oberen Tabellenregionen, wurde jedoch stets von der Differenz zwischen den eigenen Erwartungen und der häufig unzureichenden Qualität unsanft gestoppt. Der Regionalliga-Dino und Tabellenführer will es aber diese Saison wissen und nach seinem Abstieg aus dem Profifußball 1994 endlich wieder Bundesligaluft atmen. Mit Mahir Saglik und Tobias Damm verpflichtete Sportdirektor Achim Weber einen „Traumsturm“, der zusammen bisher schon 17 Mal den Ball in des Gegners Netz unterbringen konnte. Der WSV erzielte in bisher elf Spielen satte 31 Tore und stellt damit den besten Angriff der Liga.
Ebenfalls nicht unerfolgreich ist ein alter Bekannter: der Ex-Essener Sven Lintjens traf bisher vier Mal und vor allem vor seinen Freistößen sollte sich unsere Mannschaft in Acht nehmen. Beeindruckend ebenfalls die Auswärtsstärke der Wuppertaler: bis auf das desolate Spiel gegen Erfurt (1:5) konnte man jedes Spiel in der Fremde gewinnen.

Viel angenehmer als über die Stärken eines Gegners zu reden, ist es jedoch seine Schwächen zu offenbaren. Die Wuppertaler kassierten immerhin bereits 17 Gegentreffer, spielten beim Totalausfall gegen Erfurt (1:5) zu häufig auf Abseits und wurden dafür bitter bestraft. Für allem die rechte Abwehrseite, die Trainer Wolfgang Jerat entweder mit Youngster Marco Neppe oder dem ehemaligen Essener Andre Wiwerink bestückt, scheint anfällig. Wird schnell gespielt, bekommt auch die Innenverteidigung um Abwehrchef Michael Stuckmann Probleme. Dazu fällt der Strippenzieher im Mittelfeld, Mike Rietpietsch, der immer noch an seinen Rückenproblemen laboriert, weiter aus.

Noch angenehmer als über den Gegner zu reden, ist es jedoch über sich selbst zu sprechen und die Bilanz der Rot-Weißen kann sich nach durchwachsenem Saisonstart sehen lassen. Die Elf von Heiko Bonan ist seit fünf Spielen ungeschlagen und schöpfte nach dem ersten Heimsieg in diesem Jahr gegen die spielstarken Erfurter neues Selbstvertrauen. Auch in der Offensive läuft es endlich rund: acht Tore in drei Spielen, dazu steht Heiko Bonan mit Stijn Haeldermans eine weitere Offensivkraft zur Verfügung. Vermutlich wird Bonan erneut die gleiche Elf wie schon beim Auswärtsspiel gegen Berlin aufbieten. An dem erfolgreichen Trio Rolf-Christel Guie-Mien, Markus Kurth und Sercan Güvenisik führt bisher kein Weg vorbei. Auch der nach einem schlimmen Zusammenprall sich wieder im Training befindliche Sören Brandy dürfte zur Startelf zählen. David Czyszczon ist unter der Woche nach überstandener Rückenverletzung ebenfalls wieder in das Mannschaftstraining eingestiegen. Damit stehen dem Trainer bis auf den länger verletzten Mitja Schäfer alle Optionen zur Verfügung.

Die Besetzung der Bank bleibt dagegen weiterhin spannend. Letzte Woche empfahl sich Rafael Kazior mit einem Treffer für höhere Aufgaben, dagegen scheint Andre Schei Lindbaek weiterhin nicht den Anschluss gefunden zu haben. Der als Goalgetter verpflichtete Norweger drängt sich Trainer Heiko Bonan derzeit nicht auf, hat allerdings mit dem bundesligaerfahrenen Markus Kurth starke Konkurrenz bekommen. Es bleibt abzuwarten, wann unsere Nummer neun endlich in Tritt kommt, zumal er mit seiner Kopfballstärke sicher mehr als eine Alternative wäre. Auch der zu Saisonbeginn durchaus solide Mario Klinger dürfte wohl erneut auf der Tribüne Platz finden.

Nach dem spielfreien Mittwoch dürfen unsere Rot-Weißen endlich wieder in das Geschehen eingreifen und es gilt in diesem Spiel, den positiven Trend der letzten Spieltage zu bestätigen. Gegen die offensiv starken und schnellen Wuppertaler ist vor allem eine konzentrierte Defensivleistung notwendig. Patzer wie zuletzt beim 3:2 gegen Erfurt oder auch beim späten Ausgleichstreffer in Berlin darf sich die Elf von Heiko Bonan gegen die Tormaschinen Saglik und Damm nicht erlauben. Bei einem Sieg gegen die Bergischen dürfte man sogar wieder vorsichtig nach oben schielen, aber noch stehen 90 Minuten und ein dicker Brocken zwischen diesem Erlebnis. Und egal wie das Spiel am kommenden Samstag auch ausgehen mag, wir fahr'n bestimmt noch einmal nach Wuppertal...


(sb)


Bilder: Regionalliga Saison 2005/06 Rot-Weiss Essen - Wuppertaler SV Borussia 3:2 (2:0)

.

Bilanz gegen Wuppertal



1. Bundesliga
.
Siege
Remis
Niederl.
Gesamt
Heim
2
0
0
2
Auswärts
1
0
1
2
Gesamt
3
0
1
4

2. Bundesliga
.
Siege
Remis
Niederl.
Gesamt
Heim
0
1
0
1
Auswärts
0
1
0
1
Gesamt
0
2
0
2

2. Bundesliga-Nord
.
Siege
Remis
Niederl.
Gesamt
Heim
3
0
0
3
Auswärts
1
1
1
3
Gesamt
4
1
1
6

Regionalliga-Nord
.
Siege
Remis
Niederl.
Gesamt
Heim
2
0
0
2
Auswärts
0
1
1
2
Gesamt
2
1
1
4

Regionalliga-West
.
Siege
Remis
Niederl.
Gesamt
Heim
1
2
2
5
Auswärts
2
2
1
5
Gesamt
3
4
3
10

Gesamt
.
Siege
Remis
Niederl.
Gesamt
Heim
8
3
2
13
Auswärts
4
5
4
13
Gesamt
12
8
6
26

Quelle: Fussballdaten.de